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Dezent angepisst klatschte ich den Brotaufstrich auf unser Mittagessen, was Mama kritisch beäugte. Aber durch die Nachricht von heute morgen, konnte ich nicht viel Mitleid für die arm darstehenden Gürkchen aufbringen, die ich praktisch gehackt auf das Brötchen schmierte.
Morgen musst du wieder Flyer verteilen, Ramon ist krank. Wir zählen auf dich. Zeit ist wie immer.
-Zakar
Nur weil der Kanacke einen Schnupfen hatte, musste ich einen kostbaren Abend mit meinem Bruder opfern und wieder in dieses müffelnde Kostüm steigen, um desinteressierten Passanten noch mehr die Laune zu verderben. Irgendwie verständlich, dass ich dann nicht besonders glücklich bin, oder?
,,So wir sind da!"; rief Jimin und kam mit Hobi im Schlepptau in die Küche, wo wir bereits seit einer halben Stunde das Essenspaket zusammen stellten.
,,Das sieht.. lecker aus", bemerkte Hobi und er musste schmunzeln, als sein Blick von dem perfekt aussehenden Sandwich meiner Mutter, zu dem bereits zweimal verdauten Haufen meinerseits wanderte.
Ich straffte die Schultern und packte es in die weiße Frühstückstüte, ehe ich es in dem kleinen Korb verstaute. Was zählt waren die inneren Werte. Und wenn einem von denen nicht der Appetit verging, dann waren meine Kochkünste gar nicht mal so schlecht, wie es vielleicht aussehen mag.
Nachdem wir uns von meinen Eltern verabschiedete hatten, gingen wir raus, um mit dem Mietwagen der Jungs an die Küste zu fahren. Gerade, als ich auf der Beifahrerseite einsteigen wollte, stoppte mich Hobi in meinem Tun und schob sich zwischen mich und den luxuriösen Sitz mit eingebauter Heizung für meinen bedürftigen Allerwertesten.
,,Geh mir aus der Sonne", meinte ich belustigt und wollte die Tür aufmachen, kam jedoch nicht dazu, weil sich Hobi meinem Sitz bemächtigte, in Windeseile anschnallte und die Tür abschloss, sodass auch mein Fluchen und verrücktes Ziehen an der Klinke nichts mehr ausrichtete.
,,Setz' dich jetzt auf die Rückbank Jae, wenn wir wieder nach Hause fahren, darfst du vorne sitzen", beschwichtigte mich Jimin wie ein amüsierter Familienvater und ich schnappte mir beleidigt den Korb mit dem Essen, pflanzte mich dann nach hinten.
,,Das kriegst du noch zurück"; grummelte ich und schnallte mich an, lehnte meinen Kopf an die Fensterscheibe. Hoseok schien meine Drohung weniger ernst zu nehmen und fing an mit Jimin nach einer Weile die Lieder im Radio mit zu singen. Einfach aus Prinzip und weil es mir gehörig auf die Nerven ging, stimmte ich 'Stern über Bethlehem' an. Das Ziel von zwei verstummenden Jungen, die bis zum Ende der Fahrt einen Ohrwurm von diesem nervigen Stück hatten, wurde somit erreicht.
Als Jimin langsamer wurde und wir an der Strandpromenade nach einem geeigneten Parkplatz suchen, bewunderte ich das glitzernde Meer. Selbst zu dieser kalten Jahreszeit, war es genauso schön, wie ich es in Erinnerung behalten hatte. Wenn ich genau hinhörte, vernahm ich das Lachen meiner Brüder, zwischen dem stetigen Rauschen der Wellen, sah drei Kinder zwischen den Sanddünen umher toben.
Ich atmete tief ein und seufzte lächelnd, nachdem wircausgestiegen waren. Der Wind pustete die frische, salzige Luft direkt in unsere Richtung, als wir uns daran machten zum Strand zu kommen.
,,SOOO SCHÖN!", jubelte Hobi und rannte wie von der Tarantel gestochen los, mit ausgestreckten Armen der Gischt des Meeres entgegen. Jimin lachte auf, zog seinen Reißverschluss bis zum Hals hin zu, ehe er ihm hinterher rannte. Grinsend zog ich mir meine Mütze tiefer ins Gesicht und stellte die Tasche auf einer der vielen freien Bänke ab.
,,Filmst du mich, Jae?"; fragte Hobi und wartete meine Antwort gar nicht erst ab, drückte mir bereits sein Handy in die Hand, ehe er Anlauf nahm und anfing breit grinsend wieder los zulaufen. Ich zoomte etwas näher an ihn heran, als er im selben Moment stolperte und mit Bravur auf die Nase flog. Ich prustete direkt los und joggte auf ihn zu, hörte auf halber Strecke auf zu filmen.
,,Alles in Ordnung?", lachte ich und reichte ihm meine Hand, half ihm zurück auf die Beine.
,,Besser als nur in Ordnung", grinste er breit und zwinkerte mir zu, was mein Herz einen Schlag zu viel machen lies. Sein Lächelnd war so breit und warm und.. ich liebte dieses Lächeln. Ich konnte sagen, dass ich es liebte, weil es die Menschen mit seiner Freude ansteckte und dazu zwang diese Freude ebenfalls mit einem Grinsen deutlich zu machen. So ein Lächeln sollte jeder mal gesehen haben.
,,Wer hat denn hier drauf geschissen?", fragte Jimin, als er sich sein Brötchen auspackte und es mit gerunzelter Stirn von allen Seiten begutachtete: ,,Die Tomate ist ja gehackt, nicht geschnitten", murmelte er und hob die obere Brothälfte an, um uns die halbe Tomate zu zeigen.
,,Und wenn schon, iss' einfach"; grummelte ich und biss in eines der Reisbällchen.
,,Und? Hat der Strand dich nun überzeugt?", fragte Jimin an Hobi gewandt und ich horchte neugierig auf.
,,Der Strand ist echt schön, dass muss man Busan lassen, aber ich persönlich finde noch immer, dass Gwangju insgesamt ein Stückchen schöner ist."
,,Du lügst doch, in Busan gibt es viel Schönere Dinge", protestierte Jimin und biss von seiner Tomate ab, um sie kleiner zukriegen, bevor er sie auf dem Brot aß.
,,In Busan gibt es durchaus ein par schönere Dinge, als ich in Gwangju je gesehen habe"; räusperte sich Hobi und senkte seinen Blick hektisch auf sein Brot, als ich zu ihm rüber schaute.
,,Aber Gwangju ist halt meine Heimat, da ist bereits eine größere Sympathie vorhanden."
,,Das kriegen wir noch hin, stimmt's Jae?", fragte mich Jimin und stieß mich mit seinem Ellenbogen an. Ich blinzelte, ehe ich dann nickte.
,,Busan wird dir als das Juwel Koreas in Erinnerung bleiben!", prophezeite er siegessicher und ich nippte schmunzelnd an meinem Trinkpäckchen.
,,Morgen werde ich nur bis halb fünf mit euch was machen können", fing ich dann an, als wir langsam zurück zum Auto schlenderten. Es wurde früher dunkel und mit der Sonne fielen auch die Temperaturen, sodass wir wieder aufbrachen.
,,Wieso das denn?"; fragte Hobi etwas zu schnell, seine Unterlippe schmollend vorgeschoben.
,,Eine... Frauensache", log ich kurzerhand und lies mich dann seufzend auf den Beifahrersitz fallen, drehte die Sitzheizung vollauf, nachdem ich mich angeschnallt hatte.
,,Na dann.. wir werden dann vielleicht einen Filmmarathon in unserem Hotelzimmer machen, oder einfach durch die Stadt laufen.Warte- was ist morgen für ein Tag?", fragte Jimin, der den Blinker setzte, um abzubiegen.
,,Mittwoch, der 25. Oktober", antwortete ich, mein Blick auf den Kalender des Handys gerichtet.
,,Dann ist morgen Abend das Lichterfest."
Ich weitete meine Augen. Jimin hatte Recht, morgen würde das traditionelle Fest zu Gunsten des langsam beginnenden Winters stattfinden. Eine echt schöne Veranstaltung, denn in den ganzen Einkaufstraßen werden Laternen aufgehängt, es gibt meist auch eine kleine Show, mit Musikern und Feuerspuckern und allem.
,,Musst du dann wirklich los, Jae? Komm doch mit uns auf das Fest~", bat Hobi und ich frimmelte an meinem Pulloversaum.
,,Ich muss schauen... vielleicht bin ich ja früher fertig."
Immer optimistisch bleiben.
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