Kapitel 13
Dean
Jocelyn öffnet die Augen und will etwas zu mir sagen, als sie sieht, dass ich ihre Narbe entdeckt habe. Ihr Lächeln verschwindet augenblicklich. Sie schließt ihren halb offenen Mund und springt vom Bett auf, als könnte sie es nicht ertragen weiter in meiner Nähe zu sein. Sie sieht mir auch nicht mehr in die Augen, sondern geht den Blick starr auf den Boden gerichtet im Zimmer auf und ab. "Geh, Dean" Ich folge ihr mit den Augen und versuche aus ihr schlau zu werden, aber das scheint mir unmöglich. Sie hat bereits ihre Mauern hochgefahren und ist gerade dabei mich von ihr wegzustoßen. Doch das will ich nicht. Ich will nicht, dass sie sich vor mir verschießt. Also stehe ich auf und stelle mich direkt vor sie hin. Ich halte sie am Oberarm fest, als sie einfach an mir vorbeigehen will, und wieder zuckt sie zusammen. Ich sehe auf die Stelle, an der meine Hand ihre Haut berührt und da sie nur ein weißes T-Shirt trägt kann ich die fünf Zentimeter lange Narbe sofort sehen. Ich muss kein Arzt sein, um zu erkennen, dass sie von einem Streifschuss kommt.
Doch bevor ich sie mir näher ansehen kann, hat sie sich schon von mir losgerissen und ist zurückgewichen. Sie geht so lange rückwärts, bis sie gegen die Glastür hinter ihr stößt, die auf einen kleinen Balkon führt. Ihre Augen sind geweitet, doch ihr Mund ist fest zusammengepresst. Sie wird kein einziges Wort mehr sagen - so gut kenne ich sie inzwischen. Dennoch erwartet sie von mir, dass ich sie nach diesen Verletzungen frage, dass ich frage, wie sie entstanden sind und wer sie verursacht hat. Doch als ich in ihre blauen Augen blicke, kann ich nichts mehr von alledem fragen. Ich weiß, dass es falsch wäre sie jetzt damit zu konfrontieren, wo mir doch so deutlich bewusst ist, dass sie nichts dazu sagen wird. Also frage ich nicht. Ich sage auch nichts. Ich stehe nur da und sehe ihr in die Augen. Ich versuche ihr mit meinem Blick Sicherheit und das Gefühl, dass sie sich nicht vor mir zurück ziehen braucht, zu vermitteln.
Ich sehe wie sie die Stirn runzelt, wie sie langsam ihren angespannten Kiefer lockert und die Arme, die sie schützend vor der Brust verschränkt hat, sinken lässt. Erst dann, als sie ihre Mauern auf halber Höhe innehalten lies, gehe ich langsam auf sie zu. Ich sehe Unsicherheit in ihren Augen aufblitzen, als wüsste sie nicht, was sie jetzt tun soll, aber dann bin ich schon bei ihr. Ich stehe direkt vor ihr, nur ein paar Zentimeter entfernt. "Ich werde nicht fragen woher deine Narben kommen" Sanft streiche ich über die an ihren Oberarm, und als sie dieses Mal nicht zusammenzuckt, wird die Selbstsicherheit in meinem Bauch stärker. Ich fahre über ihre Schulter zu ihrem Hals, wo ich ganz behutsam über die hellere Linie fahre. "Weil ich darauf vertraue, dass du mir davon erzählst, wenn du es willst und du dazu bereit bist." Sie schließt die Augen, als ich meine Hand über ihre Wange zu der Augenbraue wandern lasse. Sanft fahre ich mit meinem Daumen über die winzige Narbe.
In dem Augenblick, in dem ich meine Hand zurückziehe, öffnet Jocelyn die Augen. Jetzt steht nicht mehr Angst darin, sondern eine Ruhe, die ich noch nie bei ihr gesehen habe. "Du wirst mich nicht mit Fragen durchlöchern?", fragt sie flüsternd und ich schüttle leicht lächelnd den Kopf. "Wenn du mir versprichst, dass du zu mir kommst, wenn du jemanden zum Reden brauchst, werde ich deine Narben niemals wieder erwähnen." Sie atmet erleichtert aus und schließt dabei ganz kurz die Augen. Es ist schön ihr so nahe zu sein, denn dann kann ich jede Regung, jede Geste und jedes Zucken ihrer Muskeln sehen. Vielleicht kann ich sie so irgendwann besser verstehen. "Ich verspreche es, Dean.", Jocelyn lächelt mich sanft an und mein Herz schlägt einen Salto. Womöglich sollte ich doch etwas Abstand zwischen uns bringen. Doch das bringe ich nicht über mich, ich will ihr nahe sein.
"Soll ich dir von meinen Narben erzählen?", frage ich ohne nachzudenken. Nach einem kurzen Zögern nickt sie. Gespannt sieht sie mich an, als ich meinen Kopf drehe. "Hier", ich deute auf eine kleine Hakenförmige Narbe direkt unter meinem linken Ohrläppchen. "Die stammt von einer Schlägerei in einem Club und ich habe keine Ahnung wem oder was ich die zu verdanken habe." Jocelyn mustert meine Haut ganz genau und ich reibe mir unwillkürlich meine schwitzigen Hände an der Jeans ab. Hoffentlich rieche ich nicht total verschwitzt oder habe in den letzten Stunden einen von meinen wenigen Pickeln bekommen!
Ich tippe mir mit dem Zeigefinger auf meine rechte Wange. "Die hier habe ich von einem Mädchen. Sie trug einen Ring, als sie mir eine Ohrfeige verpasst hat." Ich verzeihe meine Lippen zu einem schiefen Grinsen. "Die habe ich allerdings mehr als verdient." "Wieso hat sie dich geschlagen?", fragt Jocelyn leise. Sie mustert mich genau, und plötzlich wird mir bewusst, dass nicht nur ich ihre Bewegungen ganz genau verfolgen kann. Nervös fahre ich mir mit der Hand durchs Haar. "Ich war damals nicht besonders nett zu Frauen. Es könnte sogar sein, dass ich ein ziemliches Arschloch war." Unsicher blicke ich zu ihr herab, doch sie nickt nur und deutet auf meine Handfläche. "Woher stammt die?" Ich schlucke. Vielleicht war das mit dem Narbenstriptease doch keine gute Idee. Doch jetzt wo ich damit angefangen habe, kann ich nicht einfach aufhören. "Ich war ein Dealer, das war meine Hauptaufgabe in der Gang, und als ich eines Tages Drogen vertickt habe, ist ein Junkie mit einem Messer auf mich losgegangen. Ich konnte ihn zwar abwehren, aber er hat mich davor an der Hand erwischt." Dass es Heroin war, das ich damals vertickt habe, und dass der Junkie einmal ein sehr guter Freund von mir war, lasse ich lieber weg. Jocelyn nickt langsam. Ich kann mir vorstellen, dass es für sie etwas viel auf einmal ist, dass ich ihr gerade erzähle, aber ich vertraue darauf, dass sie sagt, wenn es ihr zu viel wird.
Ich atme tief durch und hebe mein Shirt langsam ein kleines Stück hoch. An meinem unteren Bauch ist eine kleine, runde Narbe. "Ich wurde bei einer Gangschießerei von einer Kugel getroffen. Es war ein glatter Durchschuss und nicht besonders gefährlich, aber meine Mom ist total durchgedreht als ich damit nach Hause kam. Ich hatte mindestens drei Monate Hausarrest - woran ich mich natürlich nicht gehalten habe. Ich war ein schwieriger Sohn." Jocelyn streicht mit den Fingerspitzen sanft über meinen Bauch und ich atme scharf ein. "Kann ich mir gar nicht vorstellen. Du wirkst immer so brav.", meint sie leise und sieht mir dann mit einem Lächeln auf dem Gesicht in die Augen. "Das war die Letzte.", sage ich ganz leise, es ist mehr ein Hauchen. Das Lächeln verschwindet langsam wieder aus ihrem Gesicht, als sie sieht, wie ich von ihren Augen zu ihren Lippen sehe. Ist das falsch? Ist es falsch, dass ich das Mädchen küssen möchte, das die Tochter vom Lebensgefährten meiner Mom ist? Ich beuge mich langsam vor, nur ein kleines Stück - und Jocelyn weicht nicht zurück. Stattdessen sieht sie auf meine Lippen.
Ich sehe in ihren Augen, dass auch in ihr ein Kampf mit sich selbst herrscht. Doch als sie sich auf die Zehenspitzen stellt und die Augen abwartend schließt, werfe ich alle Bedenken über Bord. Ich überbrücke den geringen Abstand zwischen uns und küsse sie. Mein Körper scheint in Flammen zu stehen, als ich damit beginne, meine Lippen sanft auf ihren zu bewegen. Ich spüre ihre Hände in meinem Haar, in dem Moment, als sie den Kuss heftig erwidert. Jegliche Bedenken sind verschwunden. Jetzt zählen nur noch wir. Ich lege eine Hand an ihre Wange und mit der anderen drücke ich sie näher an mich. Ich fahre mit der Zunge behutsam über ihre Unterlippe und bitte damit um Einlass, welchen sie mir sofort gewährt. Ich erkunde ihren Mund und tanze mit ihrer Zunge, während ich sie sanft, aber dominant gegen die Balkontür hinter ihr drücke. Ich kann gar nicht genug von ihr bekommen. Schließlich löse ich mich doch atemlos von ihr, um wieder an Sauerstoff zu kommen, aber ich kann mich nicht lange mit so etwas unwichtigem wie Atmen zurückhalten. Ich küsse mich ihren Hals entlang, bis ich eine Stelle finde, an der sie wohlig aufseufzt.
Für einen Augenblick zögere ich, doch dann spüre ich wie Jocelyn ihre Finger unter mein Shirt schiebt und meine Zweifel verschwinden genauso schnell, wie sie gekommen sind. Ich küsse, sauge und lecke immer wieder über die Stelle, die sie um den Verstand bringt und die ihr diese sexy und gleichzeitig unglaublich süßen Seufzer entlockt. Meine Hände lasse ich ihre Seite herunter gleiten, bei dem Saum ihres T-Shirts stoppe ich. Ganz sanft schiebe ich sie unter den weißen Stoff - doch ich komme nicht besonders weit. Mit einem Mal sind Jocelyn's Hände an meiner Brust und sie schubst mich grob zurück. Doch ich habe schon gefühlt, dass sich auf ihrem Bauch eine große Narbe befindet. Ich habe nicht die geringste Ahnung von was, aber sie ist riesig. In ihren Augen steht der Schock. Weswegen genau kann ich nicht sagen, ich kann nicht anders als sie anzustarren. Ich bemerke selbst, dass mein Blick auf ihrem Bauch verweilt, von dem ich aber nichts sehen kann, weil der weiße Stoff alles verdeckt, und Jocelyn ihre Hände als zusätzlichen Sichtschutz um ihren Körper geschlungen hat.
Schnell blicke ich ihr wieder ins Gesicht. "Ich habe gesagt, dass ich dich nicht darauf ansprechen werde. Und daran halte ich mich." Ich sehe ihr tief in die Augen und genau wie vorhin entspannt sie sich dadurch merklich. Doch dieses Mal ist etwas Wachsames in ihrem Blick. Etwas was ich nicht einfach so verschwinden lassen kann.
"Du solltest jetzt wirklich gehen, Dean.", sagt sie, während sie mit einer Hand die wunde Stelle an ihrem Hals abtastet und meinem Blick ausweicht. "Ja, das sollte ich." Doch ich gehe nicht zur Tür, als ich mich bewege. Ich gehe einen Schritt auf sie zu. Ich will nämlich nicht gehen, viel lieber würde ich jetzt bei ihr bleiben. Jocelyn sagt nichts, als ich immer weiter auf sie zukomme, vielmehr scheint sie sich genau das zu wünschen - auch wenn sie es leugnen würde. Sanft umfasse ich ihr Gesicht mit meinen Händen und lehne meine Stirn an ihre. Ihr Duft verdreht mir den Kopf, ihre Nähe lässt mein Herz rasen und meine Knie weich werden. Ich warte, bis sie die Augen geschlossen hat und ich sie einen Moment lang eingehend mustern konnte, bevor auch ich die Augen schließe. "Ich würde dich gerne noch einmal küssen, aber ich weiß nicht, ob das falsch wäre." Ich habe meinen Satz noch gar nicht richtig zu Ende gesprochen, da hat Jocelyn ihre Lippen schon auf meine gelegt. Das letzte Wort flüstere ich direkt in ihren Mund. Jetzt hat sie die Kontrolle, und ich überlasse sie ihr nur zu gerne. Sie küsst mich, wie ich noch nie zuvor von einem Mädchen geküsst wurde, sanft, aber hungrig, zögerlich, aber erfahren und zurückhaltend, aber leidenschaftlich. Und ich habe keine Ahnung wie sie das macht. Was sie mit mir macht. Wie sie es macht, dass mir ein wohliger Seufzer entweicht und wie sie jetzt mich gegen die Balkontür drängt. Wohin, verdammt nochmal, ist der Mann in mir verschwunden?
Ich lasse meine Hände von ihren Wangen über ihren Hals bis zu ihrer Taille wandern. Für einen Moment hält sie vollkommen still und löst sich leicht von mir, dann als ich mich ihren Hals hinunter küsse und meine Hände zu ihren Oberschenkel wandern lasse, weicht die kurzzeitige Anspannung wieder aus ihren Gliedern. "Dean?" "Hm?" Ich streiche ihr Haar über ihre Schulter und küsse mich dann ihren Wangenknochen entlang zu ihren Lippen. Doch Jocelyn dreht den Kopf weg, bevor ich sie noch einmal richtig küssen kann. "Du bist ihr Sohn, Dean. Wir können das nicht tun. Sobald sie heiraten sind wir Geschwister." Behutsam lege ich einen Finger an ihr Kinn und drehe ihren Kopf zu mir zurück. "Du wirst niemals meine Schwester sein, Jocelyn. Wir sind nicht verwandt. Und das heißt, wir könne tun was wir wollen." Ich streiche mit der Nasenspitze über ihre Wange und will sie küssen, doch Jocelyn schiebt mich an den Schultern von sich weg. "Können wir nicht. Und das weißt du, Dean."
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top