Kapitel 56 - Jonas

Um Punkt sechzehn Uhr verließ Jonas sein Büro. Marc war schon vor einer halben Stunde gegangen, denn er war so aufgeregt wegen seinem Date gewesen, dass er sich ohnehin nicht mehr hatte konzentrieren können. Jonas schlenderte durch den langen Gang, der schon recht verlassen war. Nur wenige Kollegen waren noch da, unter anderem Mr. Perfect. 

„Schönen Feierabend", rief Jonas im Vorbeigehen, bekam allerdings keine Antwort. Mit einem Seufzen verließ er das Gebäude und trat in die Sonne. Der Boden war nass, also hatte es tatsächlich geregnet, allerdings hatte das kaum für Abkühlung gesorgt. Es mussten auch heute wieder knapp 30 Grad sein und auch wenn er eigentlich das warme Wetter mochte, war es in den letzten zwei oder drei Wochen etwas zu viel des Guten. 

Er zündete sich auf dem Weg zu seinem Auto noch eine Zigarette an, ließ sich anschließend auf dem Fahrersitz nieder und warf seinen Rucksack wie üblich auf die Rückbank. Erst da bemerkte er, wie sorglos er in diesem Moment war. Neben ihm saß weder Markus noch sonst irgendwer und das fühlte sich merkwürdig befreiend an. So als könnte er endlich einmal durchatmen und sich sortieren. 

Allerdings fiel ihm genau in diesem Moment wieder ein, dass Markus ihm so eine kryptische Nachricht geschickt hatte. Er wollte Dinge erledigen. Er musste ihn auf jeden Fall gleich fragen, was zur Hölle das sein sollte, denn wenn er schon damit anfing, Geheimnisse vor ihm zu haben, wäre das alles andere als ein gelungener Start ihres zweiten Versuchs. Jonas entschied sich, in Ruhe seine Zigarette zu Ende zu rauchen und sich dann auf den Weg zu machen. Markus erwartete ihn mit Sicherheit schon sehnsüchtig und je länger er ihn warten ließ, umso wütender wäre er. 

Nach wenigen Minuten schnippte Jonas den Stummel aus dem Fenster, startete den Motor und fuhr in Richtung Hotel, das im Moment sein zu Hause war. Blöderweise geriet er in den zähen Berufsverkehr, aber das war zu erwarten gewesen. 

Gerade als er sich an eine lange Schlange an einer Ampel anstellte, klingelte sein Handy. Er warf einen Blick auf die Anzeige am Armaturenbrett und war nicht zum ersten Mal froh über sein recht neues und gut ausgestattetes Auto. 

„Anruf von Markus. Wollen Sie den Anruf annehmen?", fragte eine weibliche Computerstimme und er antwortete laut und deutlich mit einem Ja. Sollte er jemals wirklich einsam sein, würde zumindest sein Auto noch mit ihm sprechen. 

„Hey, ich bin noch unterwegs", begrüßte er Markus, bevor der auch nur einen Ton hatte sagen können. 

„Okay, ich habe mir schon Sorgen gemacht", erwiderte er, allerdings klang er eher wütend als besorgt. 

„Ziemlich viel Verkehr. In zehn Minuten sollte ich aber da sein", sagte er und tatsächlich ging es nun ein wenig schneller voran. 

„Gut. Ich... ich muss dir nämlich was sagen", platzte Markus heraus und sofort wurde Jonas misstrauisch. Konnte das nicht noch zehn Minuten warten, bis er ohnehin bei ihm war? Er holte tief Luft, um sich zu beruhigen. 

„Was denn?", fragte er dennoch, was Markus ein wenig herumdrucksen ließ. 

„Sag schon. Oder warte noch die paar Minuten, bis ich da bin. Der Verkehr ist echt zäh und ich muss mich ein bisschen konzentrieren", sagte Jonas etwas unfreundlicher aus nötig, aber irgendwie nervte Markus ihn in diesem Moment. Er war doch kein Kind mehr, das sich nicht traute, eine Dummheit zuzugeben. 

„Gut, dann sehen wir uns gleich", erwiderte Markus genau so pampig und legte auf. Jonas stieß die Luft aus, die er unwillkürlich angehalten hatte. Er konnte nicht so recht sagen, wieso er so schnell gereizt war, aber noch immer hatte er das Gefühl, dass Markus ihn einengte, ihm keinen Raum ließ, um sich zu sortieren.

Jonas stützte den Ellbogen auf der kleinen Kante an der Tür ab, an der das Fenster eingesetzt war und lehnte den Kopf darauf ab. Dass er sich beim Fahren konzentrieren musste, war nur eine Ausrede gewesen. 

Erst da wurde ihm bewusst, dass er Markus anschwindelte. Natürlich war das nicht wirklich schlimm, dass er ihn so am Telefon abgewürgt hatte, aber zwischen ihnen war nicht diese blinde Offenheit und Vertrautheit, wie sie zwischen Matthias und ihm bestanden hatte. Wäre es Matthias gewesen, der ihm kryptische Nachrichten geschrieben und ihn angerufen hätte, wäre es ihm viel leichter gefallen, einfach zu sagen, dass er ohnehin in wenigen Minuten da wäre und dass er gefälligst nicht so herumdrucksen sollte. 

Jonas wusste nicht so recht, wie man es beschreiben sollte, aber bei Matthias dachte er meistens nicht darüber nach, was er sagte. Vielleicht lag das auch einfach daran, dass er und Markus erst seit wenigen Tagen wieder Kontakt hatten. 

Ein erneutes Seufzen entfuhr ihm, gerade als er den Parkplatz vor dem Hotel erreichte. Er schaltete den Motor ab, kramte sein Zeug zusammen und verließ das Auto. Beinahe erwartete er, dass Markus ihm entgegen kam, aber glücklicherweise war er nirgends zu entdecken. 

Jonas ging den kurzen Weg bis zum Eingang des Hotels und betrat es. Die Frau hinter der Rezeption nickte ihm freundlich zu, aber er beachtete sie nicht weiter. Geradewegs lief er die Treppen nach oben und ging über den weichen Teppich bis zu ihrem Zimmer. Noch bevor er nach der Schlüsselkarte kramen konnte, wurde die Tür von innen geöffnet und Markus sah ihm freudestrahlend entgegen. 

„Da bist du ja", rief er aus, trat beiseite und ließ ihn hereinkommen. 

„Viel Verkehr", murmelte er nur, ließ seinen Rucksack neben dem Bett auf den Boden fallen und zog die Schuhe aus. Markus schloss die Tür wieder und kam ein wenig schnaufend auf ihn zu, als sei er eben noch gerannt. Unschlüssig stand Jonas da, bis Markus die Arme ausbreitete und ihn blitzschnell in eine feste Umarmung zog. 

„Du hast mir gefehlt", hauchte er an seinem Ohr und küsste ihn auf die Wange. Jonas verdrehte die Augen, denn er war ja nur für ein paar Stunden auf der Arbeit gewesen. 

„Du wolltest reden", erinnerte Jonas ihn, denn er wollte den unangenehmen Teil so schnell wie möglich hinter sich bringen. Erst da ließ Markus ihn los, griff nach seiner Hand und zog ihn die wenigen Schritte zum Bett. Mit sanfter Gewalt zwang Markus ihn, sich auf die Bettkante zu setzen, bevor er sich neben ihm niederließ. Seine Hand umklammerte noch immer die seine. Markus saß seitlich zu ihm und als er den Kopf ein wenig drehte, fing er sofort seinen Blick auf. 

„Wir müssen heute zurück fahren", sagte Markus merkwürdig gehetzt. Seine Lippe zitterte, als hätte er Angst vor seiner Reaktion. Jonas lachte leise und freudlos. 

„Das geht nicht. Ich muss morgen arbeiten", sagte er, denn es kam absolut nicht in Frage, dass er krankfeierte. Das konnte er einfach mit seinem Gewissen nicht vereinbaren. Markus rutschte unruhig hin und her, bevor er den Druck um seine Hand verstärkte. 

„Du verstehst das nicht, es ist wirklich dringend", sagte er, was Jonas die Augen verdrehen ließ. Er entzog Markus seine Hand, stemmte sie stattdessen in die Hüfte und funkelte ihn an. 

„Was ist los? Sag es endlich", forderte er, was Markus noch einmal tief Luft holen ließ. 

„Ich muss ins Sozialhilfezentrum in Creutzwald. Sie... sie haben heute Morgen angerufen, weil mich jemand angeschwärzt hat, dass ich nicht in Frankreich bin. Sie wollen meine Sozialhilfe streichen, wenn ich mich nicht umgehend persönlich dort melde", erklärte er und Jonas brauchte einen Moment lang, bis er den Sinn seiner Worte begriff. Natürlich war es klar, dass Markus von Sozialhilfe lebte, immerhin arbeitete er nicht. Dennoch verwirrten ihn seine Worte. 

„Können die das denn machen? Ich meine... ich habe keine Ahnung, wie das da abläuft, aber...", setzte er an, doch Markus fiel ihm ins Wort. 

„Ich habe keine Ahnung! Ich muss nur hin und wieder dort vorbeischauen und... das war sicherlich Antoine! Er hat denen gesagt, dass ich mit dir hier bin", sagte er auf einmal und wirkte vollkommen sicher, dass es so gewesen sein musste. Jonas seufzte. All das waren Probleme, mit denen er sich nicht wirklich befassen wollte. 

„Hättest du nicht einfach die Wahrheit sagen können? Dass du ein paar Tage zu Besuch bei mir bist?", fragte Jonas, stand auf und fing an, unruhig hin und her zu gehen. Natürlich wollte er nicht, dass Markus sein Geld nicht bekam, immerhin würde er ihm dann komplett auf der Tasche liegen, aber er konnte heute unmöglich mit ihm bis nach Creutzwald und wieder zurück fahren. 

Auf einmal zuckte Markus heftig zusammen und erst da bemerkte Jonas, dass seine Worte vielleicht nicht wirklich klug gewesen waren. Er hielt in seiner Wanderung inne und sah ihn unsicher an. In Markus Blick lag unverkennbar Wut und er schnaubte verächtlich. 

„Es ist wirklich wichtig, Schatz. Wir wollen doch ohnehin bald zurück, da ist es doch egal, ob wir nun schon ein paar Tage früher fahren", sagte er eindringlich, griff erneut nach seiner Hand und zog ihn näher zu sich. Jonas schüttelte den Kopf. 

„Ich kann nicht von heute auf morgen hier abhauen. Ich muss hier erst alles regeln, das geht nicht so schnell", sagte er bestimmt, denn so eine Auswanderung auf Dauer sollte geplant sein. Das ging nicht von jetzt auf gleich, das musste Markus doch einsehen. 

Markus legte den Arm um seine Hüfte, zog ihn zwischen seine Beine und drückte ihn auf seinen Schoß. Jonas ließ es zu und schlang automatisiert den Arm um seine Schultern, damit er nicht herunterrutschte. 

„Und ich kann nicht länger ohne dich sein", sagte er, als wäre das alles, was nötig wäre. Jonas schüttelte den Kopf. 

„So einfach geht das nicht. Ich brauche eine neue Arbeit, wir brauchen eine Wohnung und...", setzte er an, doch Markus brachte ihn mit einem Kuss zum Verstummen. 

„Die Lösung ist ganz einfach. Heirate mich. Dann bekommst du auch Sozialhilfe in Frankreich und so können wir die Zeit überbrücken, bis wir wieder arbeiten. Und meine Wohnung ist zwar nicht groß, aber... bis wir uns was Besseres leisten können, tut die es schon", erwiderte er, offensichtlich verleugnend, dass es alles andere als leicht war, sein ganzes Leben aufzugeben und woanders ein neues anzufangen. 

„Das geht nicht. Ich muss meine ganzen Sachen doch irgendwie transportieren und meine Arbeit... wir stecken gerade in einem Fall drin und ich kann im Moment nicht einfach abhauen. Außerdem...", setzte er an, unterbrach sich aber. Markus sah ihn aufmerksam an. 

„Außerdem?", hakte er nach. Jonas seufzte schwer, denn er musste Markus irgendwie klar machen, dass seine Vorstellung vollkommen realitätsfern war. 

„Außerdem ist diese ganze Sache mit uns doch noch so frisch. Gib uns etwas Zeit", sagte er und wandte vorsorglich den Blick auf den Boden, denn ihm war klar, dass Markus verärgert sein würde. 

„Ich habe schon elf Jahre gewartet, dass ich dich endlich wieder in den Armen halten kann. Ich will nicht mehr warten", sagte er matt. Obwohl seine Stimme ruhig klang, fing sein Körper an zu beben. Komischerweise berührten Jonas diese Worte, denn ihm war klar, dass sie in diesem Moment nicht auf einen Nenner kommen würden. Er entschied sich, das Thema vorerst zu wechseln. 

„Du hast wirklich so lange auf mich gewartet?", fragte er, denn allein die Vorstellung, dass Markus seit elf Jahren niemand anderen mehr in sein Herz geschlossen hatte, kam ihm absolut abwegig vor. Markus räusperte sich. 

„Nun, ich habe hin und wieder Typen getroffen, aber das waren nur einmalige Treffen. Nichts Ernstes", sagte er, allerdings brannte Jonas noch eine ganz andere Frage unter den Nägeln. Er hatte ihn damals mit einer Frau betrogen. Das schmerzte irgendwie besonders, er konnte gar nicht so genau sagen, wieso. 

„Und diese Tussi, mit der du mich damals betrogen hast?", fragte er leise und fing an, unsicher an seinen Fingern herumzuknibbeln. Markus zuckte unsanft zusammen. 

„Das war ein einmaliger Ausrutscher", sagte er fest, aber allein die Vorstellung von Markus mit einer Frau verursachte ihm Übelkeit. Immerhin war er der festen Überzeugung, dass Markus ausschließlich auf Männer stand, genau wie er selbst. 

Bei Matthias war das anders. Offensichtlich, immerhin hatte Matthias zwei leibliche Kinder. Eilig schüttelte er den Kopf, um Matthias aus seinen Gedanken zu vertreiben, aber es gelang ihm nicht. Würde Matthias nun, da er Single war, womöglich mit jemandem anbandeln? Jonas spürte einen Stich in seinem Herzen, denn auch wenn das heuchlerisch war, wollte er es nicht. Weder mit Oskar, der so offensichtlich in Matthias verliebt war, noch mit sonst irgendwem. 

„Glaubst du mir nicht? Wenn es dich beruhigt, es hat mir – soweit ich mich erinnere – noch nicht einmal wirklich gut gefallen. Du bist schon immer der Richtige für mich gewesen. Das weiß ich, seit ich dich das erste Mal gesehen habe", sagte Markus vollkommen von sich überzeugt. Jonas schüttelte wieder den Kopf. 

„Warum hast du dann mit ihr geschlafen?", fragte er leise, auch wenn ihm klar war, dass sie diese Diskussion schon einmal geführt hatten, nämlich vor elf Jahren. Markus lachte bitter. 

„Ich werde nicht mit dir über meinen Fehler von vor über einem Jahrzehnt sprechen. Darüber haben wir schon mehr als genug gesprochen. Vielleicht wäre es sinnvoll, über das Offensichtliche zu sprechen", sagte Markus, schob ihn von seinem Schoß herunter und erhob sich. Mit in den Hüften gestemmten Händen baute er sich vor ihm auf. Jonas wurde mulmig zumute, ein vertrautes Gefühl, wenn er bei Markus war. 

Sofort bereute er, sich eben noch so sicher gefühlt und ihm ein wenig Paroli geboten zu haben. In dieser Beziehung waren sie sich nicht ebenbürtig, so wie Matthias und er es gewesen waren. Diese Erkenntnis, die eigentlich nicht neu war, traf ihn unerwartet und gleichzeitig ärgerte er sich über sich selbst, dass er es zuließ, sich unterbuttern zu lassen. 

„Du bist eifersüchtig, was Matthias mit anderen machen könnte. Darum geht es doch die ganze Zeit. Schon gestern Abend. Du bist eifersüchtig auf diesen Typen, der mit ihm hier war, weil du ihn noch immer liebst", sagte Markus wütend und vorwurfsvoll. Überrascht und vielleicht auch ein wenig ertappt hob Jonas den Blick, ein eindeutiges, stummes Schuldeingeständnis. Markus schnaubte verächtlich, schlug die Hände über dem Kopf zusammen und drehte sich einmal um sich selbst. 

„Jetzt kapiere ich es. Du willst gar nicht hier sein. Deswegen willst du auch nicht mit mir zurückfahren, weil du dein Leben gar nicht für mich ändern willst", warf er ihm an den Kopf, wütend und aufgebracht. Jonas sank in sich zusammen. Er hatte keine Ahnung, was er wollte. Wie sollte er das auch herausfinden, wenn Markus ihn die ganze Zeit in Beschlag nahm? Allmählich fing es auch in ihm an zu kochen und ihm wurde klar, dass er Markus verständlich machen musste, was er fühlte. Für eine Sekunde schloss er die Augen, wie um sich zu wappnen, dann straffte er die Schultern und hob den Blick. 

„Ja, kann sein, dass ich ihn noch liebe und nicht will, dass er direkt mit jemand anders was anfängt. Aber das alles hier zwischen uns, das hat mich vollkommen überrumpelt. Das war nicht geplant, es ist einfach so passiert und... ich habe keine Ahnung, was ich will! Ich muss das erst noch rausfinden, aber das kann ich nicht, wenn du mich ständig mit deinen Gefühlen erdrückst", platzte es aus ihm heraus und es fühlte sich an, als wäre endlich diese Blase der unterdrückten Gefühle in ihm geplatzt. Nach und nach strömte alles aus ihm heraus, seine Liebe für Matthias, an der er noch vor einer Woche keine Sekunde lang gezweifelt hatte, gemischt mit den heißen, brennenden und von Schuldgefühlen getriebenen Liebe zu Markus. 

„Was soll das heißen, du hast keine Ahnung, was du willst? Du hast mir gesagt, dass du mich liebst und dass du mich heiratest. War das... war das alles gelogen?", entrüstete Markus sich, kam drohend näher und deutete mit dem ausgestreckten Zeigefinger direkt in sein Gesicht. Jonas Herz raste und am liebsten wäre er einfach weggelaufen. Mit jeder Sekunde, die verstrich, wurde Markus Blick wütender. 

„Weißt du was, wenn es das ist, was du willst, dann geh doch. Verschwinde! Geh zurück zu ihm und lebe für immer mit den Schuldgefühlen, dass du mit mir geschlafen hast. Dass du eigentlich mich liebst, es dir nur nicht eingestehen willst. Na los, hau schon ab!", schrie Markus so laut, dass Jonas erschrocken zusammen zuckte. 

Das war doch alles nur ein schlechter Scherz. Markus Temperament war unberechenbar. So etwas sagte man doch nicht, wenn man jemanden liebte, oder? Aber was wusste er denn schon? Man schlief auch nicht mit anderen, wenn man jemanden liebte, so wie er es getan hatte. 

„Worauf wartest du?", fragte Markus auf einmal läppisch, machte eine scheuchende Handbewegung auf die Tür und sah ihn ungeduldig an. Verwirrt erhob Jonas sich, langsam und zögernd. Unsicher sah er Markus an und versuchte, irgendetwas in seinem Blick zu lesen. Meinte er das wirklich ernst oder war das nur ein Test? 

„Ich soll...", setzte er an, aber Markus fiel ihm scharf ins Wort. 

„Du sollst endlich kapieren, dass ich dich liebe! Ich würde alles für dich tun. Aber was bringt das, wenn du nicht genau so empfindest? Wenn du nicht auch bereit bist, dich auf unser neues Leben einzulassen?"

Jonas Herz sank ihm in die Hose. Markus machte ihn vollkommen wahnsinnig. Als er zögerlich zu ihm sah, erkannte er Tränen auf seinen Wangen. 

„Du... du verwirrst mich. Ich...", startete er einen neuen Versuch, aber Markus ließ ihn schon wieder nicht ausreden. 

„Es ist ganz einfach Jonas. Ich liebe dich. Ich will heute mit dir nach Hause fahren. Brich deine Zelte hier ab, jetzt sofort. Was hält dich noch hier? Materielle Dinge können wir ersetzen und Arbeit ist nicht alles im Leben. Wenn du das nicht willst, dann geh und mach mir keine Hoffnungen mehr. Aber vergiss nicht, dass du zu mir gekommen bist. Wir sind zusammen hier und das nicht ohne Grund. Matthias wird dir nicht verzeihen, immerhin hast du ihn betrogen und mit ihm Schluss gemacht. Meinst du, das kann er einfach so vergessen?", redete Markus in einer Tirade auf ihn ein. 

Jonas glaubte, bei jedem weiteren Wort, das aus seinem Mund kam, weiter in einen Abgrund zu rutschen. Ihm war klar, dass Markus ihn mürbe machen würde. Das war ihm schon die ganze Zeit klar. Aber was sollte er tun? Matthias anflehen, ihm noch eine Chance zu geben? Könnte er das mit sich selbst vereinbaren? 

Auf einmal spürte Jonas den Boden unter sich. Seine Beine hatten ihm den Dienst versagt und er war auf den Hintern gefallen. Tränen liefen über seine Wangen, seine Nase verstopfte und er schniefte. Er vergrub das Gesicht in den Händen und weinte bitterlich. Der harte Boden fühlte sich auf einmal ganz und gar nicht mehr hart an, als er sich darauf zu einer Kugel zusammenrollte. 

Ganz weit weg hörte er ein Geräusch, das wie eine zuschlagende Tür klang, aber er nahm es gar nicht richtig wahr. Viel zu groß war der Schmerz, der ihn verzehrte. Die Scherben, in die sein Leben zerbrochen war, bohrten sich wie spitze Messer in sein Herz. Aber er hatte diese Schmerzen verdient, er hatte Markus Ausraster verdient und er hatte verdient, dass er Matthias nie wieder sah. 

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