Kapitel 57 - Sheila

Nach dem Frühstück schlenderten sie gemeinsam zurück zum Hotelzimmer. Tatsächlich konnte man heute bei einer Vulkanwanderung mitmachen und Sheila fand es eine nette Idee. 

Mona ging einige Schritte vor ihr und Jonathan und plapperte aufgeregt auf Leonard ein, der ihr aufmerksam zuzuhören schien. 

Sheila dachte an gerade eben zurück, als Leonard sie voller Sorge gefragt hatte, ob alles in Ordnung sei. Nur zu gern hätte sie ihm alles erzählt, von dem Streit mit Jonathan und seiner Behauptung, sie würde mit ihm ins Bett wollen. Und dass er wirklich daran gedacht hatte, sie zu verlassen. 

Allein bei der Erinnerung daran wurde ihr übel und sie suchte eilig Jonathans Hand. Sie umklammerte sie so fest, dass er einen überraschten Laut ausstieß. Sein Blick traf den ihren und sie lächelte eilig, als Zeichen, dass sie sich mehr Mühe geben würde, damit zwischen ihnen wieder alles in Ordnung war. 

Jonathan erwiderte das Lächeln, dann betraten sie ihr Hotelzimmer. Mona sprang auf ihr Bett und hopste aufgeregt auf den Knien darin herum, während Jonathan sich ins Bad verzog. Sheila wollte die Tür schließen, doch unwillkürlich wanderte ihr Blick zu Leonards Zimmertür. 

Er stand noch immer davor und blickte zu ihr herüber. Er machte eine Kopfbewegung, die ihr bedeuten sollte, dass sie zu ihm herüberkommen sollte, doch Sheila schüttelte den Kopf. Sie wusste, dass Leonard ihr nur anbieten wollte, mit ihm zu reden und sie wusste auch, dass ihr das wahrscheinlich guttun würde, aber sie wollte es im Moment nicht. Vielleicht, wenn sie und Jonathan sich bis heute Abend nicht gestritten hatten und er nicht sofort eifersüchtig werden würde, vielleicht könnte sie dann kurz mit ihm reden. 

Sheila versuchte, ihm das mit ihrem Blick zu sagen, dann schloss sie die Tür. Mona hatte aufgehört, auf ihrem Bett herumzuspringen und musterte sie aufmerksam. 

„Freust du dich auf die Wanderung?", fragte sie und Mona nickte. 

„Ja, aber nur wenn Onkel Leonard mitkommt. Papa und du könnt nebeneinander gehen und ich und Onkel Leonard gehen nebeneinander", schlug sie vor, ganz offensichtlich war sie sich darüber bewusst, dass zwischen ihr und Leonard eine gewisse Spannung herrschte. Wobei, eigentlich herrschte diese Spannung eher zwischen ihr und Jonathan und Leonard war irgendwie dazwischen geraten.

„Wir fragen gleich mal Papa, was er dazu sagt", wich Sheila aus, ging dann zum Bett und ließ sich mit einem Seufzen darauf nieder. Keine Sekunde später sprang Mona neben ihr auf Jonathans Seite des Bettes und fing an, mit ihrem Haar herumzuspielen. 

„Na komm, wir cremen uns schon mal mit Sonnencreme ein, damit wir gleich schnell los können", sagte Sheila, richtete sich wieder auf und griff nach der Strandtasche, in der die Creme noch sein musste. 

Genau in diesem Moment hörte sie die Klospülung und anschließend wurde das Wasser aufgedreht. Sheila begann, Monas Arme mit Sonnencreme einzureiben und lauschte dabei dem Plätschern des Wassers. Jonathan war schon wirklich lange dabei, sich die Hände zu waschen und sie vermutete, dass er sich schon wieder zu viele Gedanken machte. 

Als er es endlich nach einer gefühlten Ewigkeit abdrehte, wandte sie unwillkürlich den Blick in Richtung Bad und wartete, bis er herauskam. Zwar lächelte er, doch es wirkte gezwungen und erreichte seine Augen nicht. 

Sheila cremte Mona fertig ein und bedeutete ihm dann mit einer Handbewegung, dass er zu ihr kommen sollte. 

„Ich setze mich auf die Terrasse, okay?", fragte Mona an Jonathan gerichtet, der sofort nickte. Eilig verschwand sie nach draußen und ließ sie beide allein, so als würde sie wissen, dass sie dringend reden mussten. 

Wie in Zeitlupe ließ Jonathan sich neben ihr auf dem Bett nieder und sah sie beinahe schüchtern an. 

„Bist du in Ordnung?", fragte sie, woraufhin er langsam nickte. 

„Ja, schon. Aber... über was hast du eben mit Leonard geredet?", fragte er und auch wenn es Sheila schon wieder nervte, dass sie sich ganz offensichtlich noch nicht einmal für zwei Minuten mit ihm unterhalten konnte, ohne dass Jonathan wütend wurde, riss sie sich zusammen. 

„Er hat nur gefragt, wie es mir geht und mir angeboten, dass ich mit ihm reden kann. Ich habe ihm gesagt, dass alles okay ist", erklärte sie schulterzuckend, woraufhin Jonathan wissend nickte. Er streckte seinen Arm aus und legte seine Hand auf ihre Schulter und knetete sie sanft. Es fühlte sich schön und so vertraut an, dass sie für einen Moment die Augen schloss. 

„Mona möchte, dass er heute mitkommt. Könntest du... ich meine, ich will dir nichts verbieten, aber... ich fände es besser, wenn du bei mir bleibst", sagte er dann und sofort nickte Sheila. Auch wenn es albern und kindisch von ihm war, wollte sie ihn nicht provozieren und sein ohnehin schon angeknackstes Ego nicht noch mehr kaputtmachen. 

„Ja, natürlich. Ich bin lieber bei dir und Mona wird sicher Spaß haben, wenn sie mit ihm herumalbern kann", antwortete sie, was Jonathans Mundwinkel für einen Moment nach oben zucken ließ. Sheila legte ihre Hand auf seine und drückte sie. 

Auf einmal fing ihr Herz wie wild an zu pochen und sie spürte, dass sie Jonathan noch immer liebte, auch wenn er ohne Zweifel einige Macken hatte. Aber wer hatte die nicht? 

„Machen wir uns heute einen schönen Tag", sagte sie und wanderte mit ihrer Hand seinen Arm entlang, bis sie sie auf seine Brust legte, genau über sein Herz. Auch seines schlug aufgeregt und als er nickte, fühlte sie sich unendlich erleichtert. 

Einen Moment lang saßen sie einfach nur da, doch dann räusperte Sheila sich. Sie sollten sich so langsam fertig machen, damit sie noch rechtzeitig zum Ausgangspunkt für die Wanderung kamen. Sie löste ihre Hand von ihm und griff nach der Sonnencreme. 

„Hier, creme dich ein, sonst bekommst du wieder Sonnenbrand", sagte sie und warf ihm die Flasche entgegen. Er fing sie auf und grinste und Sheila war sich sicher, dass auch er wieder an seinen wirklich schlimmen Sonnenbrand während ihrer Weltreise denken musste. 

„Sehr witzig", murmelte er, befolgte dann aber ihre Anweisung. 

„Ich habe doch gar nichts gesagt", neckte sie ihn, grinste aber ebenfalls vor sich hin. 

„Aber gedacht", bemerkte er, lachte aber leise. Sheila erhob sich und suchte sich aus ihrem Koffer eine bequemere Hose heraus, mit der sich eindeutig besser wandern ließ als mit ihrem Rock. 

„Die Gedanken sind doch frei", erinnerte sie ihn, was er jedoch unkommentiert ließ. Sheila schluckte, doch als auch er sich erhob und näher zu ihr kam, verschwand ihre aufsteigende Panik. 

„Da hast du recht, aber manchmal sind Gedanken der Anfang von Taten", sagte er kryptisch und Sheila verstand, dass er anscheinend glaubte, dass sie an Leonard in irgendeiner unangemessenen Weise dachte. 

„Allerdings. Ich dachte mir nämlich gerade, dass du ziemlich süß aussiehst mit deinem glänzenden Sonnencreme-Gesicht", zog sie seine Sorgen ins Lächerliche, ging einen Schritt auf ihn zu und presste ihm einen schnellen Kuss auf die Lippen. Bevor sie sich zurückziehen konnte, hielt er sie an den Armen fest und sah ihr tief in die Augen. 

„Bitte lass uns wieder anfangen, mehr über unsere Gedanken und Gefühle zu reden", flehte er und eilig nickte sie. 

„Ich will heute einfach nur einen schönen Tag mit dir und Mona verbringen", sagte sie und setzte so seinen Vorschlag als Erste um. Jonathan lächelte. 

„Das will ich auch", erwiderte er und beugte sich noch einmal näher an sie heran, um sie zu küssen. 

„Bringen wir es hinter uns. Nicht in den Vulkan fallen", lachte er, ließ sie dann los und ging zu Mona auf die Terrasse. Sheila sah ihm noch einen Moment nach, dann zog sie sich ihre festen Schuhe an und holte auch Monas aus ihrem Koffer. 

Sicherlich würde Jonathan heute Abend müde sein, aber es würde sich bestimmt lohnen. Bestimmt hatten sie von dort oben eine gute Aussicht. 

Sheila ging zu Mona und Jonathan auf die Terrasse und stellte ihre Schuhe vor ihr auf dem Boden ab. Sie half ihr beim Anziehen, dann sprang sie auf und rannte los, um Leonard abzuholen. 

„Meinst du, wir könnten ihn heute Abend noch mal als Babysitter einspannen?", raunte er ihr zu und berührte wie beiläufig ihre Hand. Sheilas Gedanken schweiften ab und sie spürte, wie ihre Wangen rot wurden. 

„Klingt ziemlich verlockend. Vielleicht könnten wir noch mal schwimmen gehen", schlug sie vor, woraufhin Jonathan nickte. Er verschränkte seine Finger mit ihren und zog sie wieder hinein ins Hotelzimmer, wo er die Terrassentür schloss und sie zur Eingangstür zog. 

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