Kapitel 23 - Sheila
Sheila saß inzwischen in ihrem Auto und dachte über das Telefonat mit Jonathan nach. Er schien wirklich aufgeregt zu sein, nach Bremen zu fahren und sie wollte ihm nicht im Weg stehen. Auch wenn sie ihn sicherlich vermissen würde, wenn er weg war, würde sie ihn unterstützen. Es waren immerhin zunächst erst einmal ein paar Tage, die sie und Mona schon überstehen würden.
Mit einem Seufzen startete sie den Motor und lenkte ihren Wagen von ihrem Parkplatz am Straßenrand vor dem Tanzstudio und fädelte sich in den Verkehr ein. Schon jetzt war sie genervt von den vielen Autos, aber sie kam schneller als erwartet voran.
Während der Fahrt kreisten ihre Gedanken die ganze Zeit um Jonathan. Sie stellte sich vor, wie er durch das Sprungbrett, das sich ihm in Bremen bot, so erfolgreich wurde, dass er nur noch seine eigene Musik machen konnte. Denn insgeheim war das sein Ziel, nur schien es im Moment noch in unerreichbarer Ferne. Sie wünschte es ihm, denn manchmal war er wirklich genervt von seiner Arbeit und er war nicht gut darin, seinen Frust zu vergessen und ihn nicht an ihr auszulassen. Sie wusste, dass er das nicht mit Absicht machte, dennoch schmerzte es, wenn er sie wieder einmal anfuhr oder schlimmer noch, ihr unterstellte, sie habe mit Leonard geflirtet oder so etwas.
Panisch vertrieb sie diesen Gedanken und beschleunigte. Eine anstrengende Schicht lag vor ihr und sie durfte auf der Arbeit nicht auch so neben der Spur sein wie beim Training.
Wenige Minuten später fuhr sie auf den Parkplatz des Varietés Cirque de l'Amour, in dem sie arbeitete. Sie sah zu der Pergola, unter der ein roter Teppich ausgerollt war. Als sie hier angefangen hatte zu arbeiten, hatte sie sich immer wie ein Filmstar gefühlt, als sie darüber marschiert war, doch nun war es nichts besonderes mehr.
Eilig stieg sie aus, ging über den Teppich bis zum Eingang und klopfte an die Glastür, damit sie hereingelassen wurde. Seit vor einigen Monaten irgendein Trottel seinen Schlüssel weitergegeben hatte und jemand nachts hier eingebrochen war, mussten sie alle ihre Schlüssel abgeben und es wurde ein Sicherheitsmitarbeiter an der Tür postiert, der sie alle hereinließ.
Ziemlich bescheuert, dass sie alle wegen dem Fehler einer einzelnen Person bestraft wurden, aber inzwischen hatte Sheila sich schon daran gewöhnt. Der Sicherheitsmitarbeiter, der sie inzwischen kannte, lächelte nett, als er ihr die Tür öffnete. Es war ein südländisch aussehender, großer Typ mit schrägstehenden Augen. Auch wenn er immer freundlich war, nervte er ein wenig, weil er sich ständig unterhalten wollte.
„Hi, wie geht's?", begrüßte er sie und hielt ihr wie ein Gentleman die Tür auf. Sheila nickte dankend, erwiderte sein strahlendes Lächeln aber nicht.
„Danke, alles bestens", erwiderte sie und beeilte sich, nach hinten in den Mitarbeiterbereich zu gelangen. Sie lief durch den Zuschauerraum und zog die schwere Eisentür neben der Bühne auf, durch die sie in den Backstage-Bereich kam. Hier lagen die Umkleiden der Künstler, der Technikraum und der Kostümfundus.
Sie ging zu einer der Umkleiden, die zu einem Spindraum umfunktioniert worden war, wo die Mitarbeiter ihre Taschen einschließen konnten. Sie warf ihre Tasche in ihren Spind und machte sich auf den Weg zum Kostümfundes, wo sie normalerweise ihre Schicht begann.
Schon jetzt spürte sie, wie sie in der langen Hose und dem langärmeligen weißen Hemd anfing zu schwitzen. Das war wirklich nervig, dass sie hier eine Kleiderordnung hatten. Sie trug schwarze Lackschuhe, eine schwarze Stoffhose und ein weißes Hemd, dazu rot-goldene Hosenträger. Zwar sah es schick aus, war aber im Sommer viel zu warm.
Als sie die Tür zum Fundus aufstieß, lief sie beinahe in eine ihrer Kolleginnen hinein, die gerade herauskam.
„Tut mir leid", murmelte sie und trat dann einen Schritt beiseite, um sie hinaus zu lassen. Sie achtete nicht weiter auf sie, denn sie wollte nur ihre Schicht hinter sich bringen und dann nach Hause zu Jonathan. Ihr Knöchel pochte noch immer unangenehm, aber es war auszuhalten. Hoffentlich würde die Zeit heute schnell vergehen.
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