Kapitel 33 - Sheila

Obwohl es Sheila ein wenig unangenehm war, vor Jonathan auf dieses blöde Ding zu pinkeln, schickte sie ihn nicht weg. Sie war sich recht sicher, dass das Ergebnis so früh noch nicht aussagekräftig sein würde, doch in seinem Blick hatte eine solche Verzweiflung gelegen, dass sie alles für ihn getan hätte. 

Als sie fertig war, steckte sie die Kappe wieder über den Teststreifen und reichte ihn ihm. Er legte ihn auf den Rand des Waschbeckens und starrte auf das kleine Feld, auf dem man das Ergebnis ablesen konnte. 

„Das dauert ein paar Minuten", sagte sie, dann wusch sie sich mit kaltem Wasser die Hände. Die Kühle tat gut, denn auch sie war ein bisschen nervös auf das Ergebnis. Zwar ahnte sie, dass der Test negativ sein würde, aber sie glaubte nicht, dass es hoffnungslos war. Doch so gebannt wie Jonathan auf den Test starrte, schien er alles von diesem Ergebnis abhängig zu machen. 

Sheila ging ins Schlafzimmer, um ihr Handy zu holen. Noch im Gehen stellte sie den Timer, dann ging sie zurück ins Bad und legte ihr Handy neben den Test. 

„Wir müssen ein paar Minuten warten", erklärte sie, doch Jonathan wandte den Blick keine Sekunde von dem Test. Sheila setzte sich neben ihn auf den Rand der Badewanne und legte einen Arm um ihn. Er fühlte sich so vertraut an und doch irgendwie so, als würde er ihr entgleiten. 

„Mach dich nicht verrückt, wenn der Test negativ ist. In etwas mehr als einer Woche müsste ich meine Periode bekommen, dann wissen wir mehr", sagte sie und drückte ihm einen Kuss auf die Schulter. Jonathan reagierte nicht auf sie, auch nicht als sie anfing, seine Schultern zu massieren. 

Irgendwie hatte sie ein ungutes Gefühl. Wie würde er reagieren, wenn der Test tatsächlich negativ sein würde? Anscheinend machte er alles davon abhängig. Noch zwei Minuten. Sheila vermied es, auf den Test zu sehen und bearbeitete weiter seine verspannten Muskeln. 

„Kann ich dich etwas fragen?", wollte sie wissen, doch eigentlich plapperte sie nur, um ihn abzulenken. 

„Was?", nuschelte er, ohne sie anzusehen. 

„Hast du nicht auch Lust, morgen mit der Planung von deinem Geburtstag anzufangen?", fragte sie, doch er schüttelte nur den Kopf. 

„Warum nicht? Es ist nicht mehr so viel Zeit", fuhr sie fort, was er nur mit einem genervten Zungenschnalzen beantwortete. 

„Ich meine ja nur", sagte sie und hielt mit ihrer Massage inne, denn in fünf Sekunden war die Zeit auf ihrem Handy abgelaufen. Bevor es klingelte, stoppte sie die ablaufende Zeit. Noch bevor sie auf den Test sah, musterte sie Jonathan aufmerksam. Seine Kiefermuskeln arbeiteten, dann griff er nach dem Test und hielt ihn näher ans Licht neben dem Spiegel. Sheila schluckte. 

„Und?", fragte sie und warf einen Blick über seine Schulter. 

„Meinst du, da ist nicht eine Linie? Ganz schwach?", fragte er und hielt ihr den Test unter die Nase. Sie sah ein paar Sekunden darauf, doch da war keine Linie. Entschuldigend sah sie ihn an und nahm ihm den Test aus der Hand. 

„Da ist keine Linie. Aber das heißt doch nichts. Vielleicht klappt es jetzt schneller als gedacht", versuchte sie ihn aufzumuntern, doch er stand nur regungslos da, das Gesicht vor Schmerz verzerrt. Oder war es Wut? 

Sheila ließ den Test im Mülleimer neben der Toilette verschwinden und schlang die Arme von hinten um ihn. Sie legte ihr Kinn auf seine Schulter und schmiegte ihre Wange an seine. 

„Lass uns ins Bett gehen", sagte sie leise, denn es musste schon ziemlich spät sein. Oder früh, je nach dem, wie man es sah. Sie küsste ihn auf die Wange und löste sich langsam von ihm, doch er hielt ihren Arm fest, bevor sie ihn wegziehen konnte. Sie legte ihre Wange wieder an seine. Offensichtlich genoss er die Umarmung. 

„Geburtstag planen klingt gut", sagte er leise, dann drehte er sich so plötzlich um und hob sie hoch, dass sie erschrocken quietschte. Schnell schlang sie die Beine um seine Hüfte, damit sie nicht herunterrutschte. Sie war unendlich erleichtert, dass er anscheinend nicht zu enttäuscht war, doch ein wenig skeptisch war sie noch immer. Er war in den letzten Tagen so sprunghaft und hatte beinahe stündlich seine Meinung geändert. 

„Bitte interpretiere nicht zu viel in diesen einen Test. Lass und noch zwei, drei Wochen warten, dann machen wir noch einen, okay?", fragte sie und sah ihm tief in die blauen Augen. Kurz sah sie Schmerz darin, doch dann nickte er. 

„Tut mir leid. Alles. Ich bin so durch den Wind deswegen", sagte er dann, woraufhin Sheila ihm einen Finger an die Lippen legte. 

„Schon okay. Aber bitte versuche, nicht mehr so sprunghaft zu sein. In der einen Sekunde denke ich, dass noch alles okay ist, dann rennst du weg", sagte sie und hoffte, dass er sich nicht auf den Schlips getreten fühlte. Wieder fingen seine Kiefer an zu mahlen, aber er nickte schließlich. 

„Ich versuche es. Wir wünschen es uns nur so sehr und es ist frustrierend, wenn es nicht klappt", gab er zurück. 

„Stimmt, aber wir können nichts anderes tun, als es weiter zu versuchen", sagte sie und wieder nickte er. 

„Du hast recht, ich bin bescheuert", sagte er, dann ließ er sie herunter und umklammerte seine verletzte Hand. Erst da fiel ihr wieder ein, dass er sich für sie geprügelt hatte. Schnell legte sie ihre Hand auf seinen Gips. Seine Finger waren ganz schön geschwollen. 

„Tut es weh?", fragte sie besorgt, doch er winkte ab. 

„Geht schon", gab er zurück, doch sie sah ihm an, dass es wehtat. 

„Na komm, gehen wir schlafen", wiederholte sie und zog ihn an seiner gesunden Hand ins Schlafzimmer. Dieses Mal zögerte er nicht und ließ sich von ihr ins Bett ziehen. 

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