Kapitel 16 - Jonathan
Jonathan musterte Sheila, die offensichtlich nervös von der Küche ins Wohnzimmer und wieder zurück wuselte. Es war doch nur Leonard, der vorbei kam, warum war sie so aufgekratzt?
Er selbst saß auf dem Sofa neben Mona, die sich irgendetwas im Fernsehen ansah, bis es Zeit zum Abendessen wurde. Sheila drehte den Teller mit dem Aufschnitt noch einmal herum, obwohl er schon vor fünf Minuten an der richtigen Stelle gestanden hatte, dann endlich sah sie zu ihm.
Als ihre Blicke sich trafen lächelte sie und strich einen unsichtbaren Krümel vom Tisch. Jonathan bedeutete ihr mit einer Handbewegung, zu ihm zu kommen und sie gehorchte. Kaum dass sie in Reichweite war umfasste er ihre Hüfte und zog sie auf seinen Schoß. Sie schlang den Arm um seine Schultern und seufzte, als hätte sie einen stressigen Tag gehabt.
„Alles okay?", fragte er, woraufhin sie viel zu schnell nickte. Misstrauisch suchte er in ihrem Blick nach irgendeinem Hinweis, was mit ihr los war.
„Können wir kurz allein reden?", raunte sie ihm zu und erhob sich wieder.
„Ja, klar", sagte er, sah noch einmal zu Mona, die jedoch vollkommen gebannt auf den Fernseher sah und folgte Sheila dann in den Flur. Sie ging den Flur entlang und bog am Ende nach rechts ab, wo sie ein kleines Gästezimmer eingerichtet hatten.
Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt und ließ sich beinahe vorsichtig auf dem gemachten Bett nieder. Mit zusammengezogenen Augenbrauen sah sie von unten zu ihm hoch, was ihm ein merkwürdiges Gefühl gab. Eilig setzte er sich neben sie und suchte wieder ihren Blick.
„Ich mache mir schon den ganzen Tag über etwas Gedanken", setzte sie an, sprach dann aber nicht weiter. Jonathan schluckte schwer.
„Über was denn?", fragte er, wobei seine Stimme ein wenig zitterte. Offensichtlich lag ihr etwas auf dem Herzen, das sie bedrückte. Sie stieß langsam Luft aus und ließ die Schultern hängen, anschließend tastete sie nach seiner Hand. Er drückte sie, denn was immer es auch war, das sie so sehr beschäftigte, sie konnte doch mit ihm darüber reden.
„Spuck's schon aus", sagte er möglichst ermutigend, doch es dauerte noch ein paar Sekunden, bis sie die Schultern straffte und den Blick hob.
„Kathi ist anscheinend der festen Überzeugung, dass zwischen mir und Leonard mehr ist als Freundschaft. Und... du warst auch ein wenig eifersüchtig. War das, weil... naja, weil du auch dieses Gefühl hattest oder weil deine Gedanken mal wieder verrückt spielen?", fragte sie und es wirkte, als würde sie den Kopf einziehen.
Es dauerte einen Moment, bis Jonathan begriff, was sie da fragte. Noch einmal versuchte er sich an seine Gefühle zu erinnern, als sie diese kleine Feier organisiert hatten. Sicherlich hatte er auch ein wenig getrunken an diesem Abend, was sein Urteilsvermögen mit ziemlicher Sicherheit beeinträchtigte, aber ganz nüchtern und rational betrachtet musste er zugeben, dass er nicht wirklich Sorgen hatte, dass Sheila sich auf ihn einlassen würde.
Dass sie ihn durch Leonard ersetzen würde.
Sheila wirkte vollkommen verunsichert und offensichtlich hatte sie Angst vor seiner Antwort, denn Tränen schwammen in ihren Augen. Jonathan legte den Arm um sie und zog sie fest an sich.
„Ich glaube nicht, dass du und er... dass ihr zusammenkommt oder so. Aber ihr versteht euch gut und was mich ärgert ist die Tatsache, dass er schon einmal in dich verliebt war. Er mag dich und ist eine Konkurrenz für mich, also...", erklärte er und beendete den Satz mit einem Schulterzucken.
Laut ausgesprochen klang es ziemlich absurd, aber Sheila und Leonard waren nun mal sehr vertraut und von seiner Seite aus waren da schon einmal Gefühle gewesen, die über Freundschaft hinausgingen. Sheila klammerte sich an ihn, doch sie schien sichtlich erleichtert zu sein.
„Also... habe ich mich nicht so verhalten, dass du... Ich meine du bist nicht eifersüchtig geworden durch mein Verhalten ihm gegenüber?", fragte sie, doch er zögerte, ihr diese Frage ehrlich zu beantworten. Ihr fordernder Blick ließ jedoch keine ausweichende Antwort zu und so straffte er die Schultern und sah ihr tief in die Augen.
„Ich liebe dich und ich bin auf jeden eifersüchtig, der dich mir wegnehmen könnte", sagte es, spürte aber kaum dass es draußen war, ihren empörten Blick.
„Ich bin doch keine Sache, die man dir wegnehmen kann!", sagte sie und schnalzte mit der Zunge.
„Ich weiß. Aber kannst du mich nicht auch ein wenig verstehen?", fragte er, woraufhin sie zu seiner Überraschung nickte und sich ein Lächeln auf ihren Lippen ausbreitete.
„Es ist schon irgendwie süß, aber du übertreibst es. Meine Gefühle für dich ändern sich doch nicht, nur weil mir ein Kerl schöne Augen macht. Das ist Blödsinn", sagte sie entschieden und nun zog er den Kopf ein.
„Es ist nur, weil er gesagt hat, dass er dich liebt. Und er hat dich geküsst. Zumindest wollte er es", sagte er, doch Sheila schüttelte den Kopf.
„Das ist Ewigkeiten her und längst vergessen. Aber um zum eigentlichen Thema zurückzukommen: Ich verhalte mich also nicht... irgendwie falsch? Oder besser gesagt so, dass es dich wütend macht?", fragte sie nach.
Noch einmal dachte er an Sheila und Leonard, doch er musste sich ehrlich eingestehen, dass sie sich ihm gegenüber eben nur wie eine gute Freundin benahm.
„Nein, du machst nichts falsch. Mach dir deswegen keine Gedanken", sagte er und umfasste ihr Gesicht mit den Händen. Sie lächelte und nickte, offensichtlich erleichtert.
„Gut, dann... hast du keinen Grund eifersüchtig auf ihn zu sein. Bitte versuch, dich da ein bisschen rationaler zu verhalten, okay?", fragte sie und auch wenn ihn diese Bitte verletzte nickte er. Immerhin wollte er genau so wenig wie sie, dass sie sich stritten.
„Komm her", forderte er und zog sie zu einem langen Kuss zu sich. Bereitwillig erwiderte sie ihn und in diesem Moment kam er sich albern vor, jemals daran gezweifelt zu haben, dass sie mit jemand anderem zusammen sein wollte. Sie zeigte ihm doch mit jeder Sekunde, dass sie ihn liebte und alles dafür tat, damit es zwischen ihnen funktionierte.
Sollten sie sich wieder einmal streiten, würde das ganz eindeutig an seiner blöden Eifersucht liegen. Auch wenn ihm das durchaus bewusst war, fiel es ihm schwer, sie abzustellen. Aber um ihretwillen und auch um Monas Willen würde er sich Mühe geben, sich immer wieder daran zu erinnern, dass sie ihn liebte. Dass er keinen Grund hatte, auf irgendwen eifersüchtig zu sein.
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