Kapitel 31 - Matthias

Die Wohnung war verlassen. Jonas war nicht hier und all sein Zeug war noch da. Matthias war außer Atem, so schnell war er die Treppe noch oben gelaufen, in der Hoffnung, Jonas wäre hier und womöglich bereit, mir ihm zu reden. 

Unschlüssig stand er im Wohnzimmer, bis sein Magen sich bemerkbar machte. Es fühlte sich vollkommen falsch an, so banale Dinge zu tun, während sein Leben gerade vollkommen aus den Fugen geriet. 

Sein Blick wanderte zur Küchenzeile und er erinnerte sich, dass er den Burger von gestern für Jonas aufbewahrt hatte. Er seufzte, ging zur Mikrowelle und öffnete sie. Auch wenn er sicherlich nicht mehr so gut schmeckte wie gestern, würde er seinen Magen füllen. Er schlug die Tür wieder zu, stellte die Zeit ein und kramte sein Handy aus der Hosentasche. Natürlich gab es kein Lebenszeichen von Jonas und ihn noch einmal anzurufen erschien ihm ebenfalls zwecklos. 

Auf einmal kam ihm eine Idee. Er schien seine Nummer blockiert zu haben, aber sicherlich hatte er nicht daran gedacht, ihn auch bei Facebook zu blockieren. Sie beide waren nicht wirklich aktiv in den sozialen Medien, aber genau wie er selbst vertrieb er sich die Zeit damit hier und da herumzuscrollen. 

Mit zitternden Fingern klickte er auf Jonas Profil. Sein Profilbild war schon ziemlich alt und auch wenn sie beide inzwischen Mitte dreißig waren, sah Jonas noch genau so aus wie auf dem Bild. Sicherlich hatte er das ein oder andere Fältchen um die Augen und seine Gesichtszüge wirkten reifer, aber er war noch immer sehr jung geblieben. Was vielleicht auch ein wenig an seinem Körper lag, denn er war ziemlich sportlich. Anders als bei ihm selbst hatte Jonas noch keinen Bauchansatz und seine Arme waren drahtig muskulös. 

Kopfschüttelnd vertrieb er den Gedanken an seinen Körper und klickte auf das Nachrichtensymbol. Einen Versuch war es wert. Seine Finger schwebten über der Tastatur, aber auf einmal wusste er nicht, was er schreiben sollte. Seine Gefühle in einer einfachen Textnachricht auszudrücken war viel schwieriger als gedacht, vor allem weil er selbst nicht wirklich wusste, was er fühlte. Er war verletzt, weil Jonas ihn betrogen hatte, wütend, weil er sich ihm ohne Erklärung einfach entzog und schwermütig, weil er ihn noch immer liebte und ihn nicht verlieren wollte. 

Matthias spürte, wie er sich mehr und mehr verloren fühlte. Er musste dringend mit Jonas sprechen, er wollte seine Hand halten und ihm sagen, dass alles wieder gut werden würde. Mühsam schluckte er, denn auf einmal wurde es um seine Brust eng. Wie sollte er Jonas nur davon überzeugen, dass er sie beide nicht aufgeben wollte? Geradeheraus? Sein Handydisplay wurde schwarz und eilig tippte er es an. Als das Eingabefeld wieder sichtbar war, fingen seine Finger wie von allein an, zu schreiben.

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Eine halbe Stunde später war sein Handy noch immer stumm. Der Burger war verputzt und eine seltsame Stille machte sich breit. Jonas fehlte, mit jeder Sekunde mehr. 

Plötzlich vibrierte sein Handy und obwohl das Geräusch nicht wirklich laut war, zuckte er zusammen und griff fahrig danach. Als er jedoch erkannte, dass es nicht Jonas war, der sich meldete, sondern sein bester Freund Oskar, stöhnte er und verdrehte die Augen. Er klickte die Nachricht an und auch wenn er nicht wirklich große Lust hatte, irgendetwas zu tun außer auf Jonas zu warten, lächelte er bei den Worten.

„Bin auf dem Weg zu dir. Ist doch okay, oder?", schrieb Oskar und es war klar, dass er mal wieder mit Johnny, seinem Mann, Streit hatte. Wie so oft in den letzten Monaten. Oder waren es Jahre? Kopfschüttelnd tippte er eine Antwort ein. 

„Okay. Könnte ohnehin mal eine Schulter zum Anlehnen brauchen", schrieb er und spürte, dass es anscheinend sein unterbewusstes Verlangen war, mit jemanden über all das zu reden. Sicherlich war Oskar bereit, ihm zuzuhören, ohne irgendwelche gut gemeinten Ratschläge zu geben. Er sah, dass Oskar sofort eine Antwort eingab. 

„Bin in zehn Minuten da. Was ist denn los? Muss ich mir Sorgen machen?", schrieb er und kurz musste er überlegen. Musste Oskar sich Sorgen machen? Tja, keine Ahnung! Würde Jonas sich in ein paar Tagen wieder einkriegen, sich ordentlich entschuldigen und ihm beichten, was alles genau passiert war, sicher nicht. Aber würde Jonas sich weiterhin jedem Kontaktversuch entziehen, womöglich noch heimlich sein ganzes Zeug aus der Wohnung schaffen, wenn er auf der Arbeit war und einfach aus seinem Leben verschwinden, dann vermutlich schon. 

Er entschied sich, einfach die paar Minuten abzuwarten, bis Oskar da war und ihm dann alles zu erzählen. Immerhin war Oskar schon sein Freund seit sie Kinder waren und er kannte ihn wahrscheinlich besser, als die meisten anderen. Sie standen sich sehr nahe, ausgenommen von einem halben Jahr Abstand, nachdem sie beide so etwas wie eine Affäre gehabt hatten. Aber das war eine ganz andere Geschichte und längst vorbei. Matthias empfand nicht mehr so für Oskar und er hatte ihm verziehen, dass er ihn nur als eine Ablenkung gesehen hatte, als Johnny nicht da gewesen war. 

Eilig verdrängte er den Gedanken an früher und erhob sich vom Esstisch. Er beschloss, sich eine kurze Hose anzuziehen, denn all die lustigen Sprüche, die man im Sommer überall im Internet über Dachwohnungen und Hobbits, die Ringe hineinwarfen fand, entsprachen so ziemlich der Wahrheit. 

Er ging ins Schlafzimmer, pellte sich aus seiner Jeans und ließ sich achtlos auf den Boden fallen, genau so wie seine Socken und schlüpfte stattdessen in seine kurze Sporthose. 

Als er wieder ins Wohnzimmer ging und den Ventilator neben dem Sofa einschaltete, klingelte es. Auch wenn er wusste, dass es Oskar war, keimte für eine Sekunde die Hoffnung in ihm auf, es wäre Jonas. Eilig verdrängte er den Gedanken, denn dass Jonas hier auftauchte, schien ihm wirklich unwahrscheinlich. 

Er schlurfte durch den Flur, drückte den Türöffner und öffnete die Wohnungstür. Sofort drang stickige Luft aus dem Treppenhaus herein und er flehte innerlich, dass Oskar sich beeilte. Anscheinend hatte Oskar ihn erhört, denn schon nach wenigen Augenblicken kam er außer Atem die Treppe hochgelaufen. 

„Hey", sagte er und lächelte. Matthias erwiderte es und betrachtete seinen Freund eindringlich. Er trug genau wie er eine kurze Sporthose zu seinen Turnschuhen und ein einfaches weißes T-Shirt. Seine blonden Haare waren wie üblich gekonnt in Form gebracht und seine braunen Augen blitzten hinter seiner schwarzen, eckigen Brille. Er sah ziemlich zufrieden aus, daher nahm Matthias an, dass der Streit mit Johnny, der ihn aus dem Haus getrieben hatte, nicht allzu schlimm war. 

„Was ist denn mit dir passiert?", fragte Oskar und sein Lächeln fiel abrupt aus seinem Gesicht. Matthias schluckte schwer, denn offensichtlich sah man ihm an, dass etwas ganz und gar nicht in Ordnung war. Bevor er antwortete, trat er einen Schritt beiseite und ließ ihn hereinkommen. Oskar befolgte seine stumme Aufforderung und wischte sich mit dem Finger den Schweiß von der Schläfe. 

„Es ist wahnsinnig heiß draußen", beschwerte er sich, während Matthias sie Wohnungstür schloss und anschließend vor Oskar her ins Wohnzimmer lief. Hier war es zumindest ein wenig kühler als im Flur und als er sich schwungvoll auf dem Sofa niederließ, spürte er den seichten Wind des Ventilators auf seiner Haut. 

Oskar setzte sich neben ihn, die Arme und Beine von sich gestreckt und den Kopf auf der Lehne des Sofas abgelegt, sodass er an die Decke sah. Auf einmal fühlte Matthias sich beklommen. Es kam ihm absolut unwirklich vor, zu sagen, dass es zwischen ihm und Jonas aus sein könnte. Und zwar endgültig, für immer und ewig. Tränen sammelten sich allein bei dem Gedanken daran in seinen Augen und drohten überzulaufen. 

„Was ist los?", fragte Oskar auf einmal und keine Sekunde später hatte er sich aufrechter hingesetzt und sich ihm zugewandt. Matthias spürte den musternden Blick auf sich und panisch wischte er sich die Tränen aus den Augenwinkeln. 

„Ist irgendwas passiert? Sag schon", forderte Oskar, eindeutig besorgt und Matthias sah, dass er sich näher an ihn heran beugte. Keuchend ließ er die Luft entweichen, bevor sein Blick wieder fokussiert wurde und er in Oskars vertrautes Gesicht sah. Er hatte die Augenbrauen zusammengezogen und hatte diesen Blick drauf, bei dem man nicht genau wusste, ob er gleich wütend wurde oder anfing zu weinen. 

Noch einmal warf Matthias einen schnellen Blick auf sein Handy, aber natürlich schwieg es. Als er anschließend zu Oskar sah, spürte er, dass es ihn eindeutig erleichtern würde, wenn er mit ihm darüber sprach. Einfach mal all seine Gedanken aussprechen. 

„Jonas hat mit Markus geschlafen und ist seitdem nicht mehr zurückgekommen. Ich erreiche ihn seit dem nicht mehr und langsam verzweifle ich", platzte es aus ihm heraus und schon jetzt schien eine Last von ihm abzufallen. 

Oskars Reaktion kam prompt. Er riss vollkommen überrascht die Augen auf und seine Kinnlade klappte sprichwörtlich nach unten. 

„Was?", rief er aus und schüttelte ungläubig den Kopf. Matthias räusperte sich. 

„Wann war das?", hakte Oskar nach, während er langsam, so als wäre er in eine Schockstarre gefallen, näher zu ihm rutschte und seine Hand auf seiner Schulter ablegte. 

„Samstag. Er ist nach Frankreich zu einem Geburtstag gefahren und da ist er ihm wohl begegnet. Er hat mich gestern angerufen, vollkommen aufgelöst und hat es mir gesagt. Seitdem ignoriert er mich", berichtete er und irgendwie kam ihm das alles schon viel länger her vor. Oskar schnaubte verächtlich. 

„Ich kann nicht glauben, dass er das getan hat. Ich meine... ihr wart doch glücklich, oder?", fragte er, allerdings wurde seine Stimme mit jedem Wort leiser, als hätte er Angst, dass seine Worte ihn verletzten. Wieder schossen ihm Tränen in die Augen und er zuckte übertrieben mit den Schultern. Wut kroch hervor und bestimmten seine Worte. 

„Ich habe keine Ahnung, verdammt! Ja, ich dachte, wir wären glücklich! Deswegen raffe ich es auch nicht, wir haben uns noch nicht einmal gestritten, es war eigentlich alles wie immer", redete er sich in Rage und es tat gut, die Wut rauszulassen. Sie würde nur stören, wenn Jonas wirklich auftauchte. 

„Und... seit dem erreichst du ihn nicht mehr? Ist er denn noch in Frankreich bei diesem Typen?", wollte Oskar wissen, was Matthias den Kopf schütteln ließ. 

„Nein, er... er ist hier. Irgendwo. Immerhin war er auf der Arbeit, das weiß ich. Und er muss irgendwann vorbei kommen, sich neue Klamotten holen", fuhr er fort und einen Moment lang blieb Oskar stumm und starrte in die Leere, als würde er erst nach und nach begreifen, was er ihm da sagte. 

„Okay und... hat er dann Schluss gemacht?"

„Ich habe keine Ahnung! Er redet ja nicht mehr mit mir! Aber... ich will nicht, dass er Schluss macht", sagte Matthias und spürte, wie die Wut allmählich der Sehnsucht wich. Oskar nickte langsam, sah aber gleichzeitig gequält aus. 

„Du willst noch mit ihm zusammen sein, habe ich recht? Du verzeihst es ihm schon jetzt", bemerkte Oskar und erst da wurde Matthias so richtig bewusst, dass viele seine Entscheidung vermutlich nicht nachvollziehen konnten. Er schwieg einen Moment und dachte darüber nach, wie sein Leben wohl ohne Jonas sein würde. Es ging nicht. Er konnte es sich nicht vorstellen. 

„Ja, schon. Ich meine... er war sicher betrunken und Markus ist manipulativ. Er hat ihn da sicherlich bequatscht. Zumindest scheint Jonas ein ziemlich schlechtes Gewissen zu haben", erwiderte er, was Oskar mit einem Zungenschnalzen kommentierte. 

„Das ist Blödsinn. Tut mir leid, dir das sagen zu müssen, aber man wird bei so etwas nicht bequatscht. Das war seine Entscheidung, die er getroffen hat. Nimm ihn nicht in Schutz, nicht für diesen Fehler", fuhr er fort und wirkte auf einmal ziemlich geladen. 

Matthias sank tiefer in die Kissen. Klar, dass Oskar wütend war, immerhin hatte Jonas ihn verletzt, verletzte ihn noch immer, indem er ihn ignorierte. Auf einmal fiel ihm wieder ein, dass Markus Jonas schon zuvor Nachrichten geschrieben hatte. So als würde er ihn schon seit Wochen manipulieren, dass er einknickte, wenn sie sich endlich begegneten. Vorsichtig hob er den Blick, den Oskar sofort erwiderte. 

„Markus hat ihm in den letzten Wochen Nachrichten geschrieben, dass er ihn liebt. Jonas hat nicht darauf geantwortet, aber... na ja, das hat mich schon gestört", sagte er leise und fühlte sich dabei, als wäre er ein Kind, das zugab, einen Keks aus der Dose genommen zu haben. Da sprang Oskar auf einmal auf und zeigte mit dem ausgestreckten Finger auf ihn. 

„Lass dich doch nicht verarschen! Als ob das nicht schon länger geht", rief er aus, aber Matthias schüttelte vehement den Kopf. 

„Nein, das glaube ich nicht. Es ist nichts passiert bis dieses eine Mal am Samstag. Das weiß ich. Und er hat ein schlechtes Gewissen, nur deswegen zieht er sich zurück", widersprach er, was Oskar schnauben ließ. 

„Ja klar. Ich hoffe für ihn, dass er ein schlechtes Gewissen hat. Aber wenn er nicht hier ist, wo ist er denn dann? Womöglich hat er sich ein Hotelzimmer mit ihm genommen", sagte Oskar verächtlich und es war eindeutig, dass er Jonas nicht verzeihen konnte, dass er ihm das angetan hatte. Allerdings spürte er auch einen Stich in seinem Herzen, denn sollte Jonas wirklich gerade jetzt in diesem Moment mit Markus in einem Hotelzimmer sein... Er konnte den Gedanken noch nicht einmal zu Ende denken. Seine Hand wanderte an sein Herz, denn es fühlte sich an, als würde es in seiner Brust zerbrechen. Sofort war Oskar bei ihm, legte eine Hand an seinen Hinterkopf und zog ihn an seine Brust. 

„Hey, nicht weinen. Ich... ich will dir nicht auszureden, um ihn zu kämpfen. Mir ist klar, dass es möglich ist, zu verzeihen. Es ist nur... es tut auch mir weh, dich leiden zu sehen", sagte Oskar sanft in sein Haar. Matthias schlang die Arme um ihn und drückte ihn für einen Moment an sich, bis er sich wieder von ihm löste. Oskar setzte sich wieder neben ihn, allerdings deutlich näher als zuvor. 

„Und wie fühlst du dich jetzt?", fragte er sanft und auch wenn Matthias seine Gefühle nicht wirklich beschreiben konnte, wollte er es zumindest versuchen. 

„Ich... ich bin wütend auf ihn, weil er mir nicht die Chance gibt, mit ihm zu reden. Ich glaube, er geht davon aus, dass ich nach seinem... seinem Ausrutscher nicht mehr mit ihm zusammen sein will", sagte er und sah, wie Oskar langsam nickte. 

„Also... du willst mit ihm sprechen, ganz in Ruhe", stellte er fest, woraufhin Matthias nickte. Auf einmal lachte Oskar. 

„Das klingt ziemlich vernünftig", sagte er, was auch Matthias lächeln ließ. 

„Na ja... wir sind schon lange zusammen und... Aaliyah und er kommen ziemlich gut miteinander aus und... und ich liebe ihn. So habe ich echt noch nie für jemanden empfunden", gestand er, allerdings ließen seine Worte Oskar zusammenzucken. Einen Moment lang blieb er still und kaute gedankenverloren auf seiner Lippe herum. Als er den Blick wieder hob, sah er Matthias so tief in die Augen, dass er wie gebannt dasaß. 

„Es ist schön, dass du so jemanden gefunden hast. Aber glaubst du wirklich, er hat sich deine Liebe noch verdient, nach dieser ganzen Sache?", fragte er leise. Matthias schreckte zurück, denn auf einmal wurde Oskars Blick weich. In diesen Momenten war er sich nicht zu hundert Prozent sicher, ob Oskar wirklich nur freundschaftliche Gefühle für ihn hatte. Zwar hatten sie darüber schon zehn Jahre lang nicht mehr geredet, nach ihrer kleinen Affäre hatten sie dieses Thema totgeschwiegen, aber nicht zum ersten Mal glaubte Matthias, diesen gewissen Schimmer in Oskars Augen zu sehen. 

„Ich... ja, ich denke schon. Er hat Aaliyah mit aufgezogen, er liebt sie und sie liebt ihn", sagte er, allerdings war seine Stimme kaum mehr als ein Flüstern. Oskar schnalzte mit der Zunge. 

„Er ist doch nur der Wochenend-Stiefvater", brummte er, aber Matthias schüttelte den Kopf. Ja, er hatte recht, dass Aaliyah nur jedes zweite Wochenende und seit einiger Zeit auch mittwochs bei ihnen war, aber die beiden hatten eine wirklich enge Bindung zueinander. 

„Du verstehst das nicht, du hast keine Kinder", beendete er das Gespräch, denn so gern er Oskar auch hatte und so dankbar er in diesem Moment für seine Anwesenheit war, so richtig in andere hineinversetzen konnte er sich nicht. Oskar blieb stumm, eindeutig ein Eingeständnis, dass er ihm recht gab. 

„Ich hoffe nur, er meldet sich. Sonst weiß ich echt nicht, was ich tun soll. Oder was ich Aaliyah sagen soll", sagte er und lachte unsicher. 

„Warte doch jetzt erst einmal ab. Sicherlich beruhigt er sich in ein paar Tagen und du bekommst die Möglichkeit, noch einmal mit ihm zu reden. Ihr seid schon so lange zusammen, es so zu beenden wäre absolut daneben. Und auch wenn ich es nicht gern zugebe, Jonas ist schon okay", sagte Oskar, allerdings klang es sehr bemüht. Matthias musterte ihn noch einen Moment lang, bis Oskar den Kopf schüttelte und auf einmal etwas aus seiner Hosentasche kramte. 

„Hier, hab ich dir mitgebracht", sagte er und warf ihm ein kleines Tütchen in den Schoß. Verwirrt nahm er es und betrachtete es genauer. Es war eine kleine Menge Gras in einem durchsichtigen Tütchen. Sofort fing er an zu grinsen. 

„Soll das eine Aufforderung sein?", fragte er, obwohl er wusste, dass Oskar nicht viel davon hielt. 

„Tu dir keinen Zwang an. Ich dachte mir nur, wo ich Ville einmal gesehen habe, dass ich dir gleich etwas mitbringen kann", erklärte er sich. Matthias legte das Tütchen auf dem Wohnzimmertisch ab, denn er würde morgen fit sein müssen auf der Arbeit, da konnte er es sich nicht erlauben, heute zu rauchen. 

„Danke", sagte er und sah sich suchend nach seinem Portemonnaie um. 

„Bist eingeladen", brummte Oskar, der seinen suchenden Blick anscheinend richtig gedeutet hatte. 

„Und was war bei euch los? Du bist doch nicht einfach so abgehauen, oder?", fragte er, denn auch wenn er im Moment sicherlich mehr litt als Oskar, wollte er auch ihm die Möglichkeit geben, sich auszuheulen. Allerdings winkte er ab. 

„Ach, nicht wichtig. Ist auch gar nicht schlimm, musste nur mal kurz raus", sagte er, aber an seinem Blick sah Matthias, dass es gelogen war. Es war schlimm. Dennoch wollte er ihn nicht drängen, wenn er nicht darüber reden wollte. 

„Ja, ich... ich mach mich dann auch mal wieder auf den Weg. Wenn du willst, kannst du morgen früh Bescheid geben, ob Jonas sich gemeldet hat oder nicht. Oder ob ich meine Detektivfähigkeiten unter Beweis stellen muss und ihn suche, nur um ihm zu sagen was für ein Idiot er ist, dich so zu behandeln", lachte Oskar, allerdings wusste Matthias, dass er das durchaus tun würde. Eilig erwiderte er das Lachen, auch wenn es irgendwie komisch klang. 

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