Kapitel fünfzehn
Ich schlug die Augen hektisch auf und spürte sofort den Druck der Zeit, der mich wie eine unsichtbare Hand packte. »Mist!« entfuhr es mir, als ich realisierte, dass ich verschlafen hatte. Mit einem schnellen Schwung überschlug ich die Decke und sprang aus dem Bett. Der Boden war kalt unter meinen Füßen, doch das ignorierte ich, während ich hastig meine rote Wollstrickjacke über meine Schultern zog. Ich warf einen kurzen Blick in den Spiegel, wo Seoul-hui, meine Mitbewohnerin, gerade dabei war, sich zu schminken. »Wir müssen ihm etwas zu essen holen!« rief ich hastig.
Seoul-hui drehte sich entgeistert um und ihre Augen weiteten sich. »Stimmt!« antwortete sie hastig, und ich konnte die Aufregung in ihrer Stimme hören. Ich griff nach einem alten Rucksack, der im Schrank lag, und warf ihn mir über die Schulter. Der Plan war simpel, aber riskant – wir mussten das Essen heimlich besorgen, ohne dass jemand es bemerkte.
Der Speisesaal war bereits voll mit anderen Studenten, die sich in der Schlange drängten. Das Gemurmel und Lachen um mich herum war wie ein Hintergrundrauschen, das meine Nervosität nur verstärkte. Ich hörte heimliche Flüstereien, die über mich und meine vermeintlichen Probleme sprachen – dass ich aus dem Wohnheim geworfen worden sei oder dass ich ausziehe. Doch ich ignorierte die Stimmen und konzentrierte mich auf das Essen, das der Studentin vor mir auf den Teller geklatscht wurde.
Am Esstisch angekommen, wurde ich von einer Welle der Nervosität erfasst. Wie sollte ich das Essen heimlich in den Rucksack stecken, ohne dass es jemand bemerkte? Mein Blick fiel auf Seoul-huis skeptischen Gesichtsausdruck. Sie machte sich breit, lehnte sich nach vorne und stützte ihren Kopf mit dem Arm ab, während sie mich anstarrte. So verdeckte sie wenigstens eine Seite des langen Tisches, der voller Studentinnen saß. Sie nickte mir zu, und ich atmete tief durch, um meinen Mut zu sammeln.
Ich griff nach einer Schale aus meinem Rucksack und legte sie auf meinen Schoß, während ich ein Baguette anvisierte. Ich öffnete den Mund geschauspielert, als wäre ich gerade dabei, einen Bissen zu nehmen, und ließ das Baguette absichtlich aus meinen Händen rutschen. Es fiel direkt in die Schüssel. Seoul-hui sah sich um und lachte dümmlich, und ich stimmte mit einem schauspielerischen Lachen ein, während ich vorsichtig um mich blickte. Glücklicherweise hatte es niemand bemerkt.
Ich packte ein weiteres Baguette ein, dann eine Möhrenstange und warf einen schnellen Blick auf die anderen Studenten, die in der Nähe saßen. Die Spannung in meinem Magen wuchs, als ich mir vorstellte, was passieren könnte, wenn wir erwischt wurden.
Kaum wenige Minuten später standen wir erneut vor der Köchin, diesmal verkleidet in anderen Klamotten und mit Brillen, die wir hastig aufgesetzt hatten. Sie sah uns an, als könnte sie uns mit ihrem Blick vernichten. »Ihr ungezogenen Gören!« schnauzte sie uns an. Ich blinzelte überrascht und fühlte mich gleichzeitig peinlich berührt, während ich versuchte, ihren scharfen Blick zu vermeiden.
»Ich kann mir Gesichter gut merken, das wisst ihr wohl nicht! 360 Studentinnen wohnen hier, aber ich weiß immer, wer schon Frühstück bekommen hat!« Ihre Stimme war schneidend, und ich fühlte mich, als wäre ich auf einem Schulhof, der von einer strengen Lehrerin überwacht wurde.
»Ihr wollt mich wohl austricksen,« fuhr sie fort, doch trotz ihrer scharfen Worte legte sie uns das Frühstück auf ein Tablett. Ein erleichtertes Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus. »Nächster!« rief sie, und ich konnte nicht anders, als schmunzeln.
»Danke, das ist nett,« murmelte ich, während ich mich weiter bewegte. »Nimm dir einen Apfel!« verlangte die Köchin, und ich nickte hastig. »Ja,« antwortete ich und griff nach einem Apfel, wie sie es verlangte. Der Apfel fühlte sich frisch und knackig in meiner Hand an, und ich konnte nicht anders, als mich ein wenig über unser gewagtes Unterfangen zu freuen.
Es knarrte bereits, als ich auf die schmale Stufe steige, hinein trete, die Türe hinter mir schließe und dem Flur entlang laufe. Ich hielt kurz inne, um tief durchzuatmen, und kam an der nächsten Türe zum Stehen.
Mit einem leisen Flüstern näherte ich mich der Türe, meine Stimme kaum mehr als ein Hauch.
»Ich bin's!«
Die Stille, die darauf folgte, war fast greifbar. Ein paar Sekunden vergingen, in denen ich das leise Pochen meines Herzens hören konnte. Dann hörte ich Schritte – zögerlich, aber bestimmt. Die Türe öffnete sich, und er stand dort, mit einem Ausdruck auf dem Gesicht, der mich sofort in seinen Bann zog.
Es schien mit jedem Mal, wenn meine Augen auf seine trafen, als ob die Welt stehenblieb und alles andere nicht mehr existierte. In diesem Augenblick war nur noch er und ich. Seine Augen waren tief und geheimnisvoll, wie ein Ozean, in den man eintauchen wollte, aber gleichzeitig auch Angst hatte, sich zu verlieren. Ich spürte, wie ich von seinem Blick gefangen genommen wurde, und es war, als ob er meine Seele durchdrang.
Ich erkannte, dass er auch so fühlen musste. Denn die Art, wie er mich ansah, machte mich nervöser und gleichzeitig mutiger. Es war ein Blick, der ebenso an meinen festhing, als ob wir in einer eigenen Blase gefangen waren, in der nur wir beide existierten. Die Welt um uns herum verblasste, und alles, was zählte, war dieser Moment.
Sein leichtes Grinsen war sanft und einladend, als er einen Schritt zur Seite trat, damit ich eintreten konnte. Ich schüttelte den Kopf und trat dennoch ein. Er schloss die Tür hinter mir, und ein Gefühl der Vertraulichkeit umhüllte den Raum wie eine unsichtbare Decke. Ich schüttelte den Kopf erneut, als ob ich damit etwas Unausgesprochenes betonen wollte.
»Wir brauchen... ein geheimes Klopfzeichen, oder so...«
Er trat vor mir zum Stehen, still und aufmerksam, seine Augen suchten meine. Ich sah auf meine Handfläche hinab und klopfte mit meiner Faust gegen sie. »Klopf, klopf... Klopf, klopf, klopf.« Ich blickte auf und sah ihm direkt in die Augen. »Also wenn ich erst zweimal, dann dreimal klopfe, dann bin ich es. Du kannst aufmachen. So ist es sicherer.«
Er nickte langsam, als ob er die Bedeutung meiner Worte in sich aufnahm. »Alles klar.«
Wir setzten uns in die kleine, spärlich eingerichtete Ecke des Raumes, die von einem schwachen Licht beleuchtet wurde. »Du hast bestimmt seit gestern Abend nichts mehr gegessen. Hier...« Ich griff in meinen Rucksack und reichte ihm eine Dose mit Essen. »Damit du dich bald wieder erholst.« Unsere Blicke streiften sich, und er nahm die Dose dankbar an. Ich schloss sie wieder, als ob ich damit auch die Sorgen und die Unsicherheiten des Moments versiegeln wollte.
»Besorgst du mir... Batterien?«
Ich sah auf, überrascht von seinem Wunsch.
»Batterien? Wozu denn?«
»Da steht ein Radio... und ich würde gern Musik hören. Leise natürlich.«
Ich nickte, das klang nach einem kleinen, aber bedeutenden Wunsch. »Ja, das kann ich machen. Iss jetzt etwas!«, forderte ich ihn auf, meine Stimme klang bestimmt.
»Und vielleicht eine Zeitung?«
Unsere Blicke trafen sich erneut, und ich spürte, wie die Schwere seiner Worte den Raum erfüllte. »Eine Zeitung?«
»Weil andere Gen-... Gefährten auch verfolgt wurden. Ich möchte wissen, was aus meinen Freunden geworden ist, und vielleicht steht etwas in der Zeitung.«
»Das hole ich dir alles, und jetzt iss endlich.« Ich wollte, dass er sich um sich selbst kümmerte, dass er die Energie fand, die er so dringend benötigte.
»Weißt du vielleicht auch, wie das Wohnheim aufgebaut ist?«
Stille umhüllte uns, während ich ihn still anstarrte und in seine unsicheren Augen sah. Er senkte den Blick, als ob er in Gedanken versunken war. »Ich komme hier nur unbemerkt raus... wenn ich weiß, wo was ist.«
Mit Absicht ließ ich die Metalldose in meiner Hand knarren, um die angespannte Atmosphäre zu durchbrechen. »Echt jetzt? Um dir das Brot zu bringen, war ich einmal im Schlafanzug in der Mensa. Dann habe ich mich umgezogen, war noch einmal dort und habe sogar Ärger mit der Köchin bekommen! So habe ich das Essen ergattert. Also bitte iss jetzt.« Ich sprach mit Nachdruck, als wolle ich ihn dazu bringen, die Sorgen für einen Moment beiseite zu schieben.
Sein geneigter Kopf erhob sich leicht, und er sah mich an, ein leichtes Grinsen schlich sich auf seine Lippen. »Ja, ich verstehe.« Unsere Blicke verharrten erneut miteinander, und ich fühlte, wie eine stille Verbindung zwischen uns entstand. »Ich esse auf«, sagte er schließlich, und ich beobachtete, wie er sich das Sandwich in den Mund steckte, als würde es ihm Trost und Stärke zugleich spenden.
Während er kaute, dachte ich an die Herausforderungen, die vor uns lagen, und an die kleinen Momente, die uns halfen, die Dunkelheit zu überstehen.
Auch jetzt sahen wir uns an, als würden wir uns seit langer Zeit kennen – vertraut, verliebt. War das vielleicht wie in den romantischen Romanen, in denen eine Studentin sich in ihren Anfang Zwanzigern glücklich verliebt?
Wir schmunzelten gleichzeitig und wandten den Blick gleichzeitig ab. Dann war es still.
»Dein Bruder wurde verhaftet?«, fragte er schließlich, und mir wurde mulmig. »Bei einer Demonstration?«
»Er wurde zum Militär gezwungen«, murmelte ich, doch kräftig genug, dass meine Stimme nicht zitterte.
»Du machst dir große Sorgen um ihn, ja? Als wärst du seine ältere Schwester. Nein, ähm...«, stammelte er schauspielhaft, etwas amüsant. »Als wärst du seine Mutter.«
Ich runzelte die Stirn. »Wie kannst du das wissen?«
»Ich habe auch eine kleine Schwester, und sie... verhält sich genauso wie du. Sie sagt: ‚Lass keine Mahlzeiten aus, achte auf deine Gesundheit, verletz dich nicht!'«Er schüttelte leicht den Kopf, während sein Blick durch den Raum glitt und dann wieder zu mir zurückkehrte. »Ständig hat sie genörgelt.«
Er grinste, und ich tat es ihm gleich. »Dann ist sie wie ich. Das sage ich meinem Bruder auch immer.«
»Dein Bruder vermisst es jetzt sicher beim Militär, dass du... nicht mehr an ihm rumnörgelst.« Ich spürte seinen Blick auf meinem Gesicht, und es war, als würde er die Gedanken und Sorgen in mir lesen können.
Ich lachte traurig. »Das hat er jetzt davon. Ständig hat er gesagt, ich soll damit aufhören.« Ich sah einen Moment auf, um ihn anzusehen, und mein Herz begann erneut wie wild zu pochen, als ich in seine Augen und seine erhobenen Mundwinkel sah. »Ich habe noch andere Sachen dabei«, sagte ich dann, um das Thema zu wechseln, und griff in meinen Rucksack.
Ich legte ihm eine Tüte Pepero, eine mit Schokolade überzogene Süßigkeit, vor ihm hin. Als Nächstes legte ich ihm Tteokbokki vor, gefolgt von Honey Butter Chips. Als ich seinen perplexen Blick sah, musste ich lächeln. Ich öffnete die nächsten Dosen, in denen belegte Brötchen lagen – überzogene Süßkartoffeln, Reis und ein Ei. Ich drückte ihm eine Tasse Kaffee in die Hand. Sein Blick wurde perplexer als zuvor.
Ich murmelte: »Handtücher«,und legte sie ihm ebenfalls vor. » Toilettenpapier...« Ich legte ihm noch einen Riegel auf das Tablett.
»So wertvoll war die Kassette nicht, wir sind auf keinen Fall quitt«, sagte er und schüttelte den Kopf.
»Du kannst ja bezahlen. Ich nehm's gern«, erwiderte ich mit einem schelmischen Lächeln.
»Und wie? Womit denn?«
Ich neigte den Kopf und dachte nach. Er wartete auf eine Antwort, sah mich an, und ich spürte, wie die Luft zwischen uns knisterte. »Äh...«, stotterte ich, während ich ihn anstarrte. »Hast du keine Talente? Irgendwas?«
Für einen Moment hob er die Brauen, und ich konnte sehen, wie er über meine Frage nachdachte. »Talente?«, wiederholte er, als wäre es ein Wort, das er schon lange nicht mehr gehört hatte.
»Na ja... irgendsowas wie tanzen oder singen«, sagte ich schließlich und versuchte, das Thema aufzulockern. Es war ein Versuch, die Spannung zwischen uns zu durchbrechen, die sich wie ein unsichtbares Band um uns gelegt hatte.
Er sah mich mit seinen dunklen Augen an, und ich konnte nicht anders, als mich in diesem Blick zu verlieren. »Sowas kann ich nicht«, gab er entschlossen zurück, und ich spürte, wie mein Herz einen kleinen Sprung machte. Ich wich seinem Blick aus, um ihn dann wieder aufzufangen, und versuchte, entspannt zu wirken, obwohl mir ein leichtes Kribbeln durch den Magen lief.
»Kein einziges?«, fragte ich skeptisch, während ich die Stirn runzelte. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass jemand so talentiert wie er nichts konnte, was über das Alltägliche hinausging.
Er durchdrang mich erneut mit seinem Blick, der nun ein wenig ernster geworden war. »Kein einziges«, wiederholte er und schüttelte den Kopf, als wollte er meine Zweifel zerstreuen.
Ich spürte, wie ich unwillkürlich mit den Schultern zuckte, als ich seinen Blick ausweichen musste. »Dann geh nicht nur zu Demos, sondern lern auch was. Sowas ist auch wichtig«, sagte ich in einem verspielten Ton, um die Schwere des Moments zu mildern.
Sein Gesicht erhellte sich plötzlich, und ein breites Grinsen schlich sich auf seine Lippen. Es war ein Ausdruck, der seine Augen zum Funkeln brachte und mir das Gefühl gab, als wäre ich der Grund für sein Lachen. Er stieß ein sanftes Lachen über seine Lippen, senkte dann jedoch den Blick auf den Boden, als würde er versuchen, seine Freude zu verbergen.
Doch er fasste sich schnell und räusperte sich, um wieder ernst zu wirken. Als er wieder zu mir aufblickte, war ich überrascht, wie viel Wärme in seinem Blick lag.
❄️
Ein Schatten liegt in der alten Dienstkammer. Ein Raum mit gotischer Architektur neigt sich der kommenden Dunkelheit vor. Es hat ein großes, verziertes Fenster mit kreisförmigen Designs, das in mehrere Abschnitte unterteilt ist. Die Atmosphäre des Raumes wirkt durch die Architektur und das Licht, das durch das Fenster fällt, sehr eindrucksvoll und historisch. Lim Soo- hos Augen waren konzentriert auf den Radio gerichtet, seine Fingerspitzen berühren diesen. Aus dem Radio kommen verzerrte Geräusche, die er versucht, zu analysieren. Seine brauen leicht zusammengezogen. Er dreht an den Radio, dreht und dreht. Die Stimme verzerrt. Schließlich schloss er die Augen und lehnt sich angespannt zurück. Ein tiefer Atemzug überkam seine Lippen.
❄️
Luft entweicht der Pumpe. »Völlig normale Werte.«,sagt Frau Kang im weißen Kittel. Tae- il sieht seine Geliebte mit zusammengezogenen brauen und verengten Augen an, während sie den Druck des Blutdrucksgeräts von seinem Arm nimmt. »120 zu 73.«
»Wirklich?«,fragte er Unglaubwürdig. »Kaum zu glauben....«Seine Stimme wird lauter:»Wegen Eun Chang- su...! Habe ich mich so aufgeregt, dass ich dachte, meine Brust explodiert gleich!«
»Deswegen fliegst du ja heute nach Peking. Es wird schon alles gut sein, du wirst sehen.«
»Da kann ich keineswegs sicher sein.«.erwidert er trocken. »Diese Kommunisten nerven gewaltig dass kann ich dir sagen!«Die Frau seht auf und greift ihren geliebten an seinen Schultern. »Die versuchen einfach nur... nur noch mehr Geld herauszuschlagen.«,seufzt sie, beugt sich zu seinem Ohr. »Du wirst sehen, wenn diese Operation schlief gelaufen ist, ist Eun Chang- su bei Code One wohl in Grund und Boden gefallen. Also? Wie soll dir das dann alles schaden?«
Tae- il dreht den Kopf zu ihr und grinst amüsiert.
»Du- du, du, du, du schlauer Fuchs du, hä?! Wie kommt es, dass du meine Befürchtungen immerzu zerstreuen kannst, hm? Wie geht das denn, hä?«
Sie schlägt ihm auf die Schultern. »Du solltest jetzt langsam los.«Sofort steht er auf und zieht sich sein Jackett über.
»Na dann... bis bald!«,damit verlässt er das Büro der Ärztin.
❄️
»Ihr solltest vorsichtig sein. Meisterin Pi findet, dass ihr vier seltsam seit in letzter Zeit.«
Ich sehe Bun- ok an.
»Wie? Die Hausmutter findet das?«
»Ja, die Hausmutter findet das, weil die Polizei eurer Zimmer gestürmt hat.«
»Gestern bei der Zimmer Kontrolle hat sie aber nichts gesagt.«,meinte ich und sie stieß ein Lachen aus.
»Hast du Angst vor ihr?«
Ich seufzte.
»Kein Wunder, wenn man von ihr erwischt wird, gefriert einem wirklich das Blut.«
Nachdenklich starre ich hinab.
»Ich hoffe, sie schnappen den Spion endlich.«
Ich sehe auf, sehe sie an für einen bloß kurzen Moment, dann neige ich den Kopf und konzentriere mich auf das Blatt Papier vor mich. Der Schiff gleitet über das weiße, zarte Papier. »Der Polizist hat gesagt, dass ich anrufen soll, wenn jemand verdächtig ist, oder mir etwas auffällt.«Sie beugt sich zu mir. »Eine Belohnung von 50. Millionen Won!«Ich blicke auf die kleine Visitenkarte hinab, die sie mir zeigt. Ich wollte sie mir ansehen, doch ihre Hand zuckt zurück.
»Bekäme ich die Belohnung, könnte ich sogar nach Berlin reisen und ihn besuchen.«Sie lacht kichernd. Ich sagte nichts. Sie klatscht auf den Tisch, zwei mal, sodass mein Kopf hinaus zuckt. »Berlin!«,sagt sie einsilbig, doch ziemlich betonend.
»Ach, Berlin?«,fragte ich, während ich meine Gedanken ordnen wollte.
»Ja!«
Ich stütze meinen Arm auf den Tisch ab und spielte mit dem Stift zwischen meinen Fingern. Nervös. Mein Herz pochte, als ich genauer über ihre Worte nachdachte. Bun- ok würde mich verraten, um sich ihr eigenen Vorteil zu verschaffen.
»Und warum unbedingt nach Berlin?«
»Ach, weißt du das nicht? Den Partner, denn ich auf den Gruppen Date kennengelernt habe, studiert in Berlin Wirtschaftswissenschaften. Er vermisst mich und meint, ich soll ihn besuchen.«
Sie grinst. Ich wende den Blick von ihr ab. Warum lügt sie für so etwas?
Sie kichert. »Soll ich das tun? Ach, ich wünschte, ich bekäme die 50. Millionen, dann kann ich nach Berlin fliegen.«
Bun- ok neigt den Kopf, runzelt düster ihre Stirn.
»Es tut mir sehr leid.«Seine Stimme jedoch klang nicht danach, als täte ihm etwas leid. Sie war rau und kühl, beinahe zu monoton. Am Tag des Gruppen Dates... standen wir dort an den Treppen Eingang zum Bahnhof, als er diese Worte von sich gab. Bun- ok in ihrem rot gepunkteten Kleid drehte sich um zu ihm, dieser junge Mann sieht hinaus in die Weite des freien Platzes, dann wieder zu ihr.
»Ich habe noch viel zu tun. Du musst alleine ins Konzert gehen.«,sagte er und lässt sie stehen.
Der Kerl kommt zum Gruppen Date, hat aber was anderes vor? Das dachte sie. So ein Dreckskerl.
❄️
»Unsinn. Du bist schlauer als viele andere. Demos bringen dich nicht weiter, auch wenn du kämpfst, dafür...gehst nicht du daran am Ende zu Grunde, es ist deine Familie, die sich vor jeder Demo fürchten muss.«
»Also ich finde, dass dein Bruder echt cool ist«
Ich seufzte lachend ironisch.
»Echt cool?«,wiederhole ich.
»Du... deutest damit an, du bist auch cool?«
Stille. Ich sehe ihn an, als ich ihn fragte, seine Augen weichen meinen leicht aus und er sieht auf die Treppe unter uns hinab, ehe er auf sieht und seinen Blick um den Raum streifen lässt.
»Das höre ich wirklich ständig.« Ich schmunzelte bei seinen Worten und schnalzte leicht mit der Zunge. »Dann wette ich, dass die Kette, die du um deinen Hals trägst, von einer Frau ist?«,fragte ich neugierig, mein Herz pochte schneller, ehe er sich langsam an die Kette vergreift.
Ich drehte mich um und sah ihn an, seine Augen schimmerten im schwachen Licht der Lampe. Die Kette um seinen Hals schien fast lebendig, als er sie mit den Fingerspitzen berührte, als wäre sie ein wertvolles Geheimnis, das er sorgfältig bewahrte. Der Gedanke, dass diese Kette von einer Frau stammen könnte, die ihm viel bedeutete, ließ eine Welle von Emotionen in mir aufsteigen. War es Eifersucht? Oder vielleicht das Gefühl, dass ich in diesem Moment etwas verloren hatte, das ich nie ganz besessen hatte?
»Die hier?« fragte er, und ich bemerkte das Zögern in seiner Stimme, als ob er sich nicht sicher war, ob er mir die Wahrheit sagen sollte. Diese Unsicherheit schien mir einen kleinen Einblick in seine Gedankenwelt zu geben, und ich fühlte mich unwillkürlich zu ihm hingezogen.
»Ja, genau.« Ich versuchte, meine Stimme so neutral wie möglich zu halten, doch die Zärtlichkeit, die in seinen Worten mitschwang, schnitt tief in mein Herz. Es war, als würde er mit dieser Kette eine Geschichte erzählen, die ich nicht kannte, und das machte mich gleichzeitig neugierig und verletzlich.
Ein Stich im Herzen – es fühlte sich an, als hätte ich einen Pfeil abbekommen, der die zarten Fäden meiner Emotionen durchtrennte. Ich presste die Lippen zusammen, um die aufkommenden Tränen zurückzuhalten. Es war verrückt, wie sehr ich mich in diesem Moment nach Nähe sehnte, und gleichzeitig wollte ich mich von ihm distanzieren, um mich selbst zu schützen.
»Ja, verstehe.« Ich versuchte, die Fassade aufrechtzuerhalten, aber meine Stimme zitterte leicht. Schnell packte ich meine Sachen zusammen, als ob ich damit auch die aufkommenden Gefühle in den Rucksack stopfen könnte. Der Drang, diesen Moment hinter mir zu lassen, wurde übermächtig.
Ich stand auf, ohne ihn ein weiteres Mal anzusehen, und lief zur Tür. Der Raum schien sich um mich herum zu drehen, während ich mich durch die Gedanken kämpfte, die wie ein Sturm in meinem Kopf tobten. Als ich die Tür öffnete, spürte ich seinen Blick auf meinem Rücken – eine Mischung aus Fragen und vielleicht sogar Bedauern. Doch ich konnte es nicht ertragen, ihm in die Augen zu sehen, als ich die Tür hinter mir schloss.
Draußen auf dem Dach angekommen, blieb ich stehen und atmete tief durch. Die frische Nachtluft strömte um mich herum und vermischte sich mit dem Geruch von frisch gewaschenen Bettlaken, die im Wind wehten. Sie flatterten wie Geister, die in der Dunkelheit tanzten, und ich fühlte mich wie ein Teil dieser surrealen Szenerie, gefangen zwischen den Schatten der Nacht und dem grellen Licht der Laternen, die das Dach nur schwach erhellten.
Der Wind blies wütend zwischen den Mauern, als wollte er mir die Gedanken aus dem Kopf pusten. Ich schloss die Augen und ließ die kühle Brise über mein Gesicht streichen, als ob sie die Hitze der Emotionen, die in mir brodelten, abkühlen könnte. In diesem Moment war ich allein mit meinen Gedanken und der unerklärlichen Sehnsucht, die ich für ihn empfand.
Ich dachte an die Kette um seinen Hals, die vielleicht die Verbindung zu einer anderen Frau darstellte – einer Frau, die ihm nahe war, die ihn vielleicht besser verstand als ich. Der Gedanke schmerzte, und ich konnte nicht anders, als mich zu fragen, ob ich je einen Platz in seinem Herzen finden würde.
Die Dunkelheit um mich herum schien mir einen Moment der Ruhe zu geben, einen Moment, in dem ich einfach nur fühlen konnte, ohne dass jemand zusah. Ich öffnete die Augen und sah hinunter auf die Straßen, die in der Ferne glitzerten, als hätte jemand Diamanten auf den Asphalt gestreut.
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