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Ich seufzte leise und zog meine Knie an, versuchte es mir möglichst bequem zu machen. Allerdings war das auf dem Beifahrersitz vom Mietwagen der Jungs beinahe ein Ding der Unmöglichkeit. Jimin hat sich jedenfalls noch vor mir die Rückbank reserviert, von der sein seelenruhiges Schnarchen zu Hobi und mir herüber klang. Ich schob genervt die Augenbrauen zusammen. Der war ja Schlimmer als eine Kreissäge.
,,Kannst du nicht schlafen?", fragte mich dann die ruhige Stimme des Engels und ich öffnete die Augen, sah zu ihm herüber. Seine Augen waren auf die Straße gerichtet, seine eine Hand lag auf dem Lenkrad, die andere ruhte unter seinem Kinn, stützte sein wunderschönes Gesicht. Zwischendurch lugte er fragend zu mir, konzentrierte sich aber immer wieder auf die Straße.
,,So ungefähr", meinte ich leise und schlug meinen Kopf gegen das Kopfpolster, setzte mich wieder aufrecht hin: ,,Es ist einfach alles so schrecklich ungemütlich und starr, allein beim Gedanken ein zu schlafen bekomme ich Rückenschmerzen. Ich frage mich wie Mister Schnarchnase so seelenruhig schlafen kann.."
Hoseok lachte leise und schaute durch den Rückspiegel kurz zu meinem Bruder, ehe er wider auf die Straße schaute.
,,Wir haben ganz zu Anfang gelernt, überall schlafen zu können. Wenn wir Photoshoots, Auftritte oder Ähnliches in engen Zeitplänen haben, bleibt uns nur selten genügend Zeit, um vernünftig einzuschlafen. Da werden am Set schon mal aus dem ein oder anderen Klappstuhl ein provisorisches Bett zusammengeschoben, oder eine Decke auf dem Boden ausgebreitet, um wenigstens eine halbe Stunde den Körper ausruhen zu können."
,,Das klingt ziemlich anstrengend", flüsterte ich und blinzelte anerkennend.
,,Das ist es auch. Aber wir haben uns für diese Kariere, diesen Weg entschieden. Es macht uns glücklich und wir wollen es auch durchziehen."
,,Das ist das Wichtigste."
,,Hm?", fragte er nach, hat mich nicht verstanden.
,,Das ist das Wichtigste",wiederholte ich etwas lauter, doch Jimin schlief unbeirrt weiter: ,,Man muss an dem was man tut Freude haben, um seine Leidenschaft und sein Herz dort hineinstecken zu können. Euch sieht und hört man es meiner Meinung nach auch wirklich an."
,,Das nehme ich als Kompliment", grinste er und ich musste Lächeln, seufzte leise.
,,Und bei dir?"
Nun war es an mir, sein Profil fragend zu mustern.
,,Na, ob dir das Entwerfen der Kleidung ebenfalls so viel Spaß macht."
Ich nickte langsam und mein Blick fuhr zu meinen Händen, an denen die roten Handschuhe saßen, die ich mit weißer Spitze am Rand verziert hatte.
,,Es ist nicht wirklich Entwerfen von Kleidung. Ich füge einfach was Neues hinzu, mehr ist es nicht. Die Sachen sind ja bereits entworfen."
,,Aber es ist diese Veränderung, die die alltäglichen und normalen Dinge einzigartig und interessant machen, oder nicht?"
,,Ja schon, aber-"
,,Dann ist es für mich auch gleich was völlig Neues."
Ich schaute zu seinem Profil und musterte dieses eingehend. Mit einem undefinierbaren Lächeln starrte er nach vorne, fuhr uns sicher durch die dunklen Straßen. Dasselbe fragwürdige Lächeln hatte er auch, als wir dieses Foto gemacht haben. Ich mag vielleicht viel zu viel hinein interpretieren, aber es war in meinen Augen kein einfaches Küsschen für eine einfache Pose gewesen. Und der Engel tat einen auf scheinheilig. Was ihm leider verdammt gut gelang.
,,Aber um deine Frage zu beantworten-ja, ich liebe es, diese alten Kleidungsstücke aufzupeppen. Die meisten Basisteile bekomme ich aus Second-Hand Läden, kombiniere sie dann mit anderen Einzelteilen oder füge Stoffreste und andere Details hinzu."
,,Das ist schön", meinte er leise und ich nickte leicht, es blieb eine Weile still im Wagen. Bis auf den lauten Atem meines Bruders, untermalt von seinen anderen Nebengeräuschen, beruhigte mich das leise Rauschen der Reifen aufdem Asphalt.
,,Aber.. war es das schon immer?"
Ich schreckte leicht zusammen, sah zu Hobi, der mich mit warmen Augen ansah.
,,Oder gab es früher eine andere Leidenschaft, die du verfolgt hast?"
Ich hielt inne. Soll ich es ihm sagen oder es weiterhin für mich behalten? Konnte ich es ihm erzählen, ohne dass er in mir eine Versagerin sehen würde? Würde er mich sowie Yoona verstehen? Ich schaute ein weiteres Mal zu ihm, als er kurz zu mir lugte und sich unsere Blicke striffen, habe ich mich entschieden.
,,Es gab nicht nur eine", hauchte ich traurig und schloss die Augen, wollte seinen mitfühlenden Blick nicht auch noch sehen, als ich ihn auf meinem Gesicht spürte.
,,Früher habe ich sehr gerne getanzt. Alles mögliche. Ob HipHop oder Breakdance, sogar Paartänze wieTango, Samba, ChaChaCha und und und.. aber am Meisten von allen hat es mir damals das Ballett angetan. Ich wollte unbedingt professionelle Ballerina werden", lachte ich leise.
,,Und was ist daraus geworden?"
,,Ein verlorener Traum. Der Wunsch wird nie in Erfüllung gehen können."
Ich schaute zu Hobi, der seine Lippen zu einem dünnen Streifen zusammengepresst hatte.
,,Es war kurz nachdem Jimin bei BigHit angenommen wurde und Trainee wurde. Ich hatte einen schweren Unfall, ich bin falsch gelandet bei der einen Vorstellung und habe mir das Knie verdreht. Nach der Operation waren es nicht die physischenSchmerzen, sondern die psychischen Schmerzen, die mich herunterzogen. Nachdem ich mir das Tanzen in den Arsch schieben konnte, fand ich mein Interesse nach der Schule in der Filmbranche wieder."
Hobi hörte mir die ganze Zeit einfachcaufmerksam zu.
,,Den Reiz fand ich in der Gefahr wieder, in den Stunts, die extra ausgebildete Leute übernehmen müssten. Bevor ich genommen werden konnte, habe ich mich beim Training jedoch ein weiteres Mal verletzt, der Arzt drohte mir mit allem, aber ich durfte mein Knie nicht weiter strapazieren. Heute ist es nur noch eine Narbe, die mich an meine aufgegebenen Träume erinnert. Und natürlich meine letzte Freude, diese Schneidergeschichte. Wäre Yoona nicht gewesen, war ich als die Schneidereien meine Entwürfe nicht nehmen wollten nur so kurz davor einfach alles hin zu schmeißen. Sie half mir durch den ganze Mist, von dem meine Familie nie was erfahren darf."
Bittend sah ich zu Hobi.
,,Ich frage nicht nach deinem Verständnis oder Mitleid, ich möchte einfach, dass sie alle weiterhin glauben ich sei die tolle Jae und nicht die inkompetente Jaehee. Also bitte, behalte es für dich, ja?"
,,Natürlich. Versprochen, ich werde es niemandem erzählen"; antwortete Hobi sofort und legte seine Hand auf mein Knie, mein Herz setzte einen Schlag aus. Er konnte ja nicht wissen, dass es das verletzte Knie war und ich erneut viel zu viel in meine überempfindlichen Gefühle hinein interpretierte.
Frohe Weihnachten euch Allen! :)
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