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Wir hielten in der Innenstadt kurz an und Jimin lies uns Frauen raus. Die Jungs sind im Auto sicherer, um nicht erkannt zu werden und auf diese Weise weiterzusuchen. Wir könnten zu Fuß durch die Fußgängerzone laufen und uns nochmals davon berzeugen, dass Hobi hier nirgendwo rumlaufen würde. Ein Nachteil den ich jedoch besaß, jeder Mann der in etwa die Größe von dem Engel hatte sah für mich auch genau nach ihm aus.
Es war wie ein Fluch. Schon sieben Mal hab ich den drang gehabt jemanden kurz zu stoppen und ich die drei Worte direkt ins Gesicht zu pfeffern, als mir auffiel, dass es jemand völlig anderes war. Also hielt ich mich an meine zwei engsten Freunde, während wir mit wachsamen Augen konzentriert durch die Straßen gingen. Areum nahm sich die linke, Yoona die rechte Seite von uns aus gesehen vor, während ich die uns entgegen kommenden Personen musterte.
Es wurde immer später und später und mit der Zeit verging auch meine Hoffnung nach einem schnellen Ende der Suche. Die Sonne ging langsam unter, wir hielten kurz an, da Yoona aufs Klo musste. Areum und ich warteten also vor einem der Cafés, ich bereits ziemlich ungeduldig.
,,Wir finden ihn. So groß wie Seoul auch sein mag, gemeinsam finden wir ihn", versuchte mich Areum wieder aufzumuntern und ich nickte mit einem schwachen Lächeln und sah dann auf. Es war blitzschnell dunkel geworden. Und es schneite. Der Atem der vielen Menschen bildete kleine Wölkchen bei der Eiseskälte hier draußen.
Meine Finger wurden bereits leicht taub, doch ich krallte sie weiterhin krampfhaft um den Schuhkarton. Als hätte ich Angst daor, wenn ich loslasse, das letzte Bisschen zu verlieren, was mich an Hoseok band.
Ich sah auf und lies meinen Blick ein weiteres Mal über die Gesichter der Menschen gleiten. Und dann sah ihn ihn. Es war wirklich er, es war keine Einbildung, das sagten mir mein Kopf, mein Körper und mein Herz. Er steckte den Kopf enger zwischen die Schultern und zog sich die Mütze tiefer ins Gesicht, während er versuchte mit schnellen Schritten voran zu kommen.
Und ehe ich mich versah rannte ich auch schon. Ich rannte ihm hinterher, an den Leuten vorbei, den Karton fest an die Brust gepresst, während ich die meinen Namen rufende Areum hinter mir vollkommen ignorierte und meine Augen starr auf den Hinterkopf des Engels gerichtet hatte. Ich traute mich nicht einmal mehr zu blinzeln, um dem Risiko zu entgehen, dass er doch nur eine Illusion meines verzweifelten Unterbewusstseins sein könnte.
Ich kam ihm immer näher und näher, doch er bog ab und wir liefen auf dem Bürgersteig an der Hauptstraße. Ich legte noch einen Zahn zu und rief dann seinen Namen, als er sich überracht umdrehte kamen die Tränen wieder ganz von selbst in mir hoch.
,,Jaehee..?"
,,HOBI", rief ich wimmernd, wollte mich in seine Arme werfen, als ich ruckartig anhielt, mir der Karton mit den Schuhen aus der Hand fiel. Neben ihm stand Jiyeon, die mich säuerlich musterte und sich schnell bei Hoseok unterhakte, der sich danach zu meiner Zufriedenheit von ihr löste.
Ich sah zu ihm und schluckte feste, während er meinen ernsten Blick erwiederte.
,,Frohe Weihnachten", flüsterte ich und lächelte schief, die erste Träne kullerte über mein Gesicht. Jiyeon zischte irgendwas und Hoseok ignorierte sie, kam auf mich zu und blieb vor mir stehen, fuhr mit seinem Daumen über meine Wange und fing die kleine Träne auf.
,,Wein nicht wegen mir Prinzessin"; hauchte er und lächelte gezwungen, ich sah die Anspannung in seinem Kiefer und in seinen Augen. Doch seine Stimme und sene Berührung fühlten sich so echt und so weich an, als wäre alles wie früher.
,,Hoseok, ich-"
,,Es reicht mir man! Du liebst ihn nicht und hast ihn bei Weitem nicht verdient also lass uns jetzt einfach in Ruhe!", rief Jiyeon wutentbrannt und stapfte zu uns, trat den Schuhkarton aus dem Weg, die Sportschuhe fielen raus.
,,U-uns?", fragte ich leise und mein Lächeln erstarb, während Hobi seine Hand von meinem Gesicht nahm und sich runter bückte, um die Schuhe einzusammeln und sie mir in dem Karton zu reichen.
,,Jae, ich verstehe es, wenn du noch Zeit brauchst. Aber.. ich kann nicht noch länger warten-"
,,Deswegen fahren wir über die Feiertage gemeinsam in den Urlaub", erklärte Jiyeon, unterbrach den Engel ein weiteres Mal und grinste mich breit an, sucht scheinbar nach den psychischen Schmerzen, die sie mir zufügen wollte.
,,Nach allem.. allem, was sie zu verschulden hat?", fragte ich erneut, ganz leise und sah Hobi verwirrt an, während er schluckte und sich vorbeugte, mir einen kleinen Kuss auf die Stirn gab.
,,Die Welt dreht sich weiter, Prinzessin. Und auch ich gehe weiter. Und das werde ich jetzt."
Jiyeon verschränkte siegessicher die Arme und stupste den Engel kurz an: ,,Zwei Minuten, ich warte schon auf der anderen Straßenseite."
Die Schwarzhaarige rannte über den Zebrastreifen und lehnte sich auf der anderen Seite an die Straßenlaterne. Ich spürte wie meine Augen immer wässriger und wässriger wurden.
,,Also... also wird es so enden? Hier?", fragte ich tränenerstickt und löste meinen Blick von der Frau, sah wieder zu Hoseok hoch, welcher mich traurig ansah und mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich.
,,Ja. Es sei denn, du gibst mir einen Grund es nicht zu tun", flüsterte er mir noch zu, ehe auch er sich von mir löste und über den Zebrastreifen in Richtung Jiyeon ging.
Ich spürte wie mein kompletter Körper streikte, mein Herz kapitulierte. Es tat so weh, so unendlich stark tat es weh. Ich war seine Vergangenheit, das Mädchen auf der anderen Seite seine Zukunft. Es sei denn ich unternahm etwas dagegen. Und zwar genau jetzt.
Ich ballte meine Hände zu Fäusten und holte tief Luft, sämtliche Passanten zuckten zusammen und blieben stehen, um mich zu mustern, als ich mir die Seele aus dem Leib schrie:
,,ICH LIEBE DICH, JUNG HOSEOK!"
Sobald die Luft meine Lungen verlassen hatte holte ich schnell wieder Luft und sah auf, wie der Engel dort stand und mich ansah, warm und liebevoll anlächelte. Und ich wusste ganz genau, dass so alles gut werden würde.
Mein Herz schlug wieder weiter und ich sah ihm sehnsüchtig entgegen. Jiyeon rief im Hintergrund etwas und Hoseok drehte sich nochmal kurz um, hob die Hand, um ihr zu winken und rief ihr eine Verabschiedung zu.
Doch bevor sich dieser Engel wieder umdrehen konnte, hielt die Zeit an.
Inmitten dem ganzen Schnee, der ganzen Weihnachtsstimmung und den vielen Leuten auf der Straße, ertönte das laute Kreischen von Bremsen. Die Quietschenden Reifen danach und das mit einem verdammt schnellen Tempo heranrasende Fahrzeug brachten sämtliche Passanten zum Schreien.
Und ich war ganz still, genauso wie mein Herz auch still stand.
Denn in genau diesem Zeitlosen Moment, in dem Moment in dem ich endlich dachte, mein Leben würde von vorne anfangen und vernünftig beginnen, genau in diesem Moment flog der Engel durch die Luft.
Doch leider nicht mithilfe seiner Flügel.
Sondern mithilfe des harten Aufpralls und dadurch entstandenden Schwungs des Lastwagens, als dieser ihn frontal gerammt hat.
Während sein lebloser Körper dort auf der Straße lag und das viele Blut den schneeweißen Boden in einer schrecklichen Farbe tränkte, währenddessen weinte ich einfach.
Wieso immer ich?
Ist es denn wirklich zu viel verlangt, einfach nur lieben zu wollen?
Was wäre, wenn das das letzte Kapitel wäre? :)
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