Wiedersehen

Diffuse Gedankenfetzen. Rasch vorbeiziehende Traumbilder. Glatzkopf, der erschossen wird. Schwarzes Halbmondtattoo. Einauge, der Lächelt.
Wache nach den sich ständig wiederholenden Bildern auf. Augen öffnen sich. Blicke an eine weiße Zimmerdecke. Die schwarzumrahmte Hängeleuchte, welche ich im Augenwinkel erkenne, verschafft mir die Klarheit, dass ich mich in meinem eigenen Unterschlupf befinde.
Richte mich in meinem Bett auf, sodass ich mich, noch immer zugedeckt, umschauen kann. Merke bei jeder Bewegung puckernde Schmerzen im Kopf und den Rippen. Nachwirkungen der Schläge. Ächze beim Umschauen vor Schmerzen. Mir ist schwindelig. Kann mich gerade noch davon abhalten zu kotzen. Stütze mich sitzend an der Wand ab. Neben meinem Bett, auf einem kleinen Nachtschrank eine volle Wasserflasche. Vor ihr ein sorgsam zusammengefalteter Zettel. Nehme und entfalte diesen. Lese ihn mir leise vor:

"Werter Sleepless. Es grämt mich, Ihnen mitteilen zu müssen, dass es nie Ihr Schicksal gewesen ist, ein für Sie erfolgreiches Tauschgeschäft mit dem werten Seeker durchzuführen. Sein Tod ist äußerst bedauerlich, dient jedoch einem höheren Zweck. Ihnen rate ich, einen anderen Pfad einzuschlagen, denn Ihre Bemühungen sind dem Syndikat nicht verborgen geblieben. Auf Ihrem Schreibtisch werden Sie eine angemessene Entschädigung für Ihre Unannehmlichkeiten vorfinden. Ich hoffe, Sie lassen Vernunft walten und unterlassen Ihr Vorhaben. So verbleibe ich mit freundlichen Grüßen
Ihr ergebenster Kaleido"
Jedes Wort dieses gottverdammten Briefes lässt mich tiefer in die heißglühende Wut eintauchen. Mehrfach schlage ich schreiend auf das unnachgiebige Holz meines Schrankes ein. Verdammte Scheiße! Wieso hat dieser Hurensohn mich verraten? Dieses ganze Syndikat. Eines Tages werde ich jeden dort umbringen. Wenn sie einen Krieg gegen mich wollen, bekommen sie ihn auch. Wende meinen Blick zum vollgepackten Schreibtisch.

Damit hat es sich auch erklärt, wie ich hierher gekommen bin. Zeitgleich gesellt sich ein zutiefst unangenehmes Gefühl dazu. Unsicherheit. Kaleido weiß, wo mein Unterschlupf ist. Bedeutet, dass ich hier nicht mehr sicher bin. Brauche unbedingt einen neuen Unterschlupf, der ausschließlich mir bekannt ist. Scheiße. Knülle den Zettel zusammen. Werfe ihn durch das Zimmer.
"Er hat es die ganze Zeit über gewusst, Raphael", kommentiert Lars in neutraler Stimmlage. Vielleicht versucht er mitfühlend zu sein.
"Dieses verfickte Syndikat!", schreie ich außer mir vor Wut. Will und werde sie alle abschlachten.
"Dir ist hoffentlich bewusst, dass du es nicht mit dem Syndikat aufnehmen kannst", gibt Lars zu bedenken. Verkrampfe meine schweißigen Hände zu Fäuste.
"Ich weiß! Und es kotzt mich an!", schreie ich noch lauter. Es wäre dumm sich allein gegen das gesamte Syndikat zu stellen. Jedoch will ich es versuchen. Eines Tages. Kratzen im Hals. Trinke einen Schluck aus der nahegelegenen Wasserflasche und hoffe, dass die kühlende Flüssigkeit etwas von den lodernden Zornflammen ablöschen kann.

Stehe auf und gehe auf meinen Schreibtisch zu. Will mir anschauen, was das für Entschädigungen sein sollen. Dort auf der hölzernen Tischplatte liegen drei schwarze Plastiktüten. Sauber in einer waagerechten Reihe hingelegt. Als ich die Tüte ganz links umdrehe und schüttele, fallen unzählbar viele dicke Geldbündel heraus. 500 Euroscheine. Auf einem der Banderolen steht "50.000". Das steht auf jedem der Bündel.
"Das sind 20 Bündel. Raphael! Hast du eine scheiß Ahnung, dass da vor dir eine Million in Scheinen liegen?", keucht Lars in meinem Kopf. Geblendet vom Geld.
"Beruhig dich", gebe ich kühl zurück und entleere die zweite Tüte.
Dort fallen lediglich 5 weitere Zettel heraus. Bei näherer Betrachtung stellt sich heraus, dass das Aufenthaltsorte von zahlreichen großen Namen diverser Kinderpornoringe sind. Unwillkürlich breitet sich ein Grinsen auf meinem Gesicht aus.
Auf dem 5. Zettel steht nur ein Satz "Die Arbeit endet nie"

Die letzte Tüte enthält ein Bild. Lediglich ein Bild. Mir wird anders. Kann nicht aufhören, die junge Frau auf dem Bild zu betrachten. Ein violettes und ein grünes Augen. Zahlreiche narbige Flicken im Gesicht. Laborkittel tragend. Darunter eine hellblaue Bluse. Rechts einen Metallarm.
"Sunny", hauche ich und zahlreiche alte Narben reißen zeitgleich auf. Die einzige Frau, die je mein Herz berührt hat. Sacke mit dem Bild in der Hand zu Boden. Sie war so wunderschön.
"Sie hat in dir Dinge berührt, die sonst keiner je berühren konnte", haucht Lars. Auch er scheint traurig zu sein. Oder mitfühlend.
"Vermisse sie. Sowie ich auch Alice und Einauge vermisse. Doch Sunny... Sunny vermisse ich am sehnlichsten", sage ich in das Nichts des Zimmers.
"Das wissen die. Sie wollen dir zeigen, was Worse dir genommen hat. Was er allen anderen nimmt. Kaleido bietet dir andere Wege. Das Syndikat bietet es dir. Vielleicht sollten wir-"
"NEIN!", unterbreche ich Lars schreiend und drücke das Bild der Liebe meines Lebens an meine Brust.
"Sunny ist tot. Geld bedeutet mir nichts. Und Kinderficker kann ich danach noch immer töten", sage ich entschieden. Stehe wieder auf. Lege das Bild Sunnys liebevoll auf meinen Nachttisch und beginne mich für eine Reise umzuziehen.

"Und wo willst du anfangen!? Wir haben alle Spuren verloren. Der Seeker ist tot. Das Grimoire weg. Das Syndikat hat dich im Blick. Wir haben keinen Anhaltspunkt, Raphael! Lass es gut sei-"
"Falsch. Einen Fährte habe ich noch", sage ich düster lächelnd und erinnere mich an eine gewisse Höhle, in der diese Sekte aktiv gewesen ist.
„Also hast du vor ein mehr, als großzügiges Angebot auszuschlagen für – wofür? Einen Rachefeldzug, der uns ins Grab bringen wird? Und selbst wenn du es schaffen SOLLTEST. Du weißt genauso gut wie ich, dass du Worse nicht töten kannst. Also bitte. Nenne mir einen vernünftigen Grund, warum wir weiter einer derart sinnlosen Sache nachjagen!?“, appeliert Lars in meinem Kopf. Verliere die Geduld.
„Weil es niemanden gibt, der mich aufhalten kann. Weil ich diese Welt in ihren Untergang treiben möchte. Worse soll wüten. Töten. Jeden einzelnen Menschen. Jede Kreatur. Alles und jeder muss vernichtet werden“, erwidere ich und betrachte meine Hände. Grinse breit. Die Vorstellung, dass ich derjenige bin, der etwas noch Schlimmeres, als mich selbst auf die Welt loslässt, verpasst mir eine gewaltige Gänsehaut. Beginne laut aufzulachen. Kann nicht mehr aufhören. Verliere mich in meinem Gelächter. Tut gut, es rauszulassen. Es ausgesprochen zu haben. Lars antwortet nicht mehr. Er hat sowieso nicht einen Funken Mitspracherecht. Also ist es abgemacht. Werde dieser Höhle mal wieder einen Besuch abstatten. Ist einige Orte weit weg. Brauche einen fahrbaren Untersatz.
 
„Weil es niemanden gibt, der mich aufhalten kann. Weil ich diese Welt in ihren Untergang treiben möchte. Worse soll wüten. Töten. Jeden einzelnen Menschen. Jede Kreatur. Alles und jeder muss vernichtet werden“, damit beende ich die Aufnahme meines früheren Partners. Die Runde, bestehend aus allen Logenbossen des Syndikats, blickt mich zunächst stumm an, ehe ein eindringliches Gemurmel beginnt. Im Hall des hysterischen Lachanfalls des schlaflosen Serienmörders, wirkt es beinahe, als würde sie dem ein oder anderem Menschen hier Angst einjagen. Fast schon witzig mitanzusehen, dass die Bosse bei normalen Treffen lediglich Boten schicken, aber sich zeigen, sobald es um Leute wie Sleepless geht. Die Projektion eines maskierten Mannes scheint mich in der Mitte des großen, schlichten Konferenzraumes, regelrecht anzustarren. An einem raumausfüllenden, kreisrunden Tisch sitzend, befinden sich, mit mir eingeschlossen, 12 Logenbosse. Neben jedem der Bosse, steht jeweils eine weitere Person. Die Vize.

Die brummend tiefe Stimme des Bosses der Bosse erklingt aus der schimmernd-grauen Projektion: „Das ist eine ernste Situation. Er hat unser Angebot somit abgelehnt. Wir sind hier, um über unser weiteres Vorgehen zu diskutieren“
Während ich wieder auf meinem Sitz Platz nehme, balle ich meine Hände zu Fäusten. Hatte gehofft, das vermeiden zu können. Ich habe wirklich darauf gebaut, dass wir Sleepless besänftigen können. Mir ist nie bewusst gewesen, weshalb er von dem falschen Gott derart fanatisch besessen ist. Ich brauche ihn noch. Er darf nicht sterben.
Betrachte das Glas Wasser vor mir, ehe ich meinen Blick auf die Projektion meines Vorgesetzten richte.
„Er ist ganz klar eine Gefahr“, kommt es von einem der anderen Bosse.
„Ist es überhaupt sicher, dass es Sleepless jetzt noch schafft, ihn zurückzuholen?“, fragt die braunhaarige, bebrillte Anführerin der Sternenloge.
„Wir dürfen kein Risiko eingehen“, erwidert der Anführer der Sichelloge. „Bedenken wir seinen Auftritt in dieser unsäglichen TV-Show, in welcher er Beptus freien Lauf lassen wollte“
Mir platzt der Kragen.
„Und du weißt genau, dass ich das von Anfang an unter Kontrolle gehabt habe! Sleepless ist keine Gefahr für uns“, melde ich mich zu Wort. Die Runde blickt mich an.

„Ich verstehe Ihren Punkt, lieber Einauge. Das tue ich wirklich. Nur scheint er nicht aufhaltbar zu sein. Und noch weniger vernunftbegabt. Denn wie wir gerade alle gehört haben, ist dieser junge Mann zu allem entschlossen. Dies war im Übrigen auch mein Eindruck, als ich die Zeit mit ihm verbracht habe“, antwortet der sauber gekleidete und wohlwollend blickende Kaleido. Ich lasse meine behandschuhte Hand auf die Tischplatte knallen. Das geht in eine unsagbar beschissene Richtung. Darf das nicht zulassen.
„Er hat keine Optionen mehr. Diese Höhle ist nichts weiter, als ein verzweifelter Strohhalm. Da exisitert höchstens eine geringe Restaura von Reborn Sin. Sleepless hat weder das Grimoire, noch sonst etwas. Er ist verzweifelt und fanatisch“, argumentiere ich, mich sekündlich zur Ruhe mahnend. Eine kurze Phase der Ruhe entsteht, welche jäh vom Boss der Bosse beendet wird.
„Hat noch jemand eine Anmerkung dazu?“, er wartet einige Augenblicke. Jeder Moment fühlt sich für mich, wie eine gottverdammte Ewigkeit an. Als würde nicht über Sleepless, sondern über meine Wenigkeit gerichtet werden. Kalter Schweiß läuft meinem Körper herab. Mein Herz fühlt sich mehrere Kilogramm schwerer an.

„Gut“, fährt mein Anführer fort. „Dann stimmen wir nun ab. Sollen wir uns um ihn kümmern, oder nicht. Ja für seinen Tod. Nein für sein Leben“ Das erste Ja. Spüre einen Stich in meinem Herzen. Das zweite und dritte Ja. Ich sage Nein. Dann das vierte, fünfte und sechste Ja. Hoffnung schwindet mit innerem, furchtbar brennenden Schmerz. Die Anführerin der Sternenloge stimmt für Nein. So auch zwei weitere Bosse. Dann folgen zwei weitere Jas. Eines davon kommt von Kaleido. Will meinen Kopf hängen lassen. Darf keine Schwäche zeigen. Es ist besiegelt.
„Auch ich stimme für Ja. Damit sind es 9 Jas gegen 4 Neins. Es ist also beschlossen. Raphael Ehlert alias. „Sleepless“ muss sterben“, beschließt der Boss der Bosse. Spüre die Hand meines Vizes auf meiner Schulter. Wende mich um und betrachte stechend helle, grüne Augen, die mich aus einer weißen Vogelskelettmaske hervorzublitzen scheinen.
„Wir wissen, dass unser Taxi ihn soeben bei beisagter Höhle abgesetzt hat“, sagt Kaleido sanftmütig und wirft mir einen sorgenerfüllten Blick zu.

Währenddessen

„Ich weiß nichts. Wirklich!“, bettelt die Fahrerin des Taxis mit fast erstickter Stimme. Presse ihren Kopf in den Stoff ihres dunklen Fahrersitzes. Drücke das kalte Stahl meines Skalpells an den Hals dieser alten Schachtel.
„Ach? Und warum steht als Nachricht auf deinem Telefon, dass und ich zitiere ‚Sleepless bereit für euch‘ ist?“, knurre ich bösartig. Lars hat mich darauf aufmerksam gemacht. Hätte es selbst gar nicht bemerkt. Die Syndikatsfahrerin keucht.
„Ich.. muss immer berichten, wenn ich jemanden abgeliefert habe“, versucht die alte, ergraute Frau sich herauszureden.

„Sie will dich tasern. Schau in ihre verborgene linke Hand, die sie gerade aus ihrer Tasche zieht“, warnt mich Lars. Er klingt ein wenig unmotivierter, als sonst. Ist wahrscheinlich noch eingeschnappt, weil er seinen Willen nicht bekommen hat. Ramme der Frau mein Skalpell ohne Vorwarnung in die rechte Wange. Durchstoße ihr dünnes Fleisch und ziehe die tödlich scharfe Klinge wieder heraus. Sie beginnt ohrenbetäubend zu schreien. Ist Musik in meinen Ohren. Habe jetzt die Zeit, sie kurz loszulassen und ihr linkes Handgelenk zu greifen. Drücke sie, mit einem Taser in der Hand, gegen ihren eigenen, zitternden Körper. Schaue sie mit weit aufgerissenen Augen direkt an. Blut läuft über ihre Wange und quillt bereits leicht aus dem Mund der Taxifahrerin.
„Sag mir, was ich wissen will!“, schreie ich ihr direkt ins Ohr. Sie zappelt wild vor sich hin.
„Du bist wie so ein Zitteraal. Und gleich füge ich dir eine Komponente hinzu, die dir dazu noch fehlt“, sage ich etwas ruhiger, jedoch mit Nachdruck. Drücke den Taser fest gegen den schwächlich dürren Körper der Frau und warte auf keine Antwort mehr. Das charakterischtische Knacken von Elektrizität, die aus den beiden metallenen Spitzen des Gerätes zischen, lässt die Fahrerin wild umherzucken. Beginne wild loszulachen.
„Das sieht ja noch viel witziger aus, als in den ganzen Filmen!“, brülle ich vor lachen und lasse den Betätigungsknopf gedrückt. Ob sowas eine alte, gebrechliche Frau schon tötet? Habe keine Ahnung von Taser. Habe viel zu viel Spaß daran, sie zucken zu sehen. Ihre Augen verdrehen sich ins Innere, sodass nur noch blutunterlaufendes Weiß zu sehen ist. Das Gerät setzt aus.
„Unzuverlässig. Dann halt auf die altmodische Weise“, murre ich, setze mein Skalpell an die Kehle der Dame an und ziehe durch.

Als ich das Taxi verlasse, habe ich das befriedigende Gefühl, etwas Gutes für mich getan zu haben. Könnte hier mal wieder ein wenig jagen. Die Leute sind mir eindeutig alle zu lebendig. Sehe in unmittelbarer Entfernung den Höhleneingang am Ende der felsigen Straße. Die späte Nachmittagssonne, die fast bereit ist, sich gen Horizont zu senken, wärmt meine helle Haut. Erinnere mich an meinen letzten „Besuch“ vor einigen Jahren. Das leuchtende Pentagramm auf meiner Handfläche. Die Sekte, die beinahe Worse zurückgeholt haben. Stattdessen jedoch diesen unsäglichen Reborn Sin heraufbeschworen haben. Diese Missgeburt, geschaffen aufgrund fehlerhaften Riten. Etwas unheimliches liegt in der Atmossphäre dieser Höhle, als ich diese betrete und tiefer hineinschreite. Als wäre ein Echo dessen zurückgeblieben, was hier heraufbeschworen worden ist. Keine Ahnung, was ich mir erhoffe zu finden. Jedoch sagt mir etwas, dass es richtig ist, hier zu sein. Betrete einen größeren Höhleninnenraum, an welchen ich mich noch zu genau erinnere. Hier hat die Sekte Reborn Sin beschworen. Schaue mich um. Von rechts nach links. Oben und unten. Die Eindrücke hier sind überwältigend. Die Umgebung scheint regelrecht in mich einzuströmen. Hier muss es passieren.
Setze mich in die ungefähre Mitte des Höhlenraumes. Im Schneidersitz. Schließe meine Augen. Stelle mir vor, wie ich alles in mich einströmen lasse. Keine Ahung warum, aber es fühlt sich richtig an.

„Narr“
„Dein Wunsch bringt tot“
„Jämmerlicher Wurm“
„Akzeptiere dein Schicksal“
„Zeig mir wahre Emotionen“
„Sleepless“
„Nemesis“
„Interessanter Mensch“
„Geh“
„Du bist gescheitert“
„Du findest hier dein Ende“
„Brudermord“
„Leb wohl, Sleepless“

Stille. Reiße meine Augen auf. All diese Worte. Diese Stimme. Das ist er gewesen. Das ist wirklich er gewesen. Worse. Sind das Erinnerungen gewesen? Nein. Eindeutige Worte, die zu meiner jetztigen Situation passen. Oder? Versuche mit geschlossenen Augen erneut etwas zu vernehmen. Ohne Erfolg. Keine weiteren Worte. Bin ich nur zu ungeduldig? Warte weiter. Versuche an nichts zu denken. Vergeblich.

„Scheiße. Scheiße. SCHEIßE! WORSE! REDE ZU MIR!“, brülle ich verzweifelt in das Nichts hinein. Kein Zweifel. Er ist hier gewesen. Bin ihm ein weiteres Mal begegnet. Freude, als hätte ich einen alten Freund getroffen. Trauer, weil er weg ist. Ist er wirklich da gewesen? Scheiße. Was passiert mit mir? All diese Gedanken. Sie wiederholen sich. Ist das real?
„Sleepless. H-Hinter dir“, sagt Lars in meinem Kopf. Halte inne. Wirbele im Sitzen um. Erblicke eine Person. Eine mir nur zu bekannte Person. Ein großer Mann. Blonde, kurze Haare. Schwarze Augenklappe. Stoppelbart. Sichtbare Stirnfalten. Violette, aufgeknöpfte Robe, die einen nachtschwarzen, trainierten Oberkörper preisgibt.
„Hallo, du krankes Genie“, begrüßt mich der Mann, der genauso aussieht wie ein leicht gealteter, lächelnder Einauge. Meine Augen sehen ihn. Kann ihn hören. Jedoch kann ich nicht glauben, dass das echt ist.

„D-Du. Aber. Das. Nein! Das ist nicht real. Hier muss irgendetwas vor sich gehen. Erst seine Stimme. Dann deine“, stammel ich fassungslos.
„Du darfst deinem Urteilsvermögen trauen, Sleepless. Ich bin es. Einauge. Leibhafi-“
„HALT DEIN MAUL! Du bist NICHT real!“, habe diesen Satz gerade ausgesprochen, da steht die Person direkt vor mir und verpasst mir einen Schlag ins Gesicht, der mich Sterne sehen lässt. Das hat sich verdammt real angefühlt. Als ich wieder klar sehe, stehen wir ganz woanders. An der Luft. Unter der langsam untergehenden Sonne, welche unsere Szenerie in ein warmes Orange tauchen lässt. Blicke Einauge mehr, als verwirrt an.

„Ich glaube es zwar auch nicht. Aber er ist es. Einauge steht wirklich vor dir, Raphael“, sagt Lars in meinem Kopf.
„Was sagst du da, Lars?“, stammel ich und starre Einauge weiterhin fassungslos an, der meinen Blick fest erwidert.
„Ah. Hi Lars. Ich hoffe es geht dir gut“, begrüßt mein Gegenüber, der tatsächlich hier zu sein scheint, mein Alter Ego.
„Aber. Du. Du bist tot. Worse! Er hat dich getötet. Du lagst vor mir. Habe dich im Arm gehalten. Dich beerdigt. Um dich getrauert. WAS WIRD HIER GESPIELT!“, mit jedem meiner Worte mischen sich alle Gefühle in mir in einen gigantischen Chaostornado. Habe das Gefühl meinen klaren Verstand zu verlieren. Einauge sieht traurig aus.
„Tatsächlich war ich auch beinahe tot. Es… ist kompliziert“, erwidert Einauge. Gehe einige Schritte zurück. Greife mir an meinen Kopf. Das ist mir alles zu hoch. Er ist gestorben. Und nun steht er vor mir. Was passiert hier?
„Und warum? Warum warst du dann all die Jahre weg? Warum kommst du erst jetzt wieder? Das verstehe ich alles nich- Einauge?“, halte innerhalb meiner ganzen Fragen inne, als ich sehe, wie Einauge mit Tränen im Auge eine seiner Pistolen zieht und auf mich richtet.
 
Fortsetzung folgt…
 

Bild von der wundervollen Sunny (lady_snae ist ihr Instagram-Profil)

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