Kapitel 63

• A N T O N •

"Jaden, du solltest dich wirklich ausruhen. Denn, entschuldige, aber du siehst echt schlimm aus", meine ich zu meinem besten Freund, als wir aus dem Fahrstuhl laufen. Da er mit Krücken laufen muss, passe ich mich seiner Geschwindigkeit an, achte darauf, dass nichts passiert.

"Vielen Dank für die liebevollen Worte, Kumpel", erwidert er spöttisch, "Aber ich möchte mein Mädchen sehen. Sie ist endlich aufgewacht!"

Valentin hat mir heute Morgen eine Nachricht geschrieben, dass Ava aus dem Koma erwacht ist. Am liebsten wäre Jay da schon ins Krankenhaus gefahren, aber sie brauchte noch ein wenig Ruhe. Und außerdem mussten die Ärzte einige Untersuchungen tätigen, ob mit ihr alles in Ordnung ist.

Als wir vor dem Zimmer 318 stehen bleiben, werfe ich meinem Freund einen besorgten Seitenblick zu. "Bereit?" "Alles, was ich jetzt möchte, ist, die Hand meiner Freundin zu halten", meint er leise und nickt.

Ich klopfe an der Tür, binnen weniger Sekunden wird sie von innen geöffnet. Mein Herz macht einen Sprung, als ich in das Gesicht von Valentin blicke. Und auch seine Augen leuchten auf.

"Hey, ihr beiden. Kommt rein. Seid aber bitte leise, Ava ist gerade eingeschlafen", bittet er uns und geht zur Seite, damit wir eintreten können. "Wie geht es ihr?", fragt Jay, der sich mit der Hilfe von mir an das Bett von der Schlafenden setzt. Mit trauriger Miene nimmt er ihre Hand und führt sie an seinen Mund.

Valentin küsst mich auf die Wange, gesellt sich dann zu ihm, während ich auf Jasmin, seine Mutter, zugehe und sie zur Begrüßung umarme.

Die letzten Geschehnisse haben uns zusammengeschweißt. Und diese Frau ist eine wirklich liebe. Wir verstehen uns phantastisch.

"Wie geht es dir, Levi? Wie laufen die Prüfungen?" "Der Stress ist morgen vorbei. Da habe ich meine letzte Prüfung. Und ich bin auch sehr erleichtert darüber", sage ich lächelnd und setze mich zu ihr an den kleinen Tisch am Fenster.

Das Krankenzimmer ist schön eingerichtet. Man sieht natürlich sofort, dass der Aufenthalt einiges mehr an Geld kostet als gewöhnlich. Nicht nur, da es ein Einzelzimmer ist. Es ist nicht nur um einiges größer, es verfügt auch über eine schöne Aussicht, die man über einen kleinen Balkon besichtigen kann.

"Du musst unbedingt morgen zum Abendessen kommen. Valentin wird sich sicherlich darüber freuen." Sie schaut zu den beiden Jungen, die in einem Gespräch vertieft sind. Ich frage mich, worüber sie reden.

"Deine Familie ist selbstverständlich auch herzlich eingeladen", fügt sie hinzu und lächelt mich herzlich an. "Ich werde meine Eltern fragen. Ob meine Schwester kann, weiß ich nicht. Womöglich muss sie arbeiten." "Wo arbeitet sie denn?" "Sie kellnert in einem Restaurant. Da waren Sie vor einigen Monaten, kurz nachdem Ava und Valentin nach Hause kamen. Erinnern Sie sich?"

Kurz überlegt sie, dann fällt ihr wohl ein, welches ich meine, und nickt begeistert. "Ein wirklich tolles Restaurant. Die Kinder haben mir gar nicht erzählt, dass deine Schwester dort arbeitet", sie legt ihre Hand auf meine, "Fragen kostet ja nichts. Wie gesagt, es würde uns sehr freuen. Ich würde deine Eltern liebend gern ein wenig besser kennenlernen, auch weil sie meine Kinder immer so toll behandeln und, naja, als Silvan und ich Valentin für einige Zeit aus dem Haus geworfen haben, da haben sie ihn aufgenommen."

Lächelnd sehe ich kurz zu Valentin, der im selben Moment mich anschaut. Augenblicklich hört mein Herz auf, zu schlagen, als sich ein verliebtes Grinsen um seine Lippen bildet. Ich kann nicht anders, als verknallt zurückzustarren.

Es ist mir beinahe peinlich vor Jasmin.

"Du machst ihn wahnsinnig glücklich, Levi", bemerkt diese, während sie das kleine Spektakel verfolgt. "Bevor er dich traf, war er jemand, mit dem man nicht gerne um sich hatte. Mein Sohn hatte seine Gedanken nie für sich behalten und ständig deutlich gemacht, wie sehr ihn alles genervt hatte-" "Naja, da zählte ich anfangs auch noch dazu", meine ich schmunzelnd und denke an die Zeit zurück, als er mich immer wieder von sich stoßen wollte.

Dass ich so hartnäckig wäre, hatte er wahrscheinlich nicht bedacht.

"Aber mit dir ist es anders. Du hast ihm eine neue Welt gezeigt. Irgendwann habe ich ihn oft heimlich beim Tagträumen erwischt, da starrte er lächelnd vor sich hin. Wie oft, denkst du, hat er das vor dir getan?", sie lacht auf, "Dieser Griesgram hat sich durch dich gewandelt - ist zu dem Menschen geworden, den ich in all den Jahren nie aus ihm herauskitzeln konnte. Dafür bin ich dir so sehr dankbar, Anton. Dass du Valentin aus seiner Dunkelheit gezogen und ihm die Schönheit hinter dem Glücklichsein gezeigt hast."

"Ich bin auch wahnsinnig froh, ihn an meiner Seite zu wissen", sage ich, während mein Blick wieder auf ihn liegt. "Die letzten Monate ohne ihn waren grausam. Wahrscheinlich würden viele sagen, dass wir noch zu jung sind, um die Liebe zu verstehen. Aber ich bin mir doch über meine Gefühle bewusst. Es war wunderschön, mit Valentin zusammen zu sein. Umso mehr tat es weh, als er mir das Herz brach..."

"Das tut mir auch so leid." Damit gewinnt sie wieder meine vollkommene Aufmerksamkeit. "Sie sind doch aber nicht daran schuld, was passiert ist-" "Ich hätte mich schon vor langer Zeit gegen meinen Mann durchsetzen sollen", sie wirkt auf einmal bedrückt, "Ich weiß auch nicht...Wahrscheinlich hing ich noch an den Erinnerungen, wie er damals war. Als Silvan noch der Mensch war, der mich dazu brachte, mich in ihn zu verlieben."

"Wie soll es denn zwischen Ihnen weitergehen?", frage ich vorsichtig. Womöglich möchte sie ja nicht darüber reden.

"Unsere Ehe ist schon seit langem nicht mehr dieselbe, die sie vor Jahren war. Ich bin einfach nicht mehr glücklich mit ihm. Und vor allem kann ich ihm nicht verzeihen, was er euch beiden angetan hat. Der Silvan, den ich liebe, hätte niemals eine Beziehung zerstört. Schon gar nicht die seines Sohnes."

Jasmin nimmt ein Glas, das auf dem Tisch neben einer Flasche Wasser steht. Ich sehe ihr zu, wie sich etwas eingießt und lehne dankend ab, als sie mir auch etwas anbietet.

"Dann wollen Sie sich scheiden lassen?" "Ich habe schon mit meinem Anwalt telefoniert. Ich möchte es meinem Mann nicht verzeihen, wie er unser Kind behandelt hat. Natürlich bin ich auch nicht ganz unschuldig. Hätte ich Valentin schon früher unterstützt, wäre es womöglich anders ausgegangen. Aber, naja, so, wie es jetzt ist, ist es gut. Ehrlich gesagt kann ich nicht einmal behaupten, dass Silvan mir sonderlich fehlt."

Scheinbar ist Ava aufgewacht. Wir schauen lächelnd zu, wie Jaden ihr liebevoll einige Haarsträhnen aus der Stirn streicht.

"Wie es auch ausgehen wird, wichtig ist erstmal, dass Ava gesund wird", meint die Frau neben mir und blickt nun zu ihren Sohn, der auf uns zugeht. Dieser stellt sich neben mich und legt seine Hand auf meine Schulter. Meine Hand findet seine wie von selbst.











Wie wird wohl das gemeinsame Abendessen sein?

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