Kapitel 9

-Y/Ns POV-

Ein leises Schnarchen durchzog in regelmäßigen Abständen die Stille. Die Stille, die mich schier zerfraß. Mit offenen Augen starrte ich an die Decke meines Himmelbetts und wünschte mir einfach nur schlafen zu können. Wie ein normaler Mensch. Doch die Gedanken schwirrten zu Tausenden in meinem Kopf und wollten einfach nicht zur Ruhe kommen. Ein grüner Lichtblitz. Deutlich verschnellerte sich mein Puls. Das bildest du dir nur ein. Das ist nicht die Realität. Das bildest du dir nur ein. Ich wiederholte die Worte immer und immer wieder in meinem Kopf. Wie jede Nacht. Egal wohin ich sah, in meinem Augenwinkel schien ich immer ein grünes Licht zu vernehmen. Langsam begann ich zu schwitzen. Angst erfüllte mich. Schnell zog ich meine Decke noch ein Stück weiter über meine Nase und kniff die Augen zu. Das brachte allerdings genauso wenig, denn nun sah ich die Bilder hinter meinem Augendeckel abspielen. Verzweifelt riss ich sie wieder auf, schleuderte meine Decke davon. Ich wollte heulen. Mit angezogenen Beinen saß ich auf dem mittlerweile schon durchgeschwitzem Laken. Wie jede Nacht. Es war immer das Selbe. Doch heute schien es schlimmer zu sein. Ich sah zu dem Bett rechts von mir, in dem Neola friedlich schlummerte. Normalerweise beruhigte mich dieser Anblick immer. Ihr geht es gut. Du kannst dich entspannen. Doch mein Körper wollte sich nicht entspannen. Jeder einzelne Muskel war angespannt. Ich konnte das nicht mehr. Schlagartig stand ich auf und griff auf meinen Nachtschrank. Ein letzter Blick, der mir vergewisserte, dass Neola friedlich schlief und ich stürmte mit meinem Zauberstab bewaffnet aus dem Raum. Ich musste mich einfach ein wenig bewegen. Vielleicht frische Luft schnappen. Egal was. Alles war besser als dieser enge Raum mit der beklemmenden Stille und der erdrückenden Dunkelheit. Ich gelangte in den Gemeinschaftsraum. Er war vollständig leer. Kein Wunder. Es musste um die drei Uhr nachts sein. Ich ging in Richtung des Gemäldes und war einen kurzen Augenblick später auch schon aus dem Loch gestiegen. Und dann? Dann lief ich einfach. Ohne Ziel. Ohne Plan. Der einzige Wegweiser war das schwache Licht, das aus der Spitze meines Zauberstabs kroch.
Ich lief und lief und ehe ich's mir versah war ich auf dem Astronomieturm angelangt. Es waren nur noch wenige Stufen bis nach oben. Nur noch drei, zwei, eine... Vorsichtig schob ich die Tür zur Seite und trat hinaus auf die Platform. Mit schnellen Schritten gelangte ich auch schon an die Kante und lehnte mich ein Stück darüber hinaus um die frische Luft... "Y/N?" "Waaah!" Ich stieß einen erschrockenen Schrei aus, der wahrscheinlich das ganze Schloss weckte, während ich mich schlagartig umdrehte. Ich sprang wohl eher. Aus dem Dunkeln hinter der Tür kam eine Gestalt, die ich als "Sirius?" Fassungslos sah ich ihn an. "Was machst du hier?", fragten wir einander synchron. Wir standen uns einfach nur gegenüber und sahen uns an, als ob der Gegenüber ein Gespenst wäre. "Du willst hier aber keinen Suizid begehen oder?" Sirius war der erste, der das Wort ergriff. "Was?", verwirrt blaffte ich ihn an. Ich verstand die Welt nicht mehr. "Na, du hast dich so über die Kante gelehnt und ich hatte schon Angst du würdest gleich springen." "Ich wäre fast gesprungen, so wie du mich erschreckt hast." Nervös ging ich mir durchs Haar. Auf Sirius Gesicht bildete sich ein Lächeln ab. "Was machst du da überhaupt in der Ecke?" "Ich dachte, du bist Filch." "Na vielen Dank auch." Bei dem Gedanken an unseren Hausmeister schüttelte es mich. "Nein, so meinte ich das nicht. Ich chille hier nur so und auf einmal höre ich jemanden die Treppen hochstampfen und dann dachte ich eben, Filch hätte mich erwischt. Ach keine Ahnung." Nun war es Sirius, der sich nervös durch die Haare fasste. "Und wieso chillst du um drei Uhr nachts auf dem Astronomieturm?" Verwirrt blickte ich ihn an. Sirius allerdings zuckte nur mit den Schultern. "Was machst du jetzt um drei Uhr nachts auf dem Astronomieturm?" "Ich konnte nicht schlafen", gab ich zu. "Ich auch nicht." Wir schwiegen uns wieder an. "Willst du dich setzten?" Sirius deutete nach einer Zeit auf den Boden, wo eine Decke ausgebreitet war. Die musste ich wohl vorhin übersehen haben. Ich zuckte mit den Schultern. "Okay." Also setzten wir uns gemeinsam auf die Decke. Weiterhin war eine unangenehme Stille zwischen uns. "Ist dir nicht kalt?", fragte Sirius schließlich wieder nach einer Weile. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich nur mein Nachthemd anhatte. Oh Gott. Er sah mich in meinem Nachthemd? Ich hatte noch nicht einmal einen BH darunter! Hysterisch riss ich meine Augen auf, als Sirius schon beruhigend seine Jacke um mich legte. Ich beruhigte mich dadurch ein wenig. "Danke." Kurze Pause. "Aber wieso sagst du nicht, dass ich hier halb nackt vor dir stehe, einfach nur in meinem Nachthemd. Verschwitzt. Ekelig..." Empört boxte ich gegen seine Schulter. Natürlich nicht zu sehr. Sirius lachte dunkel. "Ich weiß nicht. Ich schätze ich wollte die Situation nicht ganz so unangenehm für dich machen." Er musterte mich mit einem Seitenblick, den ich ncht deuten konnte. Währenddessen lief ich puderrot an und legte die Jacke nur noch ein Stück mehr um meine Schultern. Zum Glück sah man das mit dem rot in der Dunkelheit nicht... "Du läufst schon wieder rot an", bemerkte Sirius grinsend. Na toll. Er hatte es doch bemerkt. "Halt die Klappe." Sirius machte eine Bewegung als ob er seinen Mund verschließen und den Schlüssel wegwerfen würde. Das brachte mich zum Lachen. Nur ganz kurz und nur ein kleines bisschen. "Also, wieso konntest du nicht schlafen?" Das mit dem Mund verschließen hatte wohl nicht so gut geklappt. Ich zuckte mit den Achseln. "Keine Ahnung", log ich. Sirius musterte mich wieder. "Ich kann nie gut schlafen, also ist das nichts Besonderes", rückte ich schließlich dann doch mit der Halbwahrheit heraus. Es war still. Und als Sirius da neben mir saß. In der Dunkelheit. Auf dem Astronomieturm. Und wir beide in die Sterne sahen. Da fühlte ich mich auf einmal sicher. "Mir kreist einfach zu viel im Kopf herum, weißt du?" Sirius nickte verständnisvoll. "Willst du mir erzählen, was?" Erschrocken riss ich die Augen auf und starrte ihn an. Damit hatte ich nicht gerechnet. Er war so verständnisvoll. Kümmerte sich. Wollte für mich da sein. Mich aber nicht drängen. Das passte gar nicht zu dem Arschloch, das er tagsüber war. "Nein", sagte ich schließlich. Mein Blick traf den Seinen. Und wie heute Mittag schienen unsere Augen zu verschmelzen. Ich war verwirrt. Was war das? Schnell drehte ich meinen Kopf wieder. Weg von seinen Augen. "Nein, mach das nicht." Es war nur ein Flüstern, aber es war da. Nein, mach das nicht? Was meinte er? Wieso? Tausende Fragen schwirrten mir durch den Kopf, als ich ihn wieder in seine Richtung drehte. "Sorry, war blöd von mir", entschuldigte sich Sirius direkt wieder. "Was ist dein Sternzeichen?" Noch verwirrter durch den Themawechsel brachte ich nur ein geflüstertes "Was?" heraus. Sirius grinste wieder. "Was dein Sternzeichen ist." Sein Blick schweifte zurück zu dem Sternenhimmel und auch ich drehte meinen Kopf zurück. "Löwe", antwortete ich schließlich. "Siehst du die Sterne dort vorne?" "Sirius, da sind hunderttausend Sterne. Wenn nicht noch mehr." Trocken lachte ich auf. Und auch Sirius entwich ein dunkles Lachen. "Stimmt. Guck ich meine diese hier." Mit dem Finger zeigte er auf einige Sterne. "Okay." "Diese Sterne bilden den Löwen." "Echt?" Ungläubig sah ich ihn an. Er nickte. "Ja." Mein Blick schweifte zurück zu dem Sternenhimmel und je länger ich darauf starrte, desto deutlicher wurde mein Sternzeichen für mich. "Der eine Stern ist voll hell", bemerkte ich nach einer Zeit. "Das fällt dir auf?" Sirius sah mich erstaunt an. Ich nickte. "Ja, dieser Stern heißt Regulus." "Regulus?" "Ja, das bedeutet 'Löwenherz'" "Weil er am Herzen des Löwen ist?" "Ja." Es wurde wieder still, während wir beide den Sternenhimmel beobachteten. "Mein Bruder heißt Regulus", sagte Sirius plötzlich aus dem Nichts. "Echt?" Er nickte. "Wie ist er so?" "Huh?" "Dein Bruder?" Ich drehte meine Kopf wieder in seine Richtung um seinen Blick aufzufangen. Eine Weile sah er mich an. Ich konnte seinen Blick nicht deuten. "Er war ein toller großer Bruder." Sirius lächelte. Ich bemerkte jedoch den Unterton in seiner Stimme. "War?" Doch bevor Sirius antworten konnte vernahmen wir beide ein wütendes Schimpfen, das die Treppen hinaufgestiefelt kam. Sirius riss die Augen auf. "Filch!" Schnell standen wir auf. Sirius nahm die Decke vom Boden und nahm mich an der Hand. Dann zog er mich mit sich hinter die Tür. Dorthin wo er vorhin stand. Ich war gegen seinen Körper gepresst. Sein Atem strich meinen Hals. Eine Gänsehaut breitete sich auf meiner Haut aus. "Wenn er aus der Tür kommt, dann rennst du so schnell wie es geht zurück ins Schloss und in den Gemeinschaftsraum", raunte Sirius gegen mein Ohr. Ich blinzelte. "Und du?" "Ich bin direkt hinter dir. Falls wir uns trennen sollten, dann treffen wir uns im Gemeinschaftsraum." Ich wollte etwas antworten, doch mir fehlte die Zeit, denn just in diesem Moment wurde die Tür aufgerissen und ein wütendener Filch  kam herausgestapft. Als er uns den Rücken zugekehrt hatte, ergriff ich die Chance und rannte los. Dicht gefolgt von Sirius. Sirius schlug noch die Tür hinter uns zu, während ich schon die Treppen hinunterstolperte und dabei fast über eine Katze fiel. "Achtung Katze", schrie ich. "Miss Norris", hörte ich nur ein wütendes Brummen von hinten. Es dauerte nicht lange, da hatte Sirius mich eingeholt. Schnell nahm er meine Hand. Wir hatten gerade die letzte Treppenstufe erreicht und waren nun auf gerader Strecke unterwegs. Noch immer war uns Filch dicht auf den Fersen. "Renn!", schrie Sirius. "Renn um dein Leben!" Das tat ich. Ich rannte. So schnell wie ich konnte. Aber ich war nun mal einfach nicht sportlich. Trotz Sirius Hand, mit der er mich noch ein Stück mitzog, war ich zu langsam. Ich hielt ihn nur auf. "Lass mich los!" "Was?" "Lass mich los. Ich bremse dich nur." "Nein!" Mit bestimmter Stimme leitete uns Sirius in einen Gang und dort direkt in die erste Tür. Es war eine Abstellkammer. Eine kleine Abstellkammer. Unsere Körper pressten gegeneinander während wir um eine möglichst leise Atmung bemüht waren. Unsere Gesichter waren gerade einmal ein paar Zentimeter voneinander entfernt. "Ich schwör dir Sirius...", begann ich, doch Sirius drückte plötzlich seine Lippen auf meine, was mich augenblicklich zum Verstummen brachte. Just in diesem Moment konnte man Filch vor der Tür vorbeihechten hören. Das war wirklich knapp. Sirius löste sich wieder von mir und wir starrten uns in die Augen. Unfähig etwas zu sagen. Es war ruhig. Alles was man hören konnte war unser leises Ein- und Ausatmen. Nach einer Zeit wagten wir uns dann auch wieder aus der Kammer. Und tatsächlich, die Luft war rein. Wir nickten einander zu und liefen dann still zurück in den Gemeinschaftsraum. Erst als wir endlich durch das Gemälde gestiegen waren, trauten wir uns wieder etwas zu sagen. "Der Kuss... das, also..." Stotterte der große Sirius Black da etwa gerade? "Ich musste dich irgendwie still bekommen, okay? Das hatte rein gar nichts zu bedeuten." Da war er wieder. Das altbekannte Arschloch. "Rein gar nichts", stimmte ich ihm zu und dann kam ich langsam auf ihn zu mit erhobenem Zeigefinger. "Ich schwör dir Sirius, wenn irgendjemand von dem ganzen hier erfahren sollte, dann bist du tot!" "Ich hatte nicht vor es jemandem zu erzählen." Er setzte eine unschuldige Miene auf, doch sein Grinsen verriet ihn. "Ich warne dich", mahnte ich nochmals, bevor ich mich umdrehte und zurück in meinen Schlafsaal wanderte.

Sirius POV:
Ich grinste wie verrückt, als ich ihr nachblickte, wie sie zu ihrem Schlafsaal wanderte. Mit meiner Jacke über den Schultern. Hat sie eine Ahnung...

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