Kapitel 9
Es war schwer, Theas Blicke zu ignorieren. Caitlins Behauptung, sie würde mit Barry ausgehen, hatte etwas verändert. Thea war bedrückter, nervöser, wollte wissen, wo er andauernd hinging. Dass er sich in Central Citys obskureren Vierteln herumtrieb oder sich mit Snart traf, konnte er ja schlecht sagen.
Vor einem dreiviertel Jahr war aus S.T.A.R. Labs eine Kältewaffe gestohlen worden. Zurückbekommen hatten sie die nie. Allerdings war es zu einem Showdown zwischen Flash und Captain Cold gekommen. Barry hatte zwar den Sieg davongetragen, aber Snart war entwischt. Zu letztem Weihnachten hatte er ihnen überraschend beim Kampf gegen den Trickster geholfen. Seitdem beschaffte er ihnen Infos aus dem Verbrechermilieu, da er dort die besten Verbindungen hatte. Verbindungen, die Barry so vermutlich niemals haben würde.
Snart wusste von Barrys Plan. Er hielt nichts davon. Genau genommen gar nichts. Aber er war sich dessen bewusst, dass Barry nicht auf ihn hören würde. Killer Frost ins Spiel zu bringen war ein schwacher Versuch gewesen, ihn aufzuhalten. Denn der Eismeta hatte seinen eigenen Kopf.
Thea schielte wieder zu Barry herüber, strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr. Peinliches Schweigen hing in der Luft. Letztlich war es der Alarm der Meta-App, der Barry von dieser Situation erlöste. Er murmelte eine Entschuldigung und machte sich so schnell er konnte auf den Weg zum Tatort.
Als er dort ankam, konnte er nicht fassen, wer dort gerade einen Versuch unternahm, ein Casino auszurauben. Ihm war, als habe er ein Déjà-vu. „Du?!", keuchte er. „Was...?" Er fand keine Worte und gestikulierte nur kopflos.
„Was ich hier tue?" Caitlin lachte. Es klang gezwungen. „Dass ich dir helfe, heißt nicht, dass ich auf das hier verzichte, Flash."
Er schüttelte fassungslos den Kopf. Ein vorsichtiger Schritt auf sie zu. „Du hast das nicht nötig. Lass es einfach. Hör jetzt auf, geh zum Training und wir kommen klar."
„Flash will mich also laufen lassen?", spöttelte sie. „Interessant." Wusste sie, dass sie sich auf dünnem Eis bewegte? Offensichtlich nicht, oder aber es war ihr egal.
Barry war sich der Casinobesucher bewusst, die auf dem Boden oder hinter Spielautomaten kauerten und ihr Wortgefecht beobachteten. Er durfte nicht den Verdacht erwecken, er ließe irgendwelche kriminellen Metawesen ihr Unwesen treiben. Dennoch wollte er vermeiden, seine Partnerin für den geplanten Coup zu verhaften, denn dann hätte er mit Sicherheit ein Problem mit ihr.
Also versuchte er es noch einmal auf die nette Art: „Cait, lass es. Bitte!" Er hielt ihr die Hand hin. Eine riskante Handlung, wenn man mit einem Eis-Metawesen verhandelte.
Auf einmal war es, als bräche ihr der eiskalt-höhnische Ausdruck aus dem Gesicht und ihre Haare nahmen am Ansatz die karamellfarbene Färbung an, die unmissverständlich zeigte, dass sie sich beruhigte. In Caitlins nun wieder braunen Augen standen Tränen. Barry wusste nicht, was gerade passierte, er wusste nur, dass er sie hier weg schaffen musste, ehe sich jemand ihr Aussehen gut genug merken konnte, um ein Phantombild zeichnen lassen zu können.
Sie machte einen wackeligen Schritt auf ihn zu. Dann noch einen. Barry sah, dass sie strauchelte, und fing sie blitzschnell auf.
Er brachte sie zu S.T.A.R. Labs in den Cortex, wo sie schluchzend zusammenbrach. Sie verbarg das Gesicht in den Händen.
Barry kniete sich vor sie hin und berührte sie am Arm. „Alles ist gut", versuchte er sie zu beruhigen.
„Du verstehst das nicht", flüsterte Caitlin und hob den Kopf. „Ich hab gelogen."
Sein Herz setzte einen Schlag aus. „Wovon sprichst du?" Eine klamme Angst, die er nicht bestimmen konnte, kroch in ihm hoch. „Caitlin?"
Sie schluckte und holte er stickt Luft. „Killer Frost ist nicht nur ein Codename."
~*~
Das, was Caitlin ihm erzählt hatte, hätte er niemals erwartet, von ihr zu hören, als er sie nach ihrem Versuch, ein Casino auszurauben, gestoppt und in Sicherheit gebracht hatte. In Sicherheit vor sich selbst, wie sich herausstellte. Denn Caitlin hatte eine gespaltene Persönlichkeit. Über Killer Frost schien sie keinerlei Kontrolle zu haben. Nun ergab ihr widersprüchliches Verhalten Sinn. Und anscheinend hatte er ihr launisches Alter Ego von seinem Vorhaben überzeugt.
Dummerweise schien sie nicht viel Ehrgefühl zu besitzen und auch nicht die Tatsache vor Augen zu haben, dass er sie nicht gehen lassen konnte, sollten Augenzeugen bei einem weiteren Zusammentreffen von ihnen beiden anwesend sein. Er konnte nicht riskieren, dass ihm jemand auf die Schliche kam. Wenn so etwas noch einmal passierte, würde er Caitlin einsperren oder anderweitig aus dem Verkehr ziehen müssen. So leid es ihm tat. Er würde auch noch andere Metawesen treffen, die ihren Platz einnehmen könnten. Nur wäre das nicht dasselbe. Sie war besonders, und die Vorstellung, ihr etwas anzutun, rief in ihm tiefstes Wiederstreben hervor.
„Barry?" Theas Stimme überraschte ihn, obwohl er gewusst hatte, dass sie mit ihnen im Cortex war. Diese Tatsache war nur in die hinterste Ecke seines Bewusstseins gerückt. „Caitlin ist also Killer Frost?" Die Nervosität stand ihr ins Gesicht geschrieben.
Verdammt. Jetzt wusste sie alles, wenn sie die ganze Zeit dort gestanden hatte. Von Barrys Projekt hatte sie nun auch eine Ahnung.
Caitlin antwortete für ihn. „Nicht ganz. Ich bin Caitlin Snow. Killer Frost ist mein Alter Ego."
Thea begriff. „Deshalb hat Barry dich hier nach S.T.A.R. Labs gebracht, obwohl du als Schwerverbrecherin giltst!"
„Genau genommen habe ich auch gerade erst von der Sache mit der gespalteten Persönlichkeit erfahren", gestand Barry leise, halb in der Hoffnung, Thea hätte es nicht gehört und ihr würde ihr Denkfehler verborgen bleiben.
Doch natürlich war Thea nicht taub und sah ihn misstrauisch an. Zum Glück wandte sie sich dann wieder an Caitlin, die gerade viel schlagfertiger war. „Warum bist du überhaupt hier? Und woher kennst du Barry?"
„Sie war die Kellnerin in einer Bar, die mir von einem Freund empfohlen wurde", erklärte Barry. Er hielt es für unklug, Snarts Namen zu erwähnen, da dies nur die Frage aufwerfen würde, warum er Barempfehlungen von einem Typen folgte, der ab und an Menschen mit einer gestohlenen Eiswaffe tötete.
„Und zu deiner ersten Frage", sagte Caitlin ernst, „wir könnten dich gut gebrauchen. Nicht wahr?"
Der Schreck fuhr Barry in die Glieder. „Was?" Das konnte nicht ihr Ernst sein. „Ihr Bruder bringt mich höchstpersönlich um, wenn er das rauskriegt!", rief er panisch.
Einmal hatte er sich von Oliver trainieren lassen. Die Stellen, an denen Arrow gemeint hatte, ihn anschießen zu müssen, machten bei Wetterwechsel immer noch auf sich aufmerksam. Auf noch so eine Erfahrung konnte er gut verzichten. Vor allem, wenn es dann nicht nur Training war, sondern Arrow ihn tot sehen wollte.
„Er muss es ja nicht erfahren", verteidigte Caitlin ihre Idee. „Und Thea weiß bisher schon zu viel. Wenn es in den Nachrichten kommt, zählt sie eins und eins zusammen und wir sind erledigt. Also, was sagst du? Sollen wir sie fragen?" Sie sah ihn erwartungsvoll aus großen Augen an.
Barry versuchte, das Gefühl zu ignorieren, das dieser Blick in ihm auslöste. „Du hättest mich wenigstens vorher fragen können", meinte er in einem verärgerten Ton, aber ohne es wirklich so zu meinen. Vielleicht hatte Caitlin ja recht. Aber dennoch... „Wenn sie Nein sagt, was tun wir dann?"
Caitlin zuckte die Achseln.
„Worum geht es hier überhaupt?", wollte Thea wissen, eine kleine Spur von Angst in der Stimme.
„Einen Coup", sagte Caitlin kalt und lehnte sich an Ciscos Arbeitsplatz, die Arme vor der Brust verschränkt. „Wir brauchen noch eine Fluchtwagenfahrerin. Und du, Thea Queen, bist perfekt geeignet für den Job."
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top