drei
Louis' POV:
Da stand ich nun, im Zimmer eines mir noch völlig Unbekannten, der mich ansah, als sei ich ein Geist. Okay, wahrscheinlich wäre er nur halb so doll erschrocken, wenn ich tatsächlich einer gewesen wäre. Im Raum verteilt standen noch überall Kartons herum und die Wände waren frisch tapeziert, das konnte ich selbst im Halbdunkel erkennen.
Schließlich fiel mein Blick auf den Typen, der auf seinem Bett hockte, zusammengekauert und zitternd wie Espenlaub. Sehr toll, Louis. Glückwunsch! Du hattest auch mal bessere Einfälle, ehrlich. „Ich tu dir nichts", versicherte ich ihm, was ihn allerdings nicht wirklich beruhigte. „Geh. Aus. Meinem. Zimmer.", brachte er zwischen zusammengebissenen Zähnen heraus.
Seufzend fuhr ich mir durch die Haare und wollte ihm gerade gehorchen, als ein weißer Audi neben dem schwarzen in der Einfahrt zum Stehen kam. Er wohnte also nicht allein. Gespannt wartete ich, bis die Fahrer ausgestiegen waren und machte mir beinahe in die Hose, als ich registrierte, wer es war:
Zayn Malik, meine Jugendliebe, zusammen mit einem anderen Mann. Lachend liefen sie die Treppen zum Eingang hinauf, im nächsten Augenblick vernahm ich das Klacken des Türschlosses. Ich wandte mich wieder Mr. Espenlaub zu, der mittlerweile kreidebleich war. Ich wollte einen Schritt auf ihn zumachen, um ihn zu beruhigen, doch da verließ ein weiterer Schrei seine Kehle. „LIAM, ZAYN!"
Ehe ich mich versah, stürmten die beiden zu uns. „Harry? Was ist -" Zayn, der das Licht angeknipst hatte, blieb wie angewurzelt stehen, sobald er mich entdeckte. Der andere, der anscheinend Liam hieß, krabbelte zu Harry aufs Bett und nahm ihn in den Arm, um ihn zu trösten, denn jetzt schluchzte er. Ich hätte mich echt ohrfeigen können. Tomlinson, deine Tabletten vergisst du nie wieder! Und wenn doch, lass dich von Niall ans Bett ketten.
„Louis?" Zayns Kinnlade klappte nach unten und er taumelte ein paar Schritte rückwärts, woraufhin ich die Hand ausstreckte, um ihn am Fallen zu hindern. „Was machst du hier?", fragte er fassungslos und riss sich wütend von mir los. Schuldbewusst starrte ich auf den Boden. „Ich wollte doch nur... ach egal. Vergesst es. Bitte ruft nicht die Polizei", nuschelte ich, was ihn zum Lachen brachte. „Das müsste ich gar nicht, denn sie steht genau vor dir!" Na toll. Jetzt sind er und sein Verehrer auch noch Bullen. Ganz toll, Louis. Das war ja mal ne Glanzleistung von dir.
„Sorry. Ich hab ja nicht gewusst, dass du hier hergezogen bist und – ach, was solls. Ich geh jetzt. Gute Nacht", murmelte ich und wollte mich umdrehen, da hörte ich die Stimme dieses Liams. „Dieses Mal nimmst du aber bitte die Tür." Also dackelte ich nach draußen in den Flur, fand die Treppe, die ich niedergeschlagen hinuterhüpfte, durchquerte die Eingangshalle und ließ hinter mir die Haustür krachen zufallen.
Beim letzten Blick über meine Schulter sah ich, wie das Fenster geschlossen und das Licht gelöscht wurde. Was hatte ich mir nur dabei gedacht? Wäre ich aufmerksamer gewesen, wäre mir in den letzten Tagen aufgefallen, das Zayn dort eingezogen war. Beim Gedanken an unsere gemeinsame Zeit, spürte ich einen Stich in mein Herz.
Ich war damals total in ihn verliebt gewesen. Unsere Väter waren beide im selben Golfclub gewesen, darüber hatten wir uns kennengelernt. Anfangs hatte ich geglaubt, in ihm nicht mehr als einen guten Freund zu sehen, bis ich mir eingestehen musste, dass ich mich in ihn verguckt hatte. Und er anscheinend auch in mich, denn ein halbes Jahr hatten wir auf Wolke 7 geschwebt, danach hatte er jemand anderes kennengelernt. Und nun – fast acht Jahre später traf ich wieder auf ihn.
Kurz darauf lag ich doch im Bett und betrachtete wieder den Mond. Noch immer schämte ich mich in Grund und Boden für diese Aktion. Jede Wette hatte Harry dank mir eine Panikattacke oder so etwas erlitten. Ich hatte schon mal einen Bericht darüber gelesen, demnach war damit nicht zu spaßen.
Morgen würde ich mich unbedingt entschuldigen, am besten ich rief Zayn an, sonst richtete ich eventuell nur noch mehr Schaden an. Harry. Der Name klang total schön. Und er passte zu ihm, denn auch er war schön. Er hatte dunkle, lange Locken gehabt und Unmengen von Tattoos. Und er war groß, größer als ich. Trotzdem hatte ich ihm solche Angst gemacht.
Du bist quasi bei ihm eingebrochen. Du hättest ein kleines fünfjähriges Mädchen sein können und er hätte sich erschreckt. Mit einem Boxer in die Matratze brachte ich mein besserwisserisches, vorlautes Gewissen zum Schweigen, dann versuchte ich, zumindest ein wenig zu dösen.
Harrys POV:
Am nächsten Morgen hatte ich mich wieder einigermaßen erholt von dem Schreck, dennoch war ich froh, dass heute Samstag war und ich deshalb nicht zur Universität musste, sondern getrost im sicheren Zuhause bleiben konnte. Nach einer ausgiebigen Dusche stieß ich in der Küche bereits auf Zayn und Liam, die schon am Frühstückstisch saßen.
„Gehts dir besser?", erkundigte Liam sich freundlich und schenkte mir eine Tasse Kaffee ein. Ich zuckte mit den Schultern. „Bisschen. Aber rausgehen werde ich garantiert heute nicht." Lächelnd tätschelte er mir den Unterarm, dann sah er unauffällig zu Zayn hinüber, was mich stutzen ließ. Dieser räusperte sich vielsagend, dann blickte er mich ernst an.
„Ich hab eben mit Louis telefoniert. Du musst wissen, dass wir mal zusammen waren, als wir ungefähr 15 waren. Ihn hier wiederzusehen ist eine große Überraschung für mich. Unsere Väter waren damals dicke Freunde, haben jeden Sonntag zusammen Golf gespielt. Glaub mir, er ist kein schlechter Mensch, auch wenn er so merkwürdige Dinge tut, wie anderen Leuten nachts durchs Fenster zu klettern. Er hat sich tausendmal bei mir entschuldigt, ihm ist die ganze Angelegenheit mehr als peinlich."
Ich nickte, darauf bedacht, alle Informationen zu verarbeiten. Trotzdem konnte ich mir nicht richtig vorstellen, dass dieser komische Mann wirklich nett war. „Er würde es gerne wieder gutmachen", fügte Zayn nach einer Weile hinzu, weshalb ich eine Augenbraue hob. „Und wie?"
„Er hat vorgeschlagen, dass ihr heute Abend etwas unternehmen könntet." Meine Augen weiteten sich perplex. „Ich werde doch nichts mit diesem Psycho machen!", empörte ich mich, doch Liam drückte meine Hand, und auch Zayn strich mir beschwichtigend über den Arm.
„Bitte. Gib ihm eine Chance. Es würde dir auch guttun, mal rauszukommen. Wenn was ist, kannst du uns jederzeit anrufen, wir werden dich abholen", versprach er, was mich mehr oder weniger überzeugte. Gut, ich würde mich auf diesen Kerl einlassen, Zayn und Liam zuliebe.
Meinungen bis jetzt? lots of love ♥
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top