Kapitel 93 - Sheila
Sheila lauschte Jonathans ruhigen Atemzügen und spürte das Gewicht seiner Hand auf ihrem Bauch. Es fühlte sich schön an und beinahe konnte sie vergessen, dass er sie nächste Woche allein lassen wollte. Zumindest hoffte sie, dass es nur eine Woche sein würde, denn sonst würde sie mit Sicherheit durchdrehen.
Seit sie vor einigen Stunden von der Arbeit wieder nach Hause gekommen war, schien alles in Ordnung zu sein. Jonathan war aufmerksam und ausgeglichen und ihre spontane Idee, mit ihm zusammen den Schwangerschaftstest zu machen, hatte sich als genau richtig erwiesen.
Bis Sonntag konnte noch viel passieren, vor allem weil sie ihm noch nicht ganz traute, dass er wirklich wieder gut gelaunt war. Noch immer glaubte sie, dass er jeden Moment wieder umschalten konnte und da war ihr die Idee gekommen. Sie war sich zu 95 Prozent sicher gewesen, dass der Test positiv sein würde und sie wollte ihn so vielleicht dazu ermutigen, sich an ihre guten Zeiten zu erinnern, wenn er nicht da war. Mit diesem Wissen würde es ihm hoffentlich schwerer fallen sie lange allein zu lassen.
Sheila strich ihm sanft über die Wange, doch er schlief wie ein Stein. Obwohl es schon recht spät war und sie langsam aufstehen musste, ließ sie ihn schlafen. Leise krabbelte sie aus dem Bett, schnappte sich frische Klamotten und verschwand ins Bad.
Noch immer lag der Test auf dem Rand des Waschbeckens. Sheila nahm ihn kurz in die Hand und betrachtete noch einmal den eindeutigen Strich auf dem Testfeld. Ein Kribbeln breitete sich in ihrer Brust aus. So lange hatten sie gehofft, dass der Test positiv ausfallen würde und nun war es wirklich so.
Sie legte den Test wieder dort hin, wo er gelegen hatte und machte sich fertig. Immer wieder warf sie einen Blick darauf und immer befürchtete sie für eine Sekunde, dass der Strich wieder verschwunden sein könnte, doch er blieb.
Nachdem sie sich gewaschen und die Zähne geputzt hatte, schob sie den Test zurück in die Verpackung. Sie ließ ihn liegen, damit Jonathan sich genau wie sie noch einmal versichern konnte, dass es wirklich wahr war.
Sie ging nach unten in die Küche, wo sie Kaffee aufsetzte. Doch irgendwie fühlte sie sich aufgekratzt und sie tippte unruhig mit den Fingern auf die Arbeitsfläche. Mit einem Seufzen ging sie zurück in den Flur, wo ihr Handy noch in ihrer Handtasche lag. Natürlich war der Akku leer und sie schloss es an dem Ladekabel am Sofa an. Sobald sie es wieder eingeschaltet hatte, wählte sie die Nummer ihres Bruders. Sie wollte ihm von dem Test erzählen und einfach nur seine vertraute Stimme hören, doch er meldete sich nicht. Sie versuchte es gleich noch einmal, vielleicht war er einfach nur zu langsam gewesen und tatsächlich wurde das Gespräch entgegen genommen, jedoch nicht von Matthias.
„Hi, hier ist Jonas", meldete sich Jonas, doch er klang abgehetzt und irgendwie so, als hätte er noch nicht viel geschlafen.
„Ist alles in Ordnung?", fragte Sheila automatisch, doch Jonas seufzte nur.
„Ja, nur das übliche. Matthias schläft noch seinen Rausch aus. Soll ich ihm was ausrichten?", fragte er dann und es war klar, dass er keine Lust hatte, mit ihr zu plaudern. Sheila schluckte. Hatte Matthias nicht gesagt, dass er versuchen wollte bis Montag nichts mehr zu trinken?
„Nein, ich sehe ihn ja heute Abend, oder?", stellte sie die Gegenfrage und einen Moment blieb es still am anderen Ende der Leitung.
„Ich bringe ihn schon irgendwie mit. Wir können ja nachher mal quatschen, wenn du Lust hast", sagte er und bemühte sich, freundlich zu klingen.
„Okay", murmelte Sheila und verabschiedete sich. Kurz starrte sie auf ihr Handy, dann lauschte sie, ob Jonathan vielleicht aufgewacht war, doch sie konnte ihn nicht hören.
Es fühlte sich schrecklich an, dass Matthias nicht für sie da war. Zwar konnte sie nicht erwarten, dass er 24 Stunden lang für sie verfügbar war, doch eigentlich hatte er immer Zeit, zumindest kurz mit ihr zu telefonieren.
Kurzentschlossen wählte sie die Nummer ihres Vaters. Bei ihm konnte sie sich wenigstens sicher sein, dass er nicht seinen Rausch ausschlafen musste. Er meldete sich schon nach dem zweiten Klingeln, doch er war kaum zu verstehen, denn Maxim und Tamara schrien beide wie am Spieß im Hintergrund.
„Warte einen Moment", hörte sie ihn genervt sagen, dann wurde eine Tür geschlossen und es war ruhiger.
„Was ist denn bei euch los?", fragte sie, doch Darren seufzte.
„Frag bloß nicht. Die beiden sind heute mit dem falschen Fuß aufgestanden", erwiderte er, was Sheila zum Grinsen brachte. Sofort musste sie daran denken, dass ihr und Jonathan genau das gleiche blühen würde.
„Ich muss dir was sagen", setzte sie an.
„Oh nein, was ist passiert?", fragte er unheilvoll, doch Sheila gluckste. Irgendwie war es merkwürdig, es auszusprechen, aber es musste raus. Sie konnte so etwas einfach nicht für sich behalten.
„Ich habe einen Schwangerschaftstest gemacht und der war positiv", sagte sie und spürte, wie ihre Hände anfingen zu schwitzen. Ihr Vater wusste, dass sie schon lange versuchten ein Kind zu bekommen, doch es war merkwürdig, es so direkt zu sagen. Eine ganze Weile war es still, dann stieß Darren hörbar die Luft aus.
„Das freut mich für euch. Wirklich. Weiß Jonathan es schon oder war er wieder schlecht drauf?", fragte er vorwurfsvoll und Sheila musste schlucken.
„Er war dabei, als ich den Test gemacht habe. Er schläft noch, aber gestern Abend war er ziemlich gut drauf", erklärte sie und kam sich vor wie ein kleines Kind, das sich für etwas rechtfertigte, von dem es eigentlich wusste, dass es nicht gut war. Aber Jonathan war gut für sie.
„Ich weiß, du liebst ihn, aber wenn er sich weiter benimmt wie ein Arsch solltest du dir wirklich überlegen, ob du das noch willst", sagte er, was Sheila schnauben ließ.
„Sag so etwas nicht. Wir arbeiten daran und wir wollen es beide wieder auf die Reihe kriegen", erwiderte sie und spürte, wie sich ein Kloß in ihrer Kehle bildete. Sicherlich war ihr Vater manchmal skeptisch und auch etwas zu misstrauisch, doch er sollte wissen, dass Jonathan eigentlich nicht so war.
„Ist ja gut. Ich will nur nicht, dass du verletzt wirst", gab er zurück und Sheila nickte.
„Ich weiß. Aber mach dir keine Sorgen", beschwichtigte sie ihn, doch er schien noch nicht wirklich überzeugt zu sein.
„Na gut. Wann habt ihr denn Zeit, noch einmal vorbei zu kommen?", fragte er dann.
„Ich weiß noch nicht. Ich muss gleich zur Probe für unsere Aufführung auf der Arbeit", sagte sie und warf schnell einen Blick auf die Uhr an der Wand. Sie hatte nur noch ein paar Minuten Zeit, bis sie los musste.
„Komm doch auf dem Rückweg kurz vorbei", schlug er vor.
„Okay, mache ich. Bis nachher dann", verabschiedete sie sich und ging in die Küche, um zumindest noch eine Tasse Kaffee zu trinken, bevor sie los musste. Sie ließ die Kanne auf der Warmhalteplatte stehen und schrieb Jonathan einen Post-it, dass sie bald zurück sei und ihn liebte. Dann machte sie sich auf den Weg. Erst als sie in ihrem Auto saß fiel ihr ein, dass sie ihren Vater noch gar nicht wegen der Werkstatt gefragt hatte und machte sich eine innerliche Notiz, dass sie ihn nachher fragen würde.
Eine halbe Stunde später betrat sie die Bühne im Varieté. Daniel und Karim warteten schon auf sie und es war ihr unangenehm, dass sie sie hatte warten lassen.
„Hi", rief sie und winkte. Daniel erwiderte den Gruß und lächelte, doch Karim kam auf sie zu und packte sie am Ellbogen. Er sah ganz und gar nicht freundlich aus und sofort wurde sie nervös.
„Kann ich kurz mit dir sprechen? Es ist wichtig", fragte er sie und sie nickte. Karim zog sie am Arm in den Raum hinter die Bühne, der noch menschenleer war. Er ließ sie los, schob die Hände in die Hosentaschen und sah sie nun beinahe schüchtern an.
„Was ist los?", fragte sie, doch sie ahnte schon, um was es ging. Oder besser gesagt um wen.
„Meine Schwester meint, sie würde sich nächste Woche mit deinem Mann treffen", sagte er nur und erwartete anscheinend eine Antwort von ihr. Sheila seufzte, denn genau deswegen hatten Jonathan und sie sich gestern gestritten.
„Ich weiß", erwiderte sie, woraufhin Karim sie ungläubig ansah.
„Wie du weißt es?", fragte er nach, doch Sheila nickte.
„Ja, er hat mir gesagt, dass sie sich nächste Woche treffen wollen. Anscheinend will sie ihm erklären, warum sie gelogen und gesagt hat, sie hätten etwas miteinander gehabt. Er will die Sache ein für alle mal klären", erklärte sie und sah in seinem Gesicht, dass er das nicht erwartet hatte.
„Ich wusste nicht, dass du das wusstest. Als sie es erzählt hat klang es eher so, als würde er das alles hinter deinem Rücken machen", bestätigte er Sheilas Vermutung, doch sie schüttelte den Kopf.
„Nein, ich weiß es und es ist okay. Er wird mir erzählen, wie es war", fuhr sie fort und er nickte langsam.
„Okay. Ich wollte dich nur warnen. Sie ist nicht so harmlos, wie er vielleicht denkt. Sie wird noch einmal versuchen, sich an ihn heranzumachen", sagte er dann und obwohl Sheila sich das schon gedacht hatte, schmerzten seine Worte.
„Ich weiß", gab sie zurück, woraufhin Karim sie mitleidig ansah.
„Es tut mir wirklich leid. Ich schaffe es nicht, sie davon abzuhalten", entschuldigte er sich, doch Sheila winkte ab.
„Schon gut. Er wird nichts machen, ich vertraue ihm", sagte sie ein wenig zu schnell, um wirklich überzeugend zu klingen, doch sie glaubte wirklich nicht, dass Jonathan etwas mit Karima anfangen würde. Karim nickte, wirkte allerdings zerknirscht.
„Es ist wirklich okay, mach dir keine Gedanken", sagte sie und stupste ihn am Arm an. Er nickte, doch er schien sich wirklich Sorgen zu machen.
„Na komm, Daniel wartet", sagte sie schließlich und ging wieder in Richtung Bühne. Daniel warf ihnen einen neugierigen Blick zu, doch er sagte nichts.
„Sollen wir noch einmal die Schritte durchgehen?", schlug Karim vor und Sheila nickte. Sie hatte noch gar nicht geprobt und hatte ein schlechtes Gewissen deswegen, doch sie würde es mit Sicherheit schnell lernen.
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Tatsächlich war es ihr gelungen während der Probe den Kopf frei zu bekommen, doch sobald sie sich von Daniel und Karim verabschiedet hatte und allein in ihrem Auto saß, fingen ihre Gedanken an zu kreisen. Karims Blick ging ihr nicht mehr aus dem Kopf.
Natürlich war ihr bewusst gewesen, dass Karima bei Jonathan noch nicht aufgegeben hatte und es gefiel ihr ganz und gar nicht, dass sie sich treffen wollten. Doch gleichzeitig musste er diese Sache aus der Welt schaffen. Er musste ihr deutlich machen, dass sie ihn in Ruhe lassen sollte. Anscheinend war er bisher noch nicht hartnäckig genug gewesen.
Hoffentlich würde er ihr wirklich erzählen, wie das Treffen laufen würde und sie vertraute auf ihre Intuition, dass sie erkannte, wenn er log. Sie schluckte schwer, denn eigentlich konnte sie ihn sich nicht als Lügner vorstellen. Er war einfach nicht der Typ dafür, doch ein kleiner Zweifel blieb und ließ sich nicht vertreiben.
Sie fuhr so schnell es ging zu ihrem Vater, denn es gab noch jede Menge vorzubereiten, bis die Gäste nachher kamen. Gerade als sie ihren Wagen in die Einfahrt ihres Vaters lenkte, sah sie Lisa mit den Kindern davonfahren. Sie winkten sich noch kurz zu, doch anscheinend hatte Lisa es eilig. Sheila stellte den Motor aus und ging zur Haustür. Noch bevor sie klingeln konnte, öffnete ihr Vater ihr die Tür.
„Da bist du ja", begrüßte er sie und zog sie in eine feste Umarmung. Es war ungewöhnlich, dass er sie so fest an sich drückte, doch es tat gut. Nach ein paar Sekunden löste er sich wieder von ihr und musterte sie von oben bis unten.
„Geht es dir gut?", fragte er und sie nickte.
„Ja, es ist alles in Ordnung", sagte sie, obwohl sie es eigentlich noch gar nicht so genau sagen konnte. Mit jeder Minute rückte der Montag näher, an dem Jonathan abreisen wollte.
„Gut. Dann komm mal rein, ich muss dir da noch etwas zeigen", sagte er, schloss endlich die Tür hinter ihr und sie folgte ihm ins Wohnzimmer. Schon als sie hereinkam sah sie, dass auf dem Sofa ein riesiges Chaos herrschte. Überall lag Zeug herum und erst als sie näher kam, erkannte sie, was es war.
Sie ließ sich auf eine freie Stelle nieder und strich über die Bilderrahmen. Es waren alles Fotos, auf denen ihre Mutter zu sehen war und Dinge, die sie von ihr bekommen hatten, aber irgendwie bei ihrem Vater gelandet waren. Sie erkannte die selbstgestrickten Schals, die sie vor etlichen Jahren von ihr bekommen hatten und solche Dinge. Fragend sah sie ihren Vater an, denn sie war sich sicher, dass das meiste von dem Kram bisher im Keller gelegen hatte.
„Das sind alles Dinge, die mit deiner Mutter in Verbindung stehen", sagte er und machte eine Geste auf das Zeug. Sheila zog die Augenbrauen zusammen, denn sie begriff nicht, auf was er hinauswollte. Darren seufzte, fuhr sich mit den Händen übers Gesicht und setze sich dann ebenfalls zu ihr.
„Lisa will die Sachen nicht mehr im Haus haben. Wenn du also irgendetwas davon haben willst, dann nimm es dir", sagte er und Sheila ließ den Blick über die ganzen Sachen schweifen. Doch gleichzeitig wurde ihr bewusst, dass irgendetwas passiert sein musste.
„Was hat sie denn gemacht?", fragte sie, denn eigentlich hatte sie den Eindruck gehabt, dass das Verhältnis zwischen ihren Eltern in den letzten Monaten etwas besser gewesen war. Wieder seufzte ihr Vater, bevor er sie eindringlich ansah.
„Matthias hat ihr gestern erzählt, was im Moment bei ihm los ist. Sie hat es nicht wirklich ernst genommen und sie war auch sonst nicht wirklich nett zu ihm. Das hat ihn ziemlich mitgenommen, auch wenn er immer sagt, es wäre ihm egal, was sie sagt. Er hat sich gestern betrunken und Jonas war kurz davor, mit ihm ins Krankenhaus zu fahren. Er hat uns angerufen und gefragt, was er tun soll und da hat Lisa eine Krise bekommen und wollte alles von ihr aus dem Haus haben", erklärte er und Sheila brauchte einen Moment, bis sie begriff, was er gerade gesagt hatte.
Dass Matthias betrunken gewesen sein musste, wusste sie ja schon, doch bisher hatte sie den Grund noch nicht erfahren. Sie konnte sich nur zu gut vorstellen, was ihre Mutter zu ihm gesagt haben könnte. Wahrscheinlich, dass er nichts als eine Enttäuschung wäre und so nur Aufmerksamkeit bekommen wollte. Unwillkürlich schüttelte sie den Kopf und wandte sich ihrem Vater zu.
„Ich will nichts von ihr. Sie hat sich schon ewig nicht mehr bei mir gemeldet und inzwischen bedeutet sie mir nicht mehr viel", erwiderte sie, obwohl es ihr deutlich schwerer als Matthias fiel, sie zu vergessen.
„Na gut, dann schmeiße ich alles weg. Aber bitte sprich Matthias nicht darauf an", sagte Darren und Sheila nickte.
„Mache ich nicht", antwortete sie, dann schwiegen sie für einen Moment.
„Lisa hat erzählt, dass Jonathan eine Auszeit will", sagte er und musterte sie fragend und gleichzeitig besorgt. Sie nickte schnell, doch sie musste den Blick von ihm abwenden. Ihr war klar, dass es Jonathan guttun würde, gleichzeitig wollte sie nicht allein sein.
„Will er die immer noch, wo er jetzt das Testergebnis kennt?", fragte er und Sheila hob den Kopf. Darüber hatten sie noch gar nicht gesprochen, doch sie war einfach davon ausgegangen, dass er noch immer weg wollte.
„Ich denke schon", sagte sie und ihr Vater nickte langsam.
„Na gut. Ich weiß, dass Lisa der Meinung ist, dass er auf jeden Fall zurückkommt, aber...", setzte er an, doch Sheila unterbrach ihn.
„Er wird zurückkommen. Das hat er mir versprochen, er wird mich nicht allein lassen", sagte sie mit Panik in der Stimme, denn bei dem Gedanken, dass sie ihn möglicherweise morgen das letzte Mal sehen würde, wurde ihr schlecht. Darren hob kapitulierend die Hände.
„Ist ja gut. Ich wollte dir nur sagen, dass er nicht der einzige Mensch ist, der dich gern hat", erklärte er sich und Sheila nickte erleichtert.
„Danke. Aber ich hoffe einfach, dass er in den paar Tagen den Kopf frei bekommt und den Stress abbauen kann. Er soll einfach wieder so werden wie früher, mehr will ich doch gar nicht", sagte sie und spürte, wie sie sich auf einmal erschöpft fühlte.
„Das verstehe ich ja, aber manchmal ändern Menschen sich auch", erinnerte er sie und unwillkürlich musste sie an Ville denken. Auch er hatte sich verändert, doch das war etwas ganz anderes gewesen.
„Ich weiß, aber bei ihm ist es nicht so", sagte sie bestimmt und ärgerte sich über ihren Vater, dass er alles so schwarzmalte.
„Ich will nur nicht, dass du dich so sehr an ihn klammerst, obwohl es schon viel zu spät ist. Denn genau so war es bei Ville. Ich habe Angst, dass er dir wehtut und es dir schlecht geht", sagte ihr Vater dann und obwohl sie ihn verstehen konnte, teilte sie seine Meinung nicht.
„Mach dir keine Sorgen um mich, es ist alles okay mit mir. Jonathan braucht eine Auszeit und ich werde ihm so viel Zeit lassen, wie er braucht, damit er nicht mehr so schnell gereizt ist. Es wird alles wieder gut", versicherte sie ihm, denn das war es, was sie sich wünschte.
Komischerweise schwankten ihre Gefühle in der Hinsicht ziemlich stark. Wenn Jonathan und sie sich gut verstanden, dann glaubte sie fest daran, dass alles wieder gut werden würde, doch wenn er schlecht gelaunt war und gemeine Dinge zu ihr sagte, konnte sie an nichts anderes denken, als dass sie allein mit einem Baby dastand und unglücklich war.
„Na gut. Da fällt mir aber noch etwas ein", sagte er und stand auf. Sheila sah ihm nach, wie er in die Küche lief. Zurück kam er mit einem kleinen Geschenk.
„Es ist für Jonathan. Eigentlich dachten wir, ihr kommt nächste Woche mal vorbei, aber...", setzte er an, doch er beendete den Satz mit einem Schulterzucken und hielt ihr das Geschenk hin.
„Danke, er wird sich freuen", sagte sie, obwohl sie keine Ahnung hatte, was darin war.
„Es ist eher für euch beide", erklärte er und lächelte. Neugierig sah sie ihn an, doch er würde es ihr nicht verraten, das sah sie an seinem Blick.
„Was ist eigentlich mit meinem Auto?", fragte sie und legte das Geschenk auf ihrem Schoß ab. Ihr Vater ließ sich wieder neben ihr nieder, dann sah er sie unsicher an.
„Ich habe dir am Montag einen Termin bei der Werkstatt gemacht. Ich könnte mit dir fahren, dann nehme ich dich auf dem Rückweg mit. Vielleicht fragst du Matthias, ob du in der Zeit, in der es in der Werkstatt ist, sein Auto nehmen kannst. Ich habe ihn noch nicht gesprochen, oder besser gesagt noch nicht, als es nicht etwas Dringenderes zu klären gab", schlug er vor und Sheila nahm sich vor, ihn heute Abend zu fragen.
„Danke noch mal", sagte sie, dann verabschiedete sie sich und machte sich auf den Weg nach Hause.
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