Kapitel 105 - Sheila
Sheila hatte inzwischen ihr Kleid wieder angezogen, aber es war ganz nass und sandig. Sie saß am Fuße der Felsen, wo sie eben noch mit Leonard geredet hatte.
Nur dass nun Ebbe war und knapp zwei Meter vor den Felsen noch Strand war. Genau dort saß sie schon seit einer ganzen Weile, die Arme um die angezogenen Knie geschlungen und weinte.
Das Wasser war immer weiter gestiegen und es war unangenehm kalt geworden, aber sie wollte einfach nur hier sitzen und darüber nachdenken, was für ein Chaos sie angerichtet hatte. Das Wasser schwappte in eiskalten Wellen um sie und zog an ihr.
Es war eindeutig stärkerer Wellengang als heute Nachmittag, aber es fühlte sich gut an, das kühle Nass zu spüren.
Ihre Gefühle brachten sie noch irgendwann um, denn sie kam sich selbst unheimlich sprunghaft vor, wodurch sie die Gefühle Anderer verletzte. Das war nicht richtig und sie musste es endlich einmal auf die Reihe bekommen, sich nicht allzu sehr von ihren Gefühlen leiten zu lassen, sondern auch einmal darüber nachzudenken, bevor sie etwas tat.
Bevor sie Leonard küsste zum Beispiel, obwohl sie genau wusste, dass sie sofort zu Jonathan zurückgehen würde, wenn er ihr noch eine Chance gab.
Sie schniefte, doch genau in diesem Moment spürte sie, wie sich das Wasser um sie herum zurückzog. Verwirrt hob sie den Blick und bemerkte, dass es stockdunkel um sie herum war.
Panisch suchte sie nach den rettenden Lichtern vom Restaurant, das ganz in der Nähe lag, doch es war hinter dem Felsen verborgen.
Gerade als sie den Blick wieder nach vorn richtete, spürte sie eine Welle über sich zusammenschlagen. Sie wurde umgeworfen und schluckte salziges Wasser, was in ihrem Hals kratzte.
Panisch trat sie ins Wasser und suchte nach festem Boden, als ihr Kopf durch die Wasseroberfläche brach. Ihre Lungen füllten sich mit Luft und sich versuchte, sich zu orientieren.
Allerdings musste sie weiter vom Ufer weggespült worden sein, denn das Wasser reichte ihr bis zur Brust. Hektisch schwamm sie los, doch wieder brach eine Welle über ihr zusammen und drückte sie unter Wasser. Ganz offensichtlich war ein Sturm aufgekommen, denn sie wurde vom Wasser hin und her geworfen.
Sie durchforstete ihr Hirn, wie man sich in einer solchen Situation verhalten sollte, doch sie konnte keinen klaren Gedanken fassen. Kaum dass ihr Kopf wieder aus dem Wasser auftauchte, atmete sie heftig ein, um möglichst viel Luft in ihre Lungen zu bekommen, bevor sie erneut von einer Welle unter Wasser gedrückt wurde.
Noch einmal rollte eine Welle über sie hinweg, doch sie glaubte zu erkennen, aus welcher Richtung sie kam und sie tauchte in die entgegengesetzte. Sie tauchte wieder auf und suchte mit den ausgestreckten Armen nach dem Felsen, der hier irgendwo sein musste.
Sie fand nichts außer eiskaltem Wasser.
In diesem Moment realisierte sie, dass sie die Orientierung verloren hatte und in ziemlichen Schwierigkeiten steckte. Wieder klatschte das Wasser über ihr zusammen und sie spürte, wie sie durch das Wasser gewirbelt wurde.
Sie ließ sich treiben, denn gegen das Wasser anzukämpfen war viel zu anstrengend. Sie kam wieder an die Oberfläche und dieses Mal schrie sie, so laut sie konnte. Sie tastete vorwärts, noch immer auf der Suche nach dem Felsen, an dem sie sich bis zum Strand entlangtasten konnte, doch bevor sie irgendetwas fand, wurde sie wieder unter Wasser gezogen.
Ihre Lungen brannten und blanke Panik überkam sie. Sie wedelte mit den Armen und schrie, auch unter Wasser. Irgendjemand musste sie doch bemerken.
Plötzlich spürte sie Boden unter den Füßen und sie streckte die Arme aus, bis sie endlich den rettenden Felsen unter ihren Fingern spürte. Allerdings schlug genau in diesem Moment eine riesige Masse Wasser über ihr zusammen und schleuderte sie gegen den Felsen, sodass sämtliche Luft aus ihren Lungen gepresst wurde.
Panisch versuchte sie an die Oberfläche zu kommen, um zu atmen, aber kaum dass sie irgendwie Luft bekam, wurde sie schon wieder vom Wasser umspült. Sie spürte den harten Stein des Felsen in ihrem Rücken und ganz langsam versuchte sich, in Richtung des Strandes zu gehen, doch ihr wurde klar, dass sie es nicht allein schaffen würde.
Wieder schrie sie um Hilfe und dieses Mal kam es ihr vor, als würde ihr jemand antworten. Vielleicht war das aber auch nur ein Streich ihrer Fantasie, doch plötzlich spürte sie einen festen Griff um ihren Arm.
Jemand zog an ihr, dann spürte sie etwas, an dem sie sich festklammerte. Endlich blieb ihr Kopf mehr als ein paar Sekunden über Wasser und keuchend atmete sie ein. Ihre Lungen brannten wie Feuer und erst da erkannte sie, dass jemand sie in einen Rettungsring gelegt hatte, wie in einem Schwimmring.
Ihr Hintern war noch im Wasser, während der Ring unter ihren Achseln und ihren Knien sie über Wasser hielt. Der Ring bewegte sich, doch sie musste sich zu sehr aufs Atmen konzentrieren, als dass sie realisierte, wer sie da gerettet hatte.
Erst als sie über Sand gezogen wurde und ihr Herzschlag sich einigermaßen beruhigt hatte, sah sie sich um.
Auf einmal leuchtete ihr eine helle Lampe ins Gesicht und jemand sagte etwas auf Spanisch zu ihr das sie nicht verstand, dann hob sie jemand aus dem Ring und trug sie über den Strand. Sie hörte den keuchenden Atem ihres Trägers und erst als sie sich an seine Brust schmiegte erkannte sie, dass es Leonard war.
„Leonard", krächzte sie, doch er sagte nichts. Er trug sie im Laufschritt durch die Hotelanlage bis zu der kleinen Krankenstation, wo er sie auf der Liege ablegte.
Jede Menge Leute, die sie als Sanitäter erkannte, drängten sich um sie, doch sie konnte nichts sagen. Ihr Kleid wurde ihr vom Leib geschnitten, ebenso ihr Bikini, dann tasteten jede Menge Finger an ihr herum, verarzteten sie.
Sheila hatte nicht gespürt, dass sie irgendwo verletzt war und sie fühlte sich zu schwach, um an sich herunterzusehen.
Nach einer Weile tauchte auf einmal Jonathan auf, der sich besorgt über sie beugte und irgendetwas sagte, das sie nicht verstand.
Auf einmal fühlte sie sich unendlich müde und wollte nur noch schlafen. Sie spürte, wie Jonathan ihre Hand nahm, dann wurde es schwarz um sie.
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