Kapitel 12 - Jonathan
Jonathan hatte die Aufgabe bekommen, die Paprika in Streifen zu schneiden. Doch immer wieder warf er Blicke zu Sheila, die irgendeine Soße zubereitete und hin und wieder im Nudelwasser rührte.
Er hatte sich ihr Wiedersehen viel schlimmer vorgestellt, doch anscheinend war sie gar nicht wirklich wütend auf ihn. Was ihn unheimlich erleichterte, obwohl sie alles Recht dazu hatte.
„Wie weit bist du?", fragte sie und er beeilte sich, das letzte Stück klein zu schneiden.
„Fertig", antwortete er und schob ihr das Schneidebrett zu. Sie gab die Paprika in die Soße und rührte darin herum, dann wandte sie sich ihm zu und lehnte sich mit der Hüfte gegen die Arbeitsfläche. Jonathan wusste nicht so recht, was er tun sollte, ob er etwas sagen oder lieber zuhören sollte, was sie ihm sagen wollte.
Ein paar Sekunden stand sie unschlüssig da, doch dann legte sie ihm die Hand an die Brust. Das hatte sie schon gemacht, als sie sich gerade kennengelernt hatten. Inzwischen wusste er, dass sie es mochte, so seinen Herzschlag zu fühlen, der sich immer automatisch beschleunigte, wenn sie das machte. Er legte seine Hand auf ihre und suchte ihren Blick.
„Warum hast du gestern so viel getrunken?", fragte sie schließlich und ihr Blick wurde vorwurfsvoll. Sofort bekam er ein schlechtes Gewissen. Am besten wäre es, wenn er ehrlich war.
„Ich weiß es eigentlich gar nicht so genau. Es hat mich von meinen Zweifeln abgelenkt", gab er zu, woraufhin Sheila besorgt die Augenbrauen zusammenzog.
„Woran zweifelst du denn?", wollte sie wissen und kurz war er versucht abzuwinken, doch das würde ihr gar nicht gefallen und auch nicht helfen, ihren kleinen Streit zu klären. Es war eigentlich ganz leicht, trotzdem senkte er den Blick, bevor es aussprach.
„An mir", sagte er so leise, dass er im ersten Moment glaubte, sie hätte ihn nicht gehört. Doch dann spürte er einen Finger unter seinem Kinn. Mit sanfter Gewalt hob sie sein Gesicht an, damit er sie wieder ansah. Er fühlte sich auf einmal wie der größte Idiot auf der Welt und er spürte, wie seine Wangen rot wurden.
„Warum zweifelst du an dir? Du hast doch nichts falsch gemacht", erwiderte sie und schien es todernst zu meinen.
„Ich weiß auch nicht. Ich habe Angst, dass ich dich auf lange Sicht nicht glücklich machen kann. Wenn wir kein Kind bekommen können, meine ich. Ich komme mir irgendwie wie ein Versager vor, wenn es an mir liegt", sagte er in einem Rutsch und er fühlte sich auf einmal unendlich erleichtert. Sheila sah ihn einen Moment lang eindringlich an, dann legte sie ihm eine Hand an die Wange.
„Du bist kein Versager. Und du wirst mich immer glücklich machen. In guten und in schlechten Zeiten, weißt du noch?", fragte sie und hielt ihm ihre Hand mit dem Ehering unter die Nase. Unwillkürlich musste er grinsen, doch dann wurde er wieder ernst.
„Das hat nichts mit guten oder schlechten Zeiten zu tun, sondern mit glücklich oder unglücklich sein", widersprach er, aber sie schüttelte langsam den Kopf.
„Ich liebe dich doch nicht, weil du mich schwängerst, sondern weil du so bist, wie du bist", erklärte sie weiter, woraufhin sein Herz ihm beinahe aus der Brust zu springen drohte. Ihre Worte taten so gut und er war für einen Moment sprachlos. Bevor ihm irgendetwas Schlaues oder genau so Süßes einfallen wollte, klingelte der Küchenwecker. Eilig löste sie sich von ihm und schob ihn beiseite, damit sie die Nudeln abgießen konnte.
„Hol doch schon mal Teller raus", sagte sie, aber er rührte sich keinen Millimeter. Sheila schaltete den Herd aus, füllte die Nudeln wieder in den Topf und brachte sie ins Wohnzimmer zum Esstisch. Als sie wieder zurückkam, um die Soße zu holen, griff er nach ihrem T-Shirt und zog sie fest an sich. Sie stieß einen überraschten Laut aus, doch dann erwiderte sie die Umarmung.
„Ich liebe dich", flüsterte er, dann nahm er ihr Gesicht in die Hände und küsste sie. Als sie sich von ihm löste, schienen ihre Wangen zu glühen.
„Und ich liebe dich", sagte sie, strich ihm noch einmal über die Wange, bevor sie nach dem Topf mit der Soße griff und damit wieder zum Esstisch ging. Jonathan folgte ihr und setzte sich an seinen Platz.
Mit einer schnellen Bewegung schwang Sheila ihre Haar nach hinten, damit es nicht auf ihrem Teller hing, dann lud sie sich Essen darauf. Als sie ihm den Löffel anreichte, damit er sich auch etwas auftun konnte, strich er sanft über den Finger.
„Wir sind übrigens am Samstag Abend eingeladen", sagte sie nach einer Weile und neugierig sah er sie an.
„Wo denn?", wollte er wissen, denn eigentlich hatte keiner von ihren Freunden Ende März Geburtstag.
„Bei meinem Arbeitskollegen Karim. Er hat Geburtstag und hat uns eingeladen", antwortete sie schulterzuckend. Jonathan wusste, dass Karim immer bei der Mitarbeiter-Vorführung mitmachte und da er der einzige Dunkelhäutige in der Gruppe war, erinnerte er sich an ihn. Sheila hatte schon ein paar Mal erzählt, dass sie sich gut verstanden und manchmal unterhielten.
„Okay. Hast du vor hinzugehen?", fragte er und sie nickte.
„Ja, wieso denn nicht. Aber nur wenn du mitkommst. Ich kenne ihn eigentlich gar nicht so gut und es hat mich überrascht, dass er uns eingeladen hat", antwortete sie. Jonathan nickte. Obwohl er eigentlich nicht wirklich begeistert war, wenn Sheila von irgendwelchen Typen eingeladen wurde, machte er dazu keinen Kommentar. Nicht, wenn sie sich gerade wieder vertragen hatten. Eigentlich wusste er auch, dass sie anderen Männern keine schönen Augen machte und obwohl sie ziemlich hübsch war und viele Männer sich für die interessierten, hatte sie nie auch nur einen anderen als ihn angeguckt. Was ihm ziemlich schmeichelte.
„Es wird sicher nett", sagte er und lächelte.
„Du kommst doch mit, oder?", wollte sie wissen und an ihrem Blick sah er, dass sie wollte, dass er mitkam.
„Klar, wenn du willst. Wo feiert er denn?", wollte er wissen.
„Bei sich zu Hause. Er meinte, es wäre ein gemütliches Beisammensein mit ein paar Freunden", erklärte sie und er nickte. Es klang wirklich ganz nett und es würde Sheila guttun, noch einmal etwas Schönes zu unternehmen.
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