Kapitel 24

Ich war verwirrt. Was hatte dieses Kribbeln in meinem Brustbereich zu bedeuten? Und dieses Grinsen auf meinem Gesicht. Dieses Grinsen, das keinem anderen Gesichtsausdruck mehr weichen wollte. Ich traute mich nicht, nochmals hinzusehen. Aus Angst, mein Herz würde vor Gefühlen platzen.
Plötzlich spürte ich ein schmerzendes Ziehen an meiner rechten Hand. Ich senkte meinen Blick verwirrt ab. Eben noch dachte ich, mein Leben würde perfekt laufen. Einmal perfekt laufen. Ich dachte, mein Glück und das Lächeln in meinem Gesicht würden nie wieder verschwinden. Doch nun, knapp drei Sekunden später, ereignete sich genau das. Mein Lächeln erstarb augenblicklich ich das Wappen meines Familienrings hell leuchten sah. "Fuck", flüsterte ich, doch meine Stimme war nichts zu der lauten Musik, die den Raum erfüllte. Tränen sammelten sich in meinen Augen, als ich ruckartig aufstand. Es schien niemanden zu interessieren. Der Alkohol und wahrscheinlich auch die ein oder andere Droge, die im Umlauf war, ermatteten die Sinne meiner Freunde. Ich war allein. Wieder einmal allein in der Angst. In einer Angst, die sich nun fortlaufend durch meine ganzen Gliedmaßen bohrte. Ohne eine weitere Sekunde zu verschwenden, wandte ich mich um und lief hinaus. Ich verließ die Party, während sich das schlechte Gewissen immer weiter in mich bohrte. Ich hatte sie allein gelassen. Ich hatte Neola im Stich gelassen um auf eine fucking Party zu gehen. Und nun? Es musste etwas Schlimmes passiert sein. Etwas furchtbar Schlimmes. Sonst hätte sie mich niemals gerufen. Ich kannte meine Schwester. Niemals würde sie sich und ihr Befinden über das Meine stellen. Niemals würde sie mich, nachdem was passiert war, von einem Ort rufen, an dem ich wenigstens einmal für kurze Zeit glücklich sein konnte. Außer... außer es war wirklich wichtig. Unumgänglich.
Und diese Tatsache machte mir nur noch mehr Angst. Ich lief blind vor Tränen aus dem großen Haus der Potters in den Garten. Eiskalte Luft peitschte mir entgegen. Ich hatte meine Jacke vergessen. Doch selbst diese hätte es nicht weniger erträglich gemacht. Die tatsächliche Kälte- und das wurde mir schlagartig bewusst- kam nämlich aus meinem Inneren. Ich hörte eine grässliche Stimme, die mir immer und immer wieder Schuld zusprach. Und ich glaubte ihr, was mich innerlich auffraß. Ich rannte einfach nur durch den großen Garten des Anwesens. Ohne Richtung. Ohne Plan. Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen.
"Y/N!" Ich musste zu ihr. Sofort. Ich... "Y/N! Bleib stehen!", rief eine Stimme hinter mir und ehe ich's mir versah wurde ich an der Schulter gepackt und herum gewirbelt. Ich prallte gegen eine starke Brust, doch wandt mich direkt wieder aus dem Griff. "Nein, ich... ich muss..." Ich war verwirrt. Brachte noch nicht einmal einen richtigen Satz heraus. Meine Stimme zitterte und meine Mascara hatte sich wohl auch schon verabschiedet durch die ganzen Tränen, die aus meinen Augen quollen. Ich wollte weiterrennen, doch die starken Hände der Person vor mir hielten mich fest. "Y/N..." Die Stimme war nicht mehr schrill. Eher war sie einem sanften Ausdruck gewichen. Ich fühlte mich hilflos unter dem festen Griff und starrte einfach nur zu Boden. Da spürte ich, wie mein Gesicht sanft ein Stück nach oben gehoben wurde, wodurch mein Blick zwei große braune Augen traf, die mich aufmerksam ansahen. "Y/N, sieh mich an." Vorsichtig strich ein Daumen über meine Wange und wischte mir somit eine Träne aus dem Gesicht. Ich war wie in Trance und vergaß für einen Moment vollends meine Aufregung. "Was ist passiert?" Der Satz traf mich direkt ins Herz und ließ mich aus dem Moment der Ruhe aufschrecken. Wieder einmal riss ich mich los. "Neola... ich muss..." "Du musst dich beruhigen." Die Stimme war noch immer sanft, wenngleich sie von einem beharrenden, sorgenvollen Unterton begleitet war. "Sirius, du verstehst das nicht. Sie ist in Gefahr, ich weiß es, ich..." Verzweifelt fasste ich mir an den Kopf. Da zog er mich zurück in seine Arme und umklammerte fest meinen zitternden Körper. Hilflos ließ ich mich fallen, während er mir beruhigend über den Hinterkopf strich. "Y/N, atme tief durch, okay? Einatmen und ausatmen. Ja, so ist es gut..." Ich tat wie mir geheißen. "Beruhige dich. Wir finden sie und helfen ihr." Mit großen Augen sah ich zu ihm hinauf. "Wir?" "Natürlich. Ich lass dich jetzt nicht im Stich. Also... was ist der Plan?" Gerührt fing ich mich wieder. "Wir müssen zurück nach Hogwarts." Meine Stimme war schon etwas gefasster. "Nach Hogwarts?" Sirius sah mich ungläubig an. "Wir brauchen fast einen halben Tag bis nach Hogwarts." "Bist du schon mal appariert?" "Ja, aber..." "Gut!" Ich unterbrach ihn, umklammerte fest seine Hand und mit einem "Halt dich fest!" war der Ort an dem wir gerade noch standen leer.

-Sirius POV-
Erschrocken öffnete ich meine Augen wieder. Dem vertrauten Anwesen meiner zweiten Familie- meiner wirklichen Familie- wich nun ein atemberaubender Anblick auf das Schloss, das meine zweite Heimat bedeutete. Hogwarts. Mit großen Augen blickte ich mich um. Wie? Ein Räuspern durchbrach meine Gedanken. Verwirrt sah ich auf zu dem Mädchen, das noch eben entnervt vor mir stand. Warte kurz... ich sah zu ihr auf? Ich machte erschrocken einen Satz zurück und löste meinen Griff, der zuvor fest um ihre Taille verschlossen war. "Sorry", murmelte ich verlegen. "Komm!" Sie reichte mir auffordernd ihre Hand. "Denn Rest müssen wir zu Fuß gehen." Ich nahm ihre Hand zaghaft entgegen, als ich schon von ihr mitgezogen wurde. Ihre braunen Locken wippte durch die Bewegung wild auf und ab. Wer war dieses Mädchen? Sie war mir so vertraut und doch... und doch war sie mir so fremd. Immer sobald ich dachte, ich würde sie endlich kennen, zeigt sich eine ganz neue Seite an ihr. Es machte mich verrückt. Verrückt nach ihr.
Wir kämpften uns durch das Gestrüpp des verbotenen Waldes. "Wo gehen wir hin?" Meine Stimme krächzte auffällig. "Wo ist Neola?" "Wenn ich das nur wüsste." Y/Ns Stimme zitterte wieder. Das versetzte meinem Herzen einen tiefen Stich. Ich wollte sie so gerne in den Arm nehmen. Ihr sagen, dass alles gut werden würde. Doch ich wusste es nicht. Im Grunde wusste ich gar nichts. Ich wusste nicht, was ich hier tat. Ich hatte keine Ahnung wie und warum Neola in Gefahr war und genauso wenig wusste ich, weshalb es mich überhaupt interessierte. "Woher..." "Mein Ring." Y/N hielt ihre rechte Hand in die Luft. Dort thronte ein prächtiger Ring, der ein Wappen abbildete. Ich hatte ihn noch nie zuvor bei Y/N gesehen. "Es ist ein Familienerbstück. Meine Eltern..." Ihre Stimme brach wieder. Schnell räusperte sie sich. "Meine Schwester und ich haben denselben. Damit kann man ein Signal an den anderen Ring senden. Der leuchtet dann." "Und deiner hat eben geleuchtet?", schlussfolgerte ich. Y/N nickte stumm. "Neola und ich hatten ausgemacht..." Wieder brach ihre Stimme. "Dass sie ihn leuchten lassen soll, wenn sie Hilfe braucht?", kam ich Y/N zur Hilfe. "Genau." Nun verstand ich ihre Sorge. "Aber könnte es sein, dass..." "Nein. Neola würde mich nie einfach nur so rufen. Es muss einfach etwas Schlimmes passiert sein." "Okay", ich atmete tief durch. "Spring auf" "Was?" Y/N drehte sich verwirrt zu mir um, doch alles was sie fand war ein großer schwarzer Hund. "Sirius, das..." Ich konnte in meiner Animagus-Form nicht mit ihr kommunizieren, weshalb ich ihr durch einen strengen Blick und einer Kopfbewegung verdeutlichte, dass sie aufspringen sollte. Seufzend stimmte sie schließlich zu, weshalb wir nun im tierischen Tempo auf das Schloss zusprinteten.

-Y/Ns POV-
"Ich weiß wirklich nicht, wie ich dir danken soll..." Überwältigt stand ich vor Sirius, der sich zurück in seine menschliche Form verwandelt hatte. Wir waren dank ihm in Rekordzeit zurück im Schloss angekommen. "Nh Hose wär ein Anfang." Er stand schief grinsend vor mir, seine Hände vor sein bestes Stück haltend. Aus Versehen senkte ich meinen Blick, schlug mir aber direkt meine Hände vor die Augen und drehte mich mit hochrotem Kopf um. "Tut mir leid, ich... Accio Sirius Hose" Es dauerte keine zwei Sekunden, da flog uns eine seiner Hosen, die er über die Ferien im Schloss gelassen hatte, entgegen. "Danke" Ich hörte ein Grinsen in seiner Stimme. "Hör auf so dämlich zu grinsen." "Sorry" "Können wir dann weiter?" Ich wagte es noch immer nicht, mich umzudrehen. "Ja!" Sirius stand nun an meiner Seite- bekleidet mit einer Hose. Es war ein Anfang, auch wenn mir noch immer seine durchtrainierten Muskeln auf seinem nackten Oberkörper entgegensprangen.
"Wo fangen wir an?" "In unserem Zimmer." Gesagt getan. Energisch stürmten wir durch die leeren finsteren Korridore des Schlosses. Hand in Hand. Ich war froh, dass Sirius da war. Alleine würde ich die Situation nicht bewältigen können. Er war meine Stütze. Eine Stütze, die ich in diesem Moment definitiv brauchte. Alles schien ruhig. Alles schien friedlich. Doch diese Ruhe fühlte sich einfach nicht echt an und definitiv nicht beruhigend. Sie fühlte sich bedrohlich an. Mit jedem weiteren Schritt wuchs meine Sorge. Meine Angst. Meine Angst vor dem, was mich erwarten würde.

Wir durchquerten den Gemeinschaftsraum und kamen in die Mädchendorms. Wenig später stießen wir auch atemlos die Tür zu unserem Schlafraum auf. "Neola?" Meine Stimme war leise, fast heiser. Ich versuchte etwas in dem dunklen Raum auszumachen, indem ich meine Augen ein Stück zusammenkniff. "Verdammt ich kann nichts sehen..." Meine Stimme zitterte, während ich in den Raum torkelte. Sirius begann unterdessen blind nach dem Lichtschalter zu greifen. "Warte..." Langsam gewöhnten sich meine Augen an die Dunkelheit und ich konnte eine Silhouette auf dem Bett meiner Schwester ausmachen. Sie schien leblos. "Neola?!", gab ich ein hysterisches Kreischen von mir, während ich über Klamottenhaufen stolpernd zu dem Bett torkelte. Eine dunkle Vorahnung packte mich. Wie verrückt rüttelte ich an meiner Schwester, während mir unaufhörlich die Tränen aus den Augen schossen. "Fuck, Neola...", schluchzte ich. Was war passiert?
Sirius hatte nun endlich den Lichtschlater gefunden. Hell wurde der Raum durchleuchtet. In diesem Moment flackerten Neolas Augenlider und augenblicklich schlug sie diese auch auf.
Von dem Licht geblendet stöhnte sie verwirrt auf.
"Y/N? Wie viel Uhr ist es? Warum bist du schon hier? Wolltest du nicht..." Ich ließ sie nicht weitersprechen. Erleichtert darüber, dass sie überhaupt noch lebte schmiss ich mich in ihren Arm und schluchzte an ihre Schulter.

-Sirius POV-
Ich stand noch immer wie angwurzelt neben dem Lichtschalter und betrachtete das sich vor meiner Nase abspielende Szenario. Ich wollte den beiden Schwestern die Zeit geben, die sie brauchten. Den Raum, den sie brauchten. Gleichzeitig konnte ich sie aber nicht alleine lassen. Nicht jetzt. Nicht solange alles noch nicht entgültig geklärt war. Langsam schob Neola ihre Schwester von sich weg. Nur ein kleines Stück. Die Verwirrung stand ihr deutlich ins Gesicht geschrieben. "Y/N, was ist denn los? Wieso..." "Der Ring... er hat geblinkt..." "Der Ring?" Neola schaute verwirrt auf ihre Hand herab. Doch da war kein Ring. "Fuck, mein Ring... Wo ist mein Ring?" Neola tastete ihr Bett ab. "Amanda!" Plötzlich erstarrte sie auf ihrem Bett und sah ihre Schwester wissend an. "Ich muss ihn bei Amanda vergessen haben..." In diesem Moment stürmte neben mir ein anderes kleines Mädchen durch die Tür. Ich hatte sie schon einmal gesehen. War sie nicht aus Ravenclaw? "Neola!", atemlos kam sie vor Neolas Bett an. "Neola..." Tränen bildeten sich in ihren Augen. "Ich glaube, ich habe es kaputt gemacht." Schuldig zeigte sie Neola einen Ring. Es war der Gleiche, den auch Y/N trug. "Amanda!" Atemlos sah Y/N das kleine Mädchen an. Die ganze Situation schien einfach zu viel für sie. "Es tut mir wirklich leid, ich..." Doch weiter kam sie nicht, denn schon hatte Y/N sie in eine Umarmung gezogen. "Bei Merlin, Amanda, ich könnte dich töten und abknutschen zugleich." Angewidert verzog die kleine Ravenclaw das Gesicht. "Ich könnte auf beides verzichten." Das entlockte meiner Kehle ein leises dunkles Lachen. Plötzlich lenkte sich die Aufmerksamkeit des gesamten Raumes auf mich. Augenblicklich stieß Amanda einen erschrockenen Schrei aus. "Da steht ein nackter Mann im Zimmer!" Ihre Augen waren weit aufgerissen. Erschrocken huschten meine Hände zu meinen Nippeln, um sie zu verdecken. Als ob das wirklich das Problem gewesen wäre. "Alles gut, Amanda...", versuchte Y/N sie zu beruhigen, doch diese schien nun nichts mehr, als die Flucht ergreifen zu wollen. "Wir sehen uns morgen, Neola, und sorry wegen dem Ring!" Und mit einem letzten angewiderten Seitenblick auf mich, verließ Amanda das Zimmer.

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