Kapitel sechszehn
Ich werde geweckt. Meine Augen öffnen sich einen Spalt, und sofort überkommt mich die Müdigkeit wie eine schwere Decke. Ich wälze mich auf die andere Seite, in der Hoffnung, die Realität für ein paar Minuten länger ausblenden zu können. »Hey... Yeong-ro... ich sollte dich doch wecken«, murmelt die zarte Stimme von Seoul-hui, die durch den Raum schwebt wie ein sanfter Windhauch.
Ich erwidere nichts, sondern lasse nur ein unverständliches Grummeln über meine Lippen kommen. Die Worte scheinen in der Luft zu verhallen, und ich versuche, mich wieder in den warmen, schützenden Kokon meiner Decke zu hüllen. Doch Seoul-hui lässt nicht locker. »Willst du ihm etwa heute kein Frühstück bringen?«
Diese Frage bringt mich abrupt aus meiner Trance. Meine Augen öffnen sich weit, und ich starre an die Wand, als könnte ich dort die Antworten finden. Stille umgibt mich, nur das leise Ticken der Uhr ist zu hören. Ihm Essen bringen? Hatte ich ihm nicht genug gegeben? Der Gedanke schleicht sich in meinen Kopf und hinterlässt ein mulmiges Gefühl.
»Hey... warum hast du ihm dieses ganze Zeug gekauft, wenn du ihm nichts bringst?«, insistiert sie, und ich kann die Enttäuschung in ihrer Stimme fast greifen.
Seufzend richte ich mich auf, lasse die Decke zur Seite gleiten und greife nach der kleinen Tüte, die ich am Vorabend für ihn gepackt habe. Ein kurzer Blick auf die Uhr verrät mir, dass die Zeit drängt.
Langsam stehe ich auf und gehe hinaus auf den Flur, der überraschend leer und still ist. Es ist kaum zu fassen, dass sich zurzeit die meisten Studentinnen im Gemeinschaftsbad befinden, denn normalerweise ist hier immer ein geschäftiges Treiben. Ich kann das leise Plätschern von Wasser und das gelegentliche Lachen aus dem Bad hören, das mir ein Gefühl von Normalität vermittelt, während ich den kühlen Flur entlanglaufe.
Die Treppen hinauf zu steigen, erfordert mehr Energie, als ich erwartet hatte. Ich fahre mir durch das frisch gekämmte Haar, um ein wenig frischer auszusehen, als ich mich fühle. Doch der heulende kalte Wind, der durch das Treppenhaus zieht, lässt mich frösteln, und ich ziehe die Strickjacke fester an mich. Der Stoff ist warm, aber der Wind scheint durch die Ritzen zu kriechen und mir die letzten Reste von Wärme zu rauben.
Ich erreiche schließlich die Tür, an der ich anklopfe. Das Geräusch hallt in der Stille des Gangs wider. Ich warte einen Moment, während ich nervös von einem Fuß auf den anderen trete, und die Kälte des Flurs umschließt mich wie ein eisiger Griff.
Als er mir die Tür öffnete, war ich für einen Moment wie gefangen in seinen sanften, dunklen Augen. Ich hielt ihm die Tüte entgegen, in der sich das Frühstück befand, und meine Stimme klang fast unnatürlich hell in der Stille des Flurs. »Hier, bitte sehr.« Ich versuchte, mein Lächeln aufrechtzuerhalten, obwohl ich den Druck in meiner Brust spürte, der sich wie ein schwerer Stein anfühlte.
»Guten Appetit wünsche ich«, fügte ich hinzu, während ich einen kurzen Blick auf die Tüte warf, in der die frischen Brötchen und süßen Leckereien verpackt waren. Doch als ich in seine Augen sah, bemerkte ich, dass er einen Hauch von Bedauern in sich trug. Sein Blick streifte über die Tüte und dann wieder zu mir, und ich konnte förmlich spüren, wie die Worte in der Luft zwischen uns hingen, unausgesprochen und doch so deutlich.
Er öffnete die Tür weiter, als wollte er mich einladen, doch ich zögerte. »Ich... muss leider noch lernen. Gerade sonntags habe ich viel zu tun«, murmelte ich.
Ich drehte mich um und lies ihn stehen. Ein Stich in meinem Herzen. Sein Blick glitt nach unten, die Türe sperren weit offen, vielleicht enttäuscht. Er sieht ihr nach, schloss die Türe und humpelt durch den Raum.
Knarr.
Knarr.
Der Blick der Studentin sieht hinauf. Im Lesesaal war es still. Gelegentlich ein scharfes ein- oder ausatmen, das Blättern des Papiers, die Spitze des Stifts auf Papier. Die Studentin legt den Kopf schief.
Knarr.
Knarr.
Sie steht auf, klettert auf den Stuhl, auf den Tisch. Jene Blicke waren auf ihr gerichtet.
Knarr.
Gemurmel erscheint. Die Studentinnen flüsterten und tratschen über die Geheimnisse des Daches, ein dunkles Gedicht des spucken.
»Shhh!«,zischte die Schlafwandlerin, und paukende Studentin bis zwei Uhr nachts im Lesesaal.
Es knarrt auf dem Dach. Den Raum der alten Hausmutter.
Sie dreht sich um. »Da ist gar nichts. Lernt weiter.«,sagt sie mit fester Stimme und sieht, wie die Studentinnen sich wieder an ihre Schreibtische wenden.
Soo-ho setzt sich vorsichtig auf den alten Holzstuhl, dessen Oberfläche von den Jahren der Benutzung abgewetzt und poliert ist. Doch kaum hat er sich niedergelassen, gibt es ein plötzliches, lautes Knacken, als ob das Holz selbst protestiert. Ein Bein des Stuhls bricht unter seinem Gewicht, und im nächsten Moment findet sich Soo-ho auf dem kalten, harten Boden wieder, der Aufprall hallt dumpf durch den Lesesaal.
Die Stille, die zuvor in der Luft hing, wird schlagartig durch das erschreckte Geschrei der Mädchen durchbrochen. Ein wildes, fast tollwütiges Kreischen entfaltet sich, als die Studentinnen in Panik aus ihren Sitzplätzen aufspringen. Ihre Stimmen überlagern sich, und das Echo ihrer Angst hallt durch die hohen Decken des alten Gebäudes, während das Knarren der Wände und der Holzböden in einem gespenstischen Duett mit ihrem Geschrei spielt.
In der Hektik drängt eine der Studentinnen, die sich in der Nähe befand, gegen den Tisch, der mit aufgeschlagenen Büchern und Notizen bedeckt ist. Der Tisch wankt bedrohlich, und sie verliert das Gleichgewicht, fällt nach vorne und landet mit einem lauten Plumps auf dem Boden. Der Schock über die plötzliche Wendung der Ereignisse lässt sie für einen Moment benommen liegen.
Langsam hebt sie den Kopf, ihre Gesichtszüge von Angst und Verwirrung geprägt. Sie wischt sich das lange Haar aus dem Gesicht, aber beim Bewegen bemerkt sie das warme, klebrige Gefühl an ihrer Nase. Ihre Hand gleitet dort hin und findet blutige Spuren, die sich langsam über ihre Fingerspitzen ziehen.
❄️
»Yeong-ro!«
Der Ruf schallte durch den Raum und riss mich aus meinen Gedanken. Sofort hielten meine baumelnden Beine an, und ich spürte, wie die Stille des Wohnheims sich um mich legte. Auch Seoul-hui, die neben mir auf ihrem Bett saß, hielt inne und sah auf.
»Yeong-ro!«, rief die Stimme erneut, klar und vertraut, doch lange nicht mehr gehört. Ein Schauer lief mir über den Rücken, während ich mich aufrichtete und versuchte, den Ursprung dieser Stimme zu erkennen. Es war keine Einbildung, kein Traum, sondern die Realität, die sich in diesem Moment vor mir entfaltete.
Ich sprang vom Bett auf und rannte zum Fenster, das Licht der Sonne fiel warm auf mein Gesicht. Als ich mich vorbeugte und nach unten blickte, entdeckte ich ihn – den Jungen in seiner Soldatenuniform. Er stand dort, mit einem strahlenden Lächeln, das mir das Herz höher schlagen ließ. Seine Augen funkelten vor Freude, und ich konnte kaum glauben, dass er tatsächlich hier war.
Ein überwältigendes Gefühl der Freude überkam mich wie eine Welle. Mein Herz setzte für einen kurzen Moment aus und begann dann, wie ein wildes Tier zu hämmern. »Du bist es wirklich! Du bist es!!«, schrie ich aus vollem Herzen. Ich war mir sicher, dass das ganze Wohnheim mich hören konnte, doch das war mir in diesem Moment völlig gleichgültig.
Die Mädchen neben mir, die meine Aufregung spürten, schauten zu mir auf, ihre Gesichter erhellt von Lächeln und Lachen, als sie meine pure Freude teilten. »Das ist mein größter Schatz!«, rief ich, während ich vor Glück hüpfte.
Der Junge, mein Junge, schenkte mir sein schönstes Lächeln, das meine Seele berührte. Er winkte mir zu, und ich fühlte, wie meine Beine ungeduldig zu zappeln begannen. »Warte! Warte, ich komme zu dir!«, rief ich und stürzte aus dem Zimmer, die Treppen hinunter, ohne einen Gedanken an das, was um mich herum geschah.
Ich eilte durch die Gänge des Wohnheims, die Stimmen der anderen Mädchen verschwommen in meinem Ohr, während ich nur an ihn dachte. Die Welt um mich herum wurde zu einem verschwommenen Hintergrund, der in den Schatten trat, während mein Fokus nur auf ihm lag.
Endlich erreichte ich den Ausgang, öffnete die Tür und trat hinaus in die frische Luft. Der Anblick von ihm dort, in seiner Uniform, ließ mein Herz noch schneller schlagen. Ich rannte auf ihn zu, und als ich schließlich in seine Arme fiel, war es, als ob die Zeit für einen Moment stillstand.
Sein Lachen klang wie Musik in meinen Ohren, und ich spürte seinen schnellen Atem an meinem Ohr, seine Brust bebte unter meinem Gewicht. Es war ein Moment voller Glück und Erleichterung, ein Gefühl, das ich nicht in Worte fassen konnte. Ich konnte nicht glauben, dass er hier war, dass er mich wiedergefunden hatte.
In diesem Moment steht Soo- Ho gezielt auf und lief ebenso gezielt auf das Fenster zu und sieht hinaus, um die beiden zu beobachten.
»Und... geht es dir gut?«,fragte er nah an meinem Ohr, hielt mich ganz fest.
»Ja!«
Ich löse mich von ihm, meine Hände halten seine Arme, den festen Stoff seiner Uniform, während ich vor Freude lache und ihn an den Ärmeln zog. »Du bist wirklich da... wie hast du das geschafft?! Urlaub hast du doch sonst nie bekommen!«Er sieht auf mich hinunter, so groß ist er geworden. »Ich hab mich eben angestrengt.«Er trägt eine grüne Mütze, einen ebenso grünen Schal um den Hals.
»Weil ich dich sehen wollte.«Er lächelt, hebt das Kinn neckend. »Ich hatte nämlich schon ein schlechtes Gewissen.«
»Dann vergiss dein schlechtes Gewissen, und komm so oft her, wie du nur kannst! Wenn du mich besuchst, ist das wie ein Lotterie- gewinn für deine einzige Schwester!«
Und mit einem Mal nieste ich. Der junge in Soldatenuniform sieht sie an, um sich jedes ihrer Gesichtszüge zu betrachten, grinst leicht. »Gesundheit. Du frierst doch.«Damit nimmt er seinen Schal ab und legt ihn mir über.
»Gehts besser?«
Ich lache ihn an.
Soo- ho wendet den Blick ab und dreht sich um.
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