Kapitel 127 - Sheila

Sheila sah aus dem Fenster und beobachtete die vorbeiziehende Landschaft. Sie saßen in Jonathans Auto und fuhren schon eine ganze Weile, doch laut Navi sollten sie in vier Minuten da sein. Sheila sah zu ihm und bemerkte, dass er lächelte. 

„Freust du dich?", fragte sie und sofort nickte er. 

„Ich war zwar noch nie dort, aber ich bin mir sicher, dass es schön wird", antwortete er und Sheila spürte, wie es in ihr anfing zu Kribbeln. Selbst wenn das Restaurant schlecht sein würde, war sie sich sicher, dass es ein schöner Abend werden würde. Dass er mit ihr zusammen hier war und sie gemeinsam etwas unternahmen reichte schon, damit der Abend perfekt wurde. Es fühlte sich so aufregend an wie bei ihren ersten Dates, denn sie beide waren bemüht, es dem anderen so angenehm wie möglich zu machen. Sheila erinnerte sich noch, wie nervös sie immer gewesen war. Das hatte sich zwar gelegt, doch noch immer flatterten Schmetterlinge in ihrem Bauch. 

„Da ist es", verkündete Jonathan und holte sie damit aus ihren Erinnerungen zurück in die Wirklichkeit. Sie sah in die Richtung in die er deutete und entdeckte ein doch recht einsam stehendes Gebäude, das jedoch mit seiner leuchtenden Reklame nicht zu übersehen war. 

„Taste the World", las sie vor und betrachtete das beige Schild mit der grünen Schrift darauf. Es sah eher aus wie der Eingang zu einer Achterbahn. An den Seiten neben der Eingangstür waren hohe Säulen aus Holz aufgestellt, an denen das Schild befestigt war. 

Jonathan parkte auf dem Parkplatz direkt vor dem Restaurant und Sheila versuchte einen Blick durch eines der Fenster zu werfen. Außer dass es ziemlich voll war konnte sie jedoch nichts erkennen. Jonathan beugte sich zu ihr herüber und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. 

„Na komm", sagte er, dann drückte er für sie auf den Knopf, der ihren Gurt löste und stieg aus. Sheila folgte ihm und griff nach seiner Hand, während sie zum Eingang gingen. Laute Stimmen drangen aus dem Innern zu ihnen nach draußen und sie befürchtete, dass sie sich kaum würden unterhalten können. 

Jonathan zog sie hinein, zog eine Karte aus seiner Hosentasche, die wohl der Gutschein sein musste und wartete, bis einer der Kellner zu ihnen kam. Neugierig sah Sheila sich um. Es war tatsächlich größer, als es von außen wirkte. 

In der Mitte des riesigen Raumes war kreisförmig ein Buffet aufgebaut und es war aufwendig dekoriert. Hinter den Tischen, auf denen das Essen stand, waren Holztafeln aufgestellt und sie erkannte, dass auf den Tafeln verschiedene Ländernamen standen und offensichtlich landestypische Symbole und Bilder darauf abgebildet waren. Um das Buffet herum standen jede Menge Tische, doch alles schien bunt durcheinander gewürfelt zu sein. Es dauerte einen Moment bis sie erkannte, dass auch die Tische verschiedene Länder repräsentierten. So erkannte sie Tische mit weißen Tischdecken und roten Kerzen darauf, aber auch Bastmatten auf dem Boden, auf denen Sitzkissen lagen. 

Überwältigt von den vielen Eindrücken wusste sie gar nicht, wo sie zuerst hinsehen sollte und sie bekam erst mit, dass ein Kellner sie an einen Tisch führte, als Jonathan sie hinter sich her zog. Sie folgten dem Kellner, der ein einfaches weißes Hemd zu einer schwarzen Hose trug. Er führte sie zu einem einfachen Holztisch, doch neben ihnen an der Wand war ein riesiges Bild des Eiffelturms gemalt worden. Der Kellner zog ihr den Stuhl zurück und ein wenig verlegen bedankte sie sich und setzte sich. 

„Wir haben ja schon viel gesehen, aber unter dem Eiffelturm haben wir noch nicht gegessen", sagte Jonathan und sah sich ebenso neugierig um, wie sie. Keine zwei Minuten später kam der Kellner mit zwei Getränkekarten zurück. 

„Willkommen im Taste the World. Wir bieten landestypische Speisen aus zwölf Ländern an", erklärte er, während er ihnen die Getränkekarten reichte. Sheila studierte sie aufmerksam und bemerkte, dass es auch Getränke aus aller Welt gab. Zumindest wenn man den Beschreibungen der Karte glaubte. Sie bestellte sich irgendeine Limonade, die aus Spanien stammen sollte. Jonathan streckte die Hand über dem Tisch nach ihr aus und schnell schob sie ihre Hand unter seine. 

„Gefällt es dir?", fragte er und musterte sie eindringlich. Sie nickte und lächelte, denn tatsächlich wollte sie von allem ein bisschen probieren. 

Nachdem ihre Getränke gebracht worden waren gingen sie gemeinsam zum Buffet. Es war recht voll, doch noch nicht so sehr, dass sie sich unwohl gefühlt hätte. Sie starteten ihren Rundgang um das Buffet bei Frankreich, gingen weiter nach Italien, Spanien, Russland, Thailand, Japan, Australien, Äthiopien, Marokko, Afghanistan, Brasilien und Mexiko. Sheila konnte sich gar nicht entscheiden, was sie nehmen sollte, doch sie nahm sich aus jedem Land eine Kleinigkeit. Ihr Teller war so voll, dass sie ihn mit beiden Händen zum Tisch balancieren musste und Jonathan ging es nicht anders. 

Obwohl sie sich nicht hatte merken können, was nun aus welchem Land kam, schmeckte alles wirklich lecker. Die Mischung aus jeder erdenklichen Geschmacksrichtung bot wirklich für jeden etwas. Eine ganze Weile aßen sie schweigend, doch dann spürte sie Jonathans eindringlichen Blick auf sich. Sie erwiderte diesen und bemerkte, dass er ein wenig zitterte, als wäre er nervös. 

„Ich bin froh, dass wir hier sind", sagte er und Sheila nickte. 

„Ich auch. Deine Mutter hatte eine gute Idee. Es schmeckt wirklich gut", stimmte sie ihm zu, doch er schüttelte den Kopf. 

„Das meinte ich nicht", sagte er und nahm einen Schluck von seinem Getränk. Sheila sah ihn verwirrt und neugierig zugleich an. 

„Ich meine damit, dass ich froh bin, dass ich zurückkommen durfte. Dass du mir noch eine Chance gegeben hast, obwohl ich ein Idiot war", erklärte er und sie hörte sein schlechtes Gewissen. Sie legte den Kopf schief und sah ihn mit einem warmen Blick an. 

„Ist schon in Ordnung. Du musst dich nicht mehr entschuldigen. Es ist doch alles gut", sagte sie und hätte sich am liebsten auf seinen Schoß gekuschelt. Seine Mundwinkel zuckten und seine Wangen färbten sich rot, dann lachte er verlegen. 

„Du bist einfach...", setzte er an, doch dann schüttelte er den Kopf. Sie wusste, was er sagen wollte. Nämlich dass sie die Richtige für ihn war. Er war das Gleiche für sie und es war ein schönes Gefühl, dass sie beide so viel füreinander empfanden. 

„Was?", fragte sie dennoch, nur um ihn ein wenig zu necken. 

„Die Frau, mit der ich bis an mein Lebensende zusammen sein will", sagte er und lächelte sie so herzerwärmend an, dass sie die Tränen zurückdrängen musste. Sie hob ihre Hand und deutete auf ihren Ehering. 

„Da kommst du jetzt auch nicht mehr drum herum, du hast es mir nämlich versprochen", sagte sie und lachte leise in sich hinein. Es machte Spaß, mit ihm herum zu schäkern. Doch da legte Jonathan die Hand auf die Augen und wischte eilig ein paar Tränen weg, gleichzeitig lachte er. Es schienen Freudentränen zu sein, dennoch war es schwer, nicht auch zu weinen. Eilig streckte sie die Hand nach ihm aus und sofort ergriff er sie. 

„Ich liebe dich", sagte sie leise, wischte sich die letzten Tränen aus den Augenwinkeln und suchte ihren Blick. 

„Und ich liebe dich. Mehr als du dir vorstellen kannst", gab er zurück und sie sahen sich einen Moment so intensiv an, dass sie glaubte, ihr Herz würde stehen bleiben. Es war schön und doch musste ihr Herz so langsam mal weiter schlagen. 

„Noch eine Runde?", fragte sie dann und deutete auf ihren leeren Teller. Jonathan lachte, nickte aber und stand auf. Er nahm seinen Teller und hielt ihr galant die freie Hand hin. Sheila ergriff sie, doch schnell legte er ihr den Arm um die Mitte, zog sie mit einer ruckartigen Bewegung an sich und küsste sie auf die Wange.

Zwei Stunden später fiel sie vollkommen überfressen und müde in den Beifahrersitz von Jonathans Auto. Auch er ächzte, als er einstieg, doch er schien ziemlich zufrieden zu sein. Die ganze Zeit lag auf seinen Lippen ein Lächeln. 

Er startete den Motor und lenkte den Wagen auf die dunkle Straße. Sheilas Ohren rauschten noch immer von dem Stimmengewirr in dem Restaurant. 

„Hattest du Spaß?", fragte er und schnell nickte sie. 

„Ja, es war wirklich schön. Hier können wir öfter hingehen, wenn du willst", antwortete sie und schnell nickte er. 

„Ja, auch wenn es ein wenig weiter weg ist, lohnt es sich", stimmte er zu. Sheila schloss die Augen und ließ den Abend Revue passieren. Es war perfekt gewesen, sogar noch besser, als sie es sich vorgestellt hatte. Jonathan war so anders als noch vor einer Woche, dass sie noch immer ein wenig verwirrt war, doch sie wollte sich darüber nicht den Kopf zerbrechen. Wichtig war, dass er wieder gut gelaunt und lustig war, genau so wie der Mann, in den sie sich damals verliebt hatte. Als sie die Augen wieder öffnete trafen sich ihre Blicke und schnell sah er verlegen weg. 

„Was ist?", fragte sie, doch er wand sich. Sie knuffte ihn in den Arm, aber er zögerte noch ein wenig. Geduldig wartete sie, denn offensichtlich war es ihm unangenehm. 

„Erinnerst du dich noch, wie wir...", setzte er an, doch er unterbrach sich. 

„Wie wir was?", hakte sie nach und legte ihm eine Hand aufs Knie. Sofort versteifte er sich und sie nahm die Hand wieder weg. Jonathan griff jedoch danach und legte sie wieder auf sein Knie. 

„Weißt du noch, wie wir schon einmal auf einem Feldweg gehalten haben und...", setzte er erneut an und nun begriff sie, warum er sich so anspannte. Sie grinste und drückte sein Knie ein wenig fester. 

„Oh, so langsam habe ich das Gefühl, dass du auch ein paar Hormone abbekommen hast", lachte sie, doch er grinste nur und beschleunigte, damit sie schneller in Richtung nach Hause und den einsamen, verlassenen Feldern kamen, auf denen man ungestört unanständige Dinge tun konnte. Sheila ließ ihre Hand weiter sein Bein hinauf wandern, allerdings fing er an, Schlangenlinien zu fahren, also ließ sie sie auf seinem Knie liegen. Es war irgendwie süß, dass er noch immer so nervös und aufgeregt war und wenn sie ehrlich war, ging es ihr genau so.

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