Kapitel 7

Scorpius Hyperion Malfoy P. o. V.

"Deshalb schlage ich vor, dass wir Kürbisse verzaubern, sodass sie tanzend die Getränke servieren. Und wir sollten den Schulchor engagieren, ich habe schon mal eine Liste mit geeigneten Songs herausgesucht. Des Weiteren bin ich dafür, dass die Große Halle in den Hausfarben des Siegers beim Quidditch geschmückt wird, schließlich findet die Halloweenparty ja am selben Abend statt!", mit selbstsicherer Stimme trug Rose Weasley ihre Ideen vor. "Also sollten wir besser schon mal grüne Dekoration bestellen . . .", murmelte meine Partnerin Leah Carter neben mir grimmig. Ich musste unwillkürlich auflachen und fing mir so einen bösen Blick von Rose ein. Bei Merlins Bart, sie war aber auch wirklich verklemmt! Ihre ganze Art zu Sprechen wirkte dermaßen künstlich und eingeübt, sodass ich mir ein verächtliches Schnauben verkneifen musste. Doch alle anderen schienen von ihren Vorschlägen begeistert und applaudierten zustimmend. Ich verschränkte nur die Arme. Eigentlich hatte ich ja gar nichts gegen sie. Ich meine, ich mochte sie auch nicht wirklich, sie war halt einfach eine riesige Streberin! Meine Noten waren zwar auch sehr gut, aber ich bemühte mich wenigstens nicht so verzweifelt wie sie. "Und die Servietten sollten selbstverständlich orange sein, und nicht grün. Keine Ahnung, wer das vorgeschlagen hat", ergänzte sie und sah mich spöttisch an. Dumme Kuh. "Nein, ich denke nicht. Grün ist passender", widersprach ich so ruhig wie möglich und mit einem eindringlichem Blick. "Das wage ich zu bezweifeln!", entgegnete sie gereizt. Die anderen guckten zwischen uns verwirrt hin und her, so als ob sie versuchten, den Quaffel beim Quidditch nicht aus den Augen zu verlieren. Bevor ich etwas darauf erwidern konnte, mischte sich Molly Weasley, unsere Schulsprecherin, ein und nickte geschäftig: "Darüber können wir später abstimmen. Sehr toll, Rose!" Weasley errötete vor Aufregung. Wie erbärmlich! "Aber wie willst du denn die Kürbisse die Getränke servieren lassen? Die sind doch rund, da rutschen die Gläser doch runter!", warf ich verbissen ein, bevor ich weiter darüber nachdenken konnte. Ich erntete nur verständnislose Blicke und bereute schon, überhaupt etwas so Blödes gesagt zu haben. "Naja", sagte Rose ungeduldig und mit einem herablassenden Unterton in der Stimme, "Ist doch ganz klar: Wir schneiden einfach die Oberfläche ab, sodass sie glatt ist." Verflucht, sie war echt gut. Mit einem Schmunzeln fuhr Teddy Lupin, der Schulsprecher fort: "Dann wäre das ja jetzt Gott sei Dank geklärt. Wir müssen jetzt noch abstimmen, wer die Leitung für die Vertrauensschülersitzung fortan übernehmen wird, weil Molly und ich nicht jedes Mal dabei sein können. Schreibt also bitte alle euren Favouriten auf einen Zettel und gebt ihn an Molly weiter." Eilig kramten wir jeder einen Stift hervor. Ich zögerte. Natürlich würde ich selber gerne die Wahl gewinnen, aber für mich selber zu stimmen käme mir nie in den Sinn. Rose Weasley wählte ich aber ganz sicher auch nicht! Mit der Zunge zwischen den Zähnen schrieb ich dann Robert Macmillan auf das Papier. Er würde diese Aufgabe sicher mit Vergnügen übernehmen. Jeder war mir lieber als Rose! Nachdem alle ihre Stimme abgegeben hatten, verkündeten Teddy und Molly das Ergebnis. Robert hat eine Stimme bekommen, die Vertrauensschülerin aus Ravenclaw namens Jessica auch eine, und Rose und ich haben beide die gleiche Anzahl: 3 Stimmen. Mit Bedacht vermieden wir es, uns anzusehen. "Stichwahl?", schlug Molly vor und Teddy nickte. Jetzt würden also entweder Rose oder ich gewinnen. In meinem Kopf drehte sich alles und ich versuchte sie zu durchschauen. Hatte sie eben für sich selbst gestimmt oder für Jessica? Egal. Ja, ich war ein Slytherin und ja, ich wollte diese Wahl verdammt nochmal gewinnen, aber ganz sicher würde ich nicht für mich selber stimmen! "Scorpius", hörte ich den sanften und betörenden Klang von Grandpa Lucius in meinen Gedanken, "Sei doch vernünftig! Manchmal muss man auch einfach egoistisch handeln, um voran zu kommen." Doch das würde ich nicht tun. Ich wettete, genauso etwas erwartete Rose von mir: Dass ich ein kaltherziges und selbstsüchtiges Reinblut war, das sein eigenes Wohlergehen über das von anderen stellte. Ich hasste es so sehr, wenn jemand mich falsch einschätzte und mich nach den Taten meiner Familie beurteilte. Es kümmerte mich nicht, was Rose Weasley von mir dachte. Jedoch war es mir nicht egal, was ich von mir selber hielt. Daher verfluchte ich ein weiteres Mal in meinem Leben den guten Willen in mir und schrieb in krakeliger Schrift und ohne groß hinzusehen den Namen von Weasley auf. Missmutig reichte ich Teddy meinen Zettel. Ich war mir sicher, dass Rose sich selbst gewählt hatte, so sehr wie sie sich den Erfolg wünschte. Fast schon bereute ich es nicht, genauso egoistisch gehandelt zu haben wie sie, als Teddy erstaunt verkündete: "Gleichstand zwischen Scorpius und Rose . . ." Was? Wie konnte das denn sein? Da ich Rose gewählt hatte, musste der frühere Wähler von Jessica mich gewählt haben. Verwirrt sah ich zu der Vertrauensschülerin aus Gryffindor, doch sie schien genauso überrascht zu sein. In diesem Augenblick wurden mir zwei Sachen bewusst: Einmal, dass Rose mich gewählt haben musste und zum zweiten, dass sie eigentlich ganz hübsch aussah, wenn sie mal nicht so überlegen umherschaute. Verlegen senkte ich den Blick, auch sie wollte ausnahmsweise nichts dazu sagen. Ein wahres Wunder. "Nun, ich würde vorschlagen, dass ihr beide zusammen die Leitung übernehmt, das ist nur gerecht", entschied Molly nach kurzem Zögern. Wo genau darf ich jetzt mal bitte kräftig meinen Kopf gegen die Wand schlagen? Das war ja ein echter Hauptgewinn: Extra Zeit mit Rose Weasley! Aber das hatte ich mir und meiner Gutmütigkeit ja selber zuzuschreiben. Da verpflichtete mich die Schule schon mal, mich mit einem Mädchen zu treffen, und dann war es Weasley. Eine verklemmte und überhebliche Streberin, die nicht mal besonders scharf war . . . Am liebsten wäre ich zurückgetreten und hätte ihr freiwillig die gesamte Verantwortung überlassen, aber etwas in mir sagte, dass das nicht fair sei. Auch Rose freute sich nicht gerade riesig, mit mir die Hauptverantwortung für die Planung zu übernehmen und verwundert stellte ich fest, dass mich das ein kleines bisschen störte. Mir entging zum Beispiel nicht, wie Jessica und Leah neidische Blicke in Richtung von Rose warfen und ich musste schmunzeln. Für mich war es nichts Neues, dass die Mädchen auf mich standen. Keine Ahnung, woran es lag. Aber wieso schien es bei Rose nicht zu klappen? Leicht verärgert fuhr ich mir durch die Haare und war wütend auf mich selbst, weil ich mir plötzlich so eingebildet vorkam. Außerdem konnte es mir ja egal sein. "Super!", meinte Teddy zustimmend. Rose gequältes Lächeln ähnelte einer grausigen Grimasse und ich verzog mit düsterem Blick überhaupt keine Miene. Die Planung wurde weitergeführt, als sei nichts geschehen und nach einer weiteren halben Stunde wurde die Sitzung für beendet erklärt. "Es lohnt sich nicht, über jede Einzelheit in der Gruppe abzustimmen, dafür seid ihr beide jetzt verantwortlich", hatte Molly zum Schluss gesagt und alle anderen hatten wild genickt. War ja klar. Die freuten sich, dass sie sich nicht mehr mit Rose Weasley über die Farbe der Servietten streiten mussten. So saßen wir beide also am Tisch, missgelaunt und verstimmt, und schauten überall hin, bloß nicht in das Gesicht des anderen. Nachdem die Stille irgendwann peinlich wurde, räusperte Rose sich und versuchte, mit ihrer motiovierten Stimme fortzufahren: "Okay . . . Soll ich dir die Lieder zeigen, die ich rausgesucht habe?" Fragend und mit einem zaghaftem, vorsichtigem Lächeln sah sie mich an. Ich nickte knapp. Rose kramte in ihrer Tasche und reichte mir die Liste. Ich warf einen Blick drauf: "Smells Like Teen Spirit  von Nirvana? Like the Way I Do  von Melissa Etheridge? Come Together  von den Beatles? Crazy  von Aerosmith? Da ist ja gar nichts aus diesem Jahrhundert dabei! Und es sind alles Muggelsongs . . ." Sofort war der freundliche Ausdruck auf ihrem Gesicht wie weggewischt und sie funkelte mich böse an. "Stellt das etwa ein Problem für dich als Reinblut dar? Tut mir Leid, ich hätte wissen müssen, dass das nicht gut genug für dich ist!", giftete sie und riss mir den Zettel aus der Hand. Ich stöhnte genervt auf. So eine blöde Zicke hatte ich ja noch nie getroffen. "Kein Grund, gleich so einen Aufstand zu machen. So war das überhaupt nicht gemeint. Ich dachte nur, dass wohl kaum jemand bei den Beatles  mitsingen kann . . . Hast du noch nie etwas von Wizard Rock gehört?", fragte ich verächtlich und versuchte, genauso herablassend wie sie zu klingen. Offensichtlich gelang es, denn Rose errötete leicht und zischte hastig mit gepresster Stimme: "Stell dir vor, ja, habe ich. Allerdings halte ich nicht zu viel davon." Hochnäsig musterte sie mich. "Im Gegensatz zu den Titeln, die ich ausgesucht habe, ist es eintönig und nicht sehr vielfältig. Bei meinen Liedern ist jedoch für jeden Geschmack etwas dabei. Und nicht jeder kommt aus so einer tollen Reinblutfamilie wie du, die mit einem Muggel als Elternteil kennen diese Songs bestimmt. Wollen wir wetten? Und die Beatles sind wunderbar!" Ich hob abwehrend die Hände. Offenbar hatte ich es hier mit einem durchgedrehten Fangirl zu tun . . . Wir starrten uns beide wütend und mit verschränkten Armen an und waren an dem Punkt angelangt, der offenbar für die Vorurteile bei uns sorgte: Unsere unterschiedlichen Familien. Keiner wagte etwas zu sagen, stattdessen schwiegen wir und ließen die Vorwürfe unausgesprochen. Ich dachte daran, wie viel einfacher es wäre, mit ihr umzugehen, wenn sie auf mich stehen würde. Mein Gott, es hätte jedes Mädchen der Schule sein können, die nach ein paar aufmerksamen Komplimenten und einem verschmitzten Zwinkern mir in jedem Punkt zugestimmt und sofort nachgegeben hätte. Probehalber zwinkerte ich Rose gekonnt verführerisch zu, doch zu meiner Enttäuschung fragte sie nur verwirrt: "Hast du was im Auge oder warum zuckt es die ganze Zeit so?" Frustriert gab ich auf: Es war hoffnungslos. Wir schwiegen weiter und ich merkte, dass ich sauer auf sie wegen der Beleidigung gegenüber dem Wizard Rock war. Irgendwann beugte ich mich vor und sagte mit entnervtem Unterton: "Hör mal, Rose . . ." Ich sprach ihren Namen wie einen Fluch aus, was ihr nicht entging und sie mit einem finsteren Blick quittierte. Meine Worte wählte ich sehr sorgfältig, um nicht gleich wieder einen dummen Kommentar zu kassieren. "Da unsere Pflicht als Vertrauensschüler es ja von uns abverlangt, müssen wir wohl zumindest für eine Zeit miteinander auskommen. Glaub mir, ich bin auch nicht begeistert davon, extra Stunden mit dir alleine zu verbringen . . ." Schnaubend sprang Rose auf, schnappte ihre Tasche und antwortete schnippisch: "Vergiss es einfach, das muss ich mir hier echt nicht geben!" Zu meiner Verwunderung schwankte ihre Stimme und ich hatte das Gefühl, dass sie den Tränen nahe war. Sie wandte sich zu Tür und einfühlig, wie ich war, sagte ich in meiner Verzweiflung natürlich genau das Falsche: "Jetzt heul' doch nicht gleich. Warum müsst ihr Frauen denn immer so emotional sein?" Ernsthaft, es war witzig gemeint und sollte sie aufmuntern, aber offensichtlich hatte sie keinen Sinn für Humor. Oder ich war einfach nur der unsensibelste Trottel der Welt. Jedenfalls musste ich ihr den Weg zur Tür versperren, damit sie nicht rauslief. "Malfoy, lass mich sofort durch!", befahl sie mit so einem aggressiven Unterton in der Stimme, dass mir ein Schaudern über den Rücken blieb und ich mich zwingen musste, nicht wirklich beiseite zu treten. "Nein. Bitte, Rose, hör mir zu!" Bewusst hatte ich ihren Vornamen verwendet und irgendetwas in meiner Stimme brachte sie dazu, tatsächlich auf zu hören, an mir vorbei kommen zu wollen. Jetzt liefen ihr wirklich die Tränen über das Gesicht und unerwartet empfand ich Mitleid für sie. Ich schluckte und widerstand dem Drang, ihr mit meinem Finger die Tränen von der Wange zu wischen. "Kannst du mir sagen, wie du es geschafft hast, dass so viele Mädchen von deinen Künsten als Frauenversteher und deinen Küssen schwärmen? Auf mich wirkst du eher wie ein ungehobelter Holzklotz", teilte sie mir verärgert mit. Grinsend erwiderte ich: "Keine Ahnung. Aber wenn du darauf bestehst, könnte ich dir das mit dem Küssen gerne beweisen . . ." Dieses eine Mal schaffte ich es tatsächlich, ihr ein Glucksen zu entlocken und lehnte mich selbstzufrieden gegen den Türrahmen. "Träum weiter, du Spinner", sagte sie nur und lächelte leicht. Ich senkte den Blick und biss mir auf die Lippe: "Tut mir Leid, wenn ich dich verletzt habe. Das lag ganz sicher nicht in meiner Absicht" Nach kurzem Zögern nickte sie. Da ich wohl kaum erwarten konnte, heute Abend noch eine Entschuldigung von ihr zu erhalten und ich ihre Nerven nicht unnötig strapazieren wollte, gab ich mich damit zufrieden. "Wir finden schon eine Lösung. Aber nicht in dieser Nacht. Ich glaube, es wäre besser, wenn wir es heute beenden, es ist schon recht spät . . ." Sie nickte betrübt und schulterte ihre Tasche, bereit zum Gehen. So niedergeschlagen wollte ich sie nicht ziehen lassen und ergänzte verschmitzt: "Aber meinetwegen dürfen gerne die Beatles bei uns auftreten, wenn du sie engagiert bekommst!" Verständnislos und mürrisch sah sie mich an: "Die haben sich schon 1970 aufgelöst, du Komiker . . ." Ups. Vielleicht hätte ich doch besser Muggelkunde belegen sollen, aber jetzt sagte ich nur schnell: "Weiß ich doch. War nur ein Spaß. Ich meinte, dann kann der Chor etwas von ihnen singen, was immer du willst!" Doch sie hatte nur die Augen verdreht und sich umgedreht. Ich atmete aus. Diese Weasley würde mich noch zur Weißglut treiben. "Soll ich dich nicht besser begleiten?", bot ich großzügig an. Jedes andere Mädchen hätte verlegen gekichert und sich brav bedankt. Aber nein, Rose Weasley drehte sich im Gehen um und wollte nur spöttisch und mit hochgezogenen Augenbrauen wissen: "Wieso? Um mich vor den Schlossgeistern zu beschützen?" Sie lachte kopfschüttelnd und ging den dunklen Korridor entlang. Mit bösem Blick rief ich ihr nach: "Du bist gar nicht so lustig, wie du denkst, weißt du?" Sie zeigte mir lediglich über die Schulter den Stinkefinger. Wow. Hätte ich nicht von ihr erwartet. Ich starrte ihr amüsiert und mit verschränkten Armen hinterher. Dann drehte ich mich in die entgegengesetzte Richtung zum Gemeinschaftsraum der Slytherins um. Federnden Schrittes dachte ich, dass das Ende des Gespräches gar nicht mal so übel gewesen war und stellte verblüfft fest, dass mein Herz etwas schneller schlug.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top