Jonathan wartete im Auto, während Sheila im Supermarkt war. Eigentlich hätte er genug zu arbeiten, doch wo sie einmal auf dem Weg waren, wäre es nur ein Umweg, zuerst nach Hause zu fahren, nur damit sie dann wieder in die Stadt fuhr.
Obwohl er nun schon einige Zeit mit ihr in ihrem gemeinsamen Haus lebte, hatte er sich noch immer nicht so recht daran gewöhnt, dass sie überall mit dem Auto hinfahren mussten. Trotzdem würde er um nichts in der Welt tauschen wollen. Zwar war seine eigene Wohnung damals zentraler gelegen und er konnte ziemlich viel zu Fuß erledigen, doch er mochte es hier mit ihr. Es war ruhig, sie hatten nette Nachbarn und einen großen Garten. Außerdem war Sheila hier aufgewachsen und sie hatte unbedingt wieder hier einziehen wollen, nachdem sie für kurze Zeit bei ihm untergekommen war, als ihr verrückter Ex hier alles kurz und klein geschlagen hatte.
Jonathan verdrängte den Gedanken an Ville und warf einen Blick zum Eingang des Supermarktes. Von ihr war noch nichts zu sehen und er kramte sein Handy heraus. Zu seiner Überraschung hatte er eine Nachricht von seinem Cousin Leonard.
Als Sheila und er vor etwas mehr als drei Jahren in das Haus gezogen waren, hatte Leonard seine Wohnung übernommen. Er hatte zuvor in Berlin gelebt und hier in der Nähe eine neue Stelle gefunden. Seit dem sahen sie sich mehr oder weniger regelmäßig und er musste zugeben, dass er sich bei dem Stress der letzten Wochen schon eine ganze Weile nicht mehr bei ihm gemeldet hatte. Eilig klickte er auf die Nachricht.
„Ich habe gehört an deinem Geburtstag steigt eine Party", schrieb Leonard nur und augenblicklich legte sich ein Lächeln auf seine Lippen. Er vermutete, dass Sheila ihm Bescheid gegeben hatte, dass er sich bei ihm wegen seinem Geburtstag melden sollte, um ihn abzulenken.
Sheila und Leonard verstanden sich gut, manchmal ein wenig zu gut für seinen Geschmack, doch er wusste, dass sie niemals etwas mit ihm anfangen würde. Er erinnerte sich mit einem Grinsen daran zurück, wie eifersüchtig er zu Beginn ihrer Beziehung auf Leonard gewesen war, denn er hatte sie offensichtlich angeschmachtet. Sheila hatte es immer abgestritten, doch er war sich sicher, dass sie es auch bemerkt hatte. Jonathan hatte nicht nur einmal ein mehr oder weniger ernstes Gespräch mit Leonard darüber geführt, doch sobald es ernst wurde, alberte er normalerweise herum. Dennoch hatte er ihm versichert, dass er die Finger von Sheila lassen würde.
Er las die kurze Nachricht noch einmal und da spürte er, dass er richtig Lust bekam, all seine Freunde noch einmal einzuladen.
„Ich habe gehört, du hilfst beim Organisieren", antwortete er und beinahe sofort bekam er eine Antwort. Offensichtlich arbeitete Leonard sehr hart, dass er die ganze Zeit am Handy hing.
„Nur wenn du mir dafür einen ausgibst. Wann soll ich wo sein?", schrieb er zurück und augenblicklich musste Jonathan grinsen. Leonard war zwar manchmal dreist und unhöflich, aber wenn er Hilfe brauchte, konnte er sich doch immer auf ihn verlassen.
„Ich habe mir noch nicht wirklich etwas überlegt, ich melde mich noch. Aber sag doch mal wie es dir geht", schrieb Jonathan zurück und wieder musste er nicht lange auf eine Antwort warten.
„Ach, ich kann mich nicht beklagen. Es passiert nicht viel im einsamen Leben eines ewigen Junggesellen. Wie läuft es bei euch beiden?", schrieb Leonard. Jonathan glaubte, dass es resigniert klang, denn ein paar Monate bevor er selbst Sheila kennengelernt hatte, war Leonard von seiner Ex-Verlobten sitzen gelassen worden. Es hatte ganz schön lange gedauert, bis er über sie hinweggekommen war, doch eine neue Freundin hatte er seitdem auch nicht mehr gehabt.
„Apropos, ich könnte heute Abend Gesellschaft vertragen. Habt ihr Zeit?", kam keine zehn Sekunden später noch eine weitere Nachricht von ihm. Kurz überlegte Jonathan, ob Sheila heute noch irgendetwas vor hatte, doch da sie heute Abend arbeiten müsste, wäre er sowieso allein.
„Sheila ist ab 5 Uhr arbeiten, wenn du Lust hast kann ich vorbei kommen", antwortete er ihm und als Antwort bekam er nur einen Daumen nach oben. Jonathan schob sein Handy wieder in seine Hosentasche und warf wieder einen Blick zum Eingang des Supermarktes. Noch immer konnte er Sheila nicht entdecken.
Unweigerlich wanderten seine Gedanken an den bevorstehenden Abend. Vielleicht würde er Sheila fragen, ob sie ihn nicht auf dem Weg zur Arbeit absetzen und auf dem Rückweg wieder einsammeln könnte. Vielleicht würde er dann eine Flasche Whiskey mitnehmen, wenn sie zustimmte. Er hatte sich schon lange nicht mehr betrunken und mit Leonard würde es lustig werden. Immerhin kam dann immer seine sentimentale Seite zum Vorschein, wenn er sich betrank und das war meistens für alle außer Leonard selbst ziemlich lustig. Außerdem würde ihn das von seinem Arzttermin ablenken.
Gerade als er zum gefühlt hundertsten Mal zum Eingang blickte, sah er endlich Sheila, wie sie ihren vollen Einkaufswagen in Richtung Auto schob. Schnell stieg er aus, um ihr beim Einladen zu helfen.
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