Zeit für eine Lektion
Staub wirbelte auf als die Kadetten gegeneinander antraten, um ihr Gegner in den Sand zu werfen.
Ich sah dem Ganzen mit wachen Augen zu. Falls es so aussah, als wäre einer der Schüler verletzt, musste ich sofort eingreifen. Der eigentliche Lehrer für den Tag hatte sich abgemeldet, er hatte anscheinend eine leichte Grippe und blieb heute im Bett, damit er niemand anstecken würde.
„Sasha, deine Beine müssen mehr auseinander sein, damit du einen festeren Stand hast!" Ich rief diesem Tipp dem braunhaarigen Mädchen zu, welches plötzlich auf dem Boden gelandet war. Diese sah mich an und nickte mir als Zeichen zu, dass sie mich verstanden hatte. Geschwind war sie wieder auf den Beinen und machte noch eine weitere Runde gegen ihren Trainingspartner. Ich ging langsam um den ganzen Platz rum und beobachtete das Getümmel.
Inzwischen war mehr als ein Jahr vergangen, seit dem ich angefangen hatte, hier zu unterrichten. Die Kadetten hatten fast die Hälfte ihrer Ausbildungszeit hinter sich. Sie hatten schon viel gelernt, aber hatten immer noch viel vor sich. Ich hatte mich gut eingelebt und kam auch mit den Kadetten klar. Die Meisten von ihnen, vor allem die Mädchen, hatten einen gemütlichen Umgang mit mir. Wir sassen immer mal wieder zusammen und genossen einfach mal zusammen einen Abend unter Frauen.
Es gab aber auch einige Jungs die immer wieder zu mir kamen und mich um Rat fragten, wen es darum ging, dem Unterricht gänzlich zu folgen. Am Meisten kam fast zu meinem Leidwesen Eren Jäger. Seit diesem einem Tag an dem auskram, dass ich eigentlich zu der Aufklärungstruppe gehörte, kam es mir vor als wollte er ständig etwas von mir wissen.
--Rückblende--
Es war nach einem langen Trainingstag gewesen, als alle Kadetten inklusive mir zum Abendessen hinsassen. Christa war dabei mir einige Fragen zu den heutigen Lektionen zu stellen, aber ich hörte nicht zu. Einer der Küchenangestellten hatte mir beim Betreten der Hütte drei Briefe in die Hände gedrückt. Einer davon wollte ich ganz sicher nicht vor den Kadetten lesen, da dieser von meiner Familie gekommen war. Die anderen zwei waren von zwei meiner Freunde von der Aufklärungstruppe gekommen, Hanji und Erwin. Ich war momentan gerade dabei den Brief von Erwin am durchlesen. über die Jahre hatte ich gelernt seine Briefe immer zuerst zu lesen, da sie manchmal wichtige Informationen darin hatten. Ymir, die mir gegenüber sass, merkte dass ich Christa nicht zuhörte und stupste mich an.
"Frau Volker, Christa hat einige Fragen an sie. Es ist nicht gerade sehr nett sie zu ignorieren." Ich sah Christa entschuldigend an und faltete den Brief vor mir wieder zusammen.
"Tut mir leid Christa. Ich war in diesem Brief von Erwin vertieft. Was wolltest du nochmals von mir?"
"Ohh wer ist denn dieser Erwin? Ein Freund? ein Geliebter?" Connie gesellte sich zu dem Tisch hin als er den Namen gehört hatte. Er schien wohl seine eigenen Vorstellungen über den Brief zu haben. Ich lachte und schüttelte den Kopf.
"Nein, Erwin Smith ist sozusagen mein Boss."
"Erwin Smith ist doch der Kommandant der Aufklärungstruppe?", rief Armin von seinem Platz zu uns. Ich nickte ihm zu und erklärte weiter.
"Genau. Eigentlich bin ich Hanji Zoe unterstellt, aber wir alle nehmen auch Befehle und Aufgaben von Erwin entgegen."
"Moment... Das heisst Sie waren mal in der Aufklärungstruppe?" Eren war zum Tisch hin gesprintet und sah mich neugierig an.
"Ich gehöre eigentlich immer noch dazu. Nach eurer Ausbildung werde ich wieder in meine Truppe aufgenommen."
"Das ist ja genial! Wir haben eine Lehrerin die ausserhalb der Mauer schon war! Wie ist es dort draussen? Wie gross können Titanen werden? In wievielen Schlachten waren Sie schon? Wieviele Titanen haben Sie schon getötet?" Eren lag mir auf der Pelle und überhäufte mich mit Fragen. Ich wusste gar nicht wo ich zuerst antworten sollte, aber das war schon gar nicht möglich, da Eren unaufhörlich auf mich einredete.
"Eren beruhige dich mal. Wir haben sicher noch genug Gelegenheiten Frau Volker auszufragen." Armin brachte seinen Freund zum Schweigen aber sah mich selbst etwas fragend an.
"Sind Sie hier bei uns, um uns zu unterrichten wegen... Ihrer Verletzung?" Die ganze Gruppe sah mich an. Es war nichts neues, dass ich schwer verletzt war, nur hatte sich nie jemand getraut mich zu fragen woher die Verletzung genau kam. Selbst jetzt nach über einem Jahr hatte ich manchmal immer noch Mühe wenn ich längere Strecken lief. Mir war schon von Anfang gesagt worden, ich würde immer mal wieder Probleme mit meinem Bein haben, selbst nach der Genesung. Aus reinem Reflex, gleitete meine Hand zu der Stelle wo die Verletzung war. Unter der Stoff meiner Hose war die Haut zwar geschlossen aber ich konnte von jetzt an eine Einbuchtung spüren.
"Ja, ich bin wegen meiner Verletzung hauptsächlich bei euch gelandet. Ein Fehler ist mir bei der letzten Mission unterlaufen und die Verletzung ist jetzt mein Andenken daran. Aber ich bin auch bei euch weil das Militär etwas neues ausprobieren wollte. Ein Soldat, der schon Erfahrungen im Feld hat, ist das Beste was euch passieren konnte."
"Das stimmt. Sie können uns viele zusätzliche Informationen geben, die die normalen Lehrkräfte nicht geben könnten." Mikasa, die sonst immer leise unseren Diskussionen zuhörte, gab mir ein kleines Lächeln die mich aufheiterte. Ich hatte eigentlich nie gewollt, dass die Kadetten von meinem Fehler auf dem Schlachtfeld genaueres erfahren würde, aber irgendwann würden alle Details ans Licht kommen.
--Rückblede ende--
Ich war gerade dabei Connie einige kleine Tips zu gegen, wie er seinen Gegner zu Fall bringen konnte, der fast zwei Köpfe grösser war als er selbst, als mir etwas ins Blickfeld fiel. Am Rande des Trainingsfeldes hatte sich eine kleine Gruppe von Jungs gebildet. Lässig lehnten diese sich gegen den Holzzaun und beobachteten die andere Kadetten bei der Übung. Als Annie einer der Kadetten zu Fall brachte und dieser kopfüber auf den staubigen Boden fiel, lachte die Gruppe laut auf. Ich reckte meinen Kopf und merkte zugleich wer das Alphatier der Gruppe war. Jean Kirschtein war wie so oft im Mittelpunkt einer solchen Gruppe. Ich atmete kurz tief ein und begab mich dann zur Gruppe.
"Jungs ihr müsst jetzt wirklich bei der Übung mitmachen. Wenn nicht muss ich euch leider melden und dann kriegt ihr gewaltig Ärger." Die Köpfe drehten sich zu mir rum. Ein Gemurmel ging durch die Gruppe durch und die meisten schlurften mit eingezogenem Kopf davon um auch zu üben. Niemand von ihnen wollte Ärger mit den anderen Lehrpersonen haben. Nur eine handvoll blieb zurück, Jean unter diesen. Dieser sah mich an und ging dann etwas auf mich zu.
"Was bringt diese Übung überhaupt? Wir lernen doch nichts neues dabei." Ich sah ihn fragend an.
"Wie 'wir lernen doch nichts dabei'. Das hier gehört zu der Ausbildung. Ih werdet es später in eurer Karriere sich das eine oder andere Mal brauchen. Ich selbst habe schon des öfteren mich selbst vor anderen schützen müssen." Inzwischen war es etwas still auf dem Platz geworden. Die anderen Kadetten hatten die langsam wachsende dicke Luft zwischen mir und Jean gemerkt die sich plötzlich gebildet hatte. Es war auch nicht das erste Mal dass sich Jean gegen mich und mein Unterricht etwas antrat.Jean schüttelte seinen Kopf und lachte mich an.
"Wie können wir Selbstverteidigung von Ihnen lernen, wenn sie sich selbst in ihrem jetztigen Zustand nicht verteidigen können?"
"Wie war das?"
"Wie können wir was von Ihnen lernen, wenn Sie ja ein Krüppel sind?" Die Kadetten hinter mir begannen zu tuscheln während ich Jean fassungslos ansah. Ich blinzelte ein paar Mal verständnislos an.
"Jean ich glaube du gehst jetzt etwas zu weit." Jeans Freund Marco versuchte auf seinen Freund einzureden und zu beruhigen, aber es schien nicht zu klappen. Das Blut in mir kochte förmlich. Selten sah ich Leute wie Jean die vor anderen Personen keinen Respekt hatten. Das musste ich ihm austreiben, sonst würde er es später schwer haben.
"Marco du denkst doch das gleiche wie ich. Sie sollte lieber einfach im Schulzimmer bleiben und uns über Theorie aufKLÄREN! ARGH!" Ich hatte Jean überrascht indem ich geschwind auf ihn zugegangen war. Mit meinem rechten Bein kickte ich ihm von hinten in die Kniekehlen. Sein Oberkörper sackte aus Reflex und ich nutzte diesen moment um mein linkes Bein anzuziehen, in die Höhe zu heben und ihn damit auf die Brust zu schlagen damit er mit voller Wucht zu Boden ging. Ich platzierte meinen Stiefel auf seiner Brust und hinderte ihn dabei aufzustehen. Er versuchte es, aber ich konnte ihn am Boden behalten. Trotz seiner Versuche sich zu befreien, war ich in der Lage gebug Kraft aufzubringen um ihn zu fesseln.
"Jean, jetzt hör mir mal zu. Mir ist eigentlich scheissegal, wo du nach der Ausbildung hin willst. Höchstwahrscheinlich zu der Militärpolizei oder?" Jean nickte mir ohne weitere Worte zu. Er wagte es nicht etwas zusätzliches zu sagen. "Dachte ich es mir doch. Von mir aus geh dahin wenn du hier fertig bist. Um ehrlich zu sein passt du da direkt hin mit deinen Manieren, Haltung und Respekt vor anderen Leuten. Ich sage es jetzt hier einfach mal offen, ich mag diese hochnäsigen Soldaten ganz und gar nicht. Hatte schon genug Ärger mit denen in der Vergangenheit." Ich beugte mich zu dem am Boden liegenden Kadetten runter und sah ihm in die Augen. "Du stehst jetzt auf und machst bei der Übung mit und hällst die Klappe. Kapiert? Und wehe ich sehe dich noch ein weiteres Mal rumtrödeln." Jean nickte hastig zu.
"Jawohl Frau Volker.." Zufrieden mit seiner Antwort nahm ich meinen Stiefel von ihm runter und liess ihn aufstehen. Er stand etwas unbeholfen auf und wischte sich den Sand von der Uniform bevor er sich ohne weitere Worte undrehte und weglief.
"Also Leute, zurück zu den Übungen!" Die Kadetten wendeten sich hastig wieder ihren Übungen zu. Ein Pochen in meinem rechten Bein bei meiner Verletztung liess meine Hand zu der Stelle gleiten. Ich hatte es wohl etwas übertrieben. Aber es hatte mir gut getan, Jean endlich zurecht zu weisen. Er war schon länger ein Dorn in meinen Augen gewesen, hatte aber bis anhin nichts überaus schlimmes angestellt. Ich seuftzte und konzentrierte mich wieder auf die Arbeit. Wenn ich in Gedanken wäre, würde ich den Schülern ganz u d gar nicht behilflich sein.
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