Kapitel 12

Roxanne Weasley P. o. V.

"Gut gespielt!", lobte mich meine älteste Cousine Victoire am Ende des Trainings, das momentan täglich stattfand. "Der letzte Wurf war wirklich einwandfrei. Wenn das am Samstag genauso läuft, machen wir Slytherin platt!" Victoire schulterte motiviert ihren Besen und ich grinste breit. Sie war wirklich eine fantastische Sucherin und verantwortungsbewusste Kapitänin. Ich war jetzt in der 5. Klasse und wünschte mir insgeheim, in einem oder zwei Jahren diesen Posten übernehmen zu dürfen. Klar, es war echt cool, mit Victoire, Fred und James zu spielen, schließlich waren wir ja verwandt. Aber es war total ätzend, immer die Kleine im Team zu sein, egal wie viele Jahre vergingen oder wie gut ich spielte. Im Schatten der älteren Cousins und Cousinen zu stehen war nicht immer einfach, vorallem, weil Quidditch so ziemlich das Einzige war, was ich konnte. "Bloß bitte sei vorsichtig, ich möchte dich nur ungern ersetzen müssen, weil du zum Opfer einer fiesen Slytherin-Attacke geworden bist . . .", Victoires Blick wurde weicher. Bei ihren Worten fing mein Herz an zu flattern und ich versuchte, meinen schuldigen Blick zu verbergen. Natürlich würde ich mich von den Slytherins fernhalten . . . Aber sicher doch. Konnte ja nicht jeder wie sie auf solche netten Jungen aus Hufflepuff stehen. Aber ich wurde ungerecht: Teddy Lupin war echt in Ordnung, und Victoire eigentlich auch. Sie schmierte sich meiner Meinung nach etwas zu viel Schminke ins Gesicht, aber auch ohne das ganze Zeug war sie verdammt hübsch. Trotzdem konnte ich nichts an all den netten Jungen finden und hatte jede einzelne der zahlreichen Einladungen für die Halloweenparty abgelehnt. Mein Wunschpartner hatte mich noch nicht gefragt. Aber er hatte auch noch keine Verabredung. Ja, Lysander Scamander war noch frei. Mit einem unterdrückten Schmunzeln sagte ich zu Victoire: "Ich passe schon auf mich auf. Versprochen." In diesem Moment rannten Fred und James an uns vorbei. "Keine Sorge, Vicky, wir geben schon Acht auf die kleine Roxy!", rief James ausgelassen und Fred wuschelte mir grob durch das lange schwarze Haar. Verärgert schlug ich nahm ihm, aber mein Bruder wich mir aus. Feixend lief er rückwärts und lachte: "Ich bin zu schnell für dich, kleine Schwester!" Die beiden rannten wie alberne Erstklässler über das Gelände zurück zum Schloss. Kopfschüttelnd sah Victoire ihnen nach: "Man mag kaum glauben, dass sie bereits in der siebten Klasse sein sollen . . . Naja, mach dir nichts draus! Die meinen es nicht böse." Auch wenn Victoire mich mit ihren Worten aufmuntern wollte, konnte ich nur mit Mühe mein verächtliches Schnauben als husten tarnen. Sie hatte als Älteste in der Familie doch gar keine Probleme, was das betraf! Doch ich nickte nur mit gepressten Lippen und zusammen stapften wir los. Es dauerte nicht lange, bis meine Gedanken abschweiften und ich an Lysander dachte. Er sah halt einfach mega gut aus, hatte eine wahnsinnig anziehende Ausstrahlung auf mich und war ein echter Bad Boy, nicht so wie Möchte-Gern-Macho James. Normalerweise gehörte ich wirklich nicht zu der Art von Mädchen, die bei dem Anblick von irgendwelchen "süßen" Jungen in albernes Gekicher ausbrach und auch ihn Lysanders Gegenwart blieb ich relativ cool, aber er brachte mein Herz schon zum Schmelzen. Da ich früher viel Zeit mit meinen Cousins und meinem Bruder verbracht hatte, von denen ich mir oft Sätze wie "Heul nicht so 'rum wie ein Mädchen!" und "Sei kein Weichei!" anhören musste, hatte ich tatsächlich irgendwann angefangen, mich wie ein Junge zu benehmen. Ich meine, ich sah nicht im Ansatz männlich aus und ich benahm mich auch weiblich, aber ich war etwas härter im Nehmen als meine Cousinen (mit Ausnahme vielleicht von Lucy) und ließ mir meine Gefühle nicht gleich anmerken. Auf Lysander stand ich schon lange und die Tatsache, dass die Feindschaft zwischen den beiden Häusern erneut ausgebrochen war, machte ihn in meinen Augen nur noch begehrenswerter. Nur der Gedanke an den dunklen Slytherin entfachte in mir eine feurige Leidenschaft. Außerdem war ich schon immer eine kleine Rebellin gewesen, hatte nur selten etwas auf die Meinung von anderen gegeben und an Regeln hielt ich mich auch nicht allzu häufig. Ein perfektes Bad Girl für den perfekten Bad Boy. Es kratzte mich auch überhaupt nicht, was die anderen Gryffindors dazu zu sagen hätten und ehrlich gesagt brannte ich nur darauf, ihre Gesichter zu sehen, wenn sie es erfahren würden. Dann wäre ich in den Augen von Fred, James und all den anderen wohl kaum nur die kleine Schwester. Des Weiteren hatte ich die beiden von der Größe her fast eingeholt, "klein" passte schon mal gar nicht. Besonders auf Freds Reaktion war ich gespannt. Um es mit anderen Worten zu sagen: Ich hatte mir fest vorgenommen, mit Lysander auf der Party aufzukreuzen. Victoire war heute sehr schweigsam und erst als wir die Eingangshalle durchquerten, raunte sie mir zu: "Bleib dicht bei mir und verzichte heute bitte ausnahmsweise auf deine Provokationen, okay?" Der Grund für ihre Besorgnis war die Gruppe von Slytherins, die vor dem Eingang zum Kerker standen. Unter ihnen war auch Lysander und mein Herz machte einen Sprung. Allerdings konnte ich über Victoires Worte nur lachen: Glaubte sie tatsächlich, ich würde mich an ihre Mahnung halten? Mit kühlem Blick schritt meine Cousine an ihnen vorbei, während die Dumpfbacken zu johlen anfingen. Anzügliche Sprüche und perverse Kommentare schallten zu uns herüber und ließen Victoire die Röte ins Gesicht steigen. Lysander jedoch schwieg und ließ seinen intensiven Blick die ganze Zeit auf mir ruhen, was mich in stille Ekstase versetzte. Ich grinste stumm in mich hinein und als wir die Eingangshalle hinter uns gelassen hatten, packte mich ein gefährlicher Übermut. "Mir fällt gerade ein, dass ich mein Verwandlungsbuch habe liegen lassen. Ich gehe besser nochmal zurück und lerne für die Arbeit, sonst reißt die alte McGonagall mir morgen den Kopf ab!", log ich mit unschuldiger Miene. Victoire zögerte. In Gedanken flehte ich, dass sie die Lüge schlucken und mich ziehen lassen würde. Sie zögerte: "Soll ich dich nicht besser begleiten? Nicht, dass du auf dem Weg in einen streitlustigen Slytherin hineinläufst!" Oh, jaah, das wäre wirklich schrecklich . . . Ich winkte ab. "Jetzt hab' dich mal nicht so! Ich kann mich auch selbst ganz gut verteidigen." Schließlich stimmte sie zu, obwohl das Unbehagen ihr ins Gesicht geschrieben stand. Im Stillen klopfte ich mir auf die Schulter und drehte mit zügigen Schritten um. Kurz vor der Halle holte mich jedoch die Verlegenheit ein: Was sollte ich Lysander bloß sagen? Mit meinem Nasenpiercing, meiner schlanken Figur und meinen funkelnden braunen Augen fühlte ich mich zwar selbstbewusst und wusste, dass ich hübsch war, keine Frage, aber hatte ich wirklich so viel Mut? Ich verlangsamte meine Schritte, aber bevor ich mich umentscheiden konnte, rannte ich in jemanden hinein. Verstimmt hob ich den Blick und sah geradewegs in ein graues Augenpaar. Lysander Scamander stand so dicht vor mir wie noch nie, und obwohl meine Knie weich wurden, blieb ich standhaft stehen und zog nur die Augenbrauen hoch. Er musterte mich eingehend und trat dafür einen Schritt zurück. "Bist du nicht die kleine Schwester von Fred Weasley?", wollte er mit rauer Stimme wissen. Egal wie heiß ich diese Stimme auch fand, seine Worten ließen mich wütend werden. Kalt schaute ich in sein markantes Gesicht. "Ja, die bin ich. Aber ob du es glaubst oder nicht, ich habe auch einen eigenen Namen und eine eigene Identität!" Er ließ diesen eingehenden, scharfen Blick erneut über meinen Körper wandern. "Und dich würde ich gerne näher kennenlernen. Lust, mit mir zur Halloweenparty zu gehen?" Ich ließ mir extra lange Zeit mit meiner Antwort und biss mir verführerisch auf die Lippe. Lysander sagte nichts und so standen wir da und fraßen uns beinahe mit unseren Blicken auf. "Wieso nicht?", erwiderte ich schließlich betont lässig. "Kein Plan, vielleicht hat ja dein großer Bruder etwas dagegen . . .", antwortete Lysander und verschränkte die Arme. "Ich bitte dich, von dem lasse ich mir gar nichts sagen", meinte ich und fuhr mir durch das schwarze Haar. Lysander nickte und nahm mich zum wiederholten Mal genau in Augenschein, bis er sich los riss und im Gehen sagte: "Freut mich zu hören. Wir sehen uns dann Samstag auf dem Quidditchfeld!" Schmunzelnd sah ich ihm nach und ging dann zufrieden in den Gryffindorgemeinschaftsraum, wo James und Frank gerade meinen Bruder Fred aufzogen. "Er hat noch keine Begleitung für die Party!", teilte James mir grinsend mit. Ich nickte desinteressiert. "Mit wem gehst du denn?", fragte ich mit gerunzelter Stirn. Ein schelmisches Grinsen schlich sich auf seine Lippen: "Mit deiner Freundin Alice . . . Und Frank geht mit Lucy . . ." Ich gluckste und verspottete meinen Bruder mit den anderen. Jaah, das war gemein, aber es machte doch sooo einen Spaß! "Klappe!", knurrte Fred in meine Richtung, "Sei du mal besser leise, Roxy. Du hast doch selber keine Begleitung!" Genüsslich beugte ich mich vor und klärte ihn laut und deutlich auf: "Tja, zufälligerweise doch, Bruderherz. Ich gehe mit Lysander Scamander." Die Reaktionen der anderen waren mehr als zufriedenstellend: Frank spuckte seinen Kürbissaft auf James, der sich den Kopf an dem Regal neben ihm stoß, während Fred dermaßen unkontrolliert zu husten anfing, Rose ihr Buch mit einem lauten Knall zuschlug und Lucy einen ihrer heißgeliebten Schokofrösche weghüpfen ließ. Nachdem Fred sich erholt hatte, sprang er auf und zog mich mit. Neugierig starrten uns die anderen Gryffindors im Gemeinschaftsraum hinterher, die Blicke meiner Cousins und Cousinen waren eher entgeistert. "Das ist nicht dein Ernst!", presste Fred hervor. In seinen dunkelbraunen Augen lag Wut und Verzweiflung. Och, wie süß. Er wollte einen auf Beschützer machen. "Bist du etwa eifersüchtig?", gab ich zickig zurück. Er lief rot an und schrie: "Sag mal, was fällt dir eigentlich ein? Mit Scamander zur Party gehen! Ich glaube, es hackt! Er wird dir dein Herz brechen, das weißt du schon, oder? Er ist ein Slytherin! Und du bist eine Gryffindor! Du kannst dich gegen ihn doch gar nicht wehren, du bist gegen ihn komplett hilflos! Der will dir nur an die Wäsche und dich flachlegen!" Ohne groß zu zögern trat ich meinem großen Bruder in seine Weichteile. Jep. Ich war eine nette kleine Schwester. Er lehnte sich stöhnend gegen die Wand. "Du hast mir gar nichts zu sagen, Fred Weasley! Ich werde mit Lysander Scamander zur Halloweenparty gehen, egal ob du willst oder nicht", zischte ich aggressiv. Für einen Moment bildete ich mir ein, in seinen Augen ein paar Tränen glitzern zu sehen. Wahrscheinlich hatte ich etwas zu fest zugetreten. Geschah ihm Recht. Rasend vor Wut stolzierte ich davon.

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Hey! ❤️

Also erst mal danke, das ihr mein Buch lest. Ich freue mich total über eure wunderbaren Kommentare und Votes! Leider werde ich bis mindestens Dienstag kein Kapitel hochladen können, da ich auf einen Campingplatz fahre . . . Aber der Block kommt mit und es wird fleißig geplant. Ihr dürft euch schon mal auf eine sehr ausführliche Halloweenparty mit viel Drama, Romantik, Alkohol und Prügeleien freuen. Yey! ;) Ernsthaft, allein für den Abend des 31. 10. plane ich momentan so mindestens 5 verschiedene Sichten und mehrere Kapitel ein.

Liebe Grüße, Jean :**

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