Kapitel 122 - Jonathan

Jonathan war auf einmal unendlich nervös, aber er kam dennoch gut voran und schaffte alles, was er für Bremen vorbereiten musste. Zufrieden mit sich warf er einen Blick auf die Uhr und zuckte zusammen, denn es war schon kurz nach sieben. 

Die Zeit war nur so verflogen und er hoffte, dass Sheila und Mona den Nachmittag bei ihrem Vater verbracht hatten und nicht auf ihn warteten. Eilig packte er alles zusammen, schaltete den Computer aus und machte sich auf den Weg zurück nach Hause. 

Noch immer war es angenehm warm draußen und auf einmal stieg ein wohliges Gefühl in ihm auf. Könnte er den Urlaub aus seinem Gedächtnis streichen, wäre wirklich alles in seinem Leben ziemlich perfekt. Mit Sheila lief es gut, Mona war glücklich und auch auf der Arbeit konnte er sich nicht beklagen. 

Aber dieser Urlaub war passiert, er hatte durch seine dämliche Eifersucht Sheila in die Arme von Leonard getrieben und der hatte natürlich sofort ihre Verwirrtheit ausgenutzt. Allerdings meinte Sheila, dass sie noch immer Gefühle für Leonard hatte und darüber musste er dringend mit ihr sprechen. Vielleicht nicht gleich, aber sollten diese Gefühle nicht weggehen, dann hätten sie ein Problem. Nicht, dass er Sheila dann von sich stoßen würde, aber sie würde darunter leiden und das wollte er nicht. 

Seufzend schüttelte er den Kopf, um diese Gedanken zu vertreiben, setzte ein Lächeln auf und kramte seinen Schlüssel hervor. Bevor er aufschließen konnte, wurde die Tür von Sheila geöffnet, die ihn offensichtlich durchs Fenster gesehen hatte. 

„Hi, ich habe die Zeit ganz vergessen", sagte er und betrat den Flur. 

„Macht nichts", sagte Sheila, schloss hinter ihm die Tür und schmiegte sich ein wenig ungeschickt an ihn. Jonathan erwiderte ihre Umarmung und spürte sofort, dass sie über etwas mit ihm reden wollte. 

„Ist alles okay? Wo ist Mona?", fragte er, denn es war kein Laut zu hören außer Sheilas aufgeregtem Atem. Jonathan wischte ihr mit einer sanften Bewegung das Haar aus dem Gesicht und suchte ihren Blick.

„Sie ist bei meinem Vater. Sie wollte unbedingt bei Tamara übernachten und ich dachte ein wenig Zeit zu zweit tut uns gut", erklärte sie und lächelte verunsichert. Jonathan nickte und führte sie dann ins Wohnzimmer, wo sie sich beinahe erschöpft auf dem Sofa niederließ. 

Kaum dass er sich neben sie gesetzt hatte, schmiegte sie sich wieder an ihn. Jonathan legte seine Hand auf ihr Knie und strich sanft darüber. 

„Wie geht es dir?", fragte er, denn Sheila wirkte merkwürdig fahrig. Sie seufzte schwer, legte ihre Hand auf seine und drückte sie. 

„Mein Vater war nicht gerade begeistert, dass wir uns so oft gestritten haben. Allerdings konnte ich mit ihm nicht über Leonard reden, das ging einfach nicht", berichtete sie und er bemerkte, wie sie sich entspannte. 

Jonathan spürte, wie sich ein unangenehmer Knoten in seiner Brust bildete, denn er war an diesem ganzen Schlamassel Schuld. Er war dafür verantwortlich, dass Sheila sich in diesem Moment quälte und diese Schuld lastete schwer auf ihm. 

„Lass uns das alles einfach vergessen und noch einmal ganz neu anfangen. Heute Abend machen wir nur das, was uns guttut, in Ordnung?", fragte er sanft und hoffte, dass es Sheila gelingen würde, sich nicht den Kopf über vergangene Dinge zu zerbrechen. 

„Ich kann es versuchen, aber...", setzte sich an, doch er brachte sie mit einem zärtlichen Kuss zum Verstummen. 

„Nichts aber", widersprach er, packte sie an der Taille und zog sie auf seinen Schoß. Sheila kicherte leise und schlang die Arme um ihn, ganz offensichtlich sehnte sie sich genau so sehr nach Nähe wie er selbst. 

Sheila führte ihre Lippen an sein Ohr und als er spürte, wie sehr ihr Atem zitterte, umfasste er sie fester. 

„Ich muss die ganze Zeit daran denken, dass ich ihn geküsst habe", hauchte sie und sofort schossen unangenehme Bilder in seinen Kopf. Sheila und Leonard, die genau wie sie beide in diesem Moment eng umschlungen dastanden und sich küssten. Jonathan glaubte, sein Herz würde gleich aus seiner Brust springen, aber er zwang sich zur Ruhe. 

„Aber ich bin hier bei dir, er nicht", sagte er, in der Hoffnung, Sheila damit ein gutes Gefühl zu geben. Natürlich war er verletzt, dass sie es zugelassen hatte, dass Leonard ihr näher kam, aber er wollte ihr verzeihen und das alles hinter sich lassen. 

„Ich fühle mich so schlecht deswegen", fuhr sie fort, was Jonathan den Kopf schütteln ließ. Er strich sanft mit den Händen über ihren Rücken und suchte nach den passenden Worten, um ihr zu verdeutlichen, dass er ihren Ausrutscher nicht schlimm fand. Nicht mehr. 

„Jetzt zerbrich dir deswegen nicht den Kopf. Es ist okay, ich bin dir nicht böse. Es ist vorbei und das ist das, was jetzt wichtig ist", sagte er, doch bevor Sheila nickte, zögerte sie für einen Moment. 

Jonathan schluckte schwer, denn er wusste nur zu gut, was dieses Zögern bedeutete. Sie war noch lange nicht soweit, dass sie ihre Gefühle für Leonard vergessen konnte, auch wenn er hoffte, dass sie es wollte. 

„Ja, du hast recht", sagte sie dennoch und fing anschließend an, seinen Hals zu küssen. Jonathans Körper reagierte schlagartig und er versuchte, seinen Kopf auszuschalten. Er wollte all die negativen Dinge, die in den letzten Tagen passiert waren, aus seinem Gedächtnis löschen und ganz neu mit Sheila anfangen. Nicht nur für sie beide, sondern hauptsächlich für Mona. 

„Gehen wir nach oben?", flüsterte Sheila leise und krabbelte von seinem Schoß herunter, ohne eine Antwort von ihm abzuwarten. Eilig folgte er ihr, doch Sheila warf ihm immer wieder verunsicherte Blicke über die Schulter zu, bis sie sich im Schlafzimmer aufs Bett fallen ließ. 

Sie wirkte ganz und gar nicht, als hätte sie den Kopf frei und sie schien über irgendetwas nachzudenken. Jonathan legte sich neben sie und betrachtete sie eindringlich. 

„Was bereitet dir solches Kopfzerbrechen?", fragte er, woraufhin Sheila unsanft zusammenzuckte, als hätte sie nicht erwartet, dass er es bemerkte. 

„Ich...", setzte sie an, unterbrach sich dann aber und machte eine wegwerfende Handbewegung. 

„Sag schon", forderte er, was Sheila schwer schlucken ließ, dann aber suchte sie seinen Blick. 

„Du... bist nicht mehr eifersüchtig?", fragte sie vorsichtig, legte gleichzeitig aber ihre Hand auf seine Brust. Er schüttelte den Kopf, ohne den Blickkontakt mit ihr zu unterbrechen und legte seine Hand auf ihre. 

„Nein, denn du bist hier bei mir und nicht bei ihm", sagte er und sah, wie ein Lächeln über Sheilas Lippen zuckte. 

„Stimmt. Und du trägst deinen Ring und schmeißt ihn nicht wieder weg", erwiderte sie und tippte mit dem Finger auf seinen Ring. Die Erinnerung durchzuckte ihn schmerzhaft, aber schnell gelang es ihm, sie beiseite zu schieben. 

„Nie wieder", versprach er, beugte sich über sie und küsste sie. 

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top