Kapitel 42 - Jonathan
Inzwischen war es Mittag und Jonathan saß mit Sheila, Mona und Leonard an einem Tisch auf der Terrasse des Restaurants in ihrem Hotel und aß eine Kleinigkeit. Das Essen schmeckte wirklich gut und er genoss jeden einzelnen Bissen.
„Hast du das hier probiert?", fragte er Sheila und hielt ihr seinen Löffel mit irgendeiner Art Pudding hin, der wirklich gut schmeckte. Sheila warf einen Blick in die Schüssel vor ihm, griff dann nach seinem Löffel und schob ihn sich in den Mund.
„Mh, das ist wirklich lecker!", erwiderte sie und schloss genüsslich die Augen. Sie schien genau wie er das Essen zu genießen und es freute ihn, dass sie trotz ihres Trainingsplans im Urlaub nicht auf alles verzichtete. Denn zu Hause hatte sie neben ihrem täglichen Training auch auf ihre Ernährung geachtet und beinahe schon mit eiserner Entschlossenheit daran gearbeitet, wieder richtig sportlich zu werden.
Es hatte sich ausgezahlt, ihre Figur war seit ein paar Wochen die eines Models, doch manchmal war Jonathan sich nicht sicher, ob es das alles wert war. Sicher, sie war wirklich heiß, aber er hatte sie immer heiß gefunden. Auch mit Schwangerschaftsstreifen und ein wenig mehr auf den Hüften. Aber sie verzichtete auch auf vieles, was er niemals schaffen würde.
„Leonard, hast du nicht heute Abend Lust, mit Mona was zu unternehmen?", fragte Sheila dann, was Jonathan ein wenig verwunderte. Sein Blick wanderte abwechselnd zwischen ihr und Leonard hin und her, der sofort nickte.
„Klar doch, oder Mona? Wir beide machen heute Abend irgendwas Cooles", erwiderte Leonard und stupste Mona an der Schulter an, die begeistert nickte.
„Danke", sagte Sheila, dann spürte Jonathan, wie sie unter dem Tisch sein Knie drückte. Er spürte, wie er sich auf den Abend freute, denn anscheinend wollte Sheila wirklich Zeit mit ihm allein verbringen. Eilig legte er seine Hand auf ihre und drückte sie, um ihr zu zeigen, dass auch er sich auf den Abend freute.
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Nach dem Essen waren sie alle für eine kleine Pause in ihr Zimmer gegangen. Mona war schon nach fünf Minuten eingeschlafen und auch Sheila und er ruhten sich aus. Leonard wollte noch einmal in den nahen Ort gehen, versprach aber zum Nachmittag zurück zu sein, um auf Mona aufzupassen.
Jonathan lag neben Sheila im Bett und betrachtete ihr friedliches Gesicht. Sie schlief nicht, aber ihre Augen waren geschlossen und sie wirkte vollkommen entspannt. Ihre gebräunte Haut und ihr dunkles Haar schimmerten im Sonnenstrahl, der durch die Lücke in den Vorhängen vor der Terrassentür ins Zimmer fiel.
Sanft strich er ihr über den Arm, woraufhin sie die Augen aufschlug und ihn anlächelte. Sie wirkte glücklich, was auch ihn glücklich machte.
„Schon eine Idee, was du heute Abend machen willst?", fragte er, denn ganz offensichtlich hatte sie einen Plan. Ihre Frage an Leonard beim Mittagessen hatte doch sehr entschlossen geklungen.
„Ich dachte, wir könnten ein wenig am Strand spazieren gehen", sagte sie, woraufhin er nickte.
„Klingt romantisch", erwiderte er, was sie kichern ließ.
„Wir hatten schon lange keinen romantischen Abend mehr", sagte sie und er musste zugeben, dass es im Alltag doch manchmal schwer fiel, sich genug Zeit nur für sie beide zu nehmen.
„Stimmt. Aber dafür haben wir hier im Urlaub ganz viel Zeit", gab er zurück und spürte, wie Vorfreude ihn durchströmte. Nicht nur, dass er es kaum erwarten konnte, ihr körperlich nah zu sein, er wollte einfach nur Zeit mit ihr verbringen.
Sheila griff hinter sich und zog das dünne Laken über sich und kuschelte sich darin ein.
„Ist dir kalt?", fragte er verwundert, denn auch wenn sie die Klimaanlage eingeschaltet hatten, war es wirklich nicht kalt hier im Zimmer.
„Ein bisschen", gab sie zu und schüttelte sich, als wäre ihr ein kalter Schauer über den Rücken gelaufen. Jonathan streckte den Arm aus, damit sie näher an ihn heranrutschte.
„Komm her, ich wärme dich", forderte er sie auf und sofort gehorchte sie und rutschte an ihn heran. Ihre Hand legte sie auf seine Brust, was seine Gedanken an den bevorstehend Abend wandern ließen. Eilig legte er die Arme um sie und fuhr ihr sanft über den Rücken. Sheila schmiegte sich an ihn und seufzte genüsslich.
„Es ist so schön, dass wir den ganzen Tag Zeit für uns haben", murmelte sie, woraufhin er nickte.
„Ich glaube, dass uns dieser Urlaub wirklich gut tut. Es ist doch recht viel passiert in letzter Zeit", fuhr sie fort, doch Jonathan wusste nicht so recht, was sie meinte. Eigentlich herrschte schon lange einfach nur der ganz normale Alltag, den er eigentlich generell nicht schlecht fand.
„Wie meinst du das?", wollte er wissen, denn sollte sie wirklich gestresst gewesen sein, war es ihm entgangen. Sofort fühlte er sich schlecht und unaufmerksam und er nahm sich vor, mehr auf Sheila zu achten. Sie neigte manchmal dazu, Dinge nicht auszusprechen, um ihn nicht zu belasten.
„Ach, schon okay", winkte sie ab, doch Jonathan schüttelte entschieden den Kopf.
„Nein, bitte sag es mir", forderte er, woraufhin Sheila resigniert seufzte.
„Das ganze mit Karim und... ich weiß auch nicht. Ich hatte mich so sehr darauf gefreut, mit ihm zu tanzen, dass ich ganz vergessen habe, dass das nicht alles ist", erklärte sie und Jonathan nickte verständnisvoll.
„Es ist dir eben wichtig und das ist auch okay. Du wirkst immer so glücklich, wenn du tanzt", sagte er, doch Sheila wirkte auf einmal verbittert.
„Ja, aber... es ist blödsinnig, jetzt noch weiter zu machen. Ich meine... allein", sagte sie, doch Jonathan schüttelte den Kopf. Noch vor wenigen Tagen hatte sie noch zufrieden damit gewirkt, dass sie erst einmal allein trainierte.
„Wenn es dir Spaß macht, ist es doch okay", widersprach er, doch Sheila blieb stumm. Stattdessen schmiegte sie sich noch enger an ihn und küsste seinen Hals. Jonathan warf einen Blick zu Mona, die jedoch mit dem Rücken zu ihnen in ihrem Bett lag und seelenruhig schlief.
„Sie schläft", hauchte Sheila, warf das Laken auch über ihn, sodass sie beide darunter lagen und ließ ihre Hand seinen Körper entlang wandern.
„Nicht", flüsterte er, denn auch wenn ihr Angebot verlockend war, würde er nichts tun, solange Mona hier war. Sheila grinste, legte dann ihre Hand wieder auf seine Brust und küsste ihn.
„Na gut, warten wir damit bis heute Abend", sagte sie leise und verführerisch, was ihn erröten ließ. Ihr plötzliches Verlangen brachte ihn aus dem Konzept, doch er zwang sich, im Hier und Jetzt zu bleiben.
Sheila schloss wieder die Augen und auch er tat es ihr gleich. Er wusste, dass sie einen Wecker gestellt hatte, damit sie nicht das Abendessen verschliefen. Bei dem Gedanken an das Essen lief ihm schon wieder das Wasser im Mund zusammen, denn es schmeckte wirklich gut und die Tatsache, dass es hier rund um die Uhr etwas zu Essen gab, war nicht wirklich gut für seine Figur.
„Kann ich dich mal was fragen?", unterbrach Sheila seine Gedanken.
„Klar", erwiderte er und suchte ihren Blick, doch ihre Augen waren noch immer geschlossen.
„Bist du noch glücklich mit mir?", fragte sie und schien es vollkommen ernst zu meinen. Jonathan rutschte das Herz in die Hose, denn er wusste aus Erfahrung, dass Sheila manchmal anfing, an allem zu zweifeln, wenn sie zu viel Zeit hatte. Das war ihm schon auf ihrer Weltreise aufgefallen, als sie zwischendurch ein paar Erholungstage eingelegten und nicht wirklich viel unternommen hatten. Anscheinend musste sie immer beschäftigt sein, damit ihre Gedanken nicht anfingen zu kreisen.
„Natürlich bin ich glücklich mit dir", antwortete er, woraufhin ihre Mundwinkel ein winzig kleines bisschen nach oben zuckten.
„Ich auch", sagte sie, seufzte dann, als würde in ihrem Kopf gerade die Gedanken nur so umherwirbeln.
„An was denkst du?", fragte er nach ein paar Sekunden, denn sicherlich war es nicht gut, wenn sie sich zu sehr in ihren Gedanken verlor. Sie schwieg noch eine Weile, bis sie die Augen öffnete und direkt in seine sah.
„Du darfst nicht sauer werden", sagte sie und zog die Augenbrauen sorgenvoll zusammen. Sofort wurde er misstrauisch, gleichzeitig machte es ihm Sorgen, dass sie glaubte, sie könnte nicht über alles mit ihm sprechen.
„Versprochen", sagte er lächelnd und suchte unter dem Laken nach ihrer Hand. Sie verschränkte ihre Finger mit seinen, doch noch immer lag Sorge in ihrem Blick.
„Leonard hat mir gesagt, dass er sich wünschte, Kathi wäre hier. Nicht weil er sie noch liebt, sondern damit du nicht eifersüchtig wirst und es mir schlecht geht", berichtete sie und Jonathan brauchte einen Moment, bis er den Sinn ihrer Worte begriff.
Ein Kloß bildete sich in seiner Kehle und das Herz wurde ihm schwer. Natürlich war er eifersüchtig auf Leonard, immerhin liebte auch er Sheila. Das wusste er, auch wenn Leonard anscheinend eingesehen hatte, dass Sheila ihn nicht genauso liebte, änderte das nichts daran, dass sein Cousin ein Konkurrent für ihn war.
„Sheila, ich...", setzte er an, doch seine Stimme brach. Er räusperte sich und suchte panisch nach Worten, die ihr zeigten, dass er nicht wollte, dass sie wegen seiner Eifersuchtsanfälle litt.
„Natürlich bin ich eifersüchtig auf ihn aber... ich weiß, dass du ihn nicht so liebst, sondern mich. Ich gebe mir wirklich Mühe, dass wir alle einen schönen Urlaub haben", versuchte er zu erklären, doch Sheila senkte den Blick.
„Es geht doch nicht nur um den Urlaub, sondern generell", sagte sie leise, als wäre es ihr unangenehm. Jonathan war sofort klar, dass ihre Gedanken kreisten und wenn er nichts dagegen unternahm, würde sie bald darunter leiden. Er verstärkte den Griff um ihre Hand, was sie erschrocken aufblicken ließ.
„Ich liebe dich. Und ich weiß, dass du mich liebst. Es ist alles okay, mach dir bitte nicht so viele Gedanken", sagte er, spürte aber auch, dass sie nicht wirklich beruhigt war.
„Es ist irgendwie so... als... ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll. So als hätte ich eine Vorahnung, dass irgendetwas passiert", sagte sie und entsetzt stellte er fest, dass in ihren Augen Tränen schwammen. Eilig legte er seine Hand an ihre Wange.
„Nicht weinen, bitte. Es wird nichts Schlimmes passieren, das verspreche ich dir", versicherte er ihr und tatsächlich schien sie das ein wenig zu beruhigen.
„Okay. Also... fandest du es in Ordnung, dass ich heute Morgen allein mit ihm im Meer war und ein wenig mit ihm geredet habe?", fragte sie, vollkommen verunsichert. Jonathan wusste nicht, warum sie auf einmal alles in Frage zu stellen schien, denn noch vor ein paar Wochen hätte sie eine solche Frage nicht gestellt. Wenn sie mit Leonard reden wollte oder irgendetwas mit ihm unternehmen wollte, hatte sie es einfach getan und auch wenn er es nicht gern gesehen hatte, war es in Ordnung für ihn. Er vertraute ihr.
„Sheila, natürlich ist das okay. Mach dir nicht so viele Gedanken darüber. Nachher machen wir uns einen schönen Abend zu zweit", versuchte er sie zu beruhigen, woraufhin sie nickte.
„Ja, ich... weiß auch nicht. Ich bin einfach ein bisschen durch den Wind", sagte sie und endlich erreichte ihr Lächeln wieder ihre Augen.
„Macht doch nichts. Solange du mit mir darüber redest", sagte er ernst, denn er wollte ihr beistehen, sollten ihre Gedanken mal wieder durchdrehen. Auch wenn das schon lange nicht mehr so schlimm wie früher war, als sie noch oft an ihren gewalttätigen Ex hatte denken müssen, hatte sie manchmal Tage, an denen alles Kopf stand. An denen sie nicht nur an sich selbst, sondern auch an ihrer Ehe zweifelte.
„Na komm, ruh dich ein wenig aus und heute Abend sieht die Welt schon wieder ganz anders aus", sagte er, fuhr ihr sanft mit den Fingern durchs Haar und küsste sie auf die Stirn.
In diesem Moment erinnerte er sie an ihr früheres Ich, als sie sich kennengelernt hatten. Damals war sie so unsicher, dass er ständig das Bedürfnis hatte, sie beschützen zu müssen. Inzwischen war sie eine starke Frau und Mutter, was ihm noch immer imponierte. Sie hatte sich wirklich gefangen, nachdem ihr Ex sie versucht hatte umzubringen und sie mehr als einmal geschlagen hatte. Es war ihr unendlich schwer gefallen, von ihm loszukommen und sie hatte ihm schon oft gesagt, dass sie es ohne ihn sicherlich nicht geschafft hätte. Jonathan schob die Gedanken an die Vergangenheit beiseite und betrachtete ihr friedliches Gesicht, das nun nicht mehr besorgt aussah.
„Ich liebe dich", sagte er so leise, dass er sich nicht sicher war, ob sie es gehört hatte. Ein Lächeln schlich sich auf ihre Lippen.
„Ich liebe dich auch", erwiderte sie, woraufhin auch er lächelte und zufrieden die Augen schloss.
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