15 - Over the moon
Unsere Gläser klirren, als wir anstoßen. Charlotte hat den Ellbogen auf dem Tisch abgestützt, ihr Kinn ruht auf ihrer Handinnenfläche. Mir gefällt, wie sie sich geschminkt hat; dezent, aber ihre Augen sind von dunklem, ausgerauchtem Kajal eingerahmt und funkeln wach und aufmerksam. Sie ist schon verdammt hübsch, und ich bin nicht der einzige Mann, der ihr hier in der Bar bestimmte Blicke zuwirft. Charlotte hat eine ganz besondere Ausstrahlung, ein wenig verrucht, ohne dass es einschüchternd wirkt. Der Wodka rinnt meine Kehle hinab. Mein Date hält inzwischen die Olive ihres Dry Martinis zwischen Daumen und Zeigefinger. Ihre langen, spitz gefeilten Gelnägel glänzen, als sie sie dreht und betrachtet.
„Magst du Oliven?", fragt sie mich unvermittelt und im selben Tonfall, in dem man eigentlich nach den sexuellen Vorlieben des Gesprächspartners fragen würde. Ich schlucke und stelle mein Glas ab.
„Oliven sind lecker", antworte ich. Charlotte lächelt spitzbübisch.
„Besonders in einem guten griechischen Salat", bestätigt sie, ehe sie die Olive an ihre Lippen führt. Ich sehe ihre Zungenspitze, nur kurz, bevor sie hineinbeißt. Der Anblick reizt mich und ich befürchte sie weiß das, gemessen an ihrem Schmunzeln. Ich trinke noch einen Schluck, sehe sie dabei nicht an, wende mich ihr danach aber doch wieder zu. Charlotte ist zu schön, um sie nicht anzuschauen. „Jetzt du", fordert sie mich auf und präsentiert mir die übrig gebliebene Hälfte der Olive. Ich lache leise auf und setze mich gerade hin.
„Na los, mach schon", spiele ich ihr den Ball zurück. Charlotte lacht ebenfalls klingelnd und stabilisiert mein Kinn mit der Handkante, während sie mir die halbe Olive zwischen die Zähne schiebt. Ich zerkaue sie. Charlotte lässt ihre Hand sinken und ich lecke mir kurz über die Lippen. „Deliziös", befinde ich. „Nächstes Mal Weintrauben? Ich füttere dich?" Sie lächelt.
„Ich bin für Cocktailkirschen."
„Mit oder ohne Cocktail?", hake ich nach. Sie beugt sich vor, legt ihre Hand auf meinem Oberschenkel ab und flüstert in mein Ohr: „Mit so viel Schwanz wie ich kriegen kann."
Ich muss lachen, sie auch. Wir sitzen dermaßen nah beieinander, dass ich den Arm für sie anhebe. Charlotte schlüpft darunter, ohne groß nachzufragen. Ich fahre mit dem Daumen über ihr freigelegtes Schlüsselbein. Ihre Hand liegt seitlich auf meinem Bein, sie bewegt ihre Finger kaum, führt sie nur an den Kuppen zusammen, aber die minimale Reibung, die dadurch entsteht, spüre ich wahnsinnig intensiv. Wahrscheinlich, weil ich mich auf nichts anderes konzentrieren kann. Sie riecht engelsgleich, nach saftigen Früchten in voller Reife, süß, aber nicht aufdringlich, sondern leicht, als würde der Wind den Duft der erntebereiten Bäume zu mir herübertragen. Der Gedanke, sie zu küssen streift mich kurz, aber ich weiß nicht, worin das enden würde. Sie ist zu verführerisch für nur eine Nacht, zu interessant für eine überstürzte lockere Geschichte. Ich habe ernstere Absichten mit ihr als das; es wäre nicht richtig. Im Kopf überkreuze ich bereits die Finger, dass es ihr mit mir ähnlich geht. Wenn ich eins nicht bin, dann ein unkomplizierter Charakter, das ist alles nur Oberfläche. Früher oder später wird sie das merken.
„Du riechst gut", höre ich sie sagen und ich lächle.
„Dasselbe hab ich gerade über dich gedacht."
Charlotte rutscht noch ein Stück näher an mich heran, inzwischen sitzt sie fast auf meinem Schoß. Ich spüre ihren warmen Atem an meinem Hals, als sie dort vorsichtig schnuppert, ohne mich zu berühren.
„Ich hab eine Schwäche für dein Parfüm", sagt sie seufzend. Meine Fingerspitzen gleiten von ihrem Schlüsselbein über die empfindliche Innenseite ihres Oberarms. Charlotte atmet gleich neben meinem Ohr erwartungsvoll ein, doch kurz bevor meine Fingerknöchel auf dem Weg nach unten ihre Brust streifen, werden wir unterbrochen.
„Hey, ihr Turteltäubchen." Ivo schnappt sich unsere leeren Gläser. „Ich würde gern langsam Feierabend machen und ihr wärt doch gerade eh lieber irgendwo anders, wo's ein bisschen lauschiger und privater ist." Er zwinkert mir zu und Charlotte, die ihren Kopf auf meiner Schulter abgelegt und ihre Finger mit meinen verschränkt hat, räuspert sich.
„Ich muss nochmal für kleine Mädchen." Sie richtet sich auf und sieht mir in die Augen.
Ich nicke, lasse sie widerwillig los. Nachdem sie aufgestanden ist, streckt sie sich vor mir und lächelt ein letztes Mal, ehe sie davonläuft. Mein Blick bleibt an ihr kleben, bis sie außer Sichtweite ist.
„Die hat's dir angetan, was?", fragt Ivo und wischt den Tisch mit einem feuchten Lappen ab.
„Du hättest wenigstens noch zwei Minuten warten können, ich war so knapp vor der Second Base", grummle ich.
„Wolltest du die First Base überspringen?", fragt Ivo lachend.
„Wenn's ohnehin nur um die Third Base geht, kann man den Kuss auch mal überspringen", mischt Bastian sich ein, der ebenfalls auf den Tisch zusteuert und ich dehne meinen Nacken, während ich antworte: „Geht um mehr. Ich will lieber 'ne echte Beziehung mit ihr als nur Sex. Sie hat mehr zu bieten als das."
„Ich sag dir mal was, Stein, jede Frau hat mehr zu bieten als das, aber nicht jede wird dir freiwillig alles geben, was sie dir geben kann. Sei lieber auf der Hut, Alter. Check erstmal aus, ob du in 'ner Beziehung mit ihr überhaupt auf deine Kosten kommen würdest. Manche Weiber sind am Anfang zuckersüß, und dann doch nichts weiter als heiße Luft."
„Wem sagst du das?", murre ich. „Aber ich schwöre dir, sie ist anders. Ich hab's so im Gefühl."
„Digga, bist du verknallt?" Bastian lacht ungläubig. „Seit du sie auf der Party kennengelernt hast, sind keine vierundzwanzig Stunden vergangen."
„Und?"
„Obacht, Vincent", schlägt er einen ernsteren Ton an. „Du weißt, Frauen sind nicht deine Schoßhündchen. Und die erst recht nicht."
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„Vincent?" Ihre Augen schimmern hoffnungsvoll, als sie zu mir aufsieht. Wir sind vor wenigen Minuten aus der Bahn ausgestiegen und stehen seitdem auf dem menschenleeren Gleis, scharren beide unruhig mit den Füßen über den Boden aus Beton.
„Charlotte?"
„Magst du Spaziergänge?", fragt sie mich und in mir fängt praktisch alles an zu sirren. Bisher war dieses Date unfassbar und ich musste nicht erst zweimal überlegen, ob ich sie nach Hause bringen soll. Solange ich den Abend mit ihr noch ausdehnen kann, tue ich das. Charlotte ist eine wahnsinnig angenehme Gesprächspartnerin.
„Gegen einen Spaziergang ist nichts einzuwenden", antworte ich lächelnd. Sie erwidert es und macht noch einen winzigen Schritt auf mich zu. Als ich einatme, steigt mir wieder der Duft ihres Parfüms in die Nase. Wie der Spätsommer in Italien.
„Dann habe ich ja Glück. Wir sind nämlich eine Station zu früh ausgestiegen, und ich würde lügen, wenn ich jetzt behaupten würde, ich hätte das nicht geplant", informiert sie mich, und ich lache.
„Gewieft", bemerke ich anerkennend. Charlotte grinst.
„Ich genieße deine Gesellschaft, und ich hatte Lust, noch ein Stück zu gehen, und mich dabei mit dir zu unterhalten", sagt sie.
„Reden klappt schon mal ganz gut bei uns beiden, was?" Ich biete ihr meinen Arm an und sie hakt sich bei mir unter.
„Nonverbale Kommunikation doch auch." Sie sieht mir durchdringend in die Augen. Ich zupfe zur Verdeutlichung davon, was das mit mir macht, an meinem T-Shirt, um die Hitze darunter zu vertreiben. Ihr Lachen ist klar, kein Grunzen und auch kein Japsen schleicht sich dazwischen. Nicht, dass ich sonst was dagegen habe, aber irgendwie passt Charlottes Lachen zu ihr. Bei ihr gibt es keine schüchterne Zurückhaltung. Es ist offensichtlich, dass sie mich wirklich mag. Ich finde sie genauso großartig, aber Bastian hatte vorhin recht. Besser, ich bin vorsichtig. Ich kann es gerade wirklich nicht gebrauchen, dass sich ein rosaroter Filter über meine Welt legt, weil ich mich in möglicherweise flüchtige Gefühle reinsteigere.
Wir laufen die steinernen Stufen runter, bis wir auf der Straße stehen. Über uns leuchtet der Vollmond. Automatisch wandert mein Blick rauf zum wolkenlosen Himmel. Charlottes Augen haften ebenfalls an dem selten hübschen Anblick.
„Schön, nicht wahr?", murmelt sie.
„Meine erste bewusste Erinnerung an den Mond habe ich aus einem Urlaub mit meinen Eltern, als ich sechs oder sieben war", plaudere ich aus dem Nähkästchen. „Meine Mutter hat mir das Lied vom Mann im Mond vorgesungen und ich habe sie gefragt, wie dieser Typ so drauf ist, und ob er wenigstens 'nen Kumpel da oben hat."
Charlotte lächelt und ihre Zähne blitzen kurz zwischen ihren Lippen auf, die inzwischen lang nicht mehr so lippenstiftrot sind wie noch zu Beginn des Abends.
„Wo wart ihr in dem Urlaub?"
„Weiß ich nicht mehr. Was verbindest du mit dem Mond?", stelle ich eine Rückfrage.
„Den kleinen Prinzen." Sie geht ein paar Schritte in die Richtung, in die wir scheinbar müssen. Ich folge ihr. „Das war das erste Buch, das ich selbst gelesen habe, gleich nachdem ich in der Schule lesen gelernt hatte", erzählt Charlotte. „Ich habe mich oft ins Weltall geträumt früher." Sie gluckst leise. „Na ja, nicht nur früher."
„Das ist verdammt niedlich", bemerke ich grinsend.
„Niedlich kann ich auch manchmal." Erneut wandert ihr Blick zum strahlenden Mond. „Als würde er über uns wachen ...", sinniert sie.
„Der Mond?"
„Nein, Big Brother – Natürlich der Mond."
„Der passt auf, dass wir nichts Verbotenes tun", behaupte ich.
„Was ist denn alles verboten?", fragt sie. Dass ich so derbe auf sie stehe, dass ich am liebsten sofort über sie herfallen würde, das ist sowas von verboten. Eine Stimme in meinem Kopf verrät mir jedoch, dass ich diesem immensen Drang nicht nachgeben sollte. Es würde den falschen Eindruck bei ihr hinterlassen, wenn ich heute noch mit ihr schlafe. Ich bin mir ziemlich sicher, dass genau das aber passieren wird, wenn ich nicht einen Gang runterschalte.
„So ungefähr alles, was ich gerade gern tun würde, ist verboten", gebe ich offen zu.
„Gib mir eine Kostprobe", fordert sie mich heraus und bleibt plötzlich stehen. Ich stelle mich also vor sie. Während sie auf ihren Kuss wartet, funkeln ihre Augen im silbernen Mondlicht. Ich lege meine Hände auf ihre Hüften, ziehe sie zu mir ran – und atme die unerträgliche Anspannung konsequent aus.
„Nein", murmle ich schließlich und schiebe sie schweren Herzens ein Stück von mir weg. „Nicht mein Stil."
„Schade", erwidert Charlotte und ein Hauch Enttäuschung schwingt darin mit, den sie wahrscheinlich unterschwellig von mir übernommen hat. „Was hast du zu deiner Verteidigung zu sagen?" Ich verziehe die Lippen zu einem leicht spöttischen Grinsen.
„Das hier ist schon magisch genug. Ich will lieber einen stinknormalen Moment abpassen, den dieser Kuss magisch machen würde."
„Kudos, das ist ein gutes Argument." Sie lächelt entschuldigend, räuspert sich und tritt einen Schritt zurück, fährt sich durch ihre langen blonden Haare. „Es sind noch ein paar hundert Meter bis zu meiner Wohnung. Wenn die Stimmung jetzt komisch ist, gehe ich lieber allein weiter, sei mir nicht böse."
„Wieso komisch?" Ich lege den Kopf schief und warte gespannt auf ihre Antwort, doch Charlotte verschränkt die Arme vor dem Bauch und sieht auf ihre Schuhe. „Ich wollte dir damit auf keinen Fall vermitteln, dass du nicht die richtige Frau für mich wärst – Eher im Gegenteil, du bist genau mein Kaliber", schalte ich mich wieder ein, denn ihr Schweigen macht mich nervös.
„Es geht nicht um dich", stellt sie sofort klar. „Ich benehme mich einfach ein bisschen anders bei dir als bei den Typen, die ich sonst so umgarne, ist mir im Verlauf des Abends aufgefallen."
„Willst du mir sagen, du verstellst dich?", hake ich nach. „Wenn ja, dann Chapeau: Deine Schauspielkünste sind nicht von dieser Welt."
„Nein, ich verstelle mich nie bei Dates, und sobald jemand Interesse an mir zeigt, und ich umgekehrt genauso fühle, lasse ich es denjenigen wissen. Normalerweise lenke ich die Dinge in eine bestimmte Richtung", erläutert sie. „Aber es ist eigenartig, wie ich auf dich reagiere. Ich muss nichts auf Kurs bringen, ich kann –" Sie hält kurz inne. „Ich kann die Dinge einfach laufen lassen, so völlig frei. Mir gefällt, wie sich das entwickelt. Mit Ausnahme der Abfuhr natürlich, die du mir gerade erteilt hast. Musste das sein, Vincent?" Kurzerhand beschließe ich, dass ihre letzte Frage rhetorisch gemeint war.
„Hast du morgen Abend Zeit?", plappere ich ungefiltert drauflos. Charlottes Augen werden groß.
„Morgen?", wiederholt sie überrascht.
„Wenn du morgen nicht kannst, langweile ich mich zur Not auch die Woche über. Solange, bis ich dich wiedersehen kann." Charlotte zögert, dann lächelt sie.
„Morgen passt mir gut." Sie dreht sich zur Seite und setzt den Weg zu sich fort. „Was machen wir?", fragt sie mich, als ich zu ihr aufschließe.
„Irgendwas, was Spaß macht", überlege ich laut. Sie stöhnt.
„Oje, du siehst aus wie einer, der mir gleich vorschlägt, dass wir ja gemeinsam kochen könnten." Belustigt ziehe ich eine Augenbraue hoch.
„Beunruhigt dich das?"
„Vincent, vertrau mir. Es ist gesünder für dich, wenn du mir das nicht vorschlägst."
„Okay." Ich hülle mich in Schweigen und sehe nach vorn. Drohend hebt sie die Stimme.
„Du –"
„Das war echt 'ne super Idee von dir. Wir kochen morgen, darauf wäre ich von allein wohl nie gekommen." Ich umfasse ihre Handgelenke und ziehe sie zu mir, um ihr ins Ohr zu flüstern: „Aber ich muss gestehen, ich koche nicht oft. Also erwarte bloß nicht zu viel von mir." Eine Gänsehaut hat sich auf ihrem Arm gebildet. Als ich eben das realisiere, verharre ich in ihrer Nähe, erliege beinah ihrer Anziehungskraft. Doch bevor ich noch etwas tue, was ich später bereuen werde, lasse ich sie los.
„Tja", meint sie schulterzuckend. „Dann bringst du uns besser zwei Nasenklammern mit, ich koche nämlich nie, wenn es sich irgendwie vermeiden lässt."
„Da kommst du morgen nicht drumherum", bleibe ich hartnäckig.
„Es sei denn, ich serviere den Mann ab, der ernsthaft versucht, mir Vorschriften zu machen", erwidert sie trocken.
„Wen meinst du?", kontere ich und Charlotte lacht kurz auf.
Eine ganze Weile schassieren wir nur, ohne etwas zu sagen. Trotzdem ist die Stille alles andere als unangenehm. Wir laufen so dicht nebeneinander, dass wir uns beinah berühren. Und dann, ohne dass ich weiß, wer die Sache initiiert hat, berühren sich unsere Fingerspitzen. Mein Daumen streift ihren Daumen, unsere Handkanten berühren sich und kaum eine Sekunde später halten wir doch tatsächlich Händchen. Charlotte verschränkt ihre Finger mit meinen. Ihre Hand ist warm und passt in meine, als wäre sie hineingegossen worden wie flüssige Bronze. Kein Wort dringt über meine Lippen, ich habe Angst, den Moment zu zerstören. In einvernehmlichem Schweigen schlendern wir durch die Nacht, die mir mit jeder Sekunde immer perfekter erscheint.
Charlotte hält vor einem schlichten Haus an, lässt ihren Blick an der Fassade auf und ab gleiten und atmet aus.
„Hier wohne ich", sagt sie.
„Gut." Ich nicke. „Weiß ich Bescheid."
Im Augenwinkel sehe ich, dass ihr die Frage auf der Zunge brennt, ob ich noch mit hochkommen möchte, und ich warte ab. Sie kennt die Antwort bereits. Und sie enttäuscht mich auch nicht.
„In Ordnung." Sie seufzt leise. „Bis morgen", verabschiedet sie sich von mir und umarmt mich.
„Warte mal", bitte ich sie, als sie sich von mir löst. Aufmerksam sieht sie mir in die Augen. „War schön heute", stammle ich. Hoffentlich klinge ich dabei in ihren Ohren selbstbewusster als in meinen eigenen.
„Fand ich auch", bestätigt sie. Immer wieder rutscht mein Blick runter auf ihre Lippen. Ich gehe einen Schritt auf sie zu, sodass ich unmittelbar vor ihr stehe. Dann kratze ich all meinen Mut zusammen, beuge mich vor und küsse sie auf die Wange. Vielleicht ein wenig länger als notwendig gewesen wäre. Verdammt, war das zu lang?
Charlottes Augen leuchten allerdings, als ich mich zurückziehe, weshalb sich meine Bedenken umgehend in Luft auflösen. Sie kämpft gegen ein fettes Grinsen an, das am Ende aber doch ihr Gesicht schmückt.
„Was?", frage ich sie, als sie lächelnd den Kopf schüttelt und zu Boden schaut.
„Nichts. Ich frage mich nur ..." Sie blickt auf und leckt sich über die Oberlippe. „Warum sind die braven Jungs nur immer die süßeste Verlockung?" Ich vergrabe meine Hände in den Hosentaschen und ziehe die Schultern hoch.
„Wahrscheinlich sind sie gar nicht so anständig."
„Die Datenermittlung zur empirischen Untersuchung dieser Frage ist alles andere als abgeschlossen, schätze ich."
„Die wird morgen fortgesetzt. Wann soll ich vor deiner Tür stehen?"
„Gegen acht", verlangt sie, drückt sich hoch auf die Zehenspitzen und haucht mir ebenfalls einen raschen Kuss auf die Wange. Ich stehe noch am selben Fleck, während Charlotte mir von der Tür aus zuruft: „Ich wähle ein Rezept aus, meine Kollegin hat hoffentlich was Gelingsicheres in petto." Mein Gehirn fährt inzwischen glücklicherweise wieder hoch.
„Ich kann einkaufen gehen, wenn du mir die Liste mit den Zutaten schickst", biete ich an.
„Du hast heute unsere Getränke bezahlt, morgen bin ich dran", lehnt sie ab. „Träum was Süßes", sagt sie und grinst frech. Sie zieht den Schlüssel ab und schaltet das Licht im Hausflur an.
„Gute Nacht", rufe ich. Charlotte winkt mir, ehe sie in ihrem blassblauen Wohnhaus verschwindet.
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