Kapitel 44 - Jonathan

Jonathan war wütend, doch er versuchte es möglichst vor Sheila zu verbergen. Sie war offensichtlich verletzt, weil der Kerl sie beleidigt hatte, auch wenn man die Worte eines solchen Idioten nicht ernst nehmen konnte. 

Sheila hatte kaum etwas gegessen, aber sie hatte ein Lächeln aufgesetzt und blickte auf das ruhige Meer, dessen Rauschen bis hier hin zu hören war. Er würgte den letzten Bissen hinunter und schob dann seinen Teller ein Stück von sich weg. 

„Willst du gehen?", fragte er und sofort nickte sie. Jonathan erhob sich, griff nach ihrer Hand und zog sie hoch. Sie kicherte verlegen, folgte ihm dann aber eilig aus dem Restaurant. 

Sie klammerte sich an seiner Hand fest und gemeinsam gingen sie zum nahegelegenen Strand. Noch waren einige Leute hier und er hörte die Musik der Animation am Pool. Er stellte sich vor, wie Mona Spaß mit den anderen Kindern hatte und sofort fühlte er sich besser. Sheila neben ihm seufzte, sodass sie seine Aufmerksamkeit wieder auf sie zog. 

„Findest du auch, ich sehe aus wie eine Hure?", fragte sie, was Jonathan abrupt anhalten ließ. Er suchte Sheilas Blick, denn er wollte ihr diesen Gedanken so schnell wie möglich austreiben. 

„Schatz, hör doch nicht auf so einen Idioten. Du weißt, dass du wunderhübsch bist", sagte er eindringlich, doch seine Worte schienen nicht zu ihr durchzudringen. Sie senkte den Blick auf den Boden und schlang die Arme um sich, als wollte sie sich verstecken. 

„Komm her", forderte er und breitete die Arme aus. Überraschend schnell ließ sie sich hineinfallen und vergrub das Gesicht an seiner Schulter. Jonathan zog sie fest an sich und drückte ihr einen Kuss aufs Haar. 

„Warum passiert mir immer so was?", fragte sie, allerdings wusste er keine Antwort darauf. Tatsächlich war es schon mehr als einmal vorgekommen, dass Männer ihr auf der Straße hinterherpfiffen, was sie jedes Mal ignorierte. Ja, sie war sexy und sie kleidete sich auch so, aber sie hatte auch die Figur dafür. Außerdem kam es ihm bei ihr nicht so vor, als beabsichtige sie, die Aufmerksamkeit der Männer auf sich zu ziehen, sie mochte einfach die Art von Kleidung, die viele als aufreizend empfanden.

Er umfasste ihr Gesicht mit den Händen und suchte ihren Blick. 

„Lass uns doch all das vergessen und ein wenig den Strand entlanggehen. Gleich geht die Sonne unter, das sieht sicherlich schön aus", schlug er vor und Sheila nickte. 

„Ja, du hast recht. Das war nur irgendein Trottel, der betrunken war", winkte sie ab, löste sich dann aus seiner Umarmung und setzte sich in Bewegung. 

Jonathan folgte ihr und legte den Arm um ihre Mitte und gemeinsam schlenderten sie eine Weile durch den Sand. Mit jedem Schritt, den sie sich von dem Hotel und dem widerlichen Typen entfernten, umso entspannter schien sie zu werden. 

„Guck mal da", sagte sie schließlich und deutete mit ausgestrecktem Arm auf einen Steg, der relativ weit ins Meer hineinragte. Er war menschenleer und die Vorstellung, dort gemeinsam den Sonnenuntergang zu genießen war ziemlich verlockend. 

„Willst du da drauf?", fragte er und sofort nickte sie begeistert und beschleunigte ihre Schritte. Er folgte ihr, bis sie ein wenig außer Atem den Holzsteg betraten. Inzwischen dämmerte es und Jonathan hörte das Rauschen des Meeres und die Wellen, die gegen die Pfähle des Steges schlugen. Das Holz knarzte unter ihren Füßen und seine Knie wurden ein wenig weich. 

„Komm mit", forderte Sheila ihn auf, griff nach seinem Handgelenk und zog ihn entschlossen bis zum Ende des Stegs. Sie stieg aus ihren Schuhen und setzte sich dann mit einem Ächzen auf die Holzbohlen. Er tat es ihr gleich und legte den Arm um sie. 

Der Steg war so hoch, dass ihre Füße das Wasser nicht berührten und für eine Sekunde dachte er daran, sie ins Wasser zu schubsen. Ein Grinsen legte sich bei dieser Vorstellung auf seine Lippen, doch sicherlich würde sie sauer werden, wenn er sie ärgerte.

 Sheila lehnte ihren Kopf auf seine Schulter und legte ihre Hand auf sein Bein. 

„Es ist wirklich schön hier", sagte sie und drängte sich näher an ihn. Jonathan spürte, wie sein Körper auf ihre Berührungen reagierte. 

„Weißt du, an was ich schon die ganzen Zeit denken muss, seit wie hier sind?", fragte sie nach einer Weile, woraufhin er sie neugierig ansah. 

„Was denn?", fragte er nach, als sie nicht weiterredete, doch anstatt zu antworten lachte sie leise und verführerisch. Jonathans Herzschlag beschleunigte sich und er zog ihr Gesicht zu einem Kuss heran. 

„Lass uns doch noch mal was Verrücktes machen", flüsterte sie leise an sein Ohr und sofort schossen die Erinnerungen nur so auf ihn ein. Wie sie zu Beginn ihrer Beziehung in seinem Auto miteinander geschlafen hatten, oder wie sie beim Ferienhaus seiner Eltern nachts ins eiskalte Meer gewatet waren. 

„Oh", stieß er aus, doch eilig zog Sheila sich ein wenig von ihm zurück, als hätte sie etwas Verbotenes getan. Ihre Wangen waren gerötet, genau wie seine eigenen. 

„Ich meine... das klingt ziemlich verlockend", sagte er, denn er wollte ihr klar machen, dass er diese Idee durchaus gut fand. Sie grinste, hielt aber den Blick auf ihre Knie gerichtet. 

„Meinst du, Leonard kann noch ein bisschen länger auf Mona aufpassen?", fragte sie und sofort nickte er. 

„Ja, ich bin mir ziemlich sicher, dass er nichts dagegen hat. Sie wird bald einschlafen", antwortete er, auch wenn er das nicht mit Leonard abgesprochen hatte. Sheila erwiderte nun endlich wieder seinen Blick und lächelte. 

„Komm mit", sagte sie, stand dann auf und hielt ihm die Hand hin, wie um ihm aufzuhelfen. Er gehorchte und ließ sich von ihm auf die Beine ziehen, dann führte sie ihn wieder von dem Steg hinunter zum Strand. Allerdings ging sie nicht zurück in Richtung des Hotels, sondern in die entgegengesetzte Richtung. 

Schon nach wenigen Minuten spürte er die Anstrengung, die es ihn kostete, durch den Sand zu marschieren, wohingegen es Sheila rein gar nichts auszumachen schien. Allmählich wurde der Strand unwegsamer und es wurde mit jeder Minute dunkler. An diesem Strandabschnitt schienen nur wenige Badegäste zu kommen, denn er war felsiger als der übrige Teil. Sheila fing an, über die ersten Felsen zu klettern und bedeutete ihm mit einer auffordernden Handbewegung, dass er ihr folgen sollte. 

Jonathan stöhnte, denn bei dem Gedanken daran, dass sie den ganzen Weg auch noch zurückgehen mussten, bereute er seine Einwilligung, ihr die Führung zu überlassen. 

„Komm schon", flötete Sheila, die ihm inzwischen einige Schritte voraus war. Er atmete tief durch, dann kraxelte er ihr hinterher. 

Nach einer Weile hatte er sie eingeholt, aber nur, weil sie auf einem großen Felsen stehen geblieben war und aufs Meer hinaus blickte. Außer Atem blieb er neben ihr stehen und spürte die angenehm kühle Brise, die hier wehte. Suchend sah er sich um, doch weit und breit war niemand zu sehen. 

Sheila zupfte an seinem T-Shirt und setzte sich wieder in Bewegung, doch dieses Mal hatte sie es nicht so eilig. Sie hüpfte von dem Felsen herunter auf ein kleines Sandstück, das von einigen Felsen gesäumt war. 

Tatsächlich war es eine recht geschützte Stelle, denn von dem Wind oben auf dem Felsen war hier unten nichts zu spüren. Sheila breitete sie Arme aus und ließ sich von ihm umarmen. Noch immer pochte sein Herz viel zu schnell und als hätte Sheila es gehört, legte sie ihre Hand darauf. 

Es fühlte sich schön an und er zog sie enger an sich. Sie streckte sich, um ihn zu küssen und kaum dass sich ihre Lippen berührten, spürte er eine angenehme und vertraute Wärme in sich. 

„Ich liebe dich", sagte er zwischen zwei Küssen, doch Sheila wurde drängender. Es war offensichtlich, dass sie es hier mit ihm tun wollte. Jonathan packte sie an den Schultern und drückte sie sanft in den Sand. Sheila kicherte leise, zog aber an seinem T-Shirt, als hätte sie es eilig. 

„Bist du dir sicher?", fragte er, denn natürlich bestand hier immer die Möglichkeit, dass jemand vorbeikam und sie erwischte. 

„Ja, bin ich", antwortete sie, schlang die Arme wieder um seinen Hals und zog ihn enger an sich. 

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top