Ryker (2)
Die Band ist gut. Maverick hat nicht zu viel versprochen. Beau spielt Saxophon, wie ich auch, doch ihnen fehlt ein Klarinettist. Die Songs die sie spielen kennt jeder und das ist gut. Mein Blick wandert durch die Bar. Ich sehe den einen oder anderen Stammgast, aber es sind auch einige Neue da.
Mein Blick schwenkt zur Türe die genau in diesem Moment auf geht und ein circa 1,90 m großer Mann herein kommt. Er setzt sich an die Bar und bestellt sich einen Scotch. Er sieht müde und abgekämpft aus.
"Na Großer, deine Tage sahen wohl auch etwas stressig aus." meine ich und stelle ihm seinen Scotch hin.
"Das kannst du laut sagen. Ich bin so richtig fertig." antwortet er mir.
"Wieso gehst du dann nicht nach Hause schlafen, anstatt hier zu sitzen und zu trinken?"
Er nippt an seinem Glas, dreht sich um und schaut durch die Bar.
"Ich kann noch nicht schlafen, außerdem wohne ich gegenüber im Hotel, aber die Hotelbar war mir jetzt etwas zu versnobt. Also kam ich hier her. Schön ist es hier." sagt er mit Respekt in der Stimme.
"Ja, mein ganzer Stolz."
"Du bist hier der Besitzer? Bist aber auch noch recht jung."
"Ja, aber ich hatte schon als Jugendlicher diesen Traum und habe ihn mir dann mit 23 erfüllt und solange sind wir schon hier. Von Anfang an lief die Bar super und jetzt gibt es auch genug Tage wo sie aus allen Nähten platzt." erzähle ich.
"Das kann ich mir vorstellen. Gute Musik, guter Scotch und nettes, freundliches Personal." sagt er und prostet mir zu. Ich nicke und frage ihn:"Und was treibt dich nach New York? Je mehr ich dir zuhöre desto mehr habe ich das Gefühl du kommst aus Colorado. Dein Dialekt verrät es mir."
"Gut beobachtet. Du scheinst dich mit den Dialekten auszukennen. Ich komme aus Denver und bin geschäftlich hier." sagt der dunkelhaarige Große vor mir.
"Denver, dass ist auch eine schöne Gegend. Leider komme ich nicht so in der Gegend rum, außer hier drin. Du glaubst gar nicht wo ich von hier aus schon überall war. Was die Menschen dir so alles erzählen." lache ich und schaue auf seine Hände.
Schön groß und weich und beringt.
"Du bist verheiratet?" frage ich neugierig.
"Ja, zum zweiten Mal jetzt." sagt er mit einem verliebten Stolz in der Stimme. Die Frau muss ja sehr glücklich sein, denn er sieht aus als würde er sie auf Händen tragen.
"Oh wow. Deine Frau muss wirklich toll sein, so wie deine Stimme eben umschwank." er sieht mich an und fängt an zu lachen.
"Mein Mann ist wirklich toll. Ich liebe ihn sehr und würde immer und überall so über ihn sprechen." gesteht er mir.
"Du bist schwul? Normalerweise erkenne ich das, aber bei dir ist mir das nicht aufgefallen."
Er grinst mich an und nippt noch einmal an seinem Scotch.
"Ja ich bin schwul, aber meine erste Ehe war dennoch mit einer Frau und ich habe auch Zwillingsjungs. Jungs, Gott sie sind auch schon Männer und auch beide schwul."
Jetzt bin ich wirklich erstaunt.
"Beide Jungs schwul? Was für ein Zufall. Wussten sie von Anfang an, dass du schwul bist?"
"Nein, ich war 15 Jahre mit meiner Frau verheiratet, doch wir waren nur ein Jahr zusammen. Danach schliefen wir auch in getrennten Betten und was ich brauchte holte ich mir in einem Club. Sie war zu dem Zeitpunkt die einzige die wusste das ich schwul bin."
"Aber deinen Kids ist doch aufgefallen, dass ihr in getrennten Zimmern geschlafen habt. Kam ihnen das nicht komisch vor?" frage ich skeptisch.
"Doch klar, aber meine Frau, Exfrau, ist krank und schlief, wenn sie überhaupt schlief, auf dem Sofa. Damit sie nicht die Treppen laufen musste um aufs Klo zu gehen. Die Jungs sind so aufgewachsen, für sie war das normal." antwortet er mir.
"Ok wow. Und seit wann wissen sie es jetzt?" frage ich weiter. Ich glaub das ist eine Berufskrankheit, aber ich bin ultra neugierig. Die Lebensgeschichten der anderen finde ich zum größten Teil wirklich interessant.
"Seit mein Sohn sich in meinen Mann verliebt hatte." grinst mein Gegenüber mich an.
"Wie? Was? Ehrlich?" geschockt nehme ich jetzt auch mal einen Schluck aus meinem Glas und klebe mit meinem Blick auf seinen Lippen fest die mir seine Geschichte erzählen.
"Mein Mann betreibt ein Café, also falls du mal nach Denver kommst...Lovely Cake in Cherry Creek, da hat es die besten Muffins und Torten." lacht er und sein Lachen ist wunderschön und ansteckend. Mein Blick huscht zu Beau, der genau in diesem Moment auch zu mir schaut. Ich lächle ihn an, nicke und wende mich wieder dem Großen Mann gegenüber von mir zu.
"Auf jeden Fall, hat mein Sohn Henry dort, neben der Schule, gearbeitet. Und sich in ihn verliebt. Gleichzeitig trafen Wyatt, so der Name meines Mannes, und ich, uns öfter in einem Club. Einem, speziellen Club...." er räuspert sich und ich merke dass er sich nicht ganz wohl dabei fühlt, es mir zu erzählen.
"Du musst es nicht erzählen, was das für ein spezieller Club ist, aber ich kann es mir auch denken." muntere ich ihn etwas auf. Verlegen grinst er und erzählt dann weiter.
"Ich wusste zu dem Zeitpunkt weder das Wyatt der Chef meines Sohnes ist, noch das mein Sohn sich in seinen Chef verliebt hatte. Eines Tages traf ich mich mit einem Arbeitskollegen bei Henry in der Arbeit und war sichtlich geschockt darüber wen ich dort sah und auch Wyatt ging es nicht anders als er mich sah. Eines Abends, kam Henry in mein Zimmer und erzählte mir von Wyatt und dass er sich in ihn verliebt hat. Dumm nur das mir leider genau das selbe passierte. Der Altersunterschied zwischen mir und Wyatt war viel größer als zwischen Henry und Wyatt und dennoch habe ich Henry versucht von Wyatt wegzulenken, weil ich Wyatts Neigungen kannte und wusste das Henry damit nichts anfangen konnte beziehungsweise auch Wyatt nichts mit Henry. Wyatt und ich trafen uns in unserem Club und unterhielten uns über die Ganze Sache. Irgendwann gestand ich ihm dann auch dass ich mich auch in verliebt habe. So kam es dann, dass wir zusammenkamen und ich den Kids es beichten musste. Nicht nur dass ich schwul bin sondern auch Wyatt. Ab da ging es mit Henry bergab. Er war so gekränkt und enttäuscht, dass er Wyatts Café zerstörte und mich öffentlich, mit einem Spruch an der Wand, outete. Wyatt musste ihn Anzeigen, er hätte das finanziell nicht tragen können und ich fand das Henry für diesen Ausraster auch bestraft werden sollte. Er bekam eine Geldstrafe und 1,5 Jahre Hausarrest, also eine Fußfessel."
Er endet seine Geschichte und ich schaue ihn einfach nur geschockt an.
"Wow. Ich weiß nicht was ich dazu sagen soll. Kommt dein Sohn jetzt wenigstens damit klar? Wie lange ist das schon her?" frage ich ihn.
"Ja, er liebt Wyatt, aber auf eine andere Art und Weise. Henry ist selbst verheiratet jetzt. Ja ich sags dir, das war eine Tortur. Ich heiße übrigens Landon." sagt er und streckt mir sein Glas Scotch hin. Ich nehme lächelnd meinen Whisky in die Hand und stoße mit ihm an. "Ryker" Wir trinken einen Schluck und ich lasse meinen Blick wieder durch die Bar wandern.
Diesmal bleibt mein Blick bei AJ stehen und ich sehe wie rot er ist. Er ist wütend, warum auch immer.
"Landon entschuldige mich mal bitte einen Augenblick." sage ich freundlich und drehe mich weg als er mir zu nickt.
Ich gehe zu AJ, der gerade noch mit dem Shaker hantiert. Ich lege meine Hand auf seine und zwinge ihn damit zu stoppen. "Was ist los AJ?" frage ich ihn besorgt.
"Was soll los sein Ryker? Du bist alt genug um auf dich selber aufzupassen, sagtest du vorhin." haut er mir um die Ohren.
"Andrew James Griffin! Was solln das? Du weißt dass ich mich gerne mit den Kunden unterhalte, wo ist dein Problem?" frage ich ihn, lege meine Hand auf seine Wange und streiche mit meinem Daumen über seine weiche Haut. Er zieht seinen Kopf weg und blickt kurz auf den Boden, bevor er sich wieder seinem Shaker widmet.
"Ryker es ist alles ok, wirklich.Und nenn mich nicht bei meinem vollen Namen, ich hasse das, dass weißt du." sagt er angepisst und dreht sich weg. Schulter zuckend gehe ich zurück zu Landon und nehme einen etwas größeren Schluck von meinem Whisky.
"Ärger im Paradies?" fragt mich Landon lachend.
"Wie? Was, nein. AJ und ich sind nicht zusammen. Ich weiß nicht was er hat."
"Er ist eifersüchtig, das sieht man doch. Du siehst alles was andere Menschen betrifft, aber nicht das was dich selbst trifft. Beobachte ihn mal bei Gelegenheit. Er steht auf dich."
"Nein tut er nicht. Wir arbeiten jetzt schon zehn Jahre miteinander und schlafen ab und zu auch miteinander, aber ohne solche Gefühle. Von Anfang an hat er zu mir gesagt, er steht nicht auf mich. Und wenn ich seinen Ex anschaue, dann ist mir auch klar warum er nicht auf mich steht. Er brauch was kleines, süßes, wo um ihn rumschlawänzelt. Der ihm nicht sagt was er zu tun hat, er hasst das nämlich und bei mir wüsste er dass ich ihn rum scheuchen würde. Außerdem sind wir beide Top, eigentlich. Deswegen schlafen wir auch nur miteinander wenn wir es wirklich nötig haben, denn nur da darf ich ihn toppen. Also, ne. Das ist unmöglich dass er auf mich steht." ich schüttel den Kopf und brumme vor mich hin, während Landon immer noch das Lachen im Gesicht steht.
"Ryker, es war nett dich kennengelernt zu haben. Vielleicht komme ich irgendwann mal wieder vorbei. In ein paar Stunden geht mein Flug nach Hause und ich sollte noch etwas schlafen. Bitte denk an meine Worte, beobachte ihn und seine Körpersprache mal. Früher oder später wirst du es wissen." Er streckt mir die Hand hin, nachdem er einen Schein auf den Tresen gelegt hat und verabschiedet sich. Ich nehme seine Hand und schüttel sie, bevor er dann aus der Türe verschwindet.
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