Kapitel 26
Zusammen gesunken lag ich auf dem großen Bett, welches mitten im gemütlich eingerichteten Zimmer stand. Es waren ein paar gefühlte Stunden vergangen als Liu zufällig bei mir aufkreuzte und mich aus meine Wohnung zog. Kurz darauf beobachteten wir wie die Polizei meine Wohnung stürmte. In der Zeit sprach keiner von uns beiden etwas und Liu brachte mich unbemerkt zu seiner Wohnung, welche sich am anderen Ende der Stadt befand. Zu meinem Glück hatte er seine Wohnung im Erdgeschoss und er musste mir nur bis zum Bett helfen. Als er sich vergewissert hatte, dass er mich für eine längere Zeit alleine lassen konnte, ging er zurück zu meiner Wohnung um die Polizeiarbeiten auf sich zu nehmen.
Nun war ich seit ein paar gefühlten Stunden, welche sich eigentlich nur um Minuten handelten, alleine in seiner Wohnung und weinte stumm vor mich hin. Ich konnte immer noch nicht fassen, was gerade eben passiert war. Ich konnte nicht fassen, dass ich meine Mutter getötet hatte und das nicht mal absichtlich. So langsam bekam ich Angst vor mir selbst und war mir unschlüssig, was ich als nächstes machen würde oder als nächstes passieren würde.
Mit meiner gesunden Hand griff ich mir in den Haaren und zog daran aus Verzweiflung. Der Schock saß mir immer noch tief und ließ meine Gelenke sich schwer anfühlen sowie meinen Hals trocken. Mein Magen fing an zu knurren, nachdem er erst mal rebelliert hatte und alles aus sich raus ließ. Mein Verstand und mein Körper sagte mir, dass ich in die Küche gehen sollte, nicht nur damit ich meinen Hunger und Durst stillen kann, sondern weil da auch etwas passieren würde. Etwas Wichtiges. Doch nach dem Tod von Gina vertraute ich ungern meinen Gefühlen, da ich mir einfach nicht mehr im Klaren war, ob sie überhaupt noch richtig ticken oder schon längst überfordert von allem sind. Trotz dass ich mir unsicher war, ob ich wirklich in die Küche gehen sollte, machte ich mich auf den Weg. Was sollte schon geschehen? Als ob da jetzt irgendein Mörder, vielleicht sogar ein Creepypastafigur, stehen würde und auf mich warten würde, oder irgend so ein verrückter Cosplayer. Als ich den Gedanken zu Ende gedacht hatte, musste ich an den Cosplayer von neulich denken, welcher sich einfach als Jason oder so ausgab und mit mir redete. Ich war so froh, dass es nur ein Cosplayer war, denn auf einen weiteren Creepypasta hatte ich keine Lust, überhaupt gar keine Lust.
Ich rollte mich zur Kante des Bettes, auf die Seite wo nicht der Nachttisch stand und welche näher an der Tür war, welche sich rechts in der Ecke befand. Lius Schlafzimmer hatte nur das wichtigste. Ein viel zu großes Bett, einen Schrank, welcher direkt gegenüber dem Bett stand und ebenfalls für eine Peron viel zu groß war. Einen Schreibtisch, einen Nachttisch und viele Fenster. Meine Krücken hatte er auf die Seite des Bettes gelegt, in welche ich mich gerade rollte und kurz bevor ich auf den Boden fallen konnte hielt ich an. Nun lag ich mit dem Bauch auf dem Bett und versuchte irgendwie an die Krücken heran zu kommen, was jedoch schwerer war als gedacht. Doch nach ein paar Minuten und Platzänderung hatte ich es geschafft und stützte mich ungeschickt auf die beiden Krücken. Kurz atmete ich tief durch und ließ den Schmerz in meinem Körper versickern bevor ich anfing zur Tür zu humpeln. Viel zu viel für eine verletzte Person wie mir, welche eigentlich noch Bettruhe hatte., dachte ich leicht genervt während ich versuchte mit meinem verbundenen Arm die Tür auf zu machen. Immer wieder rutschte ich ab und irgendwann schlug ich wütend und verzweifelt meine rechte Krücke gegen die Tür bevor sie ein Spalt aufging. Entnervt und zugleich erleichter drückte ich die Tür mit meiner Hüfte weiter auf bevor ich durch den halb leeren Gang humpelte. Bis auf einer Garderobe, die sich direkt an der Tür befand, hatte Liu nichts in den Flur gestellt, nicht mal Bilder hingen an der Wand, was ich irgendwie etwas deprimierend fand.
Ich musste zum Glück nicht weit humpeln, da sich die Küche direkt neben Lius Zimmer befand und ich halbwegs bequem zu ihr gelang. Und wieder hatte ich Glück darin, dass die Küche keine Tür hatte und ich einfach durch den Türrahmen humpeln konnte. Mitten in der kleinen Küche blieb ich stehen und betrachtete die weißen Schränke und Schubladen. So und wo ist jetzt der Kühlschrank?, fragte ich mich und humpelte zu einem Schrank, der danach aussah und zu meinem Glück war es auch der Kühlschrank. Bei so was habe ich Glück, aber bei allem anderen Sachen nicht., dachte ich deprimierend und öffnete den Kühlschrank ganz. Das Licht erhellte den halbleeren Kühlschrank und ich wusste nicht wie es dazu kam, aber ich entdeckte sofort ein paar Flaschen Bier und eine Flasche Wein. Ich bin doch sowieso so tief gefallen also kann ich doch auch etwas trinken und zu dem hatte ich noch nie Bier probiert., dachte ich mir und zog die Flaschen Bier und die Flasche Wein auf den Kühlschrank und stellte sie auf den Boden. Danach schloss ich diesen mit meiner Krücke und ließ mich auf den Boden plumpsen, direkt zwischen den Bierflaschen und der Weinflasche. Ein stechender Schmerz durchfuhr meinem Po und ein zischen entkam über meinen Lippen. Verdammte..., dachte ich nicht ganz zu Ende den ein lauter Knall, welcher von den Krücken kam, ließ mich zusammen zucken. Beide Krücken, welche ich eher achtlos gegen den Schrank neben mir gelehnt hatte, vielen auf den Boden und übertönten das Klickgeräusch der Wohnungstür. So, mit was fange ich an?, fragte ich mich und entschied mich für das Bier. Willst du mich jetzt eigentlich verarschen?! Mein Kopf knallte nach hinten gegen den unteren Bereich des Kühlschranks als ich bemerkte, dass ich keinen Flaschenöffner hatte. Nein, nicht mit mir., dachte ich und schlug den Kopf der Flasche fest gegen einen der vielen Griffe hier in der Küche. Ein Klirren entstand als die Scherben auf den Boden landeten und die Hälfte des Bieres über meine Hand floss. Ich beachtete das alles herzlich wenig und begann zu trinken.
Ich trank das ganze Bier auf einmal leer und musste den Würgereiz unterdrücken. Ich glaub... Bier ist nicht so meins., dachte ich angeekelt und ließ die Bierflasche los, sodass sie über den Boden bis fast zur Mitte der Küche rollte. Ich betrachtete das kleine Schauspiel faszinierend bevor ich zur nächsten Bierflasche griff. Auch wenn es nicht so meins ist... Ich will trotzdem den ganzen Frust wegtrinken. Ich will alles vergessen oder mich einfach so betrinken, dass ich an einer Alkoholvergiftung sterbe., dachte ich leicht deprimierend und machte die nächste Flasche auf. Als ich sie so betrachtete kamen alle Bilder von dem Unfall bis jetzt wieder hoch und Tränen rollten über meine Wangen. Ich wusste nicht genau was um mich geschah, aber ich bemerkte wie ich meinen Mund aufriss und aus vollem Leibe schrie. Ich schrie immer lauter und immer mehr Tränen flossen über meine Wangen. Irgendwann fing ich an zu zittern als ich wieder die nächste Bierflasche öffnete und immer stärker wurde der Würgereiz, aber ich wusste, dass sich mein Magen dieses Mal nicht übergeben konnte, da ich nichts gegessen hatte. Meine Sicht wurde nach jedem weiterem Schlug benebelter und mein Körper fühlte sich taub an. Mit der Zeit verlor ich die Kontrolle über ihn und schnitt meine nicht verbundene Haut an den ganzen Scherben um mich. Den Schmerz trank ich mit jeden Schlug weg bis nur noch die Weinflasche übrig war. Ich wusste nicht, wie lange ich schon hier saß und getrunken hatte. Mit jedem Schlug verlor ich immer mehr vom Zeitgefühl und von der Kontrolle über meinen Körper, aber nach einer Weile hatte ich aufgehört zu Schreien und zu weinen. Jetzt kam immer nur ein heißeres Zischen über meine Lippen, wenn ich mich an den ganzen Scherben um mich herum schnitt.
Mein ganzes Blut verteilte sich um mich herum, sowie die ganzen Scherben der Bierflaschen, welche ich achtlos fallen gelassen hatte. Zwischen den Zischen und Schmerzen lachte ich auch ab und zu und wusste selbst nicht weshalb und worüber. Ich hatte immer diesen Drang dazu. Mit jeden weiteren Schlug nahm ich immer weniger von meinem Umfeld mit und so bekam ich auch nicht mit, dass ein unerwünschter Gast die Wohnung betrat.
Mit unkontrolliert zitternden Händen griff ich nach der Weinflasche, welche ich eine Weile nur angestarrt hatte, und wollte sie ebenfalls öffnen als sich der unerwünschte Gast sich bemerkbar machte indem er nach meiner Hand griff. Erschrocken blickte ich auf und hätte beinahe die Weinflasche fallen gelassen, die aber von dem Gast aufgefangen wurde.
»Du.«, zischte ich leicht benebelt und wollte noch was sagen, aber mir vielen die ganzen Wörter nicht mehr ein also ließ ich meine Mund halb offen stehen und versuchte einen wütenden Blick aufzusetzen, was mir jedoch sehr misslang und ich aussah wie ein Tier, welches im Sterben lag.
»Wird man so heutzutage begrüßt?«, drang seine raue Stimme leise an mein Ohr und ließ meine Nackenhaare aufstellen. Am liebsten würde ich gerne in sein Gesicht schlagen, aber alles was ich schaffte war, nach vorne zu fallen und meine ganzen Hände an den Glasscherben aufzuschneiden. Ein psychisch krankes Lachen nahm die ganze Küche ein und ließ die Wut in mir aufkochen, welche ich raus ließ indem ich ein paar in blutgetränkte Glassplitter auf ihn warf.
»Du scheiß Dreckskerl!«, schrie ich aus voller Munde und spuckte vor seine Füße. »Das alles ist nur wegen dir passiert! Wieso existierst du überhaupt?! Warum hast du dich nicht einfach selbst umgebracht?! Niemand will dich! Alle hassen dich! Lass mich doch einfach in Ruhe.« Ich wurde mit jedem Satz immer leiser bis meine Stimme komplett versagte und ich auf dem Boden sackte. Am Rande bekam ich mit, dass er sich vor mich hinkniete und eine Hand auf meinen Rücken legte. Sanft rieb er ihn bevor er mein Pulli packte und mich an ihm hochzog. Nun sah ich direkt in seine eisblauen Augen und versank sofort in diesen. Das wütende und gestörte Funkeln beachtete ich nicht, sondern suchte nach dem schönen und liebenswerten Funkeln, was ich jedoch nicht fand. Doch ich wollte es unbedingt sehen und bekam nicht mit, wie sich eine meiner Hände auf seine Wangen nieder ließ bevor er mich ruckartig losließ und ich direkt in die Glassplitter landete. Der Schmerz überrollte mich und ich fing an Blut zu spucken.
»Töte mich doch einfach! Wieso machst du es nicht sowie bei jedem anderen? Hör auf mich zu quellen! Hör auf mich mit deinen wunderschönen Augen anzustarren! Hör auf dieses warme Gefühl in mir Auszulösen. Hör einfach auf mit allem!«, ich wusste nicht was ich von mir gab. Es hörte sich alles wie ein Rauschen in meinen Ohren an und da mein Blick zum Boden gerichtet war, konnte ich die Reaktion von Jeff nicht erkennen bis er zu mir sagte, dass ich den Fernseher anmachen sollte und dass ich mich noch etwas gedulden soll, aber er will mich erst von innen heraus zerstören. Als ich daraufhin verwirrt herauf blickte schaute ich direkt eine Weinflasche an, welche mitten im Türrahmen stand.
»Aber du hast mich schon zerstört, als ich zum ersten Mal in deine Augen gesehen hatte.«, waren die letzten Worte die über meine Lippen kamen bevor etwas aus meinem Magen den ganzen Mund einnahm und sich mit den Glassplittern und Blut auf dem Boden vermischte.
Lied: The Scientist von Coldplay
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