Kapitel 10
Thea hatte Bedenkzeit verlangt. Die hatte sie auch bekommen – in einer Zelle des Teilchenbeschleunigers.
Es musste nicht gesagt werden, was passieren würde, wenn sie ablehnen würde, sie wusste das bereits. Sie dürfte niemals jemandem von der Sache erzählen, sonst war sie tot. Sie hatte schon einmal wählen dürfen. Damals hatte sie sich dazu entschlossen, mitzumachen. Sie hatte es bereut. Jeden einzelnen Tag. Und sie wollte dieses Gefühl nicht mehr spüren.
Malcolm trainierte sie. Seine Anwesenheit machte sie zu einem anderen Menschen. Zu einem Menschen, der zu allem fähig war. Dem Reue fremd war. Speedy.
Aber das hier war ihre Normalität. Einmal schon hatte sie diese erschüttert. Sie wollte nicht, dass die Seifenblase, in der sie lebte, wenn sie in S.T.A.R. Labs war, zerplatzte.
Das klare Licht der Zelle begann, ihr in den Augen wehzutun.
Thea fühlte sich unwohl auf so engem Raum. Dass es hier eine Toilette gab, war zwar irgendwie beruhigend, aber sie hatte nicht vor, sie zu benutzen, denn ihr war bewusst, dass Caitlin sie beobachtete.
Thea traute ihr nicht. Diese Frau war gefährlich. Sie sah es in ihren Augen. Es war nicht wie bei ihrem Vater, in dessen Augen sich Schmerz versteckte – in Caitlins Augen war Leere. Thea wusste, dass die Frau, von der Barry um den Finger gewickelt worden war, eine Psychopathin war.
Aber vielleicht war das genau die Art Mensch, die Barry für den Raub brauchte. Jemand ohne Gefühle, der in krassen Situationen ruhig blieb und den Überblick behielt.
Vielleicht war das genau die Art Frau, die Barry mochte.
~*~
Caitlin saß im CC Jitters. Sie hatte einen S.T.A.R. Labs-Laptop dabei. Er lag aufgeklappt auf dem Tisch und zeigte Oliver Queens kleine Schwester, die Löcher in die Luft starrte und ab und an hektisch blinzelte, damit ihre Augen nicht tränten. Sie heulte doch nicht etwa? Caitlin klappte den Laptop zu, stellte die Lautstärke aber höher, sollte Thea zu einer Entscheidung kommen.
Ein Killer Frost-Frappuccino wurde ihr vor die Nase geschoben.
„Im Ernst?" Sie hob eine Augenbraue, trank aber einen Schluck.
Snart nahm ihr gegenüber Platz. „Unglaublich, du hast es in kürzerer Zeit als Flash geschafft, dir ein Getränke-Alter-Ego zu verdienen."
„Apropos", Caitlin lehnte sich zurück und lächelte zufrieden, „Barry denkt jetzt, ich hätte eine gespaltene Persönlichkeit."
Snart legte die Stirn abschätzig in Falten. „Hat der Wahnsinn auch Methode, oder bist du einfach zu gelangweilt, um wenigstens in einer Beziehung normal zu sein?" Er rührte in seinem Kaffee, während er sie provozierend direkt ansah.
„Beides", antwortete sie strahlend. „Ich habe einen Plan."
Leonard Snart lehnte sich vor. „Und ich weiß, was du vorhast. Es mag aus meinem Mund ein wenig merkwürdig klingen", er verzog den Mund zu einem zynischen Lächeln, „aber das ist einfach nur krank."
Ihr unbeschwertes Lächeln verwandelte sich in ein boshaftes Grinsen. Ihre Augen leuchteten kristallblau auf. „Das mag ich an der Idee."
Der Laptop gab ein dumpf widerhallendes Geräusch von sich. Caitlin klappte ihn auf und warf einen Blick auf das Feed.
Thea sah zur Kamera hoch. „Hey, lasst mich raus. Ich mache mit."
Snart stand auf. „Dann will ich mal nicht bei der Ausführung von Barrys ungewöhnlich gewagter Idee helfen. Er hat mich auch gefragt, weißt du. Aber weil ich doch so ein braver Spießer bin", er schmunzelte freudlos, „habe ich natürlich abgelehnt. Sollt ihr Schwachköpfe doch euren Hals riskieren, ich brauche den Stress nicht."
„Viel Spaß in deiner Urlaub-vom-Verbrechen-Zeit", wünschte Caitlin abfällig und packte den Laptop in ihre Tasche. „Ich werde dann mal Barry anrufen, Oliver Queens kleine Schwester herzlich im Team willkommen heißen und dabei gleich deutlich machen, dass Verrat ihr teuer zu stehen kommen würde. Auf Wiedersehen, Captain Cold."
~*~
Barry war gerade bei Iris im CCPD gewesen, um mit ihr über den Killer Frost-Fall zu sprechen, als ihn ein Anruf erreichte. ‚CS' blinkte auf seinem Handy immer wieder auf, begleitet von einem aggressiven Summen.
„Entschuldige mich kurz", bat er, sofort aufgeregt, aber bemüht, sich nichts anmerken zu lassen.
Iris nickte ihm zu – nicht, ohne einen eifersüchtigen Blick auf das Display zu werfen. „Geh ruhig ran."
Sie kannten sich seit der Grundschule. Barry war lange in sie verliebt gewesen. Für ein paar Wochen waren sie sogar zusammen gewesen, doch das war aufgrund des Zeitdrucks und der anfänglichen Heimlichkeiten relativ schnell im Sande verlaufen. Inzwischen wusste sie, dass er Flash war, und unterstützte ihn bei komplizierteren Meta-Fällen mit Infos aus dem CCPD. Die Datenbank, auf die Team Flash Zugriff hatte, enthielt nämlich bei weitem nicht alles, was für die Verbrechensbekämpfer mit Superkräften relevant war.
Barry trat vor die Tür und verließ in Flashtime das Polizeirevier. Iris sollte besser nicht mithören. Und auch sonst niemand.
„Hey", sagte Caitlin. Das Telefon verzerrte ihre Stimme, sodass er erst erschrak, weil er dachte, er habe ihr Alter Ego am Apparat. „Kommst du mich abholen? Ich bin im Jitters. Thea hat zugestimmt."
„Bin gleich da."
Knappe vier Sekunden später stand sie im Cortex von S.T.A.R. Labs. Barry stand vor ihr und reichte ihr, unterschwellig Hektik verbreitend, die Tasche mit dem Laptop. Er schaltete die Live-Aufnahme von Theas Zelle groß auf einen der vielen Bildschirme. Dann beugte er sich vor und sprach ins Mikro: „Du bist also dabei?"
„Ja." Thea schluckte nervös. „Ich weiß außerdem noch jemanden, der uns helfen könnte. Keine Ahnung, ob sie Ja sagt, aber ich denke da an Overgirl. Sie wird vom Militär gesucht. Wahrscheinlich befindet sie sich in National City."
Barry dachte kurz nach. „Was ist ihr echter Name?", wollte er wissen.
„Mein Bruder hat sie das tatsächlich einmal gefragt. Sie heißt Kara Danvers, obwohl sie behauptet, ihr echter Name sei Kara Zor-El", erzählte Thea.
„Kara Danvers?", wiederholte er ungläubig. „Die kenne ich. Sie war es, die Cat Grant davon abgehalten hat, mir den Namen ‚roter Fleck' zu verpassen. Damals war sie noch Reporterin bei CatCo. Sie meinte vor einem halben Jahr, sie hätte ihren Job verloren." Das Letzte machte ihn nachdenklich.
„Wenn das den Mord an ihrer Chefin beinhaltet, hat sie nicht einmal gelogen", meinte Thea schonungslos. „Wollt ihr mich hier vielleicht heute noch rausholen?"
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