Kapitel 10

Jocelyn

Heute ist Freitag. Und wie jede Woche ist heute wieder ein illegaler Kampf in irgendeinem verlassenen Lagerhaus in Mitten von Miami. Jetzt, Stunden davor, noch einmal zu trainieren, würde überhaupt nichts bringen. Ich wäre dann nur erschöpft und das könnte später meine Schwäche sein. Also fahre ich nach der Schule, wie so oft in den letzten Wochen, mit dem Bus zu Janine und Oliver ins Loft. Seit Jack Zuhause herumhängt ist es für mich immer mehr wie ein Gefängnis geworden, in das ich jeden Abend zurückkehren muss. Ein goldener Käfig, sozusagen.

Janine nimmt mich fest in die Arme, als sie mir die Tür öffnet. Sie strahlt nur so vor Glück und unwillkürlich muss ich lächeln. Ich mag diese neue Janine, die, die aus ihren Elternhaus ausgezogen ist und mit Oliver zusammenlebt, denn sie wirkt so, als kann sie endlich das Leben leben, welches sie sich immer gewünscht hat. Ihr Leben.

"Was ist denn los, J?", frage ich sie, während sie mich noch immer fest umklammert. "Es gibt Neuigkeiten. Großartige Neuigkeiten um genau zu sein. Absolut fantastische Neuigkeiten. Ich kann gar nicht mehr aufhören zu strahlen, und zu weinen, und dich so stark zu umarmen, bis du keine Luft mehr bekommst. Tut mir leid, aber ich drehe gerade einfach durch, weil diese Neuigkeiten so unglaublich und wunderschön und..." Ich höre ein leises Schniefen. Sanft streiche ich Janine über den Rücken. "Wie wäre es, wenn wir uns mit einer Packung Schokoeis auf die Couch setzen und du erzählst mir alles in Ruhe?" Ruckartig löst meine älteste Freundin sich von mir und zieht mich dann an der Hand in die mir so vertraute Wohnung. Ich komme gar nicht erst dazu meine Schuhe auszuziehen, da es aber die Hausherrin ist, die mich da durch die Gegend zieht, ist es mir erst einmal egal. Und so dreckig sind meine Sneakers jetzt auch nicht. Oliver kann ich nirgends entdecken und ich vermute, dass er gerade bei der Arbeit ist. 

Ich werde an den Schultern auf die Couch hinab gedrückt und dann verschwindet Janine mit wehendem Haar kurz in die Küche, nur um ein paar Augenblicke später mit einer riesen Packung Schokoeincreme und zwei Löffeln wiederzukommen und sich neben mich fallen zu lassen. Ich streife meine Schuhe ab und rutsche neben sie, um mich auch an der Couchlehne anlehnen zu können und um näher am Eis zu sein.

"Ich weiß gar nicht, wieso ich das Eis geholt habe. Das brauche ich eigentlich nur, wenn ich schlecht Nachrichten habe, dabei ist diese die beste meines Lebens und nicht..." Hastig unterbreche ich Janine, damit sie endlich einmal wieder Luft holt:"Hey, beruhige dich. Wie wäre es, wenn du mir jetzt ganz genau erzählst, von was du da eigentlich redest. Langsam werde ich nämlich neugierig!" Janine's Löffel erstarrt kurz bevor er ihren Mund erreicht hat. "Stimmt. Ich habe dir noch gar nicht gesagt, um was es geht!" Sie legt den Löffel zurück in die Packung und setzt sich dann im Schneidersitz mir gegenüber. 

Sie sieht mir tief und dramatisch in die Augen, ehe sie mit der Sprache rausrückt:"Gestern Abend hat Oliver für uns beide gekocht. Mir ist schon vorher aufgefallen, dass er sich anders verhalten hat als üblich, fast schon ängstlich. Auf jeden Fall hat er, nachdem wir mit dem Dessert fertig waren, damit angefangen, wie sehr er mich liebt und dass er sein restliches Leben an meiner Seite verbringen will." Ich schlage mir eine Hand vor den Mund. Ein verrückter Gedanke ist mir gerade durch den Kopf geschossen. "Das hat er nicht getan!", meine Stimme ist nur noch ein Flüstern. 

Janine nickt heftig mit dem Kopf. "Doch, das hat er. Er hat mich gefragt, ob ich ihn heiraten will... . Und ich habe 'Ja' gesagt." Wie zum Beweis hebt sie mir ihre Hand unter die Nase. Ein dünner Silberring mit einem funkelnden kleinen Stein darin steckt an ihrem Finger und ich beginne Mädchenhaft zu quietschen. "Der ist wunderschön, J. So unglaublich wunder-wunderschön." Janine kichert, als ich ihre Hand umfasse und näher zu mir ziehe, um ihren Verlobungsring näher zu betrachten. "Oliver hat gestern gesagt, dass die Männer, die meine Eltern sich für mich gewünscht hätten, mir bestimmt mehr bieten können, aber es für ihn nicht das Geld ist das zählt und dass er mich lieben wird, bis wir alt und verschrumpelt sind und sogar über den Tod hinaus." 

Janine strahlt mich voller Glück an und ich umarme sie fest. "Herzlichen Glückwunsch, Süße. Ich wünsche euch beiden nur das Beste und eine wunderschöne, aufregende, abenteuerreiche Ehe." Ich löse mich sanft von ihr, halte sie aber an den Schultern fest und blicke sie ernst an. "Und wagt es ja nicht die falsche Wahl bei den Trauzeugen zu treffen." Janine lacht und fällt dann wieder in meine Arme. "Keine Sorge. Oliver hat Alex und dich vorgeschlagen und ich war natürlich sofort einverstanden." 

Eine halbe Stunde später liegen Janine und ich vollgestopft mit Eis auf der Couch und reden über die Hochzeit. Es steht zwar noch kein Datum fest, aber das ist kein Grund nicht über das Kleid, den Blumenschmuck, den Ablauf der Zeremonie und die besten Lieder zu diskutieren. Als wir die Haustüre aufgehen und schwere Schritte im Flur hören, sehen wir beide auf. Oliver kommt herein und beginnt damit laut zu lachen, als er uns so daliegen sieht. "Hattet wohl einen schönen Nachmittag, Ladies?" Wir nicken grinsend und er kommt zu uns, um sich erschöpft, aber bester Laune, neben uns fallen zu lassen. "Du hast da was, Babe.", meint Oliver und deutet auf Janine's Mundwinkel. Und im nächsten Moment hat er sich schon zu ihr herunter gebeugt und ihr einen Kuss auf die Lippen gedrückt. Zum Glück ist es nur ein kurzer Begrüßungskuss, denn wenn die beiden jetzt anfangen herumzuknutschen, während ich daneben sitze, wäre mir das unendlich unangenehm - und ich spreche aus Erfahrung! 

"Also, Olli. Du willst also meine Janine heiraten? Und das ohne mich zu fragen?" Ein erschrockener Ausdruck tritt auf Olivers Gesicht und ich muss mich echt zusammen reißen, um nicht laut loszulachen. Vor allem als er Janine einen fragenden und gleichzeitig hilfesuchenden Blick zuwirft. Janine hat leider nicht die nötige Selbstbeherrschung über ihr Lachen, als dass sie ihren Verlobten auf den Arm nehmen kann. Sie prustet laut los und die pure Erleichterung, die über Olivers Gesicht huscht, lässt auch mich laut auflachen. "Du kleines Monster!", meint der Mann, der wie ein Bruder für mich ist, und fängt an mich am Bauch zu kitzeln. 

Mein T-Shirt muss mir bereits vorhin, als ich mit Janine auf der Couch herumgelungert habe, etwas hochgerutscht sein, doch es stört mich nicht, dass die Beiden die Narben sehen. Sie wissen sowieso alles darüber. Ich winde mich kichernd unter Olivers Kitzelattacken und erst, als ich fast keine Luft mehr bekomme, lässt er von mir ab. Die beiden amüsieren sich gerade über mein lautes Japsen nach Sauerstoff, als mein Blick auf die Uhr fällt, die nur wenige Meter von mir entfernt an der Wand hängt. 

Verdammt, ich muss mich beeilen, wenn ich pünktlich sein will. Die Aufregung und die Vorfreude beginnt schon jetzt in meinen Adern zu pumpen, und dabei denke ich bloß ans Kämpfen. Ich richte mich auf, streiche mein Oberteil glatt und bringe mein Haar wieder einigermaßen in Ordnung. "Musst du schon los?", fragt Janine mich etwas enttäuscht. Ich nicke. "Ja, ich muss nach Hause." ...und dann weiter zu einem Boxkampf. Aber das sage ich nicht. Die beiden wären überhaupt nicht begeistert von meinem Hobby und sie würden sich doch eh nur unnötige Sorgen machen, wenn sie es wüssten. "Na dann." Janine umarmt mich fest und sofort hüllt mich ihr typischer Janine-Duft ein und ich muss automatisch lächeln. "Lass dich von Jack nicht runtermachen und halt die Ohren steif, J.", flüstert sie mir zu, erst dann lässt sie mich los.

Oliver begleitet mich zur Tür, während Janine die Eispackung und unsere Löffel aufräumt. Ich umarme Oliver kurz und meine dann, als ich schon fast zur Haustür draußen bin:"Ach übrigens: Herzlichen Glückwunsch zur Verlobung. Der Ring ist wunderschön, das hast du gut gemacht." Oliver strahlt mich an. "Danke, Joyce. Aber der Ring ist Garnichts zu meiner Verlobten." Ich lache. Ich liebe es einfach, wie sehr sich die beiden lieben.


Mein Herz rast. Mein Atem geht stockend. Mein Körper schmerzt. Der Schweiß rinnt mir über die Haut. Die Faust meiner Gegnerin trifft mich an der linken Seite, und ich fühle es überall. Der Schmerz, das Adrenalin. Es macht mich lebendig. Zumindest lässt es mich etwas fühlen. Genau das ist es was ich will. Fühlen. 

Ich nehme meine Deckung hoch und weiche einen Schritt zurück. Dann warte ich ein paar Augenblicke bis Cat erschöpft ist und meine Chance gekommen ist, um den finalen Schlag zu schlagen. Die Boxhandschuhe prasseln in immer längeren Abständen und mit immer weniger Kraft auf mich ein, und ich spanne meinen gesamten rechten Arm an. Ein Schlag noch, dann werde ich zurückschlagen. Cat trifft meinen Unterarm, welcher inzwischen fast flächendeckend rot verfärbt ist. Und dann, noch ehe Cat sich versieht, verpasse ich ihr mit voller Kraft einen einfachen, aber heftigen Kinnhaken. Sie stolpert rückwärts und fällt dann benommen auf den Beton unter meinen Füßen. Sie ist bewusstlos. 

Der Typ, der die Kämpfer ansagt und hier so etwas wie ein Schiedsrichter ist - auch wenn es hier keine Regeln gibt -, zählt laut, von der Menge unterstützt, die ich erst jetzt wieder wahrnehme, bis zehn und reißt dann, als Cat sich nicht einen Millimeter rührt, meine Hand in die Luft und schreit meinen Namen in die Menge. Ich habe gewonnen. Mal wieder. Die Leute johlen und kreischen und klatschen in die Hände, während ich in die vielen verzehrten Gesichter starre. In dieser alten, dreckigen Lagerhalle mit dem improvisatorischem Boxring in der Mitte sind die verschiedensten Gestalten zu finden. Da gibt es die breitschultrigen und tätowierten Schlägertypen, die gestressten Geschäftsmänner, auf der Suche nach Ausgleich zu ihrem Job und die gelangweilten Familienväter, die hier ihre gewalttätige Ader ausleben. 

Ich reiße mich von dem Schiedsrichter los und quetsche mich mit den Ellenbogen durch die Menge. Als ich endlich bei Phil ankomme, der etwas abseits mit einer Flasche Wasser auf mich wartet, haben mir um die zwanzig Leute auf die Schulter geklopft und mir gratuliert, während die anderen gespannt darauf warten, wer als nächstes in den Ring steigt. Ich sehe gerade, wie Cat auf einer Trage in einen Nebenraum getragen wird, als auch Phil seine Hand auf meine Schulter legt. "Ein spitzen Kampf, Lynn. Wirklich. Wie du sie mit diesem einen Schlag ausgenockt hast... Einfach perfekt wie du...." Und so geht es weiter, während ich meine Handschuhe ausziehe, einen großen Schluck trinke und mir dann mein Handtuch von seiner Schulter nehme, überhäuft er mich mit Komplimenten und redet von den Schlägen, die ich gerade noch an Cat ausgelassen habe. 

Ein lautes Stöhnen von den Zuschauern unterbricht meinen Personal-Trainer. Anscheinend ist gerade jemand k.o. gegangen. Und im nächsten Moment wird schon der Name des Siegers gebrüllt, und der Verlierer liegt vergessen auf dem harten Boden. Ich verziehe den Mund. Ich war noch nie der Verlierer, der bewusstlos am Boden liegt, und ich habe keinerlei Interesse daran es jemals zu werden. Phil sagt etwas zu mir, doch ich bin viel zu sehr auf die Zuschauermenge konzentriert, als dass ich ihm zugehört hätte. Ich will jetzt nicht mit ihm sprechen, und so ignoriere ich ihn einfach. 

Erst als er sich zu mir herunter beugt, um zu sehen ob meine Pupillen unterschiedlich groß sind - was auf eine Gehirnerschütterung hindeuten würde - sehe ich ihn direkt an. Phil atmet erleichtert aus. "Glück gehabt, Kleines. Deine Augen sind völlig normal - wenn dein linkes auch etwas blau wird." Entsetzt fasse ich an die pochende Stelle an meinem Auge. Dass meine Haut anschwillt kann ich sogar jetzt schon spüren. "Ist sonst noch etwas? Ist dir schwindlig oder hast du eine Verletzung, die ich verarzten muss?" Ich schüttle den Kopf, sodass die schwarzen Strähnen, die sich aus der Flechtfrisur, die ich vorhin mit den falschen Haaren der Perücke geflochten habe, über meine Schultern fliegen. "Nein, mir geht es gut." 

Phil schaut nicht besonders überzeugt aus, vor allem nicht, da ich mich wieder auf die Zehenspitzen stelle um dem aktuellen Kampf zu folgen. "Sicher? Ich kann dich auch nach Hause fahren, wenn du nicht selbst autofahren willst." Ich schüttle den Kopf. Langsam bin ich genervt. "Das ist nicht mein erster Kampf gewesen, Phil. Ich weiß was ich tue." Phil seufzt. "In Ordnung. Ich glaube dir.", er sieht auf seine Armbanduhr. "Aber wir sollten langsam mal los, Lynn. Es ist schon ganz schön spät." "Wahrscheinlich hast du Recht.", meine ich, und nachdem ich noch einen großen Schluck Wasser genommen habe, machen wir uns zusammen auf dem Weg zu unseren Wagen. Phils alten Fiat haben wir als erstes erreicht, und nachdem ich mich mit einer hastige Umarmung von ihm verabschiedet habe, mache ich mich alleine weiter zu meinem Chevrolet. 

Es ist zwar noch lange nicht Mitternacht, doch die abgelegenen Straßen sind düster und der Wind, der durch dieses verlassene Viertel zieht, verursacht eine Gänsehaut auf meinen nackten Armen. Ich fürchte mich nicht vor der Dunkelheit, dass mache ich schon lange nicht mehr. Aber vor dem Moment, in dem ich nach Hause komme und Jack gegenübertreten muss, vor diesem Moment habe ich Angst. Was wenn er mein Auge sieht? Der Bluterguss an meiner Schläfe war ja noch einigermaßen zu verdecken gewesen, aber ein geschwollenes, blaues Auge ist viel auffälliger. Und was wird Dean dazu sagen? Diese Verletzung wird er dank seiner ausgeprägten Aufmerksamkeit auf jeden Fall sehen. 

Für ein paar Sekunden lehne ich mich gegen die Fahrertür meines Autos und lege mein geschlossenes Auge auf das kalte Metall. Am liebsten würde ich noch Stunden so dastehen, so gut tut diese Kühlung, aber ich werde noch eine Weile unterwegs sein, ehe ich Zuhause sein werde und ich will nicht so spät kommen, dass Jack anfängt herumzuschreien. Nicht, weil es ihm wichtig ist, dass ich pünktlich und sicher nach Hause komme, sondern damit er gegenüber Grace und ihren Kindern zeigt, dass ich mir nicht alles erlauben kann. Das hat er in letzter Zeit öfter gemacht. Bei jedem kleinsten Fehltritt, den ich mir erlaube, fängt er an mit mir zu diskutieren und mich zu belehren. Ich schnaube. Eigentlich hat er das Recht, meinen Vater zu spielen, schon lange verspielt. Spätestens seit den Tagen, an denen ich diese Narben bekommen habe. 

Dennoch steige ich in den Wagen und fahre schnell und nicht ganz ordnungsgemäß zu der Garage, in der ich meinen Lamborghini zwischengeparkt habe. Die Autos sind gleich ausgetauscht, aber das abnehmen der Perücke und das Abschminken meiner Augen dauert beinahe eine viertel Stunde. Zugegeben, ich habe auch noch das blaue Auge überschminken müssen, aber langsam wird es knapp, wenn ich noch vor zehn Uhr Zuhause sein will.


Dean

Sobald Mom aufsteht um Jen ins Bett zu bringen, erhebe auch ich mich von meinem Stuhl und fange an das Geschirr und die Töpfe in die Küche zu bringen. Es war ein schönes Abendessen, obwohl Jocelyn mal wieder nicht dabei war. Ich weiß nicht genau wo sie nach der Schule hingegangen ist, aber sie ist weder nach Hause, noch zu einem unserer Freunde gefahren. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob sie irgendwo hin gefahren ist, denn ihr Wagen war noch nach Schulschluss lange auf dem Parkplatz gestanden. Dass weiß ich so genau, weil ich mich noch mit Jayden und den anderen Jungs unterhalten habe und deswegen als einer der letzten aus dem Gebäude getreten bin. Ihr Lamborghini stand beinahe alleine auf dem riesigen Schulparkplatz, doch von ihr war weit und breit nichts zu sehen. Bei dem Gedanken, dass sie den Nachmittag bei ihren Freunden aus der Autorennen-Szene verbracht hat, läuft es mir kalt den Rücken runter. Wie ist sie überhaupt an solche Typen und an so einen Ort geraten? 

Jack tritt neben mich und stellt seinen Teller ebenfalls auf die Küchenablage. Den Abwasch wird Lucy morgen Vormittag übernehmen. Ich lasse mir nicht anmerken, dass meine Stimmung gerade drastisch in den Keller gestürzt ist und lächle Jack an. "Wo ist eigentlich Jocelyn?" Ein seltsames Funkeln tritt in seine Augen, als ich seine Tochter erwähne und seine zu einem Lächeln verzogenen Lippen werden schmal. Mir ist schon öfter aufgefallen, dass er so auf das Erwähnen oder das Erscheinen seiner Tochter reagiert. Was ist zwischen den beiden bloß passiert? Was kann in einer Vater-Tochter-Beziehung nur so schief gehen?

Jack zuckt scheinbar entspannt mit den Schultern. "Sie wird bei Freunden sein, denke ich." Ich bemerke den angespannten Kiefer und wende mich hastig von ihm ab, um auch Moms und Jens Teller abzuräumen.

Eine halbe Stunde später, als Mom, Jack und ich es uns auf der Couch gemütlich gemacht haben, hören wir einen Wagen in der Einfahrt und wenig später Jocelyns Schritte auf der Treppe ins Erdgeschoss. Sie strahlt uns übermütig an, als sie in die Küche eilt, um sich etwas zu essen zu machen. Ich höre, wie sie den Kühlschrank öffnet und das Geklapper von Geschirr, bevor sie sich, mit einem Teller in der Hand, neben mich auf die Couch fallen lässt. Sie sieht erschöpft und müde aus, aber auch sehr zufrieden mit sich selbst.

Ich bemerke wie Jack mich ansieht, ehe er sich zu seiner Tochter dreht. "Warst du bei Ava?" Jocelyn sieht aus, als hätte sie nicht damit gerechnet, dass ihn das interessiert. Doch sie nickt. Ich kneife die Augen zusammen und blicke sie forschend an. Als ich sie so genau mustere, fällt mir auf, dass ihr eines Auge eine andere Hautfarbe hat wie ihr anderes. Hat sie etwa wieder etwas überschminkt? Ich zwinge mich meinen Blick von ihr abzuwenden und wieder in den Fernseher zu schauen, aber eine Frage geht mir einfach nicht aus dem Kopf: Wo, verdammt nochmal, ist sie gewesen?

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