Kapitel 20 - Jonathan
Jonathan schloss die Haustür hinter Leonard und gähnte. Er war müde, immerhin war es schon recht spät und er hatte heute einen doch recht aufregenden Tag hinter sich. Seine Gedanken wanderten wieder an sein Jobangebot, das wirklich verlockend war.
„Bist du dir wirklich sicher, dass das okay ist?", riss Sheilas Stimme ihn aus seinen Tagträumen und ein wenig verwirrt sah er sie an.
„Was?", fragte er, doch sie verdrehte nur die Augen und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Du findest es okay, dass Leonard mit uns in den Urlaub fährt? Ich meine... du wirst nicht wieder eifersüchtig?", präzisierte sie ihre Frage und auch wenn er durchaus nachvollziehen konnte, warum sie so dachte, schüttelte er bestimmt den Kopf.
„Nein, ganz sicher nicht. So lange du mir sagst, dass da nichts zwischen euch ist, dann glaube ich es", sagte er und dachte an ihr Gespräch vorhin im Gästezimmer zurück. Sheila hatte so ehrlich gewirkt und eigentlich glaubte er ihr auch, dass sie nur ihn liebte und sonst niemanden. Immerhin war sie mit ihm verheiratet und nicht mit Leonard und wenn er nicht gerade wieder einen Eifersuchtsanfall hatten, stritten sie sich eigentlich nie und Sheila war glücklich.
„Gut", erwiderte sie, wirkte aber ein wenig unsicher. Jonathan griff nach ihren Schultern und drückte sie sanft. Er suchte ihren Blick und fand ihn sofort.
„Hey, mache dir keine Gedanken. Ich bin mir schon darüber bewusst, dass meine Eifersucht dämlich ist. Wenn ich sie einfach abstellen könnte, würde ich es tun", sagte er eindringlich, woraufhin Sheila langsam nickte.
„Okay, dann...", setzte sie an, unterbrach sich aber und ließ die Schultern hängen. Offensichtlich hatte sie etwas sagen wollen, es sich dann aber anders überlegt.
„Na komm, gehen wir nach oben und machen es uns gemütlich", schlug er vor und ließ seine Hände an ihren Armen entlanggleiten, bis er ihre Hände fand. Wie automatisch verschränkten sich ihre Hände mit seinen, doch bevor er sie nach oben führen konnte, schlang sie die Arme um ihn und umarmte ihn unerwartet fest. Jonathan entfuhr ein kleines, überraschtes Geräusch, dann aber erwiderte er die Umarmung. Einige Sekunden standen sie einfach nur eng umschlungen da, bis Sheila sich wieder von ihm löste.
„Danke, dass du dir so viel Mühe gibst", sagte sie noch, bevor nun sie nach seiner Hand griff und ihn hinter sich her die Treppe nach oben zog. Auf seinen Lippen breitete sich ein Lächeln aus, denn es freute ihn, wenn er sie glücklich machen konnte. Offensichtlich gehörte dazu nun einmal, dass er sich gut mit Leonard verstand und seine Eifersucht endlich abstellte. Tief in sich drin wusste er doch, dass sie unbegründet war.
Sheila zog ihn zielstrebig bis zum Bett, wo sie sich erschöpft drauf niederließ.
„Ich bin so kaputt", stöhnte sie, erhob sich aber wieder und griff nach ihrem Schlafanzug, der auf dem Bett lag.
„Ist ja auch schon spät", kommentierte er und bei dem Gedanken, dass Mona wahrscheinlich in weniger als sieben Stunden topfit zu ihnen ins Bett gekrochen kam, seufzte er innerlich. Auch er zog sich aus, wobei er immer wieder Blicke zu Sheila warf.
In den letzten Monaten war sie wirklich fitter geworden und an ihrem Körper schien kaum ein Gramm Fett mehr zu sein. Sie hatte eindeutig abgenommen, gleichzeitig aber an Muskeln aufgebaut.
„Was ist?", fragte sie lachend, als sie seine Blicke bemerkte, grinste aber in sich hinein, als wüsste sie es ganz genau.
„Du bist so hübsch", sagte er und trat näher an sie heran. Verlegen kicherte sie, strich ihm sanft über den Arm und legte sich dann ins Bett.
„Aber ich bin hundemüde", sagte sie und kuschelte sich unter die Decke. Er legte sich ebenfalls ins Bett, kroch aber mit unter ihre Decke und kuschelte sich an sie.
„Schlaf schön", flüsterte er in ihr Ohr, doch ihr Atem war schon regelmäßig und ruhig. Dennoch murmelte sie etwas vor sich hin, was wohl so etwas wie „Du auch" heißen sollte, doch dann nickte sie schon ein. Offensichtlich war sie wirklich müde, wenn sie so schnell einschlief.
Früher hatte sie oft Probleme mit dem Einschlafen gehabt, aber seit Mona auf der Welt war, hatte sich das gelegt. Vielleicht, ganz vielleicht, hatte auch er ein wenig dazu beigetragen, dass es ihr heute so gut ging. Zumindest im Vergleich zu früher, als er sie kennengelernt hatte.
Damals war sie noch mit einem Typen zusammen gewesen, der sie geschlagen und auch sonst nicht wirklich gut behandelt hatte. In gewisser Weise hatte er ihr geholfen, sich endgültig von ihm zu trennen, zumindest sagte sie ihm das.
Eine Weile betrachtete er sie im Mondschein. Eigentlich war es verrückt, dass sie sich ausgerechnet ihn ausgesucht hatte. Nicht, dass er sich beschweren wollte oder unglücklich darüber war, aber Sheila war eine so starke Frau. Sie hatte schon viel Schlimmes erlebt und dennoch meisterte sie ihr Leben.
Unwillkürlich strich er über die längst verheilten Narben auf ihren Armen. Oft vergaß er, dass sie da waren, aber wenn er über ihre wellige Haut fuhr, erinnerte er sich wieder daran, was sie schon alles durchgemacht hatte. Jonathan zog sie sanft noch enger an sich und versuchte nun auch einzuschlafen.
Allerdings wanderten seine Gedanken von dem womöglich bevorstehenden Urlaub, seinem Jobangebot und Sheila und Mona, wie sie beide lachten, hin und her. Auch wenn es schön war, an all die positiven Dinge in seinem Leben zu denken, musste er nun wirklich schlafen.
Morgen hatte er viel vor, denn Sheila musste arbeiten, was bedeutete, dass er den Nachmittag mit Mona verbringen würde. Vielleicht malte sie wieder Bilder, was sie in den letzten Tagen ziemlich gern zu tun schien oder sie könnten zusammen etwas spielen. Oder sie hatte keine Lust auf ihn und wollte allein in ihren Zimmer sein. Das kam auch öfter vor und auch wenn er froh war, dass er sie nicht mehr rund um die Uhr bespaßen musste, fehlte ihm das auch. Mona wurde selbständiger und manchmal schien sie geradezu genervt von ihm zu sein. Aber wahrscheinlich gehörte das einfach zum Elterndasein dazu, zwischendurch finden die eigenen Kinder einen blöd und peinlich. Jonathan grinste und klammerte sich an die Vorstellung seiner Tochter fest. Es beruhigte ihn und schließlich schlief er mit dem Gedanken an sie ein.
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