THIRTEEN - So, als hätten wir uns nie verstanden.

Victoria POV

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„Was ist? Ich bin hundemüde, lass mich schlafen." Ich werfe motzend ein Kissen in die Richtung, aus der diese nervige Stimme eben kam, und ernte als Antwort ein Seufzen. „Mom und Dad werden noch etwas länger weg sein." Ich zucke mit den Schultern, und suche nach einem zweiten Kissen, mit dem ich die Person in meinem Zimmer bekugeln kann. „Erzähl mir das wenn ich wach bin", gähne ich bloss, ziele, und werfe. Dann drehe ich mich wieder auf die Seite, und schliesse die Augen.

„Du bist wach."

Ich schüttle den Kopf, und Keshaw räuspert sich verhalten. „Meinetwegen, mir soll's egal sein ob du's weißt oder nicht. Aber ich werde morgen Abend eine Party schmeißen." Ich murre nur etwas Unverständliches, und suche nach meinem dritten Kissen, als Keshaw mich mit meinen zwei Kissen bekugelt, die ich ihm eben entgegengeworfen habe. Dann höre ich Schritte, und kurz darauf meine Zimmertüre, die geschlossen wird. Erleichtert atme ich auf, als ich endlich wieder alleine bin, und reibe mir über mein Gesicht. Eine Party also. Wunderbar. Ich schüttle den Kopf, richte meine Kissen wieder, und schliesse dann die Augen.

Mir soll's egal sein.

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„Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder?"

Ich starre mit offenem Mund auf die Pizza, die Keshaw gerade genüsslich verputzt, und weiss nicht so recht, ob ich lachen oder heulen soll. „Was denn jetzt schon wieder?" Keshaws Stimme nach zu urteilen ist er noch immer nicht gut drauf, und ich habe keine Ahnung, woran das liegt. Seit wir mitten in der Nacht endlich ins Haus konnten benimmt er sich wieder so wie vorher. So, als hätten wir uns nie verstanden oder so. Aber gut, wenn er das so will – ich spiele gerne mit. Doch jetzt gerade geht der Typ mir gehörig auf die Nerven. „Du hast dir Pizza bestellt", stelle ich förmlich nach Luft schnappend fest, und Keshaw hebt eine Augenbraue.

„No shit, Sherlock?"

Ich schlucke, als er erneut ein Stück nimmt, und atme tief durch. „Und du wolltest nicht mal fragen, ob ich vielleicht auch Hunger hätte? Wir haben nichts im Kühlschrank, das weißt du." Mein Gastbruder verdreht die Augen, und wendet sich wieder dem Fernseher zu. „Du kannst dir doch selbst was bestellen", meint er dann nur, und ich schüttle schnaubend den Kopf. „Es geht nicht darum, ob ich mir selbst was bestellen kann oder nicht, Kesh. Es geht mir darum, dass du mich nicht mal gefragt hast, ob ich vielleicht auch gerne etwas bestellen möchte. Keine Angst, ich hätte meine Pizza schon selbst bezahlt."

Sichtlich genervt pausiert Keshaw die Sendung, die er gerade verfolgt, und dreht sich auf dem Sofa etwas mehr zu mir um. „Schön, dann haben wir jetzt wie so oft wieder eine andere Meinung. Du hast gepennt wie ein Stein, falls du das noch weißt. Und laut deinen Angaben im Schlaf sollte ich dich nicht wecken, richtig? Also habe ich mir eben selbst was bestellt." Ich schüttle nur noch den Kopf, und reibe mir kurz über die Stirn. „Lass gut sein", murre ich dann nur, und verschwinde aus dem Wohnzimmer.

Jedoch höre ich deshalb trotzdem noch sehr gut, wie Keshaw mir nachruft. „Ich heiße für dich immer noch Keshaw", lautet die klare Botschaft, und meine einzige Reaktion darauf ist, dass ich ihm durch die Wand meine beiden Mittelfinger entgegenstrecke. Zwar weiss ich, dass Keshaw das nicht sieht, doch es geht ums Gefühl. Und das ist definitiv vorhanden, schwindet jedoch leider wieder, als ich den armen Pizzakurier dazu verdonnere, ein zweites Mal zu uns zu fahren, um auch mir eine Pizza zu liefern.

Und das nur, weil Keshaw nicht nachdenken kann. Für essen dürfte mich jeder wecken, egal um welche Uhrzeit. Keshaw ist der einzige Mensch auf dieser Erde, der dies anscheinend nicht so sieht, was ich mir fast nicht vorstellen kann. Und deshalb glaube ich, dass es ihm am Arsch vorbeiging, was ich gerade tat, als er sich eine Pizza bestellt hat. Er wollte einfach nicht zu freundlich sein, und was soll ich sagen?

Er war erfolgreich.

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Genervt pausiere ich meinen Fernseher, als es an der Türe klingelt, und warte darauf, dass Keshaw seinen Arsch bewegt. Doch ich höre nichts. „Kannst du aufmachen?!", schreie ich laut, und warte auf Kesh's Reaktion. Und die folgt. „Keine Lust, mach du." Ich schliesse genervt die Augen, und will gerade etwas erwidern, als es erneut klingelt. Nach einem kurzen Hin und Her in meinem Kopf erhebe ich mich schlussendlich von meinem Bett, und stiefele in den Flur. „Idiot", schreie ich durch Keshaws Türe, als ich daran vorbeigehe, und laufe dann schnell die Treppe runter.

Als ich die Türe öffne springen mir gleich zwei mit Bier gefüllte Kartons entgegen, und ich schaue überrascht zu Ash hoch, der sich an mir vorbei ins Haus drückt, und die Kartons dann in unserem Flur platziert. „Ähm, hi?", ist das erste, was mir einfällt, und Ash lächelt mir kurz zu. „Hey Vicky. Sag mal, ist Kesh nicht da?" Ohne auf meine Antwort zu warten, geht er wieder raus und läuft über den Kies zu seinem Auto, aus dem er erneut zwei Kartons mit Getränken holt.

„Doch, natürlich. Aber denkst du etwa, er würde den Arsch bewegen, und jemandem die Türe öffnen, wenn ich das auch kann?"

Ich hetze Ash hinterher, damit er mich überhaupt verstehen kann, und erhalte ein leises Lachen von ihm als Antwort. „Gewöhn dich dran", sagt er dann bloss, und platziert die Getränke neben dem Bier im Flur. „Kannst du ihn trotzdem holen?" Ich seufze, und nicke dann. „Wenn er überhaupt kommen möchte, wenn ich ihn rufe", antworte ich, und gehe die Treppe wieder hoch, während Ash erneut nach draußen verschwindet.

Ich klopfe einige Male laut an Keshaws Türe an, und erschrecke mich zu Tode, als diese sich plötzlich öffnet. Vor mir steht Keshaw, der mich mit einer gehobenen Augenbraue mustert. „Du musst sie nicht gleich einschlagen", kommentiert er dann nur trocken, und drückt sich an mir vorbei in den Flur.

„Und du musst mich nicht so erschrecken", gebe ich zurück, und gehe die Treppe ohne auf Keshaws Reaktion zu warten wieder runter. Mir doch egal ob er kommt oder nicht. Er wird sicher kommen, wenn Ash ihn ruft. „Ist doch nicht mein Problem, wenn du schreckhaft bist, oder?" Obwohl er seinen Satz in einer Frage hat enden lassen, bin ich mir ziemlich sicher, dass die Antwort ihn nicht im Geringsten interessiert, weshalb ich beschließe, gar keine zu geben. Er ist es nicht wert.

„Ihr versteht euch ja noch immer so prächtig", stellt Ash gespielt erfreut fest, als er unsere Diskussion mitbekommt, und ich verdrehe bloss die Augen. „Es wäre ein Wunder wenn's anders wäre", sage ich bloss, und begutachte dann die mittlerweile aufgestapelten Kartons vor der Treppe. „Aber kann mir mal jemand verraten, was das hier wird? Bauen wir neuerdings eine Kartonburg oder so?" Keshaw verdreht bloss mit einem genervten Seufzen die Augen, während Ash schmunzelt. „Nein, aber ihr wollt heute Abend nicht auf dem Trockenen sitzen, oder?"

Ich schlage mir innerlich mit der flachen Hand gegen die Stirn, und frage mich, wie ich das bloss vergessen konnte. Heute veranstaltet Keshaw ja seine Party hier. Und ich glaube, obwohl ich hier wohne, bin ich ziemlich explizit nicht wirklich erwünscht. Jedenfalls wenn Kesh das Sagen darüber hätte, doch da ich meinen eigenen Kopf und Willen habe, werde ich hierbleiben. Schon nur, weil es ihn provoziert. Und außerdem lasse ich mich nicht einfach so verjagen, ich meine, wo soll ich denn hin?

Ich bin mir ziemlich sicher, dass Liv und Helen beide auch hier sein werden, und viel mehr Leute kenne ich noch nicht wirklich. Jasper vielleicht, aber ehrlich gesagt will ich ihn nicht wirklich sehen. Zudem bin ich auch bei ihm davon überzeugt, dass er hier sein wird. „Dann lasse ich euch mal machen", seufze ich, und verschwinde wieder nach oben. Weit komme ich jedoch nicht, da ich von Asher aufgehalten werde. „Vicky, warte mal. Eigentlich könnten wir deine Hilfe gut gebrauchen, oder Kesh?"

Ich drehe mich leicht um, und sehe zu meinem Vergnügen, wie Keshaw seinen besten Freund fast erschrocken mustert. „Was? Nein, ich glaube, wir kriegen das gut alleine hin", stammelt er leicht überrumpelt, doch Ash winkt ab und bringt ihn so zum Schweigen. „Ach was, lass dir doch helfen. Hast du Lust, Vicky?" Ich zucke mit den Schultern, und gehe wieder ein paar Stufen runter, was eigentlich schon Antwort genug ist. Keshaw sieht mich fast flehend an, weshalb sich ein Grinsen auf meinen Lippen ausbreitet, und ich dann nicke.

„Klar habe ich Lust. Je mehr Leute wir sind, umso schneller ist alles fertig, nicht?" Asher grinst breit, und während Keshaw mich böse anfunkelt, nickt sein bester Freund heftig. „Genau. Komm, ich zeige dir, was du machen kannst." Das lasse ich mir nicht zweimal sagen, und mit einem triumphierenden Grinsen stolziere ich Asher hinterher an Kesh vorbei, der mich vernichtend ansieht. „Fick dich", raunt er mir zu, doch ich hebe nur unbeeindruckt eine Augenbraue. „Ich habe schon Schlimmeres gehört."

Ash lotst mich wieder zu seinem Auto, und zeigt dann auf zwei Papiertaschen, die auf seinem Rücksitz Platz gefunden haben. „Da drin sind nochmals ein paar Getränke und Essen. Wenn du die Taschen in die Küche tragen könntest wäre das sehr nett. Kesh und ich kümmern uns währenddessen um die schweren Kartons, einen Teil davon stellen wir in den Keller." Ich nicke, und Ash lächelt mich dankbar an. „Danke dir, das ist wirklich nett." Ich nicke nur, und greife dann nach den beiden Taschen.

Tatsächlich sind sie viel leichter als die Kartons, doch ich hoffe trotzdem innig, dass sie nicht reißen. Ich hasse diese Papiertaschen, die kaum etwas an Gewicht aushalten. Mit je einer Tasche in der Hand laufe ich schnell wieder ins Haus, und schlängle mich dort dann durch die Kartons in die Küche. Ich hieve die Taschen auf die Theke, und fange dann an, die Getränke und das Essen auszuräumen. Zur Hälfte sind die Taschen mit Chips, Nachos und anderen Snacks wie Salz- oder Käsestangen gefüllt, und die andere Hälfte besteht aus Getränken wie Eistee oder Energy-Drinks.

Mir ist schnell klar, dass diese Getränke heute Abend mit Alkohol gemischt werden. Ich frage mich innerlich, ob Allison und Chris wohl wissen, dass ihr Sohn eine Party schmeißen wird, und schüttle direkt darauf den Kopf. Natürlich wissen sie es nicht, immerhin sprechen wir hier von Keshaw. Das Gegenteil von brav. Er würde es seinen Eltern niemals sagen. Ich hole ein paar Schüsseln und kleinere Schälchen hervor, in die ich die Snacks dann fülle, ehe ich die Getränke auf der Theke in eine Reihe stelle. Wo genau die dann hinsollen können Ash und Keshaw später selbst entscheiden.

„Oh, super! Kannst du die Snacks vielleicht etwas im Wohnzimmer und in der Küche verteilen? Ins Obergeschoss kommen die Gäste ja hoffentlich nicht." Ich hebe eine Augenbraue, doch bevor ich die Bemerkung machen kann, kommt Keshaw mir zuvor. „Ash, denk nach. Die werden vor allem ins Obergeschoss gehen, was denkst du denn, wieso ich mein Zimmer und das von Mom abschließe?" Merke ich mir. Zimmer abschließen. „Stimmt auch wieder. Los komm, wir haben noch ein paar Kartons."

Die Jungs verschwinden wieder aus der Küche, und Kesh kann es sich nicht nehmen lassen, mich erneut verachtend zu mustern. Ich strecke ihm diesmal auch für ihn sichtbar meinen Mittelfinger entgegen, und wie schon zu erwarten ignoriert er ihn. Wäre ja auch nicht Keshaw, wenn er darauf eingehen würde. Also mache ich mich seufzend wieder daran, die Snacks in Schalen zu füllen, und diese dann im Haus zu verteilen.

Gleichzeitig versuche ich mir auszumalen, wen Keshaw wohl alles eingeladen hat. Ich kenne seinen Freundeskreis nicht, und ehrlich gesagt überrascht es mich etwas, dass er überhaupt einen besitzt. Er hat doch vor kurzem erst gesagt, er hätte keine Freunde? Ash erscheint mir jedoch als ein sehr guter Freund von Keshaw, und da er eine Party schmeißen kann, gehe ich nicht davon aus, dass er sein einziger Freund ist. Und gerade unbeliebt scheint Kesh ja auch nicht zu sein, wieso also behauptet er, keine Freunde zu haben? Das ergibt keinen Sinn.

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Weshalb denkt ihr, dass Kesh sich wieder so daneben benimmt?

Und denkt ihr, die Party wird gut verlaufen?

- Xo, zebisthoughts

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