Kapitel 75 - Sheila

Sheilas Ohren fingen an zu rauschen und auch wenn es schön gewesen war, die Musikkapelle anzusehen, wollte sie jetzt ziemlich dringend aus der Menschenmenge verschwinden. 

Noch immer klammerte sie sich an Leonards Hand fest, die sie vor wenigen Minuten genommen hatte. Warum wusste sie eigentlich nicht wirklich, es war einfach ein Reflex gewesen, um ihn nicht in der Menge zu verlieren. 

„Sheila", raunte Leonard ihr auf einmal zu und stieß sie gleichzeitig unsanft in die Rippen. Verwirrt sah sie zu ihm auf und er machte eine Kopfbewegung zur Straße hin. 

„Da ist Jonathan", murmelte er leise, aber in ihrem Kopf hallten seine Worte wider. 

Sheila suchte ihn und fand ihn recht schnell, zusammen mit Mona und dieser Frau von Spielplatz. Er beachtete sie nicht und sie war sich nicht sicher, ob er sie gesehen hatte.

Eilig löste sie sich von Leonard, um ihm hinterherzulaufen, denn auf einmal schien Jonathan es eilig zu haben. Bevor sie loslaufen konnte, hielt Leonard sie an der Schulter fest. 

„Nicht weglaufen", sagte er bestimmt und zog sie zu sich zurück. 

„Er hat uns gesehen und ich glaube er ist wütend", sagte Leonard, legte ihr den Arm um die Schultern und führte sie aus der Menge in eine der Seitenstraßen, in denen weniger Leute waren. Sheila ließ es zu, spürte aber, wie ihre Beine sich in Wackelpudding verwandelten. 

Wollte Leonard sagen, dass Jonathan gesehen hatte, dass sie hier zusammen waren? Oder dass sie seine Hand gehalten hatte? 

Sheila wurde panisch, denn sie wollte es Jonathan sofort erklären, damit er sich nicht zu sehr in seine Wut hineinsteigern konnte und womöglich noch irgendetwas tat, das er bereute. 

„Beruhige dich. Setz dich einen Moment hier hin", forderte Leonard und drückte sie auf eine kleine Mauer, die um einen Baum gezogen worden war. 

Der unebene Stein bohrte sich in ihre Haut, doch sie ignorierte den leichten Schmerz. 

Leonard hatte die Hände auf dem Kopf abgelegt und wanderte unruhig vor ihr hin und her, so als würde er abwägen, was er als nächstes tun sollte. 

Sheila atmete tief durch, dann hob sie den Blick und suchte seinen. 

Wenn sie es Jonathan erklärte, würde er es sicherlich verstehen. Er musste es einfach verstehen. 

„An was denkst du?", fragte sie, denn sein Herumgelaufe machte sie ganz nervös. 

Abrupt blieb er stehen und sah ihr so intensiv in die Augen, dass ihr Herz für einen Moment ins Stolpern geriet. 

„Er hat ausgesehen, als wollte er uns beide qualvoll ermorden. Du solltest nicht sofort zu ihm gehen. Bitte", sagte er und klang dabei irgendwie flehend. 

Wie in Zeitlupe setzte er sich neben sie auf die Mauer und seufzte. 

„Aber ich muss ihm doch erklären, dass er sich irrt. Dass zwischen dir und mir nichts ist", erwiderte sie aufgeregt, doch als sie Leonards gequältes Gesicht sah, hielt sie inne. 

Ihr schoss sofort ein Gedanke durch den Kopf, was er ihr mit diesem Blick sagen wollte, aber das wäre zu verrückt. Nein, das würde er nicht tun. 

„Ist da denn wirklich nichts? Ich meine... du sagst, du liebst mich nicht und ich glaube dir, aber... du verhältst dich anders. Zumindest seit gestern Abend", sprach er ihre Befürchtung aus und Sheila glaubte, der Boden würde unter ihr wegsacken. 

Sie wusste, dass Leonard sie liebte und sie kam sich schlecht vor, dennoch mit ihm befreundet zu sein, aber warum um alles in der Welt interpretierte er nun mehr hinein, als bisher? Was war anders als noch vor einer Woche oder einem Monat? 

Panisch sprang sie auf und wollte davonrennen, aber wohin nur? Egal wo sie hinging, überall lauerten Tretminen. Jonathan im Hotel würde sicherlich einen riesigen Aufstand machen, wenn sie jetzt auftauchte, gleichzeitig wollte sie Leonard nicht noch mehr das Gefühl geben, dass sie mehr für ihn empfand. 

Sie fühlte sich, als würde sie innerlich zerrissen werden und instinktiv schlang sie die Arme um sich, um nicht auseinanderzufallen. Kraftlos ließ sie sich zurück auf die Mauer sinken und betrachtete ihre Knie. 

„Tut mir leid, das... hätte ich nicht sagen sollen", hauchte Leonard mit zitternder Stimme und sie sah aus dem Augenwinkel, wie er sich mit der Hand durchs Gesicht fuhr. Erschrocken sah sie zu ihm und erkannte, wie er sich eine Träne von der Wange wischte. 

Den immer fröhlichen Leonard weinen zu sehen, brach ihr das Herz. Es war einfach nicht richtig, dass sie ihn quälte. Dennoch rutschte sie näher an ihn heran und breitete die Arme aus. 

„Nicht weinen", flüsterte sie, was ihn freudlos auflachen ließ. Zögernd nahm er sie in den Arm und sie schmiegte sich eng an ihn, um ihm zu zeigen, wie sehr sie ihn mochte. 

Leonard atmete zitternd aus, dann erwiderte er ihre Umarmung und fing an, sanft über ihren Rücken zu streicheln. Nach ein paar Sekunden löste sie sich von ihm und suchte seinen Blick. Seine Wangen waren nass und vorsichtig trocknete sie sie mit dem Finger. 

„Lass uns wieder fröhlich sein, okay?", fragte sie, was ihn leicht lächeln ließ. 

„Das sagt sich so leicht, aber... ja, du hast recht. Lass uns was Schönes machen und heute Abend redest du mit ihm", erwiderte er, strich ihr einmal sanft über die Wange und löste sich anschließend von ihr. 

Leonard erhob sich und beinahe erwartete sie, dass er ihr wieder die Hand hinhielt, um ihr aufzuhelfen, aber er tat es nicht. Er bedeutete ihr stattdessen mit einer Kopfbewegung, ihm zu folgen und setzte sich in Bewegung. 

Sheila sprang auf, wobei sie die ersten Schritte noch ein wenig wacklig auf den Beinen war, dann eilte sie ihm hinterher. 

Eine ganze Weile gingen sie schweigend nebeneinander her durch die Straßen, bis sie zu einem recht einsamen Strand gelangten, der urplötzlich vor ihr auftauchte. Er schien gar nicht hier her zu passen, denn er lag direkt an einer großen Straße und man erwartete eher eine weitere Häuserreihe, als einen Strand. 

Sie stieß einen überraschten Laut aus, als Leonard den Holzsteg betrat, der über den Strand hinweg bis ins Meer ragte. 

„Komm mit", forderte er und ging vor ihr über die Holzplanken, die ein wenig quietschten. Leonard ging bis zum Ende des Stegs, wo er sich hinsetzte und den Blick über das Meer schweifen ließ. 

Sheila ließ sich mit einem Seufzen neben ihm nieder und legte ihre Tüte mit den neuen Schuhen neben sich ab, während sie ihre Handtasche auf ihrem Schoß abstellte. 

„Ich war schon einmal hier, vor ein paar Tagen. Es ist irgendwie beruhigend, nur dem Rauschen der Wellen zu lauschen", sagte er und sie sah, wie er die Augen schloss und sich entspannt zurücklehnte, während er sich auf den Händen abstützte. 

Sheila tat es ihm gleich und musste zugeben, dass es wirklich angenehm war, das leise Rauschen des Wassers unter ihr zu hören und sich das Haar von der immer stetig wehenden Brise zerzausen zu lassen. 

Ihre Gedanken jedoch wanderten ziellos umher und mit jeder Sekunde, die sie sie schweifen ließ, fühlte sie sich schlechter. 

Sie wusste, dass sie durch ihr Verhalten Jonathan verärgerte, auch wenn zwischen Leonard und ihr nur Freundschaft war. Sie wusste doch, dass er eifersüchtig war und dennoch verbrachte sie viel Zeit mit Leonard. Der wiederum schien sich seinen Gefühlen für sie mehr und mehr bewusst zu werden, vielleicht weil sie hier im Urlaub jeden Tag zusammen waren. 

Sheila hörte, wie ihr ein Seufzen entfuhr und spürte sofort Leonards Blick auf sich. 

Erst versuchte sie, ihn zu ignorieren, aber es war schwer. Zwischen ihnen war eine gewisse Vertrautheit, die sie schmerzlich vermissen würde, wenn sie einmal nicht mehr da war. 

„Denkst du an ihn?", fragte er leise, sodass es beinahe vom Meer verschluckte wurde. Sheila nickte, dann schüttelte sie den Kopf. 

„Auch. Aber... ich komme mir ziemlich egoistisch vor, dass ich...", setzte sie an, unterbrach sich aber. 

Neugierig drehte Leonard sich ihr zu, ganz eindeutig eine Aufforderung, dass sie weiterreden sollte. 

„Dass du was? Zeit mit mir verbringst anstatt mit Jonathan? Glaub mir, ich kann verstehen, dass du nicht bei ihm sein willst, immerhin sucht er die ganze Zeit Streit", sagte er und lachte freudlos. 

Langsam schüttelte sie den Kopf. 

„Das habe ich nicht gemeint", sagte sie und sah in Leonards Augen, dass er zu begreifen schien, was in ihr vorging. 

Vehement schüttelte er den Kopf. 

„Nein, denk das nicht", sagte er und streckte den Arm aus, um sie zu berühren. In letzter Sekunde zuckte er jedoch zurück und fing stattdessen an, seine Hände zu kneten. 

„Was soll ich nicht denken?", fragte sie nach, denn auch wenn sie glaubte zu wissen, was Leonard meinte, wäre es doch besser, alles auszusprechen, um Missverständnisse zu vermeiden. 

„Du glaubst, dass du mir wehtust, wenn du Zeit mit mir verbringst und meine Gefühle nicht erwiderst", stellte er fest und Sheila nickte kaum merklich. 

Sofort schüttelte Leonard den Kopf und schnaubte. 

„Das ist Blödsinn. Ja, ich bin ein wenig durch den Wind, weil wir uns sonst nicht jeden Tag sehen und ich... ständig damit konfrontiert bin, aber ich will nicht, dass du dich deswegen schlecht fühlst. Ich weiß, dass du nicht so empfindest, auch wenn es mir schwer fällt, dir weiterhin zu glauben", platzte es aus ihm heraus und Sheila bemerkte ein Zucken in seiner Hand und wie viel Mühe es ihn kostete, sie nicht zu berühren. 

Ihr Herz sackte eine Etage tiefer, denn es war doch nur logisch, dass Leonard so dachte. Sie konnte es verstehen und dennoch wollte sie nichts an ihrem Verhalten ändern. Es tat ihr gut, mit ihm zusammen zu sein, denn so konnte sie den Streit mit Jonathan zumindest für eine Weile vergessen. 

„Sheila", sagte er eindringlich und sofort fand ihr Blick wieder seinen. 

„Es ist schon okay. Wenn ich... wieder schwach werden sollte, schubs mich ins Wasser, dann denke ich wieder klar", sagte er vollkommen ernst und Sheila zuckte bei der Resignation, die in seiner Stimme lag, zusammen. 

„Ich fühle mich, als würde ich dich ausnutzen", erklärte sie, doch Leonard schüttelte wieder den Kopf. 

„Tust du nicht. Dir geht es gut, wenn wir zusammen sind. Da ist es ganz normal, dass du Zeit mit mir verbringen willst. Auch wenn ich seit der Nacht, die du bei mir im Bett geschlafen hast an nichts anderes mehr denken kann", sagte er, dann lachte er bitter. 

„Das wäre der Zeitpunkt, an dem du mich ins Wasser schubsen musst", lachte er und es dauerte einen Moment, bis sie begriff, was er meinte. 

Ihr Hirn fühlte sich ganz wund an und ihre Gefühle überforderten sie. 

Doch nach ein paar Sekunden schlich sich auch ein Lächeln auf ihre Lippen und sie stieß Leonard unsanft gegen die Schulter. Theatralisch hielt er sie sich, als hätte sie ihm ernsthaft wehgetan, dann ließ er sich zur Seite fallen. 

„Nein", rief sie, als sie kapierte, dass er sich ins Wasser fallen lassen wollte. Panisch packte sie ihn am Arm, doch er lachte nur. 

„Erst muss ich noch mein Portemonnaie und mein Handy in Sicherheit bringen", erwiderte er, sprang plötzlich auf und zog beides aus seiner Hosentasche. Er warf es neben die Tüte mit ihren Schuhen auf den Holzsteg, dann zog er sich das T-Shirt über den Kopf. 

Unwillkürlich betrachtete sie ihn, auch wenn sie ihn schon oft beim Baden gesehen hatte. 

Er trug eine blau geblümte Badehose, in der er schon seit ein paar Tagen die ganze Zeit herumlief und die unglaublich hässlich war. 

Herausfordernd sah er sie an und hielt ihr die Hand hin, um ihr aufzuhelfen. Sie nahm seine Hand und überraschend kräftig und schwungvoll zog er sie auf die Beine. 

Er musterte sie, bis er mit dem Finger über den Träger ihres Bikinis fuhr, den sie unter ihrem Top trug. Das Band war hinten in ihrem Nacken zu einem Knoten zusammengebunden und für eine Sekunde glaubte sie, er würde den Knoten öffnen, doch er ließ die Hand wieder sinken und grinste schelmisch. 

„Na was für ein Zufall, du hast ja auch Badesachen drunter", säuselte er, dann griff er nach dem Bund ihres Tops und fing an, es hochzuziehen. 

Sheila wurde panisch. Wollte er wirklich... 

„Leonard, hör auf", fuhr sie ihn an und schlug seine Hände weg, woraufhin er lauthals lachte und rückwärts vom Steg ins Meer sprang, als hätte sie ihn geschubst. 

Bevor sie wirklich begriff, was passierte, spürte sie einen Ruck durch ihre Schulter gehen und sie wurde mitgerissen. Kühles Wasser schlug über ihrem Kopf zusammen, aber Leonard, der noch immer ihren Arm festhielt, zog sie wieder an die Oberfläche. 

Sie keuchte und wischte sich das feuchte Haar aus dem Gesicht, dann stieß sie ihm unsanft gegen die Schulter. 

„Ich bin ganz nass", beschwerte sie sich und fing an, mit den Beinen zu strampeln, denn ihre Füße reichten nicht bis auf den Boden. 

Leonard lachte, was auch sie kichern ließ. 

„Du wolltest dich ja nicht ausziehen", scherzte er und zwinkerte ihr zu. 

Sheila spürte, wie sie rot wurde, entschied sich dann aber, ihre Klamotten auszuziehen. Wenn sie sie zum Trocknen auf den Steg legte, würde sie sich vielleicht auf dem Rückweg wieder anziehen können. 

Sie schwamm das kurze Stück zum Pfosten des Stegs und klammerte sich daran fest, während sie versuchte, mit einer Hand ihren Rock auszuziehen. „Was machst du?", fragte Leonard skeptisch, doch sie verdrehte die Augen und erklärte es ihm. 

„Warte, ich helfe dir", sagte er, nun nicht mehr grinsend, sondern ernst. 

„Ich halte dich", sagte er, schwamm um sie herum und legte ihr die Arme um die Mitte. 

„Du kannst hier stehen?", fragte sie, was ihn leise kichern ließ. 

„Ist ja nicht jeder so ein Zwerg wie du", erwiderte er, denn nicht sie war ungewöhnlich klein, sondern Leonard ungewöhnlich groß. 

Tatsächlich gelang es ihr so recht leicht, ihren Rock abzustreifen und sie wrang ihn notdürftig aus, um ihn dann auf den Steg zu werfen. Leonard drehte sie anschließend mit einer schnellen Bewegung herum, während seine Hände an ihre Taille wanderten. Es war absolut unangemessen, das war ihr klar, aber irgendwie fühlte es sich auch schön an. 

„Seit wann bist du denn so ein Grabscher?", ärgerte sie ihn, woraufhin er sie abrupt losließ. Sie hatte nicht damit gerechnet und wie aus Reflex tasteten ihre Beine nach dem Boden, der für sie unerreichbar war. 

Als sie wieder auftauchte, grinste Leonard verwegen und Sheila wurde klar, dass sie entweder näher an den Strand schwimmen, sich an dem Pfosten des Steges oder eben an Leonard festhalten musste, um nicht in zehn Minuten lahme Beine zu haben. 

Kurzentschlossen tauchte sie wieder ab, zog sich eilig unter Wasser ihr Top über den Kopf und klammerte sich dann am Steg fest. 

„Gib her", forderte Leonard, der die Hand nach ihrem Top ausstreckte. Als sie es ihm reichte, wrang er es aus und beförderte es ebenfalls auf den Steg. 

„Komm, hier ist es schön sonnig", sagte er, denn tatsächlich war sie halb unter dem Steg im Schatten. 

„Ich kann hier nicht stehen", erinnerte sie ihn, woraufhin er sie mit schiefgelegtem Kopf ansah. 

„Hier gibt es auch einen Pfosten, an dem du dich festhalten kannst", erwiderte er und deutete mit dem Daumen auf sich. 

Sheila kicherte, schwamm dann aber zu ihm 

„Ein Vollpfosten bist du", neckte sie ihm, doch er grinste nur. 

Sie griff nach seinem Arm, allerdings bedeutete er ihr, dass sie sich an seinen Schultern festhalten sollte, sodass sie Huckepack auf seinem Rücken saß. Sie erfüllte seine Bitte und schmiegte sich an ihn, das Kinn auf seiner Schulter abgelegt. Er griff nach ihren Beinen und schob seine Hände unter ihren Knien durch, sodass er sie gut festhalten konnte. 

„Willkommen bei Leonards Yacht, der Champagner wurde bereits kühl gestellt und nun genießen Sie Ihre Tour durch das Meer", sagte er, was Sheila kichern ließ. 

„Du bist bescheuert", sagte sie leise an seinem Ohr, was ihn ebenfalls lachen ließ. 

„Aber lustig", entgegnete er, dann fing er an, durch das Wasser zu waten. 

Sheila schloss die Augen und genoss das kühle Wasser, das über ihre sonnengewärmte Haut floss. Es war wirklich angenehm, sich von ihm durchs Wasser tragen zu lassen und ohne wirklich darüber nachzudenken schlang sie die Arme um ihn und legte ihre Wange zwischen seinen Schulterblättern ab. 

Leonards Atem beschleunigte sich, doch er blieb stumm. Allerdings wurden seine Schritte schneller, bis er abrupt stehen blieb und sie losließ. 

Etwas verwirrt löste sie sich von ihm, woraufhin er einige Meter von ihr wegschwamm und sich erst dann wieder zu ihr umwandte. 

„Was ist?", fragte sie und folgte ihm. 

Beinahe schuldbewusst senkte er den Blick, doch nur für eine Sekunde. 

„Du wirst schwer", log er und Sheila dämmerte, was los war. 

Sie errötete, denn ihr war gar nicht bewusst gewesen, dass es vielleicht etwas in ihm auslöste, wenn sie sich nur im Bikini wie ein Äffchen auf seinem Rücken festklammerte. 

„Im Wasser ist man nicht schwer. Sogar ich könnte dich tragen", erwiderte sie und ignorierte die Peinlichkeit der Situation. Leonard lachte. 

„Ach ja? Wie denn, wenn du nicht stehen kannst", fragte er herausfordernd, doch sie grinste. Es machte Spaß, mit ihm herumzualbern und sie entschied sich, die gemeinsame Zeit mit ihm zu genießen. 

Spätestens heute Abend würde sie sich einer ziemlich unangenehmen Situation mit Jonathan stellen müssen, da tat ein wenig Ablenkung gut. 

Sie holte tief Luft, tauchte unter und schwamm auf ihn zu. Sie umschlang seine Mitte und spürte, warum er eben von ihr weggeschwommen war. Sein Körper reagierte auf ihren, doch sie ignorierte es. 

Mit aller Kraft stieß sie ihn von sich weg. Natürlich half er ihr und tat so, als würde er durch ihren Versuch, ihn zu werfen, meterweit durch die Luft fliegen. Als sie wieder auftauchte, sah sie gerade noch, wie er unter der Wasseroberfläche verschwand. Das Wasser war klar und sie sah, dass er auf sie zu schwamm. 

Sie wappnete sich, dass auch er sie durchs Wasser schmeißen würde, doch zu ihrer Überraschung tauchte er nur wenige Zentimeter vor ihr auf. Sofort schlag er den Arm um ihre Taille und zog sie an sich. Wasser tropfte aus seinem Haar und Sheila spürte, wie er ihren Blick suchte. 

Sorgsam wich sie ihm aus, auch wenn ihr das Herz bis zum Hals schlug. Vielleicht hatte Leonard ja recht und sie entwickelte tatsächlich Gefühle für ihn. Aber selbst wenn es so war, würde sie niemals ihre Familie verlassen. 

„Sheila", sagte Leonard leise und automatisch sah sie zu ihm. Sein Blick war so intensiv, wie sie ihn noch nie gesehen hatte, aber er sah sie einfach nur an. 

Sie schluckte schwer, denn es war klar, dass er sie küssen wollte. Alles in seinem Blick sehnte sich nach ihr, doch er blieb einfach nur reglos stehen, den Arm um ihre Taille geschlungen und sie fest an sich ziehend. 

Sheila fing an zu zittern, denn in diesem Moment wäre es so leicht gewesen, ihn zu küssen. All den Streit mit Jonathan zu vergessen und einfach das zu tun, was ihr gut tat. 

„Jetzt wäre der Zeitpunkt, an dem du mich ins Wasser schubsen solltest", sagte er leise, dann löste er sich so plötzlich von ihr, dass sie beinahe untergetaucht wäre. 

Er watete einige Schritte rückwärts von ihr weg, bis wieder ein angemessener Abstand zwischen ihnen lag. 

Sofort fühlte sie seine Abwesenheit, doch sie entschied sich, ihm nicht zu folgen. 

Stattdessen legte sie sich auf den Rücken und ließ sich vom Wasser tragen. Noch nie hatte sie eine solche intensive Spannung zwischen ihnen gespürt und sie musste zugeben, dass sie für einen Sekunde lang daran gedacht hatte, ihn zu küssen. 

Allerdings wäre das Selbstbetrug, denn weder liebte sie ihn, wie sie Jonathan liebte noch konnte sie sich eine Zukunft mit ihm vorstellen. Zumindest nicht in dem Sinne einer ernsten Beziehung. 

Natürlich knisterte es zwischen ihnen und sie hasste sich dafür, dass die Vorstellung, wieder bei ihm im Bett zu schlafen sie erregte, aber niemals konnte sie sich mit Leonard vorstellen, den Alltag zu verbringen. Ihm einen Kuss zu geben, wenn er zur Arbeit ging und dann seine Wäsche zu waschen. 

Nein, so war es einfach nicht zwischen ihnen und sie war sich sehr sicher, dass es auch nie so zwischen ihnen sein würde. 

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