Kapitel 2

Teddy Lupin P. o. V.

Liebevoll betrachtete ich Victoire. Wir waren jetzt seit fast zwei Jahren Jahren ein Paar und ich mochte mir ein Leben ohne sie gar nicht mehr vorstellen. Eine Menge Leute hielten sie für eine unnahbare, eingebildete Zicke. Sie wussten ja gar nicht, wie falsch sie lagen. Auf den ersten Blick wirkte Victoire vielleicht ein bisschen arrogant, aber wenn man sie näher kennenlernte, wurde man relativ schnell vom Gegenteil überzeugt. Klar, sie war sehr hübsch und selbstbewusst, aber auch warmherzig, loyal, mutig, witzig, intelligent und hilfsbereit. Ich hatte nie richtige Eltern gehabt, obwohl Harry und Ginny wie Vater und Mutter für mich waren. Victoires Cousins und Cousinen betrachtete ich als meine Brüder und Schwestern. Naja, bis auf Victoire. Sie war mittlerweile etwas mehr als nur eine Schwester. Verdammt, sie war so viel mehr als das. Victoire war alles für mich. Ihr Lächeln war mein Sonnenaufgang, ihr süßer Duft mein Sauerstoff. Wir hielten uns an den Händen und grinsten einander an, während wir an den anderen Schülern auf dem Bahnsteig vorbeigingen. Der Hogwarts Express hatte gerade angehalten und der zischende Dampf übertönte beinahe Hagrids "Erstklässler zu mir!"-Rufe. Wehmütig dachte ich daran, dass ich nie mehr ein Erstklässler sein würde. Tatsächlich war dies mein letztes Jahr in Hogwarts. Was danach kommen würde? Ich wusste es nicht. Auf jeden Fall würde ich mit Victoire zusammen bleiben, und das war eine extrem schöne Aussicht. Jetzt drückte sie meine Hand und beugte sich grinsend zu mir herüber: "Wow, es ist echt ein schönes Gefühl, sich mit dem Schulsprecher öffentlich zu zeigen!" Auch mir waren die neugierigen Blicke der anderen Schüler nicht entgangen. Schmunzelnd und etwas verlegen erwiderte ich: "Quatsch, die gucken doch nur, weil du die neue Quidditchkapitänin bist!" Victoire errötete und freute sich, was wiederum zu meinem Glück beitrug. Wir landeten zusammen mit Lysander Scamander und seinen Freunden in einer Kutsche, die ebenfalls in der siebten Klasse waren. Victoire und ich vermieden es, die anderen anzusehen. Lieber schaute ich in ihre himmelblauen Augen. Lysander war dafür bekannt, ziemlich launisch und leicht reizbar zu sein. Das komplette Gegenteil von ihm war sein eineiiger Zwillingsbruder Lorcan aus Ravenclaw. Er war sanftmütig und schlau, nur leider nicht halb so beliebt wie Lysander. Victoire und ich versuchten seit Jahren verzweifelt, Lorcan etwas in unsere Gruppe zu integrieren. Unsere Gruppe . . . Zu der gehörten unteranderem James und Fred, die beide wie Brüder für mich waren. Und natürlich auch Frank Remus Longbottom, ein weiterer Gryffindor aus unserem Jahrgang, sowie Molly Weasley, eine gleich alte Ravenclaw. Die Kutschfahrt verlief größtenteils friedlich, doch beim Aussteigen stieß Lysander, der mit einem Satz von der Treppe gesprungen war, mit meiner Adoptivschwester Lily Luna zusammen. Sie war eine Drittklässlerin und zu meiner großen Freude in Hufflepuff. "Pass doch auf!", schnauzte er sie unhöflich an. Bevor sie etwas erwidern konnte, war ich an Lysander herangetreten und hatte ihm meine Hand auf die Schulter gelegt. Er fuhr herum und starrte mich böse an. "Du hast sie angerempelt und ich finde, du solltest dich entschuldigen", teilte ich dem Slytherin freundlich mit. Er schnaubte spöttisch und seine Freunde grinsten. Ich wartete höflich ab, während Victoire ihn verächtlich anfunkelte. Doch in diesem Moment kam Fred zu uns und sagte laut: "Lass es, Teddy. Mit dem kannst du nicht reden, der ist doch zu dumm für jedes Gespräch. Du könntest es mit Zeichensprache probieren, aber ich bezweifle, dass das bei so einem Erbsenhirn funktionieren wird." Lysander knurrte wütend, während die Umstehenden lachten. "Was willst du denn, Weasley?", erwiderte er mit düsterem Blick. "Falls es dir nicht aufgefallen sein sollte, aber ich finde dich nicht so lustig wie alle anderen. Sieh dich besser vor, du Rotschopf!" Fred setzte zu einer Bemerkung an, aber ich unterbrach ihn. Ich hatte wenig Lust auf ein Zauberstabduell vor meiner Nase, bevor das Schuljahr überhaupt angefangen hatte. "Ich glaube, das ist genug. Ihr könnt eure Aggressionen ja beim nächsten Quidditchspiel rauslassen, aber ich für meinen Teil habe Hunger und möchte jetzt gerne zum Abendbrot ins Schloss. Wenn ihr also bitte alle weiter gehen würdet!", forderte ich die Schar von Schaulustigen auf und scheuchte Fred mit Lily Luna weg. Victoire grinste bewundernd zu mir hoch: "Gut gelöst, Schulsprecher!" Ich bedankte mich mit einer übertrieben Verbeugung. Zu meiner Enttäuschung mussten wir uns in der Großen Halle trennen, weil ich zum Hufflepufftisch und sie zum Gryffindortisch gehörte. Ich setzte mich zu ihrer Schwester Dominique. Die beiden hatten wenig gemeinsam und ich versuchte Victoire immer davon zu überzeugen, mehr Zeit mit ihrer kleinen Schwester zu verbringen. Schließlich hatte ich ja nie richtige, leibliche Geschwister gehabt, mir aber immer eine echte Familie gewünscht. Natürlich hatte Grandma Anni gut für mich gesorgt, aber insgeheim hätte ich alles dafür gegeben, meine Eltern kennenzulernen. Nymphadora und Remus Lupin. Andere Leute haben mir davon erzählt, warum sie gestorben waren und dass sie für das Gute gekämpft haben. Mum und Dad haben dafür gesorgt, dass ich in einer freien Welt leben darf. Ich verstand das und war nicht verbittert oder dergleichen, trotzdem vermisste ich sie. Während der Einweihungszeremonie sah ich immer wieder zu Victoire, die auch von den Jungen in ihrem Umkreis immer wieder glühende Blicke erntete, was sie jedoch gar nicht wahrzunehmen schien. Ihre Augen waren starr nach vorne gerichtet und sie schaute zu, wie die Erstklässler einzeln aufgerufen und einem Haus zugeteilt wurden. Seit dem Sturz von Voldemort hatte sich auch in Hogwarts so Einiges geändert. Nach Slytherin kamen jetzt nicht nur noch reinblütige Muggelhasser. Mein 'Bruder' Albus Severus war zum Beispiel in diesem Haus und er war einer der besten Menschen die ich kannte. Ich bewunderte ihn zutiefst für seine Entscheidung, dem Rat des Sprechenden Hutes zu vertrauen. Aber um ehrlich zu sein muss ich gestehen, dass Albus nicht nach Gryffindor gepasst hätte, er war zu zurückhaltend und zu vorsichtig. Außerdem arbeitete er ehrgeizig, wägte immer das Risiko ab und ließ sich nicht von der Meinung anderer beeinflussen. Ich mochte ihn sehr. Während des Essens wanderten meine Augen wieder zu Victoire, die jetzt höflich und bestimmt die angebotene Schale mit Kartoffeln zurückwies. Der Sechstklässler sah enttäuscht aus und ich grinste in mich hinein. Ich war noch nie wirklich eifersüchtig auf einen Jungen gewesen, weil ich wusste, dass ich meiner Freundin vertrauen konnte. Trotzdem bekam ich Sehnsucht nach ihr, daher lieh ich mir von Dominique einen Stift und schrieb eine kurze Nachricht für Victoire auf eine der Servietten. Mit einem Grinsen lief ich ihr nach dem Essen hinterher. Sie ging mit federnden Schritten ziemlich weit vorne und ich überholte sie auf der Treppe. "Entschuldigung, junge Dame!", grinste ich und drückte ihr im Vorbeigehen unauffällig die Serviette in die Hand. Überrascht lächelte sie mich an und nickte dann knapp. Voller Vorfreude auf unser geheimes Treffen heute Abend warf ich mich breit schmunzelnd auf mein Bett und starrte verträumt an die Decke. Oh man, Victoire war echt der Wahnsinn! Auch nach all den Jahren könnte ich mich jeden Tag aufs Neue in sie verlieben. Um kurz vor Mitternacht stand ich leise auf, um meine Mitschüler nicht zu wecken und verließ heimlich meinen Schlafsaal. In unserem gemütlichen Gemeinschaftsraum war niemand mehr, sodass ich ohne Probleme bis zum Raum der Wünsche kam. Dort wartete Victoire bereits auf mich. Ich schlich mich von hinten an sie heran und legte meine Hände auf ihre Augen. Ihr entfuhr ein leiser Aufschrei und ich drehte sie sanft mit amüsiertem Blick herum. "Guten Abend, meine Schöne", murmelte ich grinsend. Sie schubste mich spielerisch. "Das ist aber keine gutes Verhalten von einem Schulsprecher. So etwas Ungezogenes hätte ich ja nicht von dir erwartet . . . Sich einfach mitten in der Nacht rauszuschleichen, nur um mich zu treffen! Was ist denn mit meinem braven Hufflepuff los?", wollte sie schmunzelnd wissen. Ich gluckste: "Er ist verrückt nach dir." Sie senkte lächelnd den Blick. Ich hob vorsichtig ihr Kinn an und lehnte meine Stirn an ihre. Merlin, sie war so schön . . . Scheu biss Victoire sich auf die Unterlippe und strich mit ihrem Finger sacht über meine Lippe. "Und für dich würde ich mich überall hinschleichen, egal zu welcher Tageszeit!", ergänzte ich ernst und brachte sie damit zum Lachen. Sie lächelte glücklich und fuhr mit ihrer weichen Hand durch mein blaues Haar. Dann zog sie mein Gesicht zu sich heran und küsste mich sanft. Obwohl wir uns schon so lange kannten, war es immer wieder eine Überraschung für mich, dass dieses Mädchen mich liebte. Es kam mir wie ein Traum vor, aus dem ich nie aufwachen wollte. In den vergangenen Jahren hatten wir uns schon öfter nachts rausgeschlichen und waren im Vertrauensschülerbad oder im Raum der Wünsche verschwunden. Heute Abend verhielten wir uns doch tatsächlich wie zwei frischverliebte Erstklässler. "Psst!", ermahnte ich Victoire halbherzig, als sie albern kicherte, nachdem ich ihr das T-Shirt über den Kopf gezogen hatte. "Jetzt grins' doch nicht so, das stört beim Küssen", bemerkte sie dann, musste aber selber breit schmunzeln. "Tschuldigung!", kiekste ich und biss ihr spielerisch ins Ohrläppchen. Sie nahm mein Gesicht in beide Hände und blickte mir tief in die Augen. "Ich liebe dich, Teddy", sagte sie. Auch nach vier Jahren klangen die Worte aus ihrem Mund noch immer wunderschön. "Ich liebe dich auch, Vicky" Wir sahen uns an, dann brachen wir beide in albernes Gelächter aus. "Bei Merlins Bart, was ist denn bloß los mit uns?", fragte Victoire und wischte sich eine Lachträne aus dem Augenwinkel. "Keine Ahnung", feixte ich und zog sie zu mir auf den Schoß. Belustigt lehnte sie sich an mich und ich strich ihr über den nackten Rücken. "Du bist großartig, Victoire, weißt du das?", wollte ich leise wissen. "Nachdem du es mir ungefähr eine Millionen Mal gesagt hast, ist es, glaube ich, bei mir angekommen!", erwiderte sie. Erneut fingen wir an zu Lachen und erstickten die Geräusche jeweils am Hals des anderen. Ich genoss es, ihren Geruch einzuatmen. Sie roch nach Karamell und Butterbier und einem warmen Kaminfeuer . . . Am liebsten hätte ich die Zeit angehalten, doch stattdessen hob ich ihr Kinn an: "Ich meine es ernst. Wirklich." Sie grinste verlegen und küsste mich.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top