Kapitel 39
Die Sonne stieg langsam immer höher. Tunkte somit den Grimmauld Platz in ein sanftes Orange. Versteckt hinter einem kleinen Busch hielten wir das Haus der Blacks fest im Visier. Alles schien ruhig. Alles schien friedlich. Die Fenster, in denen sich der atemberaubende Sonnenaufgang spiegelte, lagen ruhig da. Die Vorhänge wippten leicht in der morgendlichen Brise auf und ab.
Nervös kaute ich auf meinen Fingernägel herum. Suchte vergebens nach meinem Kommando. Würde Peter es schaffen? Wir alle kannten ihn nur zu gut. Wurde es gefährlich, so war er schneller weg, als man Merlin sagen konnte. So war er schon immer. Ich konnte es ihm nicht übel nehmen. Es lag einfach in seiner ängstlichen Natur. Doch heute - in diesem Moment - da lag meine gesamte Hoffnung auf ihm. Er musste es einfach schaffen. Für Sirius. Für mich. Ohne ihn konnte ich den ganzen Plan vergessen.
Eine plötzliche Bewegung erweckte meine Aufmerksamkeit. Der Vorhang eines kleinen Fensters im Erdgeschoss bewegte sich ruckartig. Es dauerte keine zwei weiteren Sekunden, da wurde das besagte Fenster auch schon einen Spalt breit geöffnet. Mein Herz begann wie wild zu klopfen. Pumpte somit einen Haufen Adrenalin durch meinen Körper. Aufgeregt drehte ich mich zu Remus und James um. Remus nickte mir zu. "Die Luft ist rein." Es war praktisch einen Werwolf als Freund zu haben. Durch sein ausgebildetes Gehör war es einfach das Kommando - das Piepsen der kleinen Ratte - auszumachen. Ich atmete tief durch. Mein Blick wanderte zu James, der mich abwartend ansah. "Bereit?" Zur Antwort streckte James mir seine Hand entgegen. "Wenn du es bist, Prinzessin." Entschlossen nahm ich seine Hand entgegen und so machten wir uns auf den Weg. Hand in Hand. Es gab mir Halt, während wir uns dem Anwesen langsam näherten - der Höhle des Löwen. Es war der Tod, der mich dort erwartete, sollte auch nur eine Sache an unserem Plan schief gehen. Das Haus war bis unters Dach gefüllt mit Todessern. Menschen, die - sollten sie von meiner Existenz erfahren - meinen Kopf gerne auf einem silbernen Tablett sehen würden.
Plötzlich blieben wir stehen. James sah mich an mit einer Mischung aus Unbehagen und Angst. Ich schluckte schwer. "Y/N..." Er sah mir tief in die Augen. "Pass auf dich auf." Ich nickte betreten. Dies war kein Spiel mehr. Ich wollte mich gerade von ihm lösen, da zog er mich nochmals zurück. "Versprich mir, dass du nichts Waghalsiges tun wirst." Mein Blick traf Seinen. Wir beide wussten, dass das nicht möglich war. Allein die Tatsache, dass ich gleich durch ein Fenster in ein fremdes Haus einbrechen würde - in ein Haus, in dem sich Leute befanden, die mich gerne Tod sehen würden - war schon Waghalsig genug. Aber ich musste es einfach tun. "Du weißt, dass ich das nicht versprechen kann", flüsterte ich, was ihm ein leises Seufzen entlockte. "Ja, ich weiß. Sei einfach... vorsichtig, okay?" Er sah mir nochmals tief in die Augen. Meine Augen füllten sich mit Tränen. Beschämt sah ich zu Boden. Ich hatte Angst. Fuck, verdammte Angst. Nur ein Narr, würde das für sich bestreiten. Doch es half nichts. Ich musste es einfach tun. Ich musste Sirius retten. Für ihn. Für mich...
Langsam löste ich unsere Hände voneinander. Und mit einem letzten nervösen Blick machte ich meinen Weg allein weiter bis zu dem Fenster. James währenddessen schritt auf die Haustür zu.
Ich hatte das Fenster erreicht. Peter saß - in seiner Animagus-Form - wartend auf dem Fensterbrett. Als ich ihn erreicht hatte, strich ich der Ratte sanft über den Rücken. "Danke Peter." Ich erntete nur ein leises Piepsen als Antwort und mit einem Schwung war die Ratte vom Fensterbrett gesprungen und in Richtung des schützenden Busches verschwunden.
Schweren Herzens drehte ich mich wieder zu dem Fenster um. Ich schluckte schwer, doch nun gab es kein zurück mehr. Mit einem letzten tiefen Ein-und-Ausatmen stieg ich also durch das Fenster und gelangte somit in einen großen offenen Saal. Mit wachsamen Auge sah ich mich um. Die Mitte des Raumes war bestückt mit einer geräumige Sitzecke - zwei Sofas, die sich in einer V-Form um einen großen Sofatisch platziert hatten. Sie war hin geöffnet zu einem großen steinernden Kamin, in dem - trotz der Sommergrade draußen - ein kleines Feuer brannte. Rechts davon erstreckte sich eine lange Virtrinenfläche. Gefüllt mit bunten Familienerbstücken und Artefakten nahm sie weite Teile der Rauminnenwände ein. Der Rest der Fläche war bestückt mit gigantische Wandteppichen. Sie schienen die Familiengeschichte zu erzählen. Auch entdeckte ich auf einem der Teppiche Stickereien, die eine Art Familiestammbaum abbildeten. Freaky.
Plötzlich zogen zwei immer lauter werdenen Stimmen meine Aufmerksamkeit auf sich. Fuck! Sie schienen auf mich zu zu kommen. Erschrocken riss ich meine Augen auf. Auf der Suche nach einem passenden Versteck.
Kurzerhand entschied ich mich für ein besonders hässliches Exemplar eines roten Wandvorhangs. Ich konnte gerade noch rechtzeitig dahinter schlüpfen, als die Stimmen schon das Zimmer betraten. "Ich bin dir wirklich dankbar, dass das mit der Hochzeit so schnell geklappt hat." Ich konnte die Stimme keiner Person zuordnen. "Sirius ist so ein impulsives Kind. Nicht mehr lange und ihm hätte womöglich ein Schlammblut den Kopf verdreht." Die Frau lachte sarkastisch. Konnte das Sirius Mutter sein? Sie war mir direkt unsympathisch. "Ich versteh was du meinst, Walburga. Meine Narcissa ist genauso." Die Stimme, die offensichtlich zu Narcissas Mutter gehören musste, seufzte enttäuscht. "Diese Hochzeit ist das einzig Richtige. Ich will mir gar nicht vorstellen, was sonst noch alles passiert wäre." Es folgte ein geräuschvolles Niederlassen auf einem der Sofas. "Bei Merlin, wenn Narcissa tatsächlich noch an diesen Trottel von Malfoy gelangt wäre - das hätte mich ins Grab gebracht." Walburga Black lachte trocken auf. "A propos Merlin..." Ich hielt erschrocken die Luft an. "Meine Bellatrix hat mir heute morgen eine sehr interessante Information zugesteckt." "Tatsächlich?" "Ja. Angeblich existiert noch immer eine Nachfahrin Merlins. Wie sagte sie noch gleich? Y/N Y/NN." Walburga schien sich angesichts der Neuigkeiten an ihrer eigenen Spucke zu verschlucken. "Was?!" "Ja." "Y/N?" "Du sagst es." Eine plötzliche Übelkeit schien mich zu überkommen. Nun war es wohl auch im Kreise der Todesser kein Geheimnis mehr. "Weiß der dunkle Lord schon davon?" "Meines Wissens nicht." "Das sollte auch so bleiben." Druella Black schien meine Verwirrung zu teilen. Zumindest verriet mir das ihr Ton: "Was?" "Druella. Ich war es, der die Aufgabe bekam, die Y/NNs auszurotten. Ich habe Mary und Tom Y/NN getötet. Eigenhändig." Meine Übelkeit schien von Wort zu Wort zu steigen. Es brodelte ihn mir, während ein fetter Kloß in meinem Hals mir das Atmen erschwerte. "Was denkst du, passiert mit mir, wenn der Dunkle Lord herausfinden sollte, dass ich versagt habe. Dass noch immer ein Nachfahre Merlins lebt?" Es wurde still um die Beiden - zumindest für einen Moment lang. "Walburga, du..." Weiter kam Narcissas Mutter nicht. Ihre Stimme wurde übertönt von einem furchteinflößenden, haaresträubenden Ton, den ich als Klingel identfizierte. Er war keine Sekunde verhallt, da erschien auch schon eine weitere Person - oder sollte ich sagen Elf? "Ein Mister James Potter möchte sich ankündigen." "James Potter?" Walburgas Stimme überschlug sich hysterisch. "Nun denn, Walburga. Dieses Gespräch ist noch nicht beendet. Ich muss allerdings nach meiner Narcissa sehen." Ich hörte, wie sich wieder jemand von der Couch erhebte. "Und ich werde diesem unverschämten Potter Beine machen. Wie kann er es nur wagen, hier vor meiner Haustür zu stehen?" Auch Walburga schien sich zu erheben. Schon stürmte einer nach dem anderen aus dem Raum. Ich verweilte noch kurz hinter dem Vorhang. Atmete tief durch. Musste das Gehörte kurz realisieren. Meine Hand schnellte zu meinem Gesicht. Unbemerkt hatten sich einige Tränen den Weg aus meinem Augenwinkel, meine Wange hinab, gebahnt. Fuck, Y/N. Ich musste mich zusammenreißen nicht laut loszuschluchzen. Hektisch atmete ich ein und aus. Fuck, meine Eltern waren tot. Sie würden nie wieder leben. Also was stand ich hier und trauerte, wenn es ein tatsächliches Leben zu retten gab? Dieser Gedanke gab mir seltsamerweise in diesem Moment die Kraft und den Mut, meinem Versteck zu entrinnen. Auf Zehnspitzen wanderte ich auf die Tür zu und spitzte hindurch.
Vor mir befand sich ein langer Flur, an dessen Ende eine wütende Walburga Black, am Rahmen der Haustür gelehnt, energisch auf jemanden einredete. Es war James. Als er mich entdeckte, riss er erschrocken die Augen auf. Das war alles ja mal so gar nicht nach Plan. Er hätte die Ablenkung sein sollen, damit Sirius und ich uns unbemerkt rausschleichen konnten. Nun hatte ich Sirius noch nicht einmal gefunden. Ich gab ihm ein Zeichen, dass er Walburga weiter ablenken sollte, damit ich die Treppe hinter ihr hinaufschleichen konnte. Er verstand direkt. Bei Merlin, in diesem Moment liebte ich diesen Jungen einfach! Und tatsächlich... es klappte.
Ich war der Treppe Stockwerk für Stockwerk gefolgt. So kam es, dass ich endlich zu dem kurzen Gang gelangte, den James mir gesagt hatte. Es befanden sich dort nur zwei Türen. Sie lagen einander gegenüber. Die eine sollte zu dem Zimmer von Sirius, die andere zu Dem seines Bruders führen. Nur welche war welche? Unschlüssig sah ich zwischen den beiden Türen hin und her. Es war eine fucking fifty-fifty-Chance. Ich musste auf mein Herz hören. Eine andere Möglichkeit blieb mir nicht über. Langsam schloss ich meine Augen. Atmete tief durch. Mein Fokus lag zunächst auf dem regelmäßigen Schlagen meines Herzens. Dann weitete ich den Blick. Ich nahm zwei weitere Herzschläge wahr. Der eine hinter der Linken, der andere hinter der rechten Tür. Ich konzentrierte mich auf den Rhytmus. Das war er! Entschlossen riss ich meine Augen auf. Ich füllte die Lücke bis zu der rechten Tür und ehe ichs mir versah stand ich in einem großen Raum.
"Y/N?"
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