Kapitel 6

Tatsächlich hatte Hizashi recht mit seiner Vermutung gehabt. Egal wie sehr Nemuri versuchte dem Kind gut zuzureden, wollte sie einfach nicht von Shotas Seite weichen und selbst ins Bett gehen. Der Blondschopf konnte das nachvollziehen. Schließlich saß er nun auch schon seit Stunden neben der Couch auf dem Boden und wünschte sich, dass jemand durch die Tür des Wohnheims kommen würde, der endlich eine Lösung parat hatte, um den Dunkelhaarigen zu wecken.

Während er darauf wartete, und Midnight dem Mädchen ein Märchen vorlas um es zum Einschlafen zu bewegen, zog Yamada das alte Album aus der Tasche. Er hätte nicht angenommen, dass Aizawa es tatsächlich aufgehoben hatte. Schließlich hatten sie es ihm zu seinem sechzehnten Geburtstag geschenkt und die – mit Shotas Worten – blödesten Fotos hineingesteckt, die Hizashi und Oboro damals finden konnten. Sie hatten es auch das Best-of-jener-Fotos-auf-denen-Shota-aussieht-als-ob-er-Spaß-hatte genannt. Dabei hatten sie wirklich große Mühe gehabt, Bilder zu finden, auf denen der Dunkelhaarige tatsächlich richtig zu sehen war. Schon immer hatte er Kameras gehasst und war ihnen ständig ausgewichen. Umso wertvoller waren die Schnappschüsse, die sich in diesem Album versteckten.

Schon das erste Bild zeigte einen glücklich lächelnden Shota, der sich kaputt lachte, weil ein hellblauhaariger Junge sich zum Affen machte. Schon immer war es Oboro so einfach gefallen, dem Dunkelhaarigen ein Lächeln zu entlocken, während es Hizashi nie gelungen war und es auch eher mehr verkam das er Shota eher verärgerte. Auch heute noch dachte er an diese Momente zurück und versuchte manchmal ebenso aufzutreten wie der Freund, den die beiden verloren hatten, doch erfolglos. Vermutlich wüsste ihr ehemaliger Klassenkamerad auch jetzt, was zu tun wäre.

Wehmütig seufzend sah Yamada auf, und bemerkte, dass Nemuris Blick auf ihm lag. „Wo hast du denn das her?", fragte sie mit einem leichten Lächeln auf den Lippen und nahm das Album entgegen, als Mic es ihr reichte. „Es lag in Shotas Zimmer. Tsukauchi stellt es auf den Kopf, weil sie denken, er hätte irgendwo einen Hinweis versteckt", erklärte der Blonde. Die Polizei tappte wohl ziemlich im Dunkeln, wenn sie so etwas Verzweifeltes taten. Immerhin kam diese Suche einer Nadel im Heuhaufen gleich.

Gemeinsam blätterten sie die paar Bilder langsam durch, und lehnten sich an das Sofa, auf dem Eri und Shota friedlich schliefen. Bei jedem Foto machten sie halt, versuchten sich an den Tag und die Situation zu erinnern, in der das Bild entstanden war. Immer wieder wandte sich Yamada zu seinem Freund um, weil er ihn aus Gewohnheit einbinden wollte in das Gespräch und in der Hoffnung, er wäre wach, doch dieser schlief weiterhin tief und fest. Die Enttäuschung wurde immer schwerer zu verbergen.

Irgendwann übermannte auch die beiden Erwachsenen der Schlaf. Izuku und Ochako, die das bemerkten, organisierten ein paar Decken, um die beiden Lehrer und auch Eri zuzudecken. Als kurz darauf das Handy von Midoriya zu klingeln begann, hätte er die Schlafenden fast aufgeweckt. Uraraka warf ihrem Klassenkameraden sofort einen bösen Blick zu, der sich leise entschuldigte und schnell den Raum verließ, um abzunehmen.

„Ah, Izuku mein Junge, du bist noch wach. Ich kann weder Midnight noch Present Mic erreichen", erklang es nervös am anderen Ende der Leitung.

„A...All Might", stotterte Izuku, selbst nach all den Monaten, in denen sein Vorbild und Mentor nun schon seine Nummer hatte, zur Begrüßung, „die beiden sind vorhin erst eingeschlafen. Eri ist auch noch hier. Soll ich sie wecken?"

Kurz entstand eine Pause. All Might schien nachzudenken. „Hm ... ich glaube ... vielleicht kann es auch bis morgen warten ... wäre vielleicht besser", murmelte der ehemalige Profiheld vor sich hin. Etwas, das er nur dann tat, wenn er sich extrem unsicher war, und das kam wirklich selten vor. Zumindest soweit der Grünschopf es bisher mitbekommen hatte.

„Ist denn alles in Ordnung?", wollte Izuku neugierig wissen. Irgendetwas schien nicht zu stimmen, er konnte es fühlen.

Tatsächlich seufzte Al Might schwer und dachte erneut nach. „Einer der Beamten, die mit Aizawa an dem Fall gearbeitet hat, ist ... ist vorhin verstorben." Er war einfach im Schlaf gestorben, hatte aufgehört zu atmen und seine Organe hatten versagt, als ob ihnen plötzlich jegliche Energie ausgesaugt worden wäre. Auch wenn die anderen Fälle in den anderen Städten allesamt ein paar Tage gehabt hatten, schien diesmal irgendetwas anders gewesen zu sein und die Wirkung zu beschleunigen.

Stille entstand. Izuku schluckte schwer. Hieß das nun für ihren Klassenlehrer, das auch er nicht mehr so lang zu leben hatte?

„Izuku? Bist du noch dran?", fragte All Might besorgt, nachdem der Schüler längere Zeit nichts gesagt hatte. „Ach verdammt", fluchte der Blonde leise, „sag bitte niemanden etwas weiter, ich komme kurz vorbei."

„Okay", flüsterte der Junge fast tonlos und räusperte sich, nachdem All Might aufgelegt hatte.

Dass in der Zwischenzeit Ochako an ihn herangetreten war, hatte der Grünschopf gar nicht mitbekommen. Mit Tränen in den Augen wandte er sich ihr zu und wurde sofort in den Arm genommen. „Was ist denn passiert?", fragte das Mädchen verwundert, erhielt allerdings keine Antwort.

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