- 1 -

Leise seufze ich auf und schiebe mein iPhone in die Tasche meines schwarzen Blazers. Selbst wenn ich wollen würde - für die Diskussion, die Nyaz gerade mal wieder bei WhatsApp anzettelt, habe ich einfach keine Zeit. Die Affäre mit dem gutaussehenden Lockenkopf ist seit einiger Zeit viel zu kräftezehrend und auf meinem Schreibtisch häuft sich ein Berg von Akten, die darauf warten, von mir bearbeitet zu werden. In meiner anderthalb wöchigen Abwesenheit aufgrund eines grippalen Infektes hat sich trotz Vertretung einiges an Arbeit angesammelt, die besser gestern als heute erledigt werden sollte.

Ich habe bereits meine Ausbildung zur Kauffrau für Büromanagement bei unserem örtlichen Jobcenter in Mönchengladbach absolviert und arbeite seit erfolgreichem Abschluss dieser hier als Sachbearbeiterin. Ich mag meinen Job vor allem wegen des Kundenkontakts. Ich mag es, mich immer wieder auf neue und unterschiedliche Leute einzulassen, ihre Geschichten zu erfahren und sie auf einem Teil ihres Weges zu begleiten.

An diesem Montag sind jedoch nur zwei Termine im Nachmittagsbereich angesetzt, denn ich bin eher damit beschäftigt, Briefe und Emails zu bearbeiten, die in meinem Postfach aufgelaufen sind. Aufgrunddessen fällt mir ziemlich schnell ein fremder Mann auf, der akkurat frisiert in einem schwarzen Hemd bereits zum zweiten Mal an meiner offenen Bürotür entlang läuft und sich suchend umschaut.

Als er zum dritten Mal mein Büro passiert und nun fragend seinen Kopf durch die Tür steckt, schenke ich ihm ein einnehmendes Lächeln. "Kann ich Ihnen helfen?"

Mein Gegenüber ist groß, mindestens 1,90 Meter und von kräftiger Statur. Sein Haar ist schwarz und sein kantiges Gesicht ziert ein gepflegter Vollbart. Über seiner linken, buschigen Augenbraue hat er eine kleine Narbe, die seinem Gesicht noch mehr Einzigartigkeit verleiht.

Er sieht wahnsinnig gut aus, ist genau mein Typ und seine Ausstrahlung gefällt mir. Sein selbstbewusstes Auftreten, die eindrucksvolle Erscheinung, das charmante Lächeln.

Ich bemerke an seinem aufmerksamen Blick, dass auch er mich mustert. Seine dunkelbraunen Augen schweifen wohlwollend über meinen kurvigen Körper, der heute in einer dunkelblauen Highwaist Jeans, einem schwarzen, klassischen Blazer und einem ausgeschnittenen Top steckt. Meinen herzförmigen Mund habe ich mattrot geschminkt, die brünetten Haare im Nacken streng zu einem Knoten gebunden, aus dem nur zwei schmale Haarsträhnen herausfallen, die sanft mein Gesicht umrahmen.

Ihm scheint ebenfalls zu gefallen, was er sieht, denn ein leichtes Lächeln umspielt seine Mundwinkel.

"Ich hoffe doch", erwidert der gutaussehende Unbekannte mit tiefer Reibeisenstimme und auf sein hartes Gesicht schleicht sich nun vollends ein hinreißendes Lächeln, welches ihn gleich viel weicher wirken lässt.

"Haben wir einen Termin?", hake ich unsicher nach und schiele prüfend auf meinen weißen Tischkalender.

Habe ich doch irgendwas übersehen?

"Ich fürchte nein, Sie sehen tragischerweise nicht aus wie Herr Kibitz", grinst er und macht einige Schritte in mein Büro. Mit seinem Körper schiebt er die Tür ein wenig hinter sich zu und fixiert mich mit seinen einnehmenden dunkelbraunen Augen.

"Das ist wohl wahr", erwidere ich ebenfalls lächelnd und erhebe mich von meinem Bürostuhl. "Ich bringe Sie aber gerne in sein Büro", biete ich hilfsbereit an und streiche mein Oberteil glatt, welches meine große Oberweite durch den Herzförmigen Ausschnitt bestens in Szene setzt.

Erneut gleiten seine Blicke zu meinem Körper und bescheren mir ein aufgeregtes Kribbeln in der Magengegend.

"Vielleicht sollte ich doch lieber hier bleiben", entgegnet er trocken. Mir läuft ein Schauer den Rücken herunter und meine Nackenhaare stellen sich auf bei der zweideutigen Bemerkung, die der kräftige Mann macht.

Er sieht mich noch intensiver an, verschlingt mich beinahe mit seinen Blicken. Seine Iris ist tiefbraun, fast schwarz und die Augen sind gerahmt von langen, geschwungenen Wimpern. In seinen Augenwinkeln haben sich bereits leichte Lachfältchen gebildet, weshalb ich ihn in Kombination mit einzelnen grauen Haaren in seinem kurzgeschnittenen Deckhaar auf Mitte dreißig schätze.

"Das wäre schön", rutscht es mir heraus, womit ich ihm gleich das nächste selbstgefällige Grinsen entlocke.

Ich kann mir nicht helfen, er ist so anziehend, dass ich mich frage, was sich unter dem eng anliegenden Hemd und der schwarzen Jeanshose verbirgt.

Ich spüre, wie mir bei dem Gedanken daran, ihn hier und jetzt seiner Kleidung zu entledigen, die Schamesröte in die Wangen schießt. Schnell räuspere ich mich. "Aber leider haben Sie einen Termin und Herr Kibitz wartet sicherlich schon auf Sie."

"Jammerschade", kommentiert er und legt seinen Kopf schief.

Beipflichtend nicke ich und schmunzele geschmeichelt. Ich greife nach der Türklinke und bin ihm plötzlich bedrohlich nah. So nah, dass ich sein süßliches Parfum rieche, ja beinahe auf meiner Zunge schmecken kann und die brennende Hitze spüre, die von seinem Körper ausgeht.

Er macht keine Anstalten, zurück zu weichen, ich habe eher das Gefühl, dass er sich in Zeitlupe unbemerkt Millimeter um Millimeter näher an mich heranschiebt.

Die Luft zwischen uns ist zum Zerreißen gespannt. Mein Atem geht schwer und der schöne Fremde fixiert mich unnachgiebig mit seinen glänzenden Augen, während keiner von uns etwas sagt oder sich auch nur einen Millimeter bewegt.

Meine Gedanken hingegen überschlagen sich. In meinem Kopf spielen sich Videosequenzen ab, kurze tonlose Bildschnipsel, wie der heiße Unbekannte seine vollen Lippen erlösend auf die meinen presst, wir er mir meinen Blazer von den Schultern streift und seinen kräftigen Körper sehnsüchtig gegen den meinen presst. Seine Hände gleiten unter meinen trägerlosen BH, umfassen meine runden Brüste und spielen herausfordernd mit meinen Brustwarzen, die sich ihm längst steif und willig entgegenrecken.

Er ist es schließlich, der sich aus der Situation löst und die Magie beendet.
Er schiebt die weiße Bürotür auf, streicht dabei fast zufällig meine Hüfte mit seiner großen Hand und tritt vor mir auf den Flur.

Meinen Körper durchzuckt ein Blitz, ausgelöst durch seine minimale Berührung und ich muss mir fest auf die Zunge beißen, um keine Reaktion auf seine Geste zu zeigen. Stattdessen ermahne ich mich lautlos, mich nun endlich zusammen zu reißen, obgleich meine Wangen schon rosarot leuchten wegen des versauten Kopfkinos, das ich gerade hatte.

Ich drehe meinem Flirt kurz den Rücken zu, atme tief durch und angele nach meinem schweren, klimpernden Schlüsselbund, der auf meinem Schreibtisch liegt.

Er wartet geduldig auf mich und beobachtet mich schweigend. Ich spüre seine Blicke brennend in meinem Rücken und als ich mich wieder zu ihm umdrehe, treffen seine dunklen Augen direkt auf meine.

Ich erwidere seinen Blick kurz, während ich ebenfalls aus meinem Büro trete, die Tür ins Schloss ziehe und hinter mir zuschließe.

"Wir müssen hier lang", informiere ich ihn und weise mit meiner schlanken Hand mit den rot lackierten Fingernägeln nach rechts.

"Ich mag Frauen, die wissen, wo es lang geht", kommentiert er frech und folgt mir. Ich bin mir sicher, dass sein Blick dabei ganz ungeniert auf meinem runden Hintern liegt.

Ich würde gerne etwas schlagfertiges zurückgeben, doch das gelingt mir nicht. Stattdessen schweige ich und erwidere stumpf sein Lachen. Irgendwas hat er an sich, das mir völlig den Kopf verdreht.

Als wir nach wenigen Metern vor dem Büro von Herrn Kibitz zum Stehen kommen, sage ich freundlich: "Da wären wir. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Vielleicht sieht man sich ja mal wieder."

Ich merke selbst, dass mein letzter Satz viel zu hoffnungsvoll klingt und könnte mich dafür Ohrfeigen. So wie er aussieht und auftritt, wird Herr Kibitz nicht viel Mühe damit haben, ihm einen Job zu vermitteln.

"Oh ja, das werden wir", antwortet er selbstsicher und lässt ungeniert einen letzten gefälligen Blick über meine weiblichen Rundungen schweifen. "Ich bin demnächst öfter hier."

Mein Mund wird trocken und mein Herz schlägt schneller.

Bitte nicht.

Bevor ich etwas geistreiches erwidern kann, verabschiedet er sich siegessicher lächelnd mit einem "Bis bald!" und verschwindet in den hinter uns liegenden Raum.

Er hat ganz sicher bemerkt, welche Wirkung er auf mich hat; er wird diese Wirkung auf viele weitere Frauen haben.

Kaum, dass der Unbekannte aus meinem Blickfeld verschwunden ist, steigt eine lodernde Wut in mir auf - Wut auf mich selbst, dass ich mich in eine Reihe von Bewundererinnen einreihe, bei einem Typen, bei dem Frauen vermutlich nur weitere Kerben in seinem Bettpfosten sind. Die Erfahrung hat mich schmerzlich gelehrt, dass es kaum einen Mann gibt, der sich mit einer einzigen Frau zufrieden gibt.

Darüberhinaus war mein gesamtes Verhalten völlig unangemessen. Ich habe mich nicht professionell verhalten, obwohl das mein Job gewesen wäre und außerdem war mein Flirt Nyaz gegenüber unfair, egal wie sehr er mich nervt.

Es gehört sich nicht, sich so kleinmädchenhaft schwärmend zu verhalten, wenn man schon - auf welche Art auch immer - mit jemandem verbandelt ist, schließlich haben wir die Abmachung, auch ohne klassische Beziehung exklusiv miteinander zu sein.

Ich schlucke schwer, während ich meine Bürotür wieder aufschließe.

Sowas wie eben darf mir nicht nochmal passieren, erstrecht nicht, wenn der Unbekannte von nun an öfter hier ist.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top