Kapitel 112 - Jonathan

Jonathan und Mona tobten einige Zeit im hüfthohen Wasser herum, bis Mona anfing zu zittern. 

Nachdem er sie in ein Handtuch gewickelt hatte und von der Poolbar ein paar Nüsse geholt hatte, setzte er sich neben sie auf die Liege. Nicole hatte inzwischen eingesehen, dass er sie ignorierte und war abgedampft. Zumindest konnte er sie auf den ersten Blick nicht mehr entdecken. 

Unwillkürlich sah er sich nach Sheila um, aber auch sie konnte er nicht sehen und er verspürte den Drang, nach ihr zu suchen. 

„Meinst du, wir sollen Mama abholen und sie fragen, ob sie Lust hat, mit uns zum Mittagessen zu gehen?", fragte er Mona, die sofort nickte. Sie reichte ihm die Schale mit den Nüssen und sprang auf. 

Jonathan packte ihr Zeug zusammen und er folgte ihr in Richtung ihres Zimmers. Mona eilte direkt zu Leonards Zimmer und klopfte an die Tür. Gespannt sah Jonathan zur Tür, während er die Strandtasche vor seiner Zimmertür abstellte und in der Tasche nach der Schlüsselkarte tastete. 

Als er sie fand, beeilte er sich, die Tür zu öffnen und das Zeug nach drinnen zu werfen, dann ging er zu Mona. Erst da öffnete Sheila die Tür, nur einen Spaltbreit, doch als sie Mona erkannte, öffnete sie sie weiter. 

„Hey meine Kleine! Warst du schwimmen?", fragte sie Mona, ihn selbst vollkommen ignorierend. Mona berichtete von ihrem Geplansche im Wasser und Jonathan nutzte die Chance, Sheila zu begutachten. 

Ihre blauen Flecken schienen noch dunkler zu leuchten als noch heute Morgen und er wollte sie am liebsten alle sanft streicheln. Plötzlich spürte er Sheilas Blick auf sich und eilig erwiderte er ihn. 

„Papa wollte wissen, ob du mit zum Mittagessen kommst", fragte Mona und Sheila nickte. 

„Ja, aber nur, wenn du dir was anderen anziehst", sagte sie und lachte leise, immerhin trug Mona noch immer ihren Badeanzug. Erst da fiel Jonathan auf, dass Sheila seine Hose trug, die er ihr gestern Abend angezogen hatte. Ein Kloß bildete sich in seiner Kehle, denn es machte ihn merkwürdig nervös. 

„Komm mit", forderte Mona, griff nach Sheilas Hand und zog an ihr. 

„Warte, ich muss mich auch noch umziehen", lachte sie, dann schloss sie die Tür direkt vor Jonathans Nase. 

Perplex stand er da, fassungslos über ihre Kaltschnäuzigkeit. Zitternd atmete er aus, dann ging er langsam auf die andere Seite des Ganges bis zu seinem eigenen Zimmer. Er öffnete die Tür und lehnte sie an, damit Mona jederzeit hereinkommen konnte. 

Auch er stieg aus seiner nassen Badehose und zog sich etwas Passenderes an, dann kämmte er seine Haare, band sie sich in einem Zopf zurück und wartete. Jonathan fühlte sich elend und wollte nur noch, dass Sheila wieder normal mit ihm redete und sie diese ganze Streiterei vergaßen, er würde sogar vergessen, dass Sheila Leonard geküsst hatte. 

Genau in diesem Moment hörte er Monas Stimme und die Tür wurde aufgedrückt. Mona kam herein, gefolgt von Sheila, die ihm einen verstohlenen Blick zuwarf. Automatisch sprang er auf, was Sheila tatsächlich lächeln ließ. 

„Ich war beim Trampolinkurs", sagte sie und hielt ihm seine Hose und sein T-Shirt von gestern Abend hin. Zögerlich nahm er es und warf beides hinter sich aufs Bett. 

„War es gut?", fragte er und sie nickte. Mona währenddessen schnappte sich eine Hose und ein T-Shirt aus ihrem Koffer und verschwand damit im Bad, um sich umzuziehen. Beinahe wirkte es, als wüsste sie, dass Jonathan mit Sheila allein sein wollte. 

Jonathan musterte sie, wusste aber nicht nicht recht, was er sagen sollte. Sheila seufzte, wandte sich um und ging zu Mona ins Bad. 

„Dein T-Shirt ist falschrum", hörte er sie lachen und keine Minute später kamen die beiden wieder ins Zimmer. 

„Wir sind fertig", verkündete Mona, griff nach Sheilas Hand und zog sie in Richtung Tür. Sheila folgte ihrer Tochter, ohne noch einmal zurück zu sehen und Jonathan beeilte sich ebenfalls, hinterher zu kommen. 

Vielleicht würde sich die Spannung zwischen ihnen ein wenig lösen, wenn sie einfach nur Zeit miteinander verbrachten, ohne gezwungen über ihre Probleme zu reden. Sicherlich schob er so nur das dringend benötigte klärende Gespräch auf, aber wenn Sheila ihm so erlaubte, in ihrer Nähe zu sein, dann würde er das hinnehmen. 

Zu Hause hatten sie immer noch genug Zeit, über alles zu reden. Sheila und Mona gingen Hand in Hand den Weg entlanggingen und mit schnellen Schritten schloss er zu ihnen auf. Er ging auf der anderen Seite von Mona, warf Sheila aber immer wieder Blicke zu. 

Nur zu gern hätte er in diesem Moment in ihren Kopf gucken können, denn sie schien über etwas nachzudenken. 

Schweigend gingen sie bis zum Restaurant und erst da bemerkte Jonathan, dass er heute noch nichts gegessen hatte bis auf die Nüsse vor ein paar Minuten. 

Es war recht voll und nur noch wenige Tische frei, aber Sheila steuerte zielstrebig auf einen am Fenster zu. Jonathan beeilte sich und zog ihr den Stuhl zurück, damit sie sich setzen konnte, was sie mit einem scheuen Lächeln quittierte. 

Immerhin gab sie ihm keine abweisenden Antworten mehr und rieb ihm unter die Nase, wie gut sich doch der Kuss mit Leonard angefühlt hatte. 

Mona griff nach Jonathans Hand und zog ihn zum Buffet, doch er sah fragend Sheila an. 

„Geht ruhig, ich halte den Tisch frei", sagte sie, stützte die Ellbogen auf dem Tisch ab und faltete die Hände, um anschließend ihr Kinn darauf abzulegen. 

„Okay", sagte Jonathan leise, dann ging er mit Mona zum Buffet. Immer wieder warf er Blicke zu Sheila, die in die Ferne starrte, als wäre sie mit den Gedanken ganz woanders. 

„Schläft Mama heute wieder in unserem Zimmer?", fragte Mona ihn, was Jonathan unsanft zusammenzucken ließ. Ein Knoten bildete sich in seiner Brust, denn er konnte ihr darauf keine Antwort geben. 

„Frag sie doch gleich mal", schlug er vor und sofort nickte sie. Sheila fiel es mit Sicherheit schwerer, Mona zu enttäuschen als ihn und auch wenn er Mona nicht darauf angesetzte hatte, sie zu fragen, kam es ihm auf einmal wie eine ziemlich gute Idee vor. 

Selbst wenn sie nur neben ihm schlief und ihn nicht an sich heranließ, würde sich das besser anfühlen, als wenn sie in Leonards Bett schlief. 

„Mache ich. Und wenn sie nein sagt? Darf ich dann mit ihr in Onkel Leonards Zimmer übernachten?", plapperte Mona weiter und riss damit ungeahnt seine Wunden wieder auf. 

„Frag sie doch erst einmal", sagte er schnell und unterdrückte ein Keuchen. Sollte Sheila Mona diese Nacht zu sich nehmen und ihn ganz allein lassen, würde er durchdrehen. 

Ja, ihm war durchaus bewusst, dass er sie noch vor wenigen Stunden ans Ende der Welt gewünscht hatte, aber nun war es anders. 

Noch einmal sah er zu Sheila, die unverändert dasaß, dann lud er sich gemeinsam mit Mona den Teller voll. Er hatte Hunger und das Essen hier war einfach lecker. 

„Papa, wenn du so viel isst, dann wirst du ganz dick und rund", lachte Mona und deutete auf seinen überladenen Teller. 

„Aber es schmeckt doch so gut", erwiderte er, dann gingen sie zurück zu Sheila, die sofort aufstand und sich in Richtung Buffet davon machte. 

„Vielleicht musst du sie einfach küssen", schlug Mona vor, was Jonathan lachen ließ. 

„Aber ich glaube, das möchte sie nicht", sagte er, doch Mona legte einen Finger ans Kinn, als würde sie nachdenken. 

„Aber ihr habt euch doch lieb, oder? Ihr hattet nur einen Streit und jetzt ist alles wieder gut?", fragte Mona und wirkte auf einmal verunsichert. Sanft strich Jonathan ihr durchs Haar. 

„Wir hatten einen sehr schlimmen Streit, da ist es besser, wenn man ein paar Tage Zeit für sich hat. Aber zu Hause ist alles wieder in Ordnung", versprach er und sah erleichtert, dass Mona nickte und sich nun ihrem Essen zuwandte. 

Keine Sekunde später kam Sheila wieder an ihren Tisch, knallte ihren Teller darauf und setzte sich mit einem Seufzen. 

„Mama? Schläfst du heute wieder bei uns im Zimmer?", fragte Mona, woraufhin Jonathan sich verschluckte. Er hatte nicht erwartet, dass Mona sie sofort darauf ansprechen würde. Er hustete und klopfte sich auf die Brust und griff nach seinem Getränk. 

Er spürte Sheilas eindringlichen Blick auf sich und es war klar, dass sie glaubte, er hätte das Ganze eingefädelt. Zögerlich erwiderte er ihren Blick und lächelte, doch Sheilas Blick war eiskalt. 

„Ich überlege es mir bis heute Abend, in Ordnung?", fragte sie Mona, die enttäuscht den Blick senkte. Eilig legte Jonathan ihr die Hand auf die Schulter und drückte sie aufmunternd. Er sah, wie Sheila Mona ansah und ihre Miene weicher wurde. 

„Ach warum eigentlich nicht. Ich schlafe gern bei dir", sagte sie, was Mona entzückt quietschen ließ. Jonathan suchte Sheilas Blick, doch sie wich ihm aus. Allerdings keimte so etwas wie Hoffnung in ihm auf, dass Sheila sich bis heute Abend vielleicht wieder beruhigt hatte. 

Sicherlich hatte er sie nicht so behandelt, wie sie es verdiente und er hatte einiges wieder gut zu machen, aber sie hatte auch nicht alles richtig gemacht. Sie hatte Leonard geküsst und so wie sie es erzählt hatte, war es von ihr ausgegangen. 

„Mama? Gehst du gleich mit mir schwimmen? Im Pool? Da ist doch diese Wasserrutsche", fragte Mona und Jonathan sah, wie Sheila nickte. 

„Klar, wenn du möchtest", erwiderte sie und vermied es noch immer, ihn anzusehen. Mona schien sich wirklich darauf zu freuen, denn sie wibbelte unruhig auf ihrem Stuhl herum, bis Jonathan ihr erneut die Hand auf die Schulter legte. 

„Aber jetzt wird erst einmal gegessen und dann ruhen wir uns ein wenig aus. Mit vollem Magen soll man nicht schwimmen gehen", sagte er und Mona nickte. 

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