Kapitel 31

• V A L E N T I N •

Es ist bereits nach Mitternacht, als ich mich leise ins Haus schleiche.

Während wir uns mit Antons Eltern unterhalten haben, ist die Zeit wahnsinnig schnell vorbei gegangen, und dann sind er und ich nach oben in sein Zimmer und haben einen Film geschaut.

Ehe ich mich versah, war es halb 12. Ida hatte angeboten, dass ich doch bei ihnen übernachten könnte. Aber das hätte womöglich noch mehr Stress zuhause gegeben, weshalb ich dankend abgelehnt habe.

Auch wenn ich lieber in der Gesellschaft dieser Leute wäre, als jetzt hier.

Ich beschließe, mir ein Glas Wasser aus der Küche zu holen, bevor ich in mein Zimmer gehe. Als ich in die Dunkelheit trete, spüre ich bereits, dass ich nicht alleine bin.

"Wo warst du?", ertönt die Stimme meines Erzeugers. Augenverdrehend mache ich das Licht an und sehe ihn an der Arbeitsfläche gelehnt stehen. In seiner Hand hält er ein Whiskeyglas.

"Ist es dafür nicht reichlich spät?", merke ich an und gehe zum Kühlschrank. "Den brauchte ich, um meine Nerven zu beruhigen", aber sicher doch, "Weißt du eigentlich, was du deiner Mutter mit deinem Verschwinden angetan hast? Sie hat sich solche Sorgen gemacht!", zischt er hinter mir.

Ich gehe allerdings nicht darauf ein, sondern fülle ein Glas mit Wasser, an welchem ich dann gelassen nippe. "Rede gefälligst!" "Sei still oder willst du Mutter und Ava wecken?", entgegne ich und drehe mich schließlich zu ihm um.

"Wo bist du gewesen, Valentin?", fragt er nochmals und erdolcht mich fast mit seinem Blick. "Ich war unterwegs. Ist doch wohl nichts dabei-" "Ich habe dir gesagt, dass du heute zuhause bleiben solltest!", unterbricht er mich und stellt sein Glas ein bisschen zu laut auf die Fläche hinter sich ab, "Was bildest du dir ein, wer du bist?" "Ein waschechter Bishop, der das tut, was er will. Müsstest du doch am besten wissen, nicht wahr, Vater?"

Mein älteres Gegenbild presst wütend seine Lippen aufeinander und kommt auf mich zu. "Ich werde nicht zulassen, dass du mir so frech begegnest, Freundchen. Seinem Vater gegenüber hat man gefälligst Respekt zu zeigen!" Wieder hebt er die Stimme.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Frauen im Haus bereits wach sind. Das wollte ich vermeiden. Die beiden leiden darunter, dass wir immer wieder streiten.

Doch andererseits werde ich den Teufel tun, mich von diesem Mann fertig machen zu lassen.

Unbeeindruckt stelle ich ebenfalls mein Glas weg und verschränke die Arme vor der Brust. "Was willst du tun? Mich windelweich prügeln? Du kannst es gerne versuchen. Nur wüsste ich nicht, wie ich die blauen Flecken erklären soll, falls mich jemand darauf ansprechen sollte", sage ich lediglich.

Dieser Mann hat keine Chance gegen mich. Ihm ist bewusst, dass ich recht habe. Durch sein ach so tolles Unternehmen gehören wir zur angesehen Gesellschaft. Wenn jemand mitbekommen würde, dass ein Kind geschlagen wird, wäre der Ruf vollkommen erledigt.

Das würde dieser Dreckskerl nicht aufs Spiel setzen.

Da ich die Sache nun für geklärt ansehe, wende ich mich von ihm ab und will nach oben gehen, als einen Moment später Glas an die Wand zerschmettert.

Gefasst sehe ich, wie einzelne Tropfen an der bis jetzt makellosen Tapete heruntergleitet.

"Du wirst mir nicht den Rücken zukehren, du undankbares Stück Scheiße", brüllt mein Vater. Ehe ich mich versehe, drückt er mich gegen die Wand. Ich rieche seine Alkoholfahne.

"Weißt du, was ich alles gegeben habe, damit du und deine Schwester ein gutes Leben führen könnt? Und somit dankst du es mir? Indem du keine meiner Handlungen unterstützen und mich lieber in aller Öffentlichkeit blamieren willst?"

"Der einzige, der dich gerade blamiert, bist du selbst", zische ich. Das war ein Fehler gewesen. Dieses Mal traf er. Seine flache Hand knallt mit voller Wucht gegen meine Wange, sodass mein Kopf zur Seite fällt. Und auch der nächste Schlag ließ nicht auf sich warten.

Als ich Blut schmecke, packt mich die Wut. Ich stoße ihn von mir und presse seinen Körper gegen den Kühlschrank. Offenbar hat dieses Schwein vergessen, dass ich seit einigen Jahren boxe. Oder aber er hat es versoffen.

"Du mieses Arschloch solltest mir jetzt genau zuhören. Die Welt geht vorher unter, bevor ich mich von dir so erniedrigen lassen!" Seine Augen weiten sich, als ich ihn an seinem Kragen packe. Er glaubt, ich würde mich nun revanchieren. Aber da hat er sich getäuscht.

Ich bin nicht wie er. Ein feiger Dreckskerl, der sich durch Gewalt in der Familie behaupten will.

"Du bist eine reinste Enttäuschung", sagt er. Doch das interessiert mich nicht. Es ist mir egal, was er von mir denkt. "Jetzt bereust du es wahrscheinlich, mich nach Hause geholt zu haben, nicht wahr?" "Dich gezeugt zu haben, Valentin", entgegnet er, "Du hast es nicht verdient, den Namen Bishop zu tragen." Mit diesen Worten spuckt er mir ins Gesicht. Ich lasse mir nichts anmerken, als ich seinen Speichel wegwische. "Du bist ekelhaft", meine ich nur und will mich von ihm losreißen, als ich hinter mir ein Schluchzen höre.

Meine Mutter steht in ihrem Pyjama an der Tür, ihr Morgenmantel ist geöffnet. Trotz ihres verschlafenen Blickes sind ihre Augen mit Tränen gefüllt. Ich ertrage diesen Anblick nicht.

"Valentin, bitte. Lass deinen Vater los", bittet sie mich. Jetzt kann ich ihren Blick erst wirklich deuten. Sie hat Angst, dass ich ihm etwas antun würde. Ich fasse es nicht.

Ich löse mich von meinem Erzeuger und gehe ohne ein weiteres Wort an meiner Mutter vorbei. Während ich nach oben gehe, bereue ich es, nicht bei Anton geblieben zu sein.







Valentin war gerade so glücklich gewesen...

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