Kapitel 126 - Jonathan

Völlig erschöpft fiel Jonathan ins Bett. Sheila würde gleich schon nach Hause kommen, doch er war viel zu müde, um sich zu freuen. Er hatte noch fast zehn Stunden gearbeitet und es hatte sich gut angefühlt. Bald würde er Sheila zeigen können, was für Fortschritte er schon in wenigen Tagen gemacht hatte und bei dem Gedanken daran, wie stolz sie auf ihn sein würde, wurde ihm warm ums Herz. Er kuschelte sich in seine Decke und versuchte noch wach zu bleiben, bis sie kam, doch kaum dass er nur für eine Sekunde die Augen schloss, war er eingeschlafen.

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Als Jonathan aufwachte, lag Sheila eng an ihn gekuschelt neben ihm. Er strich ihr Haar glatt, das ihm im Gesicht kitzelte und lauschte eine Weile ihrem regelmäßigen Atem. Er hatte gar nicht mitbekommen, wie sie nach Hause gekommen war, so müde war er gewesen. 

Vorsichtig, um sie nicht zu wecken, drehte er sich um und sah auf seinen Wecker. Es war schon eine Minute vor neun, doch er könnte noch ewig weiterschlafen. Es war immerhin Wochenende und Sheila hatte heute frei. Auch er wollte heute seinen freien Tag einlegen. 

Immerhin wollten sie heute Abend in das Restaurant gehen, für das er von seinen Eltern einen Gutschein geschenkt bekommen hatte. Er freute sich schon, wieder schöne Dinge mit ihr zu erleben. In den letzten Wochen hatte er viel zu viel Schlechtes zugelassen und er hatte es gestern mit seinem Versprechen ernst gemeint, dass sie sich auf jede Menge Wiedergutmachung einstellen sollte. Nicht nur, weil er sein schlechtes Gewissen beruhigen musste, sondern auch, weil es ihm Spaß machte, sie glücklich zu machen. Sie lächeln zu sehen erfüllte ihn mit Glück. 

Für eine Zeitlang hatte er das vergessen, doch er nahm sich vor, es nie wieder so weit kommen zu lassen. Er würde nicht zulassen, dass sich noch einmal etwas zwischen sie stellte. Auch wenn ein etwa einem Jahr ihr bescheuerter Ex-Freund aus dem Gefängnis entlassen werden würde und er irgendwie im Gefühl hatte, dass er öfter auf der Bildfläche erscheinen würde, als ihm lieb war, konnte ihn das nicht davon abbringen. Er würde Sheila verteidigen und diesem Typen klar machen, dass sie zu ihm gehörte. Vorausgesetzt, dass sie das auch wollte. 

Sanft drückte er ihr einen Kuss aufs Haar, schob seine Hand unter ihr T-Shirt und legte sie auf ihren Bauch. Sheila regte sich, streckte den Arm hinter sich, bis sie sein Gesicht erreichte und streichelte ihm über die Wange. 

„Gut geschlafen?", murmelte sie und er nickte an ihrem Kopf. Gleichzeitig küsste er sie aufs Haar, was sie wie eine Katze schnurren ließ. 

„Wie war die Arbeit gestern?", fragte er, woraufhin sie sich auf die andere Seite drehte, sodass sie ihn ansehen konnte. Sie schien über etwas nachzudenken und sofort wurde er hellhörig. 

„Ist irgendetwas passiert?", fragte er besorgt, doch Sheila schüttelte den Kopf. 

„Nein, nicht direkt. Als ich angekommen bin, war Karima da. Sie hat mit Karim, Miriam und Daniel geredet. Eigentlich wollte ich mich an ihnen vorbeischleichen, aber Karim hat mich gefragt, ob ich Karima sagen kann, wie verletzend ihr Verhalten ist", berichtete sie und Jonathan zog skeptisch die Augenbrauen zusammen. 

„Warum solltest ausgerechnet du mit ihr reden?", fragte er, denn obwohl Karima sich bei ihm entschuldigt hatte, traute er ihr noch immer nicht über den Weg. 

„Karim meinte, wenn sie hört, wie sehr sie Leute mit ihrem Verhalten verletzt, lässt sie sich vielleicht helfen", erklärte sie, doch Jonathan fand, dass es noch immer kein Grund war, dass sie unbedingt mit ihr reden sollte. 

„Und?", fragte er, doch Sheila zuckte die Schultern.

„Ich habe es ihr gesagt. Miriam hat sich auf meine Seite gestellt, aber ich glaube nicht, dass es wirklich etwas gebracht hat. Ach, und Daniel hat wirklich mit ihr geschlafen", berichtete sie und aufmerksam hörte er zu. 

„Tut mir leid für Miriam", murmelte er, doch er wollte so schnell wie möglich über etwas anderes reden. 

„Und wie war sonst die Arbeit?", fragte er, um das Thema zu wechseln und Sheila zuckte die Schultern. 

„Wie immer. Dabei fällt mir was ein. Ich habe meinem Chef gesagt, dass ich schwanger bin und er meinte, wir sollten uns überlegen, wie es nun weitergehen soll. Nach der Mitarbeiter-Vorführung will er noch einmal mit mir sprechen, also sollten wir bis dahin einen Plan haben", sagte sie und sofort spürte Jonathan ein Kribbeln in sich. 

„Hast du schon einen Plan?", fragte er, obwohl er sich recht sicher war, dass seine und ihre Vorstellung ziemlich ähnlich waren. Dennoch senkte sie für einen Moment den Kopf und als sie ihn wieder hob, sah sie ihm direkt in die Augen und lächelte. 

„Also meine Idee wäre, dass ich in Elternzeit gehe. Mindestens zwei Jahre. Für mich wird es einfacher sein, nach einer Pause wieder einzusteigen, aber da du zeitlich ja recht flexibel bist, werden wir viel Zeit gemeinsam mit... unserem Kind verbringen können", sagte sie und stolperte über ihre eigenen Worte. 

„Klingt noch komisch, unser Kind. Oder?", fragte er nach und sie nickte. 

„Schon irgendwie. Aber wir haben ja auch noch ein paar Monate Zeit, um uns daran zu gewöhnen", sagte sie und lächelte übers ganze Gesicht. 

„Aber dein Plan klingt ziemlich gut. Ich finde es wichtig, dass wir am Anfang viel Zeit miteinander verbringen ", sagte er. Es graute ihm vor den Eltern, die ihr Kind mit kaum einem Jahr zu einer Tagesmutter brachten, damit sie wieder arbeiten gehen konnten. Sicher, er würde auch weiter arbeiten, irgendwo musste das Geld ja her kommen, doch er würde es nie verstehen, warum man ein Kind bekam, wenn man keine Zeit dafür hatte. Wenn man lieber in seine Karriere investieren wollte, dann sollte man das tun, aber ohne dabei ein Kind zu vernachlässigen. Ihm war klar, dass manche das anders sahen als er, aber Sheila war der gleichen Meinung und das war das, was zählte. 

„Wir kriegen das schon alles hin. Aber weißt du, was wir davor noch machen müssen?", fragte sie und neugierig sah er sie an. 

„Shoppen!", verkündete sie und lachte. Er verdrehte gespielt die Augen, denn Shoppen gehörte nicht gerade zu seinen Lieblingsbeschäftigungen, doch er stellte es sich ganz schön vor, die ganzen Möbel und Spielsachen auszusuchen. 

„Und ich weiß etwas, was wir davor noch tun müssen", erwiderte er und strich ihr das Haar hinters Ohr. Sie errötete und er grinste spitzbübisch. 

„An was du immer denkst", lachte er, doch dann beugte er sich vor, um sie zu küssen. Sie kicherte und erwiderte den Kuss unerwartet leidenschaftlich. 

„Irgendwie gehen mit mir in letzter Zeit meine Hormone durch", flüsterte sie, doch das war ihm auch schon aufgefallen. Nicht, dass es ihn störte. Er zog sie näher an sich und fing an, seine Hände ihren Körper entlanggleiten zu lassen.

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Obwohl der Tag recht aktiv angefangen hatte, wollte Sheila danach ganz in Ruhe einen Film ansehen. Jonathan hätte zu allem Ja gesagt, doch er war doch ein wenig erleichtert gewesen, als sie das vorgeschlagen hatte. 

Also hatten sie den ganzen Tag auf dem Sofa gelegen, Filme gesehen und über dies und das gequatscht. Sheila berichtete von ihrer letzten Probe für die Mitarbeiter-Vorführung und dass sie schon ganz nervös war. Jonathan hielt ihre Hand und strich ihr beruhigend über den Handrücken, während sie plapperte wie ein Wasserfall. Das hatte er schmerzlich vermisst. Einfach sorglos mit ihr herumzuliegen und sich von ihr bequatschen zu lassen. Sie schien es genau so zu genießen, denn hin und wieder unterbrach sie sich und küsste ihn. 

„Wann willst du los?", fragte sie schließlich und er brauchte einen Moment um zu begreifen, dass sie ihren Restaurantbesuch meinte. Jonathan warf einen Blick auf die Uhr. 

„Vielleicht in einer Stunde? Wir müssen etwa eine halbe Stunde fahren, aber ich glaube, es lohnt sich", sagte er und grinste. Sheila verschränkte die Arme vor der Brust. 

„Willst du mir nun sagen, wo genau es hingeht?", fragte sie, doch er tat so, als würde er seinen Mund mit einem Schlüssel verschließen. Er wollte sie überraschen, aber sie schien sich noch nicht so recht darauf einlassen zu wollen. 

„Was soll ich denn anziehen?", fragte sie. 

„Du hast doch was an", erwiderte er, woraufhin Sheila an sich hinunterblickte. 

„Ja, eine Jogginghose und ein Schlabbel-T-Shirt mit einem Zahnpastafleck", gab sie zurück. Jonathan streckte den Daumen nach oben, was sie zum Kichern brachte. 

„Perfekt", erwiderte er, doch sie gab ihm einen leichten Schlag gegen die Stirn. 

„Du bist verrückt", lachte sie, dann stand sie mühsam auf und streckte sich. 

„Ich gehe mich umziehen, kommst du mit?", fragte sie und hielt ihm die Hand hin. Er nahm sie und ließ sich von ihr aufhelfen, dann folgte er ihr nach oben. 

„Haben wir eigentlich ein Geschenk für morgen?", fragte er, denn auf einmal fiel ihm wieder ein, dass morgen ihr kleiner Halbbruder Geburtstag hatte. Sie warf ihm einen Blick über die Schulter zu und grinste. 

„Schon lange besorgt", sagte sie, dann ging sie zu ihrem Kleiderschrank und öffnete die Türen. 

„Wenn ich dich nicht hätte", erwiderte er, ließ sich mit einem Seufzen aufs Bett fallen und beobachtete sie. Mit den Händen in die Hüften gestemmt ließ sie ihren Blick hin und her wandern, dann zog sie etwas Schwarzes heraus und warf es ihm in den Schoß. 

„Wie wäre es damit?", fragte sie und grinste. Jonathan faltete es auseinander und erkannte, dass es das schwarze Stoffkleid war, das sie gemeinsam gekauft hatten. Sie kramte weiter im Schrank herum und warf dann noch eine graue Strumpfhose hinterher. Jonathan breitete beides auf dem Bett aus und musste zugeben, dass es ihm mehr als nur gefallen würde und sie schien sich in dem Kleid wohlzufühlen. 

„Sieht ziemlich gut aus", sagte er schnell, als sie ihn fragen ansah. Sie lächelte, ließ das Rollo am Fenster und an der Balkontür herunter und zog sich anschließend um. Unverhohlen beobachtete er sie, was sie nicht zu stören schien, ganz im Gegenteil. Als sie fertig war, setzte sie sich neben ihn auf die Bettkante und schlang die Arme um ihn. Ein wenig überrascht von der Umarmung erwiderte er sie. 

„Du siehst wunderhübsch aus", flüsterte er ihr zu, doch sie schnaubte. 

„Bald bin ich dick und rund. Und meine Haare sehen scheiße aus, weil ich sie nicht mehr färben werde", sagte sie dann, löste sich von ihm und betrachtete die Spitzen ihres langen Haares. 

„Willst du sie wieder in deiner Naturhaarfarbe haben?", fragte er, doch sie schüttelte den Kopf. 

„Ich glaube nicht, dass Wasserstoffperoxid gut für das Kind ist", lachte sie. Er hatte keine Ahnung, doch er nahm an, dass sie damit ihre Haare färbte. Offensichtlich sah sie ihm ihre Verwirrung an, aber sie machte nur eine wegwerfende Handbewegung. 

„Steht dir bestimmt auch gut", sagte er dennoch, doch sie sah skeptisch aus. 

„Das wird ungewohnt. Meine Haut sieht im Kontrast zu schwarzen Haaren immer so blass aus", sagte sie und nun schnaubte Jonathan. 

„Wenn du blass bist, was bin ich denn dann?", fragte er und hielt seinen Arm gegen ihren, der eindeutig einen dunkleren Teint hatte. 

„Naja, ich bin nicht so blass wie mein Bruder, aber es wird mal wieder Zeit für Sonne", gab sie zurück, dann machte sie eine Kopfbewegung zum Kleiderschrank. 

„Wo bleibt meine Stripshow?", scherzte sie, doch Jonathan erhob sich und suchte sich ebenfalls ein paar ordentlich Klamotten heraus. 

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