Every Me Every You

"Micky!"

Meine Stimme klang wie ein ersticktes Quieken, und mein offensichtlicher Schock und meine Angst schienen ihn zu amüsieren, denn sein Grinsen wurde noch breiter.

Es war dieses böse Grinsen, das mich meine Wirbelsäule noch mehr durchstrecken ließ, und ich atmete tief durch, um meinen Schreck hinunterzuschlucken, bevor ich meinen Abstieg die Treppe hinunter fortsetzte, bis ich direkt vor ihm stand.

Zuerst sagten wir nichts, Micky genoss vermutlich nur den Moment und ich wusste nicht, wo ich anfangen sollte. Schließlich wurde mir jedoch klar, dass je länger wir dort standen, desto wahrscheinlicher war es, dass jemand vorbeikommen würde, und so verschränkte ich meine Arme schützend vor der Brust und ergriff das Wort.

"Und was willst du jetzt machen?"

"Ach komm schon Talia.", sagte er seidenweich, seine grünen Augen funkelten boshaft, "Gib mir noch ein paar Minuten, um das zu genießen."

Ich rang mit den Reaktionen, die in mir kämpften, und wusste nicht, ob ich ihn schlagen oder beschwichtigen sollte. Wie sich herausstellte, begann er wieder zu reden, bevor ich mich für eine Vorgehensweise entschieden hatte.

"Es scheint also", grinste Micky, als er sich von der Wand abstieß und auf mich zukam, "dass du nicht nur das größte Miststück der Welt bist, sondern auch die weltgrößte Heuchlerin, nach all deinem 'meine Familie ist perfekt', 'niemand sollte jemals etwas tun, um Matt und Jack zu verletzen' Bullshit!"

"Das ist kein Bullshit!", schnauzte ich, wich automatisch einen Schritt von ihm zurück und wünschte mir dann inständig, ich hätte es nicht getan, weil ich vor ihm nicht noch mehr Angst zeigen wollte.

"Nein?", erwiderte er sarkastisch. "Hast du Matt das schon gefragt? Denn wenn er wüsste, dass du seinen besten Freund vögelst, würde er wahrscheinlich denken, dass all das, was du von dir gibst, dass du ihnen nichts Böses tust, Blödsinn ist." Er machte eine Pause, vermutlich um den Effekt zu verstärken, und fügte dann hinzu: "Er weiß es nicht, richtig?"

"Du weißt, dass er es nicht tut.", presste ich durch zusammengebissenen Zähne hindurch.

"Und warum ist das so...?", überlegte er laut und tippte sich mit dem Finger spöttisch gegen sein Kinn. "Ach ja, richtig!" Er schnippte mit den Fingern, als hätte er gerade eine große Entdeckung gemacht. "Weil er Jack schon längst getötet hätte, wenn er es wüsste, und wie ich da oben gesehen habe, ist er noch sehr lebendig."

"Worauf willst du hinaus?", fragte ich verzweifelt und hoffte, Micky würde bald seinen kleinen Machttrip überwinden und mir einfach sagen, ob er es Matt sagen würde oder nicht.

"Auf nichts.", antwortete er unschuldig. "Ich wollte nur sichergehen, dass ich das Wesentliche von dem, was vor sich geht, erfasst habe. Also seid ihr euch während des Lernens näher gekommen?"

Wie schaffte er es nur, ein Wort wie 'lernen' so schmutzig klingen zu lassen?!

Als Antwort auf seine Frage murmelte ich nur: "Ja, so ähnlich." Denn auf keinen Fall wollte ich ihm den wahren Grund verraten.

"Wow, und da war Matt-Man, der uns ständig gesagt hat, wir sollen euch in Ruhe lassen, damit ihr lernen könnt, er wäre stinksauer, wenn er das wüsste, nicht wahr? Ich meine, da vertraut er dir und Jack, beschützt euch beide, tut im Grunde so, als würde die Sonne aus euren verdammten Ärschen scheinen, und die ganze Zeit vögelt sein bester Freund seine kleine Schwester. Was ist eigentlich aus deiner Jungfrau-Maria-Imitation geworden? Oder war das auch eine Lüge? Herrgott, Talia, wie behältst du den Überblick über all den Scheiß, den du den Leuten auftischst?"

"Das Gleiche könnte ich dich auch fragen.", explodierte ich, wohl wissend, dass er mich absichtlich provozieren wollte, aber ich konnte nicht verhindern, dass ich den Köder schluckte.

"Wie kannst du es wagen, dich mir gegenüber so heilig zu geben, du bist doch selbst nicht gerade Mr. Sonnenschein. Was zum Teufel weißt du schon von der Wahrheit? Du lügst, seit ich dich das erste Mal getroffen habe. Was auch immer mit dir, Sam und Simone los ist, es betrifft uns offensichtlich alle, einschließlich Matt. Hast du ihm schon gesagt, was los ist? Nein, hast du nicht, also verarsch mich nicht mit Predigten über Lügen, vielen Dank."

Die Worte sprudelten nur so aus mir heraus, und in der darauf folgenden Stille wurde mir klar, dass ich mit meiner kleinen Rede eindeutig einen Nerv getroffen hatte. Mickys Gesicht färbte sich purpurrot und er ballte die Hände an den Seiten zu Fäusten, sodass ich mich für einen Moment fragte, ob er mich schlagen würde, aber sein Übergirff war, als er kam, rein verbal. Es war ihm offensichtlich egal, dass ihn wahrscheinlich das ganze Gebäude hören konnte.

"Das geht dich nichts an.", erwiderte er wütend und war eindeutig außer sich vor Wut. "Und trotzdem hast du es geschafft, alles zu versauen. Von dem Moment an, als du aufgetaucht bist und plötzlich jeder nach deiner Pfeife tanzen musste, ging alles schief."

"Du behauptest also, ich hätte die Männlichkeit deiner Freunde gestohlen?" Ich verdrehte die Augen, mal ehrlich, könnte die Beschwerde nicht noch älter sein? Die ganze Sache mit den 'Frauen und ihren weiblichen Reize' hat Männer seit jeher in Angst und Schrecken versetzt, ist es nicht an der Zeit, dass sie darüber hinwegkommen?

"Das nennt man Freundschaft, etwas, wovon du wahrscheinlich nicht sehr viel Ahnung hast. Die Jungs tun etwas für mich, ich tue etwas für sie, es ist eine Symbiose."

Ich witterte einen Ausweg aus dieser dummen Konfrontation und hoffte ebenso auf einen Hinweis, was mit meiner besten Freundin los war, und fügte hinzu: "Und wenn du mir einfach sagen würdest, was ich tue, das die Dinge für dich so beschissen macht, könnte ich vielleicht damit aufhören und du könntest mich in Ruhe lassen."

"Netter Versuch.", knurrte er. "Aber so funktioniert das nicht."

Toll, jetzt sprach er in Rätseln. Über alle maßen verärgert erwiderte ich: "Was funktioniert nicht?"

"Nichts, vergiss es." Offensichtlich hatte sich Micky verplappert, und ich beobachtete fasziniert, wie er einen Moment lang schwieg und versuchte, einen Ausweg zu finden.

Schließlich schien er sich daran zu erinnern, warum wir überhaupt hier im Flur standen, und sein berühmter eingebildeter Gesichtsausdruck glitt wie eine Maske auf sein Gesicht zurück. "Warum rede ich überhaupt noch mit dir?", fragte er. "Ich sollte mich mit den anderen im Pub treffen und die gute Nachricht feiern."

Er wollte gehen, aber ich stürzte mich wild nach vorne und erwischte seinen Arm. "Matt ist dein Freund.", versuchte ich es verzweifelt, denn ich wusste, dass er meinen Arm einfach abschütteln konnte, wenn ihm danach war, und ich wollte meinen Standpunkt klarmachen, bevor er es tat.

"Warum solltest du ihm das antun wollen? Ich werde es ihm sagen, aber nicht im Pub, nicht vor allen Leuten, das ist nicht richtig."

"Nicht richtig?", fragte er und hob die Augenbrauen angesichts meiner Wortwahl, was mich erröten ließ, als ich mich daran erinnerte, dass ich wirklich nicht in der Lage war, ihn über Recht und Unrecht zu belehren.

"Und überhaupt, wie kommst du darauf, dass ich von dir und Jack gesprochen habe? Ich habe davon geredet, dass ich Jacks Aufnahme in Oxford feiern wollte."

Ich errötete noch mehr, nahm meine Hand von seinem Arm und merkte, dass ich diese lebensverändernde Nachricht für ein paar Sekunden völlig vergessen hatte.

"Ja, natürlich hast du das.", erwiderte ich sarkastisch. Auf keinen Fall würde Micky das einfach so fallen lassen, dafür war es einfach zu gut. "Was willst du?", fragte ich verzweifelt, ohne zu glauben, dass ich ihm wirklich etwas anbieten konnte, aber ich wusste, dass ich es trotzdem versuchen musste.

Leider schüttelte Micky den Kopf, das grausame Lächeln war wieder da.

"Glaubst du wirklich, ich würde dich mit meinem Wissen erpressen?"

"Ja.", antwortete ich sofort und sein Lächeln wurde noch breiter.

"Ja, vielleicht würde ich das.", räumte er ein. "Also, ich sag dir was, du bist ein bisschen netter zu mir, ein bisschen respektvoller vielleicht, und ich gebe dir die Gelegenheit, es Matt selbst zu sagen. Fairer kann man nicht sein."

Doch, das könnte ich, dachte ich mürrisch, ich könnte noch viel fairer sein als das. Ein bisschen respektvoller? Hatte er den Verstand verloren? Ich respektierte ihn nicht, ich wusste nicht einmal, ob ich so tun könnte, als würde ich das, aber ich war wirklich nicht in der Lage, zu verhandeln, also nickte ich widerwillig.

"Na siehst du.", sagte er so herablassend, dass ich meine Zähne fest aufeinander presste. "Es sieht so aus, als könnten wir doch miteinander auskommen. Ich muss nur aufpassen, dass mir, wenn ich Matt sehe, deine große Neuigkeit nicht versehentlich herausrutscht..."

"Fick dich!", knurrte ich und zeigte ein wenig mehr von meiner bekannten Reife. Oder auch nicht.

"Was, mich auch?", erwiderte Micky mit einem humorlosen Lachen. "Danke, aber nein danke, wir sind nicht alle so verzweifelt, dass wir versuchen würden, deine Beine zu spreizen. Ich bin überrascht, dass Jack es geschafft hat, Brad hat geschworen, sie wären zusammengeschweißt."

Ich war sprachlos angesichts seiner geschmacklosen Bemerkungen und stellte mit Schrecken fest, dass sich in meiner Brust ein Kloß bildete, als würde ich gleich wieder weinen. Ich suchte nach etwas, das ich zurückknurren konnte, aber mein Gedankengang wurde von einer dünnen, näselnden Stimme unterbrochen, die sagte:

"Lass sie in Ruhe."

Micky und ich erstarrten beide und sahen dann langsam zu Haley hinüber, die blass und verängstigt auf dem Gang stand.

Micky erholte sich schneller als ich, seine Augen musterten sie von oben bis unten. "Warum zum Teufel solltest du dich für sie einsetzen?", fragte er und klang wirklich überrascht. Und warum sollte er das auch nicht sein? Ich hatte im Grunde einen Herzinfarkt wegen ihres Erscheinens und ihrer Entscheidung, für mich einzustehen.

"Du bist ein Tyrann.", antwortete Haley, rang nervös mit den Händen und protestierte, als ob es für Micky ungewöhnlich wäre, ein Tyrann zu sein. "Dass Natalia und Jack zusammen sind, geht dich nichts an."

Ich schloss kurz ungläubig die Augen, in anbetracht ihrer Dummheit. Hatte sie keinen gesunden Menschenverstand, um wenigstens so zu tun, als wüsste sie nicht, wovon er gesprochen hatte? Anscheinend nicht.

"Herr Gott, sie weiß es?!", fragte Micky, scheinbar verärgert darüber, dass er nicht der Einzige war, der es wusste. Ich schätze, dass es seine Macht über mich ein wenig schmälerte. Ich nickte knapp, woraufhin er erstaunt schnaubte und dann fragte: "Sonst noch jemand?"

Nicht, wenn man meine Mutter ausklammert, dachte ich, beschloss aber, sie daraus zu halten und schüttelte den Kopf. Mir war wirklich nicht mehr nach Reden zumute.

"Verdammte Scheiße.", pfiff Micky. "Wie lange weißt du es schon?", fragte er und drehte sich zu Haley um, die noch mehr erbleichte, als hätte sie gehofft, er hätte sie vergessen. Ehrlich, wenn sie nichts damit zu tun haben wollte, warum steckte sie ihre Nase dann überhaupterst da rein?

"Ist doch egal.", antwortete sie Micky. Ihre Stimme war so leise, dass sie fast ein Flüstern war. "Du solltest überhaupt nichts sagen, du solltest sie in Ruhe lassen."

Micky sah sie lange an, sein Blick berechnend, bevor er sich abwendete und herablassend sagte: "Eines Tages wird dir jemand diese Unschuld austreiben."

Haleys Gesicht zerknitterte wie ein Stück Alufolie, das zusammengedrückt wurde, und seltsame beschützende Gefühle, die ich sonst nur in der Familie oder bei engen Freunden verspürte, stiegen in mir hoch. Ohne über die Heuchelei meiner Worte nachzudenken, sagte ich eisig:

"Lass sie in Ruhe."

Es gab einen Moment, in dem wir alle versuchten zu begreifen, wie seltsam die Vorstellung war, dass ich mich für Haley einsetzte. Ich versicherte mir selbst, dass es nicht deswegen war, dass ich sie mochte oder so etwas in der Art, sondern weil sie sich für mich eingesetzt hatte - wie du mir, so ich dir, nicht wahr?

"Um Himmels willen.", sagte Micky und warf ungläubig die Hände hoch. "Die Welt ist verrückt geworden. Ich gehe jetzt in den Pub, Alkohol macht alles einfacher." Er ging auf die Tür zu, die nach draußen führte, aber kurz bevor er sie öffnete, rief ich ihm nach.

"Denk daran, dass du gesagt hast, ich könnte es Matt erzählen."

Ohne sich umzudrehen, antwortete er: "Also benimm dich, Talia." Und dann öffnete er die Tür und ging hinaus.

Die schwere Tür schlug mit einem lauten Knall zu und ließ nur Haley und mich betreten im Flur zurück. Nach einem Moment sagte sie leise:

"Bist du in Ordnung?"

Und all meine leicht positiven und beschützenden Gefühle ihr gegenüber verschwanden mit einem großen Zischen. "Ach, verpiss dich, Haley.", erwiderte ich verärgert. "Das hat nichts mit dir zu tun."

Haley sah völlig niedergeschlagen aus, und alle meine Instinkte schrien danach, dass ich mich entschuldigen sollte, aber Angst, Sturheit und einfach nur pure Gewohnheit diktierten weiterhin mein Handeln, und ich murmelte: "Ich muss gehen." bevor ich die Tür aufriss und ebenfalls das Gebäude verließ.

Micky musste sein Auto dabei gehabt haben, denn als ich auf den Parkplatz trat, war er nirgends zu sehen. Nicht, dass ich enttäuscht gewesen wäre, denn inzwischen hatte ich genug von seiner hässlichen Visage gesehen, um mich ein Leben lang zu begleiten.

Ich stand einen Moment lang auf dem holprigen grauen Asphalt und überlegte, was ich tun sollte. Auf keinen Fall wollte ich zurück in die Wohnung, um Jack gegenüberzutreten, oder mich mit den anderen im Pub treffen, aber ich konnte auch nicht einfach bleiben, wo ich war, denn Jack würde sicher bald herunterkommen.

Plötzlich wurde mir klar, was ich tun musste. Ich brauchte einen Freund, ich musste es jemandem erzählen, der mich verstand. Es gab nur eine Person, mit der ich in diesem Moment zusammen sein wollte: Simone.

Ich brauchte Simone, um die Wahrheit zu erfahren, vielleicht konnte sie mir sogar Vorschläge machen, wie ich es Matt sagen konnte. Simmy hatte mehr Takt- und Mitgefühl in ihrem kleinen Finger als ich in meinem ganzen Körper, sie würde wissen, was zu tun war.

Erleichtert über den Gedanken, endlich jemandem die ganze schmutzige Geschichte zu erzählen, eilte ich zum Haus ihrer Eltern in der Stadt und wünschte, ich hätte daran gedacht, meine Autoschlüssel mitzunehmen, als ich Micky hinterher gelaufen war. Jedoch würde ich für den Weg nur etwa 25 Minuten brauchen, und die frische Luft wirkte beruhigend auf mein gerötetes Gesicht und meine angespannten Nerven.

*****

Als ich vor dem noblen Haus in der schöneren Gegend um die Universität ankam, rannte ich die Stufen zu Simones Tür hinauf, zwei auf einmal, und freute mich mehr darauf, sie zu sehen, als ich mich je erinnern kann. Ich klopfte laut an die Tür und wartete einen Moment, bis sie mir zurief, ich solle hereinkommen.

Nachdem ich nach ein paar Sekunden immer noch nichts hörte, schaute ich hinunter auf den Parkplatz und vergewisserte mich, dass ihr Auto dastand. Es war da, was die Wahrscheinlichkeit erhöhte, dass sie zu Hause war, also klopfte ich erneut. Keine Antwort.

Ich wollte gerade die Tür öffnen und hineinrufen, um zu sehen, ob sie mein Klopfen vielleicht einfach nur nicht gehört hatte, als derTürknauf, nach dem ich griff, plötzlich heftig gedreht wurde und Alex in der Tür erschien.

Er trat auf die oberste Stufe, auf der ich stand und schloss schnell die Tür hinter sich, verschränkte die Arme und funkelte mich finster an.

"Äh, hi Alex.", grüßte ich etwas verblüfft und fragte mich, warum die meisten unserer Interaktionen damit zu beginnen schienen, dass er plötzlich eine Tür öffnete und mich überraschte. Vielleicht war es einfach sein Ding.

"Hey.", grunzte er und schien nicht gerade erfreut zu sein, mich zu sehen, aber er ging weder die Stufen hinunter, noch machte er den Weg zur Tür frei.

"Wie geht's?", fragte ich unbeholfen nach ein paar Sekunden des Schweigens.

"Gut.", antwortete er in seiner gewohnt lapidaren Art.

Ein paar weitere Sekunden lang herrschte Stille, in denen Alex resolut vor der Tür stehen blieb. Er sah aus wie ein Türsteher, und der Blick, den er mir zuwarf, ließ vermuten, dass ich unpassende Schuhe trug.

"Alex.", seufzte ich. "Könntest du bitte zur Seite gehen? Ich muss zu Simone ."

"Nuh."

Na toll, es war eindeutig einer dieser Tage.

Ich seufzte tief und setzte meine geduldigste Stimme auf: "Warum 'nuh'?", fragte ich zuckersüß.

"Sie ist nicht da.", antwortete Alex, sein Blick wurden plötzlich verschlagen und ich hob ungläubig die Augenbrauen.

"Lügst du?", fragte ich geradeheraus, denn ich wusste, dass Alex nicht für Wortspiele zu haben war. Mein Verdacht bestätigte sich, als er mir nicht antwortete, sondern immer unbehaglicher aussah.

Ehrlich, für einen Bad-Boy war er wirklich schlecht im Lügen.

Ich seufzte erneut und strich mir mit einer Hand müde über das Gesicht, bevor ich mit einem Hauch von Ungeduld sagte: "Alex, ich bin heute wirklich nicht in der Stimmung für so etwas, also könntest du mir bitte entweder sagen, was los ist, oder aus dem Weg gehen?"

Er schüttelte den Kopf, seine Augen bohrten sich in die Ferne und er tat sein Bestes, um so zu tun, als würde er meine Existenz nicht einmal registrieren. "Es hat nichts mit mir zu tun.", sagte er unwirsch.

"So ein Quatsch.", schnauzte ich, als ich das Ende meines, zugegebenermaßen kurzen, Geduldsfaden erreicht hatte. "Simone hat sich noch nie geweigert, mich zu sehen. Diese ganze Verrücktheit mit ihr hat angefangen, als der Scheiß mit dir und dem Kerl auf, oder sollte ich besser sagen, von der Feuerleiter, herauskam. Kannst du uns nicht allen einen großen Gefallen tun und der Polizei einfach sagen, was passiert ist? Simone macht sich große Sorgen um dich, die ganze Sache hat jetzt lange genug gedauert."

Alex Haltung änderte sich rapide. Sein Blick war nun auf mich gerichtet, und ich musste ein hastiges, großes Schlucken unterdrücken, so groß war der unterdrückte Zorn, der dort in den stahlgrauen Tiefen seiner Augen aufleuchtete.

"Du", zischte er mit einer beängstigenden Intensität, die in diesem einen Wort lag, "hast von nichts eine Ahnung. Du redest nur ständig davon, dass du so gut mit meiner Schwester befreundet bist, aber du weißt nicht, was mit ihr los ist, ich glaube, es interessiert dich nicht einmal."

Ich öffnete den Mund, um zu widersprechen, weil das ganz offensichtlich nicht stimmte, aber er fuhr fort, bevor ich überhaupt ein Wort sagen konnte.

"Und es geht dich zwar nichts an, aber meine Scheiß ist so gut wie geklärt und das schon seit einer Woche, also macht sie sich keine Sorgen um mich."

Das überraschte mich jetzt wirklich. Die Sache mit Alex war geklärt und Simone hatte es mir nicht gesagt? Andererseits hatte ich keine Veränderung bemerkt, als wir telefoniert hatten, als ich in Bridunna war, und wenn ich es mir recht überlege, hatte ich nicht einmal nach der Situation gefragt. Toll, ich war wirklich eine schlechte Freundin.

Alex schien mein plötzliches Unbehagen zu bemerken, denn ein Grinsen, nicht unähnlich dem, das ich vor nicht allzu langer Zeit bei Micky gesehen hatte, umspielte seine Mundwinkel. "Doch nicht so kenntnisreich wie du gedacht hast, was.", sagte er mit dem kleinsten Anflug von Schadenfreude.

"Das ändert nichts an der Tatsache, dass sie durch die Hölle gegangen ist, weil sie sich Sorgen um dich gemacht hat.", schnauzte ich ihn an, wütend darüber, dass er recht hatte, aber noch wütender auf mich selbst, weil ich nicht mehr darüber nachgedacht hatte, was Simone durchmachte.

"Was zwischen uns ist, geht dich nichts an.", sagte Alex und sein Tonfall änderte sich so, als ob er mich fast zu bemitleiden schien. "Du kannst nicht alles kontrollieren, die Leute werden tun, was sie wollen, ohne erst auf deine Erlaubnis zu warten. Vielleicht macht Simone ausnahmsweise einmal was auf eigene Faust, ohne dich. Eigentlich, weißt du was toll wäre? Wenn du dich einfach mal aus dem Leben anderer Leute raushalten und dich auf die Fehler in deinem Leben konzentrieren würdest."

Wow, Alex beherrschte ja doch die Kunst, mehrere Sätze zu formulieren.

Dennoch wurde der Schock darüber, ihn so viel sagen zu hören, durch das, was er sagte, noch übertroffen. Wo zum Teufel kam das alles her? Im Ernst, mir war nicht klar, dass so viele Menschen mit so viel aufgestauter Wut auf mich herumliefen. War ich wirklich so schlimm wie all das? Oder war es mir nur entgangen, dass der Premierminister angekündigt hatte, dass heute der Tag sei, an dem man Talia schreckliche Dinge sagen sollte? Oder sollte es besser heißen: Talia die Wahrheit sagen-Tag? Ich nehme an, es kommt darauf an, wer man ist.

"Gut.", sagte ich scharf und riss mich für den Moment zusammen, da ich vor Alex nicht schwach aussehen wollte. "Ich bin nicht perfekt, aber, nur fürs Protokoll, ich habe nie behauptet, dass ich es bin und willst du noch etwas wissen? Du bist es auch nicht, Kumpel, ganz im Gegenteil. Bevor du also auf andere Leute feuerst, dass sie sich auf den Scheiß in ihrem Leben konzentrieren sollen, wirf einen langen, harten Blick auf dich selbst. Du denkst, du bist so cool mit deiner Bad-Boy-Nummer? Nun, das wird langsam wirklich alt. Es interessiert niemanden, ob du einen Haufen Privatschüler verprügeln kannst, sogar ich könnte eine Bande von Privatschülern verprügeln, das ist nicht gerade eine große Leistung. Hör auf meinen Rat: werde erwachsen."

Puh! Nach meiner kleinen Schimpftirade atmete ich einmal tief durch, drehte mich dann um und lief schnell die Treppe hinunter, um das letzte Wort zu haben.

Alex brauchte offensichtlich einen Moment, um sich zusammenzureißen, aber kurz bevor ich um die Ecke bog und aus seinem Blickfeld verschwand, rief er mir zu: "Fahr zur Hölle."

"Ja, ja.", murmelte ich vor mich hin, während mein Blut aufgeregt durch meine Adern floss und mein Adrenalin raste so schnell, dass es in meinen Fingern nach einem weiteren Streit juckte: "Du mich auch."

Ich war so verärgert, so wütend darüber, dass ich von allen als die Böse hingestellt worden war, dass ich plötzlich mehr als bereit war, mich mit Jack anzulegen, ihm zu erklären, was passiert war, und das ganze verdammte Chaos ein für alle Mal zu klären.

Ich hatte genug!

Als ich den Bürgersteig entlang stürmte, stellte ich mir vor, Matt aus dem Pub zu zerren und ihm einfach die Wahrheit zu sagen und es ihm zu überlassen, damit fertig zu werden. Vielleicht könnte ich ihm im Vorbeifahren die Wahrheit sagen; mit quieschenden Reifen da angefahren kommen, hinausschreien, dass ich mit Jack geschlafen habe, und dann davonbrausen, bevor er etwas sagen konnte.

Ich war so schnell gelaufen, dass ich nach etwa 15 Minuten wieder in der Wohnung ankam und die Treppe hinaufdonnerte, bevor ich die Tür aufstieß und schrie: "Jack, wir müssen reden!"

Es dauerte eine Minute, bis ich das, was ich in der Wohnung sah, richtig verstand. Es schien, als hätte meine Ankunft die beiden Bewohner dort, wo sie standen, erstarren lassen. Meine Augen verengten sich, als ich Jack und Haley erblickte, ihre Arme fest umeinander geschlungen und mit erschrockenen Blicken.

Jack erholte sich zuerst, wie so oft, und löste Haley aus seiner Umarmung, legte ihr aber weiterhin einen Arm schützend um die Schultern. "Haley hat mir gerade erzählt, was unten zwischen dir und Micky vorgefallen ist.", begann er, seine Stimme war ruhig, aber sein Blick wies mich an, ihm zuzuhören und nicht überzureagieren. Mann, kannte er mich gut.

"Wirklich?", fragte ich und meine Stimme klang eher wie ein Quietschen mit einem leicht hysterischen Unterton. "Sie kann es jedenfalls nicht nachgespielt haben, denn ich kann mich nicht daran erinnern, dass da viel umarmt wurde."

Offensichtlich beschloss Jack, diese zugegebenermaßen kindische Bemerkung zu ignorieren und fragte: "Wo bist du gewesen? Du hättest sofort zurückkommen und mir sagen sollen, was los ist."

Hatte er den Verstand verloren? Erstens wollte ich nicht darüber reden, während Haley gemütlich in seiner Armbeuge lag, und zweitens konnte er unmöglich glauben, dass ich nach dem, was passiert war, sofort wieder zu ihm hochgegangen wäre.

"Im Sinne von 'hätte sollen', meinst du nicht, dass es wichtigere Dinge gibt, die vor meinem Ausrasten und der Fahrt zu Simone kommen sollten?", fragte ich eher ziemlich gehässig.

"In Ordnung." Jack sprach mit mir, als wäre ich eine Fremde, zwar eine schwer bewaffnete und möglicherweise psychotische Fremde, aber dennoch eine Fremde.

Da wurde mir klar, dass wahrscheinlich immer noch eine Art Mordlust in meinen Augen glänzte und meine Unruhe über meine Flucht vor Jack und meine Streitereien mit Micky und Alex zum Ausdruck brachte. Oh, und wir dürfen die ganze Haley Umarmungs-Sache nicht vergessen, ich tat das sicherlich nicht.

Ich bemühte mich, mich zusammenzureißen und ein bisschen weniger verrückt auszusehen, entspannte meine Haltung ein wenig und schloss die Tür hinter mir, damit nicht das ganze Gebäude vor Matt, von Jack und mir erfuhr.

"Wir wussten, dass das früher oder später passieren würde.", sagte Jack. "Und vielleicht ist es gut, dass Micky es weiß, so sind wir gezwungen, jetzt etwas zu unternehmen, anstatt die Dinge außer Kontrolle geraten zu lassen."

"Außer Kontrolle?!" Ich konnte nicht anders, obwohl ich ruhig wirken wollte, kamen die Worte wie ein kleiner Schrei heraus. "Jack, wir sind so weit über 'außer Kontrolle' hinaus, das musst du doch wissen. Was auch immer passiert, wir sind am Arsch. Ich habe alles kaputt gemacht."

Ich weiß, ich habe das schon einmal gesagt, aber wirklich, ich glaube, in diesem Moment wurde mir die volle Tragweite dessen bewusst, was da vor sich ging.

Matt würde sich von mir und Jack abwenden, sobald er es wüsste. Wir würden ihn beide verlieren, und für Jack bedeutete das die einzige wirkliche Familie, die er hatte. Matt würde auf keinen Fal lVerständnis dafür aufbringen, schaut nur, wie irrational und verrückt ich gewesen bin, und er ist mein Bruder, um Himmels willen, das war genetisch veranlagt.

Ich hatte das Gefühl, dass ich gleich losheulen würde, aber ich hatte meinen Vorrat an Tränen eindeutig bereits an diesem Morgen aufgebraucht, und somit blieben meine Augen trocken, während ich mit dem Rücken gegen die Tür sank und meine Arme um mich schlang.

Ich hörte, wie Jack auf mich zukam, und wartete darauf, von ihm in die Arme gezogen zu werden, wie es offensichtlich vor nicht allzu langer Zeit bei Haley der Fall gewesen war, aber nichts geschah. Also schaute ich zu ihm auf und sah, dass er seine starken, schönen Arme entschlossen an der Seite behielt und einfach nur in meiner Nähe stand und vage tröstende Geräusche von sich gab. Zunächst war ich verwirrt über seine Zurückhaltung, mich richtig zu trösten, aber dann wurde mir plötzlich klar, was ihn zurückhielt.

Ich hatte ihm dummerweise (so, so dumm) gesagt, dass ich mich bei ihm unwohl fühle und er hatte Angst mich zu berühren. Ich stöhnte bei dieser weiteren Offenbarung des riesigen Schlamassels, in das ich mich selbst verstrickt hatte.

"Geht es ihr gut?", hörte ich Haley Jack fragen, wobei ihre Stimme dieses lästige Zittern hatte, das sie anscheinend perfekt beherrschte.

Ein Mädchen, das sich niedergeschlagen und besiegt fühlte, sollte nicht in der Gegenwart eines anderen Mädchens mit perfektem Make-up und hauchdünner Kleidung sein müssen, die nicht einmal irgendwelche Unvollkommenheiten zeigte. Dagegen sollte es ein Gesetz geben.

Ich schloss kurz die Augen gegen die Vision von Haley, die hübsch schmollte und sich auf Jack zu bewegte, aber alles, was ich dann sah, war das Bild der beiden, die sich aneinander schmiegten, was meiner geistigen Gesundheit offensichtlich nicht förderlich war.

Ich riss die Augen wieder auf und trat vor, und sagte mit einem Hauch von Boshaftigkeit, obwohl ich dachte, dass ich meinen Vorrat daran bereits aufgebraucht hätte: "Nein, Haley, es geht ihr nicht gut. Sie ist müde und beschämt und verärgert, und mit dir in einem Raum zu sein, hilft kein Stück."

"Hey.", sagte Jack warnend, aber ich ignorierte ihn. Ich hatte bereits den Punkt erreicht, an dem es kein Zurück mehr gab, und in Anbetracht der Tatsache, dass ich so eindeutig am Arsch war, freute ich mich einen Moment lang über den Umstand, dass ich wirklich nichts zu verlieren hatte, als ich Haley endlich meine Gefühle für sie, ihr gegenüber aussprach.

"Du bist sowas von falsch, Haley. Du bist immer so ekelhaft süß, dass du uns eindeutig damit verarschst, und du hast die ganze Zeit, die ich dich kenne, damit verbracht, dich bei den Jungs einzuschleimen, in der vergeblichen Hoffnung, dass sie über deine Oberflächlichkeit hinwegsehen und deine Freunde werden, weil du hübsch bist. Du flirtest offensichtlich und stark mit all meinen männlichen Freunden, ignorierst aber Simone und mich, wenn es nur wir Mädchen sind, und du tust so, als ob du Football magst, obwohl du eindeutig keine Ahnung hast, worum es da geht."

Ich suchte einen Moment lang nach etwas anderem, das mich an Haley ärgerte, und endete schließlich mit: "Und deine Kleidung ist ungeeignet für das Wetter."

Ich war zu weit gegangen, viel, viel zu weit, und ich fühlte mich wie eine totale Kuh ... schon wieder. Ich wollte eine Zeitmaschine erfinden und zurückgehen und diesen ganzen chaotischen Tag noch einmal beginnen. Ich würde Jack eine freundliche Umarmung geben, um ihm zum Gewinn des Stipendiums zu gratulieren, sodass nichts zwischen uns passieren würde, dann hätte Micky nichts gesehen, und ich wäre nicht losgezogen und hätte einen Streit mit Alex gehabt. Und schließlich hätte ich mich nicht einfach auf jemanden gestürzt, der im Grunde ein Unschuldiger in dem ganzen Schlamassel war.

"Ignoriere sie, Haley.", wies Jack sie zuverlässig in einem ruhigen Ton an, von dem ich wusste, dass er ihn nicht benutzen würde, wenn er sich mir zuwandte.

"Niemand denkt solche Dinge über dich."

"Nein, ist schon gut.", erwiderte Haley, atmete einmal tief durch und blinzelte die Tränen zurück, "Aber ich denke, ich werde jetzt nach Hause gehen, wenn das in Ordnung ist." Mit diesen Worten und hocherhobenen Hauptes, auch wenn ihre Unterlippe zitterte, ging sie um Jack und mich herum und verließ die Wohnung.

Jack schüttelte den Kopf, als sich die Tür schloss, und sah mich mit einem Blick voller Vorwürfe und Verachtung an. Er wollte ihr folgen, aber ich streckte einen Arm aus, um ihn aufzuhalten, denn ich wusste, dass es meine Aufgabe war, mich bei Haley zu entschuldigen, nicht seine.

"Lass mich los.", sagte Jack mit tiefer, gefährlicher Stimme, und ich spürte, wie sich die Härchen in meinen Nacken aufstellten und eine Gänsehaut meine Haut überzog. Diesmal würde er mich nicht mit meiner Unhöflichkeit davonkommen lassen, so viel war klar.

"Ich werde gehen.", sagte ich leise, "Ich muss mich entschuldigen."

Jack zog sich zurück, und plötzlich schien all seine Zurückhaltung zu zerbrechen und wegzufallen, denn in der nächsten Sekunde schrie er mich an, wie ich ihn noch nie zuvor hatte schreien hören. "VERDAMMT RICHTIG, DU MUSST DICH ENTSCHULDIGEN. NUR WEIL DU EINEN SCHLECHTEN  TAG HAST, HEIßT DAS NOCH LANGE NICHT, DASS DU SO MIT ANDEREN LEUTEN REDEN  DARFST, HÖRST DU?"

"Ich weiß.", erwiderte ich mit leiser, kläglicher Stimme, wohl wissend, dass ich seine Wut verdient hatte, aber es gefiel mir trotzdem nicht. Es schien so unwirklich, dass wir uns vor nicht allzulanger Zeit noch leidenschaftlich geküsst hatten, die Dinge können sich so schnell ändern.

"Wirklich? Denn mir scheint, dass du in letzter Zeit nichts anderes tust, als die Leute so zu behandeln, als wären sie erbärmliche Nichtsnutze, als würden deine Gefühle die Oberhand gewinnen und jeder sollte den Scheiß, den du austeilst, einfach hinnehmen." Jacks Stimme verschärfte sich ein wenig, als er hinzufügte: "Komm schon, das bist nicht du, Tally, zumindest warst du das früher nicht."

"Ich weiß.", wiederholte ich. "Ich schäme mich, und ich werde versuchen, mich zu bessern." Jack warf mir einen Blick zu, der ganz klar sagte, 'Das solltest du besser'.

"Ich fange damit an, mich bei Haley zu entschuldigen." Ich legte meine Hand auf den Türknauf, um genau das zu tun, drehte mich dann aber noch einmal um und fragte: "Soll ich den BH gleich mit runternehmen, um das Ganze in einem Abwasch zu erledigen?"

Okay, ich weiß, ich hatte gerade gesagt, dass ich mich bessern würde, und trotzdem stand ich jetzt hier, um zu versuchen, herauszufinden, ob am 19. das absolut Schlimmste passiert war und Jack mit Haley geschlafen hatte.

Aber aus dem Bauch heraus glaubte ich nicht, dass er es getan hatte, es wäre ein zu tiefer Verrat gewesen, und selbst Sturz betrunken glaube ich nicht, dass Jack in der Lage wäre, mich so tief zu verletzen. Trotzdem, das ständige Beschützen und jetzt noch diese Umarmung ... Ich musste es einfach überprüfen, sonst würde ich mich das immer fragen.

"Was?", fragte Jack etwas frustriert, offensichtlich nicht in der Lage, meinem Gedankengang zu folgen.

"Ich will ja nicht zickig sein.", sagte ich hastig. "Ich dachte nur, ähm, wenn der blaue Spitzen-BH von Haley ist, könnte ich ihn jetzt zu ihr zurückbringen."

Jacks Gesicht klärte sich kurz von der Verwirrung und trübte sich dann gleich wieder. "Ach das.", antwortete er und verzog das Gesicht. "Wann hast du den gesehen? Egal, er ist nicht von Haley, es ist meiner."

Ich sah ihn einen langen Moment lang nur an, und zuckte dann mit den Schultern. "Okay, ich werde gar nicht erst fragen." Ich versuchte, einen Witz daraus zu machen, aber im Ernst "Es ist meiner"? Was ist das für eine dumme Ausrede?

Jack sah mich immer noch seltsam an und ich konnte das letzte Aufflackern von Wut in seinen verblüfften Augen sehen. "Was denkst du, Talia?", fragte er langsam. "Dass ich Sex mit einem Mädchen hatte und den BH als Trophäe mit nach Hause gebracht habe? Dass ich ihn absichtlich liegen gelassen habe, um dich zu ärgern, denkst du das?"

"Nein.", protestierte ich, wobei mir sein bedrohlicher Gesichtsausdruck nicht gefiel. "Es war eher so, dass ich dachte, ihr hättet hier Sex gehabt und sie hätte ihn aus Versehen liegen lassen."

Als ich sah, wie sich sein Gesichtsausdruck weiter verfinsterte, fügte ich hastig hinzu: "Und du würdest ihn nicht benutzen, um mich absichtlich zu verärgern, er lag nur auf dem Boden und du warst nicht wirklich in der Lage aufzuräumen.", beendete ich und bezog mich dabei auf seinen sehr verkatert wirkenden Zustand am Morgen des 20.

Ich hatte fast zu viel Angst, Jack anzusehen, nachdem ich zu Ende gesprochen hatte, denn ich konnte an den Schwingungen im Raum erkennen, dass er wieder wütend war. Als ich ihm schließlich in die Augen sah, gab er ein merkwürdiges und völlig humorloses Lachen von sich, ergriff meine Hand, die den Türknauf umfasste, und zog mich von der Tür weg.

"Okay, mir reichts." Seine Stimme war rau und scharf, als er mich dicht an sich heranzog und dann fast angewidert meine Hand losließ. "Lass alles raus; was du denkst, was ich getan habe, all die Lügen, die ich deiner Meinung nach erzählt habe. Mein Gott! Nach allem, was passiert ist, unserer gemeinsamen Kindheit und den Ereignissen der letzten Monate, glaubst du immer noch, dass ich eine Frau hierher zurückbringen würde? Na danke, vielen Dank."

Sein Sarkasmus traf mich tief und mein Kopf pochte von der Wucht seiner Worte und davon, wie sehr ich ihn offensichtlich verletzt hatte.

"Was hätte ich denn denken sollen?", gelang es mir zu erwidern, obwohl ich das Gefühl hatte, dass sich meine Kehle zuschnürte. "Ein BH auf dem Boden und Kratzer auf deiner Brust, zusammen mit deinem Ruf von hirnlosem Sex mit irgendeinem Mädchen am 19. Selbst du musst zugeben, das ist ziemlich überzeugend. Es bedurfte wirklich keines großen Sprungs, um zu diesem Schluss zu kommen."

Dann trat er von mir weg und wandte seinen Kopf ab, als wäre er sogar zu angewidert, um mich überhaupt noch anzusehen. "Geh und entschuldige dich bei Haley.", sagte er erneut, seine Stimme flach, als hätte ich seine Gefühle zerquetscht, als ich ihn direkt beschuldigte.

Angesichts seiner Niederlage, ging ich auf Angriff und lief ihn ein paar Schritte hinter, als er in Richtung seines Zimmers ging. "Du versuchst also nicht einmal, mich davon zu überzeugen, dass da nichts gewesen ist?", fragte ich. "Du hast nichts dazu zu sagen?"

"Was soll das bringen?", schoss Jack zurück. "Es scheint, dass du mir nicht vertraust, egal was ich tue. Du bist mir gegenüber zu unbeständig, sodass ich nie weiß, woran ich bei dir bin. Was auch immer, es spielt keine Rolle, du wirst mir nie vertrauen und ich glaube, ich bin an einem Punkt angelangt, an dem ich nicht mehr die Energie aufbringen kann, dich zu überzeugen."

Aua, aua, aua. Das alles tat zu sehr weh. Ich wollte ihm sagen, dass er sich irrte, dass ich ihm vertraute, aber ich hatte keine Beweise. Alles, was ich tat, deutete darauf hin, dass ich ihn auf die schlimmste Art und Weise ausnutzte und immer auf der Hut war, ihn dabei zu erwischen, wie er dasselbe mit mir tat.

Als Jack jedoch sein Zimmer erreichte, rief ich ihn. "Jack."

"Was?", schnauzte er und hatte offensichtlich keine Geduld mehr mit mir.

"Du kannst nicht hier bleiben, du musst runter in den Pub, erinnerst du dich?" Meine Stimme klang entschuldigend, als ich hinzufügte: "Und bitte lass mich dabei sein, wenn du es Matt sagst, wir machen es morgen, ja?"

"Sicher.", erwiderte Jack heftig, schnappte sich seine Jacke und marschierte an mir vorbei zur Wohnungstür, "Wir wollen ja nicht, dass irgendetwas die Feier verdirbt."

Darüber musste ich fast lachen. Ich wollte das Schicksal nicht wie ein Idiotin in einem Film herausfordern, indem ich sagte: "Kann dieser Tag noch schlimmer werden?" Denn ich wusste aus bereits vergangener Erfahrung und aufgrund des bisherigen Verlaufs des Tages, dass die Antwort 'Ja' lautete.

Ich war am Tiefpunkt angelangt, aber es sprach nichts dagegen, dass ich noch weitergraben würde.



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