Kapitel 16

Frank Remus Longbottom P. o. V.

Nach dem Vorfall mit Rose und den Slytherins in der Eingangshalle war ich etwas besorgt. Mit verkniffener Miene stand ich neben Lucy, die nicht minder unzufrieden aussah. Das hatte aber einen anderen Grund als die Feindschaft zwischen den Häusern, wie ich sogleich bemerkte als ich ihrem Blick folgte: Meine Schwester Alice stand wenige Meter neben James, der wild mit einer Ravenclaw knutschte. Ein Beschützerinstinkt stieg in mir hoch. Verdammt, das war meine kleine Alice, die das Arschloch da verletzte! Mir doch egal ob er einer meiner besten Freunde war. Doch ich riss mich zusammen. Natürlich war ich echt sauer, aber ich würde mich ganz sicher nicht von meiner blinden Wut lenken lassen und alles nur verschlimmern, indem ich mich als großer Bruder aufspielte. Daher verharrte ich genau wie Lucy mit verschränkten Armen in meiner Position und starrte mit düsterem Blick zu Alice und James. Irgendwann ging es der Ravenlcaw schlecht - wie zu erwarten war hatte auch sie viel zu viel getrunken - und sie torkelte davon. Als sie sich neben der Eingangstür übergeben musste, hatte James sie wohl bereits vergessen, denn nun schloss er wieder dämlich grinsend Alice in seine Arme. Sie lächelte etwas verwirrt und schien nicht ganz sicher zu sein ob das eine gute Idee war. Ich betete im Stillen, sie möge ihm eine Abfuhr erteilen, aber natürlich wurde mein Wunsch nicht erhört. Ganz im Gegenteil! Alice hatte ihm schon nach einigen geflüsterten Liebesschwüren und mehreren innigen Küssen vergessen und kicherte geschmeichelt. Meine Güte, so etwas konnte man sich ja nicht ansehen! Seufzend stieß ich mich von der Wand ab und versperrte der tief deprimierten Lucy das Sichtfeld, indem ich mich vor sie stellte. "Tanzen?", fragte ich schief grinsend und hielt ihr einen Arm hin. "Kann ja kaum schlimmer werden . . .", grummelte sie nicht gerade begeistert und hakte sich bei mir unter. Wie nett. Grinsend wirbelte ich sie herum und freute mich aufrichtig, als sich zu der Melancholie auf ihrem Gesicht ein winziges Lächeln gesellte. Ich mochte Lucy sehr und irgendwie machte es die Tatsache, dass sie auf Mädchen stand, leichter mit ihr zu sprechen und Zeit zu verbringen. Es war schlichtweg unkomplizierter. Ich musste mir keinerlei Sorgen machen, wie ich wohl auf sie wirkte und ob sie mich attraktiv fand. Außerdem riss sie im Gegensatz zu meinen männlichen Freunden keine dummen Sprüche und war in der Lage, ernsthafte Gespräche zu führen und hilfreiche Ratschläge zu erteilen. So hatte sie mir auch beim Gitarreüben beigestanden und sich zumindest bemüht, mir Tipps bezüglich meines Schwarms zu geben, auch wenn sie nicht wusste dass es dabei um Dominique ging. Sofort schweifte mein Blick zu Nikki und eine heimtückische Röte schlich sich auf meine Wangen. Schnell wandte ich mich ab, doch zu spät: Lucy drehte sich neugierig um und sofort hatte sie Dominique entdeckt. Das Grinsen auf ihrem Gesicht wurde breiter und breiter und dann strahlte sie von einem Ohr zum anderen. "Oh mein Gott!", flüsterte sie ungläubig. "Es ist Dominique, es ist Dominique!" Sie führte einen kleinen Freudentanz auf und beunruhigt legte ich ihr schnell einen Finger auf die Lippe: "Psst, ja, es ist Dominique, aber du musst es ja nicht gleich aller Welt erzählen", ermahnte ich sie, aber etwas in ihrem Blick beunruhigte mich. "Egal was du vorhast: Es ist eine dumme Idee!", stellte ich rasch klar, aber sie ignorierte mich Stattdessen biss Lucy sich nur auf die Lippe und wiederholte ihre Erkenntnis, dieses Mal aber etwas lauter, sodass sich die Leute in unserem näheren Umfeld umdrehten. "Was machst du denn da?", fragte ich verzweifelt. "Na, was wohl?", spitzbübisch grinsend sah sie mich an und sang jetzt ihren blöden Satz. "Hör auf damit!", zischte ich gereizt. "Nur, wenn du zu ihr gehst", erwiderte sie. "Was?", entfuhres mir und ich schaute entgeistert in ihr grinsendes Gesicht. "Och nö, also ehrlich gesagt-", fing ich verlegen an, und zu meinem großen Schrecken formte Lucy die Hände zu einem Sprachrohr. Es schien ganz so, als wollte sie die Worte "Es ist Dominique!" nun laut brüllen und so wie ich Lucy kannte, konnte ich mir mehr als sicher sein, dass sie es ernsthaft tun würde. "Okay, okay, ich mach's!", willigte ich entnervt und haareraufend ein. "Na bitte, es geht doch!", meinte sie nur freundlich und trank schelmisch von ihrem Butterbier. "Ich hasse dich", knurrte ich und nahm einen großen Schluck von meiner Flasche, bevor ich sie mit einem Ruck abstellte. "Ich liebe dich auch", entgegnete Lucy verständnisvoll grinsend. Stöhnend setzte ich mich in Bewegung, jedoch nicht ohne meiner besten Freundin böse Blicke zu zuwerfen. Ironischerweise lief genau jetzt I saw her standing there  von den Beatles. Perfektes Timing. Schlimmer konnte es tatsächlich nicht werden. Oder? Besser führte ich den Gedanken nicht weiter aus.

Well she was just seventeen
You know what I mean
And the way she looked
Was way beyond compare
So how could I dance with another
Oh, when I saw her standing there

Ja, ich sah Dominique da drüben stehen. Und ich wollte zu ihr. Wollte ihr Lächeln sehen. Sie Berühren. Sie Küssen. Trotzdem sträubte sich alles in mir dagegen, zu ihr zu gehen. Da Rose im Krankenflügel und Roxanne mit Lysander verschwunden war, Lucy wenige Meter hinter mir sich halb tot lachte und Alice an James' ranzigen, abgenutzten Lippen hing, stand sie ganz alleine da. Als ich mich schüchtern lächelnd näherte, drehte Dominiwue sich demonstrativ weg zu Victoire und Teddy. Wie außerordentlich ermutigend! Gequält sah ich über die Schulter zu Lucy, die zu meinem Leid nur mit strenger Miene wild mit den Händen rumfuchtelte. Ich unterdrückte ein Stöhnen, fasste all meinen Mut zuammen und ging selbstbewusst und mit federnden Schritten auf Dominique zu. Ehrlich gesagt hatte es am Anfang etwas gedauert, bis ich sie als richtiges Mädchen wahrgenommen hatte. Am Anfang des Nachhilfeunterrichts gegen Ende des letzten Schuljahres war sie immer sehr schüchtern gewesen. Dann, eines Nachmittags, hatte sie mit Alice und den anderen draußen am Ufer des Schwarzen Sees gesessen und aufgrund irgendeiner Kleinigkeit einen solchen Lachanfall gehabt, dass ich gar nicht anders gekonnt hatte, als sie näher in Augenschein zu nehmen. Ihre leicht geröteten Wangen, ihr funkelnder, lebhafter Blick und das breite Strahlen auf ihren Lippen hatte ich einfach nicht vergessen können. Nun, ihr Lachen war weder glockenhell oder besonders wohl klingend gewesen, viele hatten sich empört umgedreht, weil das quietschende Kieksen von Nikki sehr auffällig gewesen war, aber gerade das hatte ich irgendwie anziehend gefunden. Zudem wirkte sie auch so immer recht natürlich und vorallem freundlich. Als sie in den Sommerferien dann bei uns gewesen war, hatte ich mich ziemlich in sie verknallt und mittlerweile war ich echt verliebt . . . Ich war zwar relativ beliebt und wurde von den meisten gemocht, aber ich würde mich selber eher als ruhig und höflich einschätzen. Mit dummen Sprüchen hielt ich mich lieber zurück und - egal wie sehr das vor Kitsch trieft - ich war ein kleiner Romantiker. Naja, zumindest manchmal. "Hey", begrüßte ich Dominique, Victoire und Teddy verzagt. Und bevor ich es mir anders überlegen konnte rutschte mir meine Frage an Nikki heraus: "Willst du tanzen? Mit mir? Jetzt?" Hoffnungsvoll lächelnd kreuzte ich die Finger in der Tasche. Vicky und Teddy taten respektvoller Weise so, als würden sie ein angeregtes Gespräch führen. Nikkis Wangen färbten sich rosa, aber ihre Stimme war kühl: "Möchtest du nicht lieber weiter mit Lucy tanzen?" "Ähm . . .", machte ich verwirrt. Es dauerte einen Moment, bis ich kapierte, dass sie eifersüchtig war. Ich konnte ihr wohl kaum sagen, dass Lucy wohl eher noch auf sie als auf mich stand, daher antwortete ich selbstsicher: "Nein, eigentlich möchte ich mit dir tanzen." Sie sah mich überrascht an. Direkte Ehrlichkeit wurde nicht selten unterschätzt. "Also, ich, äh, nun gut", stammelte sie und schien nicht ganz zu wissen was zu tun war. Also nahm ich sie sanft bei der Hand und führte sie auf die Tanzfläche.

https://youtu.be/Fk0sY_WiCpA

Mitten im Lied fingen wir an uns unbeholfen zu bewegen, schließlich schlang sie ihre Arme um meinen hals und ich umfasste ihre Hüfte und wirbelte sie herum. Eng aneinander gepresst tanzten wir zur Musik, ich spürte ihren warmen Atem an meinem Hals. Es spielte keine Rolle, wir unsicher und schüchtern wir zuvor gewesen waren, zusammen blühten wir in der Masse auf. Mit war es gleichgültig, ob jemand sah wie sich der freundliche Gryffindor und die streberhafte Hufflepuff beim Tanzen verhielten, dass sie sich so vertraut wie ein altes Ehepaar ohne Hemmungen berührten und ich scherte mich nicht im Geringsten darum, ob wir damit aus unserem üblichen Rollenbild fielen und für uns untypisch unverklemmt waren. Es war ein seltsam befreiendes und vor allem aufregendes Gefphl, Dominique Weasley zu berühren. Ich wollte mehr und wusste, dass es ihr ähnlich ging. Wir tanzten noch ein oder zwei Songs, dann hatte ich eine Idee. Mit einem geheimnisvollen Lächeln nahm ich die schwer atmende Domninique bei der Hand. "Komm", flüsterte ich ihn ihr Ohr und zog sie von der Tanzfläche. "Was ist los? Frank, wohin gehen wir?", wollte sie wissen und biss sich grinsend auf die Lippe. "Ich will mich mit dir unterhalten", erwiderte ich vage und lächelte. Wenn Jungen wie James Sirius Potter oder Lysander Scamander mit einem Mädchen von der Tanzfläche verschwanden, um sich zu "unterhalten", dann landeten sie mit Sicherheit in der Kiste. Wenn ich, Frank Remus Longbottom, das jedoch sagte, dann meinte ich das auch genauso. Ich hatte keine schmutzigen Hintergedanken. Auf den Korridoren schienen überall knutschende Pärchen aufeinander zu hocken, als führte iche Dominique zu den Gewächshäusern. Da Dad Lehrer für Kräuterkunde und zudem unglaublich vergesslich war, wusste ich auch wo er seine Ersatzschlüssel aufbewahrte. Kurz musste ich etwas unter dem zweiten Fensterbrett von rechts herumtasten, dann fand ich den schlampig versteckten Schlüssel sofort. Natürlich hätten wir auch einfach "Alohomora" benutzen können, aber das war doch viel aufregender! Und es wirkte um einiges beeindruckender, das stand fest. Galant hielt ich der wartenden Nikki die Tür auf und sie trat lächelnd ein. Sorgsam schloss ich die Tür und so standen wir uns gegenüber zwischen all den Pflanzen. Mit einem Grinsen hatte ich mich gegen die Arbeitsplatte mit Alraunen gelehnt, während Dominique mit Interesse die Blumen näher betrachtete. "Ich mag Pflanzen . . .", sagte sie genau in dem Moment, als ich tapfer meinte: "Ich mag dich . . ." Verblüfft schauten wir einander an, dann mussten wir beide kichern. Schmunzelnd trat ich auf sie zu und fing noch einmal an. "Ich mag dich, Nikki", wiederhokte ich zögernd und dann wusste ich nicht mehr, was ich sagen sollte. Verdammt, wie machte man so etwas denn? Ich hatte das Gefphl, sie einerseits schon ewig und gut zu kennen, andererseits wirkten sie und die komplette Situation auf mich merkwürdig fremd und neu. Ich fühlte mich etwas überfordert und überrumpelt von meinen Gefühlen. Wie zur Hölle sagte man einem Mädchen ohne dieses technische Muggel-Handy-Zeug, dass man in sie verliebt war? Dominique sagte erst nichts, aber sie schien zu verstehen. Vielleicht war sie nicht unbedingt sehr selbstbewusst und zögerte manchmal vor Taten, aber mit Worten konnte sie definitiv umgehen. Daran gab es keinen Zweifel. "Frank", sie machte behutsam einen Schritt auf mich zu. Ein weicher, sanfter Ausdruck lag in ihren grauen, unergründlichen Augen. "Ich mag dich auch. Du bist ein sehr besonderer Junge. Es mag vielleicht doof klingen, aber ich spreche die Wahrheit wenn ich dir sage, dass ich schon sehr früh von dir beeindruckt war." Sie lachte leise auf und fuhr sich verlegen durch das blonde, schulterlange Haar. "Beeindruckt?", meine Stimme klang erstickt und mein Gehirn wolte einfach nicht arbeiten, doch zum Glück redete Dominique gleich versonnen weiter: "Ja, beeindruckt. Ich mochte vom ersten Moment an deine freundliche, offene Art und seit dem Nachhilfeunterricht fühle ich mich . . . zu dir hingezogen. Also . . .", sie stockte kurz, " . . . ich fühle mich bei dir geborgen und sicher und schön und . . . Frank, ich will dich gerne näher kennenlernen. Vielleicht bin ich schüchtern, ja, aber ich bin auch verrückt nach dir und vor allem total verliebt in dich." Sie schloss dieses atemberaubende Geständnis mit einem ehrlichen Lächeln. Das Gefühl in jemanden verliebt zu sein ist unbezahlbar, aber wenn dieser jemand einen auch mag, dann ist das mehr als überwältigend. In mir stiegen solche Glücksgefühle auf, dass ich nicht anders konnte, als zu Nikki hinzugehen und sie sanft zu küssen. Im ersten Augenblick schien sie unfähig zu sein sich zu bewegen, dann nahm sie mein Gesicht in beide Hände und küsste mich leidenschaftlich und auskostend zugleich zurück. Ihre Lippen waren warm und schmeckten gut. Ich vergrub meine Hand in ihrem Haar und bedeckte ihren Hals mit liebevollen Küssen. Sie öffnete die oberen Knöpfe meines Hemds und strich mit weichen Bewegungen über meine Brust. "Frank", seufzte Dominique und ich spürte beim Küssen ihr Lächeln. Auch ich strahlte breit. Seit mehreren Monaten war dies mein Traum gewesen und jetzt war es die Realität. So eine schöne Realität! Plötzlich wurde die Tür zum Gewächshaus aufgestoßen und wir fuhren etappt auseinander. Oh Gott. Es war mein Vater. So eine scheiß Realität. Er hielt sich prompt die Augen zu, bis er mich erkannte: "Ach du meine Güte, verzeihung, das wollte ich nicht, ich konnte ja nicht wissen, dass Sie hier drinnen- Frank? Wie? Was? Warum?" Dad stotterte wirres Zeug, ich knüpfte mir eilig die Knöpfe wieder zu und Dominique versuchte verzweifelt, etwas Ordnung in ihr verwuscheltes Haar zu bringen und den verschmierten Lippenstift zu verstecken. "Frank, was soll das?", platzte es aus meinem Vater auf einmal heraus. "Hallo, Dad", erwiderte ich mit zusammen gekniffenen Zähnen und Nikki mumelte beschämt: "Guten Abend, Professor Longbottom." Ging es noch peinlicher? Lieber verhinderte ich das. Schnell ergriff ich Nikkis Hand und zog sie hinaus. "Wir müssen leider zurück zur Party, man vermisst uns da sicherkich schon", stammelte ich verlegen und kratzte mir am Hals. "Erkläre ich dir später", fügte ich zu ihm raunend hinzu. Widerwillig ließ mein Vater uns ziehen und im Eilschritt rannten Dominique und ich zurück zur Großen Halle. Davor blieben wir stehen und sahen uns atemlos an, anschließend brachen wir in lautes Gelächter aus. "Oh man", gluckste ich und umarmte sie. Es brauchte eine lange Zeit, bis wir uns wieder los ließen. "Das war schön", gab Niki verzagt zu und ich nickte. "Wollen wir uns am nächsten Wochenende in Hogsmeade treffen?", fragte ich und kaute nervös auf meiner Unterlippe herum. "Gerne auch schon vorher", grinste sie. Zum Abschluss küssten wir uns erneut voller Liebe und Leidenschaft, aber ohne peinliche Unterbrechungen. "Schlaf gut", sagte ich lächelnd und sah zu, wie sie die Treppen zum Gemeinschaftraum der Hufflepuffs hinunter lief. Mit einem Dauergrinsen kehrte ich in die Große Halle zu meinen Freunden zurück, wo die Halloweenparty langsam, aber sicher zu Ende ging.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top