von Freunden und Familie 2
Erwin und meine Mutter drehten sich zu meiner Stimme um. Das Gesicht meiner Mutter erhellte sich vor Freude als sie mich sah.
«Karin meine Liebe da bist du ja!» Sie eilte zu mir rüber nachdem sie mich gesehen hatte. Ihr langes, blaues Kleid wirbelte etwas Staub vom Boden auf. Sie umarmte mich und drückte mir einen Kuss auf jeden meiner Wangen. Ich liess dies etwas wiederwillig zu und spickte über ihre Schulter um Erwin anzusehen. Er gab mir mit einem Gesichtsausdruck zu verstehen, dass er nicht genau wusste, warum meine Mutter hier war. Sie hatten wohl andere Sachen besprochen, bevor ich hinzugekommen war. Als sie endlich von mir losliess, sah ich sie an.
«Mutter, was willst du hier bei der Kaserne?»
«Ich wollte dich nur besuchen. Als du im Hospital warst, war es uns nicht erlaubt dich zu besuchen und dann bist du plötzlich umgezogen, ohne uns genaue Informationen zu geben.» Ich sah sie etwas beschämt an. Aus den Augenwinkel sah ich Erwin wie er mit überkreuzten Armen dastand und mich fragend ansah.
«Ich dachte das wäre nicht nötig. Mein altes Zimmer gehört immer noch mir und die Post wird mir immer weitergeleitet.» Sie verschränkte ihre Arme und sah mich etwas wütend an.
«Du solltest trotzdem uns mitteilen wo untergekommen bist. Dein Vater und ich haben uns Sorgen gemacht.»
«Schön. Ich gebe dir meine neue Adresse.» versprach ich etwas unzufrieden. «Jetzt sag mir aber warum du wirklich hier bist.» Meine Mutter sah mich fragend an.
«Warum meinst du bin ich wegen etwas bestimmtes hier Karin? Ich wollte nur schauen wie es dir geht.»
«Als ob.» Ich erhob meine Stimme etwas. «Du hast sicher einen bestimmten Grund warum du hier auftauchst. Bis jetzt hast du dich noch nie hier blicken lassen. Du hast dich immer über die Kaserne aufgeregt wenn ich einmal wieder zuhause war.» In der Zwischenzeit hatten wir ein kleines Publikum erhalten. Neben Shiori, Mike und Erwin hatten weitere Soldaten innegehalten um zu sehen was gerade los war. Trotz den Zuschauern liess meine Mutter ihre Maske fallen, die sie sonst immer in der Öffentlichkeit trug und zeigte sich, wie ich sonst nur zuhause zu sehen bekommen hatte.
«Nun, weil du kaum auf meine Briefe antwortest. Ich habe dir etliche Male geschrieben, dass ich dabei bin Treffen mit Militär Offizieren zu organisieren und du dabei sein müsstest. Es würde deinem Vater sicher helfen, neue Verträge auszuhandeln.» Sie sah mich direkt an. «Ausserdem sind die meisten der Herren auf der Suche nach Heiratskandidatinnen. Meine Liebe du wirst nicht jünger, es ist langsam Zeit dass du eine Familie gründest.» Hinter mir konnte ich hören wie ein paar Leute anfingen zu tuscheln. Erwin und Mike schüttelten nur ihren Kopf und ich hörte wie Shiori hinter mir seuftze. Alle drei wussten von den Versuchen meiner Mutter, mich in der Vergangenheit mit jemand zu verheiraten. Gereizt ballte ich meine Hand zu einer Faust.
«Mutter, ich habe es dir schon mehrere Male gesagt, ich werde mich nicht auf deine Versuche eingehen, mich zu verheiraten. Ich bin keiner dieser noblen Damen, mit denen du deine Nachmittage beim Kaffeekränzchen verbringst!" Die Augen meiner Mutter verdunkelten sich. Ich wollte mich etwas von ihr zurückziehen, da ich wusste sie würde gleich mit einer Schimpferei anfangen. Ich hatte diese oft genug in meiner Kindheit erlebt und hasste diese sehr. Meine Mutter stemmte die Hände auf die Hüfte und blickte mich an.
"Ich versuche nur dir zu helfen, für deine Zukunft zu Sorgen. Du selbst machst ja nichts um eimen Mann in deinem Leben zu finden. Und helfen tust du mit deinen Entscheidungen und Aktionen auch nicht. Dein Temprament ist etwas, aber nun hast du dein Gesicht so verunstalltet, dass niemand, aber auch keiner der Kandidaten die ich für dich hätte, würde dich nun zur Frau nehmen." Ohre Worte stachen auf mich ein und meine Hand bewegte sich automatisch zu der Narbe die nun mein Gesicht und Hals zierte. Ich hatte einige kleine Narben überall am Körper verteilt, die sich über die Jahre im Militär aufgehäuft hatten, aber diese war so offensichtlich, man konnte sie nicht verstecken. Mein Blick richtete sich auf den Boden, während ich spürte wie sich meine Wangen vor Scham rot wurden.
"Wie oft hab ich dir schon gesagt, du sollst deine Stelle beim Militär aufgeben?" Meine Mutter führte ihre Predigt weiter, ohne auf die Anwesenden zu achten. "Oft genug da ich ganz genau wusste, sowas könnte passieren. Jetzt kannst du ganz und gar nichts mehr zu der Unternehmung deines Vaters beitragen um es fortzuführen. Ich bezweifle irgendein Mann würde je eine Frau wie dich zur Ehefrau nehmen mit deinem Temprament, dein loses Mundwerk und diese Narben!" Meine Mutter schien nun endlich fertig zu sein und ich sah sie wieder an. Sie war vor Wut rot angelaufen und schien vor Zorn zu rauchen.
"Weisst du was Mutter? Ich habe die Schnauze voll von deinen Versuchen mich zu verheiraten. Mir ist Vaters Unternehmen sowas von egal. Ich weiss er hilft dem Militär viel mit der Ausrüstung die es herstellt und ich bin ihm für die Unterstützung sehr dankbar. Aber sonst habe ich kein Interesse, in irgendeinerweise dieses Geschäft später zu übernehmen. Dazu bin ich nicht gemacht. Und ich werde ganz sicher nicht die Frau eines Unternehmers sein, die einfach nur da sein muss und hübsch aussehen muss."
"Karin!" Shioris ruf machte mich darauf aufmerksam, wie sehr ich meine Stimme gegen meine Mutter erhoben hatte. Diese sah mich verblüfft und gleichzeitig erschrocken an. Shiori kam an meine Seite und ich blickte sie an. Mein Blickfeld war nun aber getrübt, da sich Tränen in meinen Augen gebildet hatten. Ich sah aber noch wie sie mich besorgt ansah, bevor ich die Tränen wegwischte. Ohne etwas zu sagen, drehte ich mich auf meinen Fersen um und rannte aus der Kaserne raus. Das Rufen meines Namens liess mich aber nicht zurückblicken während ich blindlings wegrannte.
"So hat sie in all diesen Jahren nicht mit mir gesprochen..." Karins Mutter hielt ihr Blick immer noch an die Stelle gerichtet, wo ihre Tochter gerade gestanden hatte. Schritte zu ihrer Linken liessen sie aufsehen. Ihre grünen Augen, die ihrer Tochter so ähnelten, trafen auf ein Paar eisblaue Augen, die Erwin gehörte.
"Frau Volker." Begann er ruhig. "Wissen Sie eigentlich, warum ihre Tochter im Aufklärungskorps ist?" Die Dame schwieg kurz, während sie überlegte.
"Sie konnte nicht in die Militärpolizei, da sie nicht die Abschlussnoten dazu gehabt hatte... Ich dachte immer weil das, die nächstbeste Option in ihren Augen gewesen war." Erwin schüttelte seinen Kopf.
"Ihr ist es manchmal ziemlich egal wo sie ist. Sie hat schon in allen drei Fraktionen ausgeholfen und ihre Arbeit da getan. Für sie ist es wichtig, dass sie die Menschen die liebt und ihr am Herzen liegen, sicher sind. Deswegen ist sie beim Aufklärungskorps. Um die Menschheit zu schützen. Und vorallem alle Personen die ihr wichtig sind." Shiori gesellte sich nun auch zu den beiden. In der Zwischenzeit, hatte sich die Menschenmenge im Raum auch aufgelöst. Nur noch Mike stand an den Türrahmen gelehnt und schaute der Gruppe noch zu.
"Frau Volker, obwohl Kari ihnen einige... unschöne Sachen gesagt hat, ich weiss sie liebt sie sehr." Die ältere Dame fixierte ihre Augen auf die kleine Shiori. Ihr Blick hatte sich wieder beruhigt und sie schien über die Aussagen von Karins beste Freunde nachzudenken.
Ich war ohne Ziel über das Gelände gerannt, bis mein Bein angefangen hatte zu schmerzen. Nach Luft schnappend, lehnte ich mich gegen den Zaun des Übungspatzes bei dem ich angekommen war und massierte meine Narbe am Bein. Es war schon eine Weile her, seitdem es so schmerzhaft gewesen war. Mit geschlossenen Augen versuchte ich meinen Körper wieder zu beruhigen. Ich war so auf das Stechen meines Beines konzentriert, dass ich nicht bemerkte wie sich jemand von hinten anschlich.
"Hey, Volker. Was ist los?" Ich zuckte erschrocken zusammen und drehte mich zu der tonlosen Stimme rum.
"Levi? Was machst du hier?" Ich sah den Kommandanten verblüfft an, aber bewegte mich nicht von der Stellen. Noch liess dies mein Bein nicht zu.
"Ich wollte gerade zu meiner Einheit, als du an mir vorbeigeflitzt bist. Was ist denn los, dass du nicht bemerkst, an wenn du vorbeirennst?" Levis Gesichtsausdruck änderte sich nicht, wie ich es auch sonst von ihm gewohnt war, dennoch konnte ich ein Hauch von Besorgnis in seiner Stimme.
"Ich hatte eine... Ausseinandersetztung mit meiner Mutter." Seuftzte ich. Wenn er mich schon danach fragte, konnte ich ihm auch die Wahrheit sagen. Ansonsten würde er es sogar aus mir rausprügeln wenn es sein musste. "Ich habe ihr endlich mal die Meinung gesagt. Es hat mich nur etwas mehr mitgenommen als ich gedacht hätte."
"Das sehe ich." Erwiederte Levi. "Deine Augen sind schon ganz rot vom Heulen."
"Haha..." ich lachte etwas nervös auf und massierte meine nun geschlossenen Augenlieder. Mein emotionaler Ausbruch war nur kurz gewesen, aber mein ganzer Körper fühlte sich nun erschöpft. Levi lehnte sich neben mir an den Zaun und spürte seinen Blick an mir. So wie ich ihn kannte, überlegte er sich gerade was er sagen sollte.
"Wie ist deine jetztige Arbeitsstelle?" Typisch für ihn, wechselte er das Thema. Ich strich mir einige Haarstränen aus dem Gesicht, die sich aus meiner hochgesteckten Frisur gelöst hatten.
"Ganz gut muss ich sagen. Die Kadetten sind motiviert durch die Ausbildung zu kommen und sind alle nett zu mir. Auch die anderen Lehrkräfte."
"Das hoffe ich doch. Du hast wenigstens etwas Respekt verdient." Levis Kommentar liess mich ihn etwas skeptisch ansehen. Ein solches Kompliment hätte ich von ihm nicht erwartet und es sah ihm gar nicht ähnlich. Er erwiederte meinen Blick mit einer hochgezogenen Augenbraue.
"Was? Du hast mir doch mal gesagt, ich solle meinen Kameraden mehr Respekt zeigen."
"Ich bin überrascht dass du das noch weisst. Noch mehr dass du meinen Rat befolgst." Ich schüttelte meinen Kopf, mit einem Lächeln auf den Lippen. "Ich wundere mich, wie ich mich meiner Mutter das nächste Mal stellen werde." Levi schwieg. Er konnte nicht gross darauf erwiedern. Wir schwiegen eine Weile vor uns her, während ein leichter Wind wehte und man nur das rascheln der Blätter hörte. Dieses Geräusch hatte mich schon immer beruhigt. Mein Körper legte sich wieder und das Pochen meines Beines verschwand.
"Nun, Ich kann dir nicht sagen, wie du beim nächsten Treffen mit Mutter reagieren wirst, aber zuerst solltest du dich mit jemand anderes austauschen." Ich drehte meinen Kopf nach Levis Worte und sah Shiori zusammen mit Erwin auf uns zukommen. Mein Blick traf sich mit dem meiner Freundin und diese beschleunigte ihre Schritte. Bei mir angekommen, warf sie ihre Arme um mich und drückt mich fest. Ich erwiederte die Geste, ein Lächeln huschte mir derweil aufs Gesicht. Nach der Umarmung liess ich meine Augen auf meinen besten Freunfd Erwin ruhen, der selbst ein sanftes Lächeln aufhatte.
"Bist du in Ordnung?" Fragte er mich und ich nickte ihm zu.
"Das freut mich. Ich hab mir sorgen um dich gemacht." Shiori sah mich immer noch etwas besorgt an, aber sie sah schon besser aus als vorhin.
"Meine Mutter...?" Ich begann ihm meine Frage auszusprechen aber Erwin unterbrach mich.
"Deine Mutter ist schon gegangen. Sie hat dir aber etwas zurückgelassen." Er hielt mir ein zusammengefalltenes Stück Papier vor das Gesicht. Ich zögerte, aber nahm das Papier dann trotzdem in die Hand und entfaltete es, da ich doch etwas neugierig war, was mir meine Mutter geschrieben hatte. Die geschriebenen Worte liessen mein Herz erstaunlicherweise um einiges leichter werden.
"Ich glaube ich werde mich bei ihr entschuldigen müssen..." Das Trio sah mich fragend an.
"Was steht den da geschrieben?" Shiori war die erste die ihren Mut zusammengenommen hatte um mich danach zu fragen. Ohne Worte drehte ich das Blatt in ihre Richtung. In Tinte geschrieben waren nur vier Worte, die aber eine erstaunliche Wirkung hatten für mich hatten.
"Es tut mir leid"
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