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Mit Musik im Hintergrund wartete ich ungeduldig darauf, dass die Kaffeemaschine ihren Job beendete, sodass ich die Tassen für die Besucher des Candy-Shops füllen konnte. Beños Laden war zwar nicht sehr groß, dennoch war er gut besucht. Mit den runden Tischen wirkte der Raum gleich viel größer und die Menschen, die an ihnen saßen, belebten ihn mit überwältigenden Stimmungen. Es war keine Seltenheit, dass ich Familiendramen mitbekam oder ein erstes Date von zwei Singles, die sich über Paarship gefunden hatten.

Als Costa die Küche betrat, schwang er die Hüften im Takt zu Big In Japan. Ich musste lachen, so lächerlich und gleichzeitig lustig sah es aus. Ich applaudierte ihm, als er mit einigen aufgestapelten Tellern neben mir an der Spülmaschine ankam und sie einsortierte. Ich half dabei, ein übriggebliebenes Kuchenstück zu entsorgen. „Eigentlich zu schade, es wegzuschmeißen", dachte ich laut nach, als es auf dem Boden der Bio-Tonne aufklatschte. „So lauten die Vorschriften", erwiderte Costa und bückte sich mit einer Kaffeetasse in der Hand erneut hinunter.

"Wie lange dauert es noch?", fragte er mit Blick auf die Maschine, die nicht aus dem Knick kommen wollte. Als ich gerade antworten wollte, gab sie ein erschöpftes Geräusch von sich. „Gerade fertig." Ich nahm die Kanne hervor und teilte den Kaffee gleichermaßen auf die Tassen auf. Währenddessen band mein Freund sich die Schürze neu zu. Die Schleife am Rücken musste sich wohl gelöst haben. Er schnappte sich zwei Tassen, um mir zu helfen. Ich folgte ihm. Kurz bevor wir die Tür in den Besucherbereich erreichen konnten, stimmte Bon Jovi den Refrain von Livin' On A Prayer ein und aus voller Kehle sangen wir ein langes Ohhhh mit ihm mit. Kichernd traten wir vor die Augen der Leute, die uns etwas belustigt anlächelten. Sollte es uns peinlich sein? Wohl er nicht. Wenn man die 80er so sehr liebte, wie wir beide, dann war einem nichts peinlich, nicht einmal Karaoke vor fremden Menschen.

Als Erstes stellten wir vier Tassen auf den Tisch, an dem Teenagerinnen saßen. Sie mussten so ungefähr zwischen vierzehn und fünfzehn Jahre alt sein. Auch sie grinsten uns breit an. Es bestand kein Zweifel daran, dass sie unsere kleine Singeinlage gehört hatten. „Ihr seid ein süßes Paar", kicherte eine von ihnen und verbarg sich schnell schämend hinter ihren Händen. Die anderen drei gackerten laut mit.

„Wir sind kein- nein-", kam es mir wie aus der Pistole herausgeschossen: „Wir sind- Costa!" Energisch drehte ich mich zu ihm um und forderte ihn dazu auf, unsere Freundschaft zu verteidigen. Als er meinen verzweifelten Gesichtsausdruck bemerkte, wusste er erst nicht genau, was er noch dazu sagen sollte.

„Ähm...nein, wir sind kein Paar. Nur Freunde", unterstrich er noch mal ausführlich.

„Ihr solltet eins werden. Ihr passt gut zueinander", schaltete sich nun eine der Freundinnen ein. Ich konnte sie nur wütend anstarren. Säßen vor mir keine jungen Kundinnen, hätte ich sie jetzt hochkannt aus dem Laden gekickt. Ich konnte solche Sprüche echt nicht ab. Schlimm genug, dass ich sie täglich Zuhause und in der Schule ertragen musste.

Meine Augen wanderten zu Costa, um seine Reaktion einschätzen zu können. Doch er wurde nur augenblicklich rot, weshalb ich mir das Handtuch von meiner Schulter schnappte und es verärgert gegen seinen Oberarm peitschte. „Aua", nörgelte er und hielt sich den verletzten Arm mit der anderen Hand fest. „Selbst Schuld."

Ich wandte mich ab und holte die nächsten Tassen aus der Küche, um sie weiteren Kunden zu übergeben. Als ich zurück in die Küche kam, war ich erneut auf hundertachtzig.

„Was ist?", fragte Costa als er die Tür hinter sich geschlossen hatte.

„Unglaublich. Eben hat noch jemand vorgeschlagen, wir sollten ein Paar werden. Was fällt den Leuten eigentlich ein?"

„Naja, sie sehen anscheinend, dass wir uns gut verstehen und denken, sie würden uns damit einen Gefallen tun", wandte Costa ein.

„Aber das tun sie nicht. Wieso glauben alle immer, dass man nicht einfach nur befreundet sein kann? Wieso muss es immer mehr werden? Ich hasse diese Vorurteile. Besonders diesen Gedanken an die sogenannte Friendzone. Aber das ist die Realität, nicht irgendeine Fanfiction auf Wattpad."

„Das stimmt. Mir geht es langsam auch echt auf den Zeiger." Er tippte sich dabei symbolisch auf das Handgelenk.

„Die Leute sind einfach zu kitschig ausgerichtet", begründete ich: „Liegt bestimmt daran, dass in wenigen Monaten Valentinstag ist. Und nein, wir reden nicht über meine Geburtstagsplanung, denn es wird wie jedes Jahr ein stinknormaler Tag mit verliebten Paaren um mich herum, die sich nicht mehr einkriegen können."

„Ich habe doch gar nichts gesagt", protestierte er, doch ich unterbrach ihn schnell. „Aber du wolltest. Ich kenne dich. Wieso sollte man den Tag feiern, an dem vor über fünfhundert Jahren die Todesstrafe gegen einen Valentinus vollstreckt wurde? Bisschen makaber, findest du nicht?"

Costa blickte mich etwas verwundert an. Sicherlich musste er sich gerade fragen, ob ich schon von Geburt an schlecht über den Valentinstag dachte. Die Antwort darauf war ja. Genauso gut wusste er, wie sehr ich meine Eltern dafür hasste, mich ausgerechnet Valeria genannt zu haben.

„V", begann er: „Der Valentinstag ist für viele Menschen ein wunderschöner Tag. Das kann er auch für dich sein. Es geht um die Gesten, die in diesem Jahrhundert passieren, nicht darum, wie der Tag zu seinem Namen gekommen ist."

„Wie auch immer. Ich kann den Kitsch und den Tag nicht ab. Egal, ob ich Geburtstag habe oder nicht." Prompt brachte ich ein Tablet mit Keksen und Kuchen zu dem nächsten Tisch. Wie jedes Jahr hatte Costa versucht, mir den Tag schmackhaft zu machen und wie jedes Jahr würde er es nicht schaffen. Von der Meinung war ich felsenfest überzeugt.

Abends, als ich zu Hause ankam, war ich überrascht, das Auto meiner Großmutter in der Einfahrt zu sehen. Schlammpg wie immer stand der braune Hyundai dort, als hätte er auf mich gewartet. Meine Mutter kam mir entgegen gestürmt, als meine Beine mich ins Warme trugen.

„Hallo Schätzchen. Schau mal, wer uns überrascht." Meine Großmutter kam um die Ecke und hatte denselben liebenswürdigen Blick aufgesetzt wie immer. Ein Kopftuch bedeckte ihr graues Haar und ich konnte nur breit lächeln, als ich sie in den Arm schloss.

„Hallo Kleines", begrüßte sie mich: „Ich habe dir etwas Schönes mitgebracht." Sie bückte sich zu ihrer Tasche hinunter und holte ein kleines Glas hervor.

„Du brauchst mir doch nicht immer etwas zu schenken." „Oh doch. Enkeln kann man gar nicht genug schenken." Als ich ihr das Glas aus der Hand nahm, wurden meine Augen ganz groß. „Wow, ist es das, was ich denke?" „Oh ja. Die Erdbeersahne-Bonbons, die du immer so gerne gegessen hast." Ich schaute mir das Etikett an. Die Erinnerungen spülten in mein Gedächtnis. Es war schon so lange her gewesen, seit ich sie zuletzt auf der Zunge zu spüren bekommen hatte, was auch kein Wunder war, da man sie nur in Polen zu kaufen bekam.

„Ich war vor einigen Tagen mit deiner Tante dort." „Danke, danke, danke." Begeistert schloss ich sie noch einmal in meine Arme. Meine Großmutter war einfach die Beste.

„Und jetzt erzähl Mal", forderte sie mich auf, als wir uns an den Esstisch setzten. Meine Mutter setzte gerade Tee auf. Der Geruch von Vanille-Himbeere strömte mir in die Nase. „Wie läuft es in der Schule? Wie geht es deinem Freund? Schon weiter in der Beziehung?" Ich wurde augenblicklich verlegen. Nicht sie auch noch. Ihr konnte ich es zumindest halbwegs verzeihen, weil sie in einer anderen Zeit aufgewachsen war und wie Costa eine Romantikerin von Geburt an war. Dennoch regte es auf.

„Oma, wir sind nur Freunde und daran wird sich auch nichts ändern." „Genau", stimmte meine Mutter zu und gab mir einen Kuss auf die Stirn: „Jedenfalls glauben wir das alle. Aber mal sehen, was das Schicksal für die beiden bereithält. Habe ich schon von ihrem Strandurlaub zu zweit in einer Hütte erzählt?" „Mama!", griff ich schnell ein. Das durfte doch nicht wahr sein! Jetzt war sie also auch nicht mehr auf meiner Seite und benutzte peinliche Momente, um meiner Oma Hoffnung an ein Wunder zu schenken. Dabei war es etwas ganz anderes. Wir hatten die Jungsclique gefragt, ob sie uns begleiten würde, aber weil sie uns genauso gerne verkuppeln wollten, sagten sie alle in letzter Minute ab. Und unseren Besuch zu stornieren, wäre teurer gewesen, als zu zweit zu fahren. Auch wenn das drei Tage voller Spaß bedeutet hatte.

Als die beiden endlich das Thema wechselten, weil Emi und Zoe sich dazugesellten - sie bekamen auch Geschenke, aber keines war so gut wie meines - atmete ich erleichtert auf. Zum Glück ging es nicht länger um mich, sondern um Emis Zeichenkünste und wie sie damit einen Wettbewerb gewonnen hatte.

Als ich Costa am nächsten Tag im Candy-Shop sah, musste ich ihm sofort von den Fragen meiner Oma am letzten Abend erzählen. Der würde aus allen Wolken fallen. Klar konnte er sich solchem Gesprächsstoff mit mehr Entspannung widmen, als ich es jemals könnte. Dennoch kannte er meine Oma gut genug, um zu wissen, dass wenn sie schon damit anfing, es nicht mehr lange dauern würde, bevor die ganze Welt uns zusammen als ein Paar sehen wollen würde.

„Meine Oma ist verrückt geworden."

„Dir auch einen schönen guten Morgen." Er fuhr sich durch das kurze Haar und sah mich aus müden Augen an, unter denen sich schon schwarze Schatten gebildet hatten.

„Schlechten Schlaf gehabt?"

„Du sagst es."

Ich presste die Lippen aufeinander und versuchte ein kleines mitleidiges Lächeln hervorzubringen. Ich wusste genau, weshalb seine letzte Nacht ein Albtraum gewesen sein musste. Mir würde es nicht anders ergehen, wenn ich meiner frisch geschiedenen Mutter mit dem Wissen begegnet wäre, dass sie meinem Vater schreckliche Narben im Herzen hinterlassen und sich nicht einmal die Mühe gemacht hätte, es wieder zusammenzuflicken.

Costa imitierte meinen Gesichtsausdruck und lächelte genauso schwach drein. Ich hätte ihm gerne versichert, dass alles wieder gut werden würde, aber das entspräche nicht der Wahrheit. Denn seine Mutter stand zu der neuen Beziehung mit ihrem Arbeitskollegen und war freiwillig gegangen. Hatte sich nicht einmal nach ihrem Sohn umgedreht und war einfach ausgezogen.

„Egal. Was wolltest du mir sagen? Geht es Nancy gut?" Ich fragte mich bis heute, wie meine Uroma ihre Tochter Nancy nennen konnte. Klar war es eine andere Zeit gewesen, aber ich fand den Namen abscheulich. Ich musste dabei sofort an Fancy, Nancy, Clancy denken, was meine kleine Schwester abends gerne schaute.

„Du glaubst es nicht, aber nachdem wir gestern über die Freundschaft-Liebe-Klischees gesprochen haben, hat sich meine Oma nach uns erkundigt. Du weißt schon, wie es in unserer Beziehung voranginge." Ich setzte dabei Anführungszeichen mit den Fingern in die Luft.

„Und?", war seine unscheinbare Erwiderung, als hätte sie nur danach gefragt, was es zum Abendbrot gäbe.

„Und?", wiederholte ich ungläubig: „Sie dachte, wir seien in einer Liebesbeziehung. Dabei kennt sie uns doch jetzt schon eine ganze Zeit lang und weiß genau, dass nie etwas zwischen uns passieren wird. Oh, und meine Mutter. Sie hat das Beispiel mit unserem Ostseeurlaub genutzt, um zu unterstreichen, wie gerne wir doch unter uns seien. Kannst du das glauben?"

Er musste eine Sekunde lang überlegen, bevor er eine Antwort geben konnte. „Sieh's nicht so dramatisch. Es ist doch egal, was sie von uns halten, solange wir auf dem Boden der Tatsachen stehen. Außerdem ist das so eine Elternsache. Eltern glauben immer, dass ihre Kinder schnelle Liebesbeziehungen aufzubauen versuchen. Mein Vater denkt das auch ständig. Das ist ganz normal." Bei dem Gedanken, dass Back so von uns beiden denken könnte, drehte sich mir der Magen um, doch ich beließ es dabei und fragte nicht weiter danach.

„Das sollte es aber nicht", demonstrierte ich und holte das heiße Gummi aus dem Lagerraum hervor, um es an der Theke zu Candys zu verarbeiten. Zunächst kneteten wir beide das Gummi vor uns auf den heißen Platten. Es fühlte sich wie eine Massage an, die wir veranstalteten. Schaulustige tummelten sich nun vor uns und beobachteten die Verarbeitung.

Nach einer Weile erwiderte ich: „Jemand müsste die mal aufrütteln. Eine Freundschaft muss doch nicht immer in einer Romanze enden." Mit steigender Wut kochte auch mein Kopf langsam von der Hitze über der Herdplatte. Mit einem Arm wischte ich mir den Schweiß aus dem Gesicht.

„Ich habe gestern Abend einen Artikel dazu gelesen. Da hieß es, dass ein Perspektivwechsel sehr hilfreich sein kann. Während ein Liebender seinem Partner in allem zustimmen würde, weil sein Gehirn das Signal sendet, dem anderen gefallen zu müssen, treten bei einer Freundschaft oftmals Meinungsverschiedenheiten auf."

„Also wie gestern bei uns zum Thema Valentinstodestag", warf ich ein und musste etwas über meinen eigenen Witz grinsen. Costa bemerkte das. Er zog einen Mundwinkel unbemerkt nach oben und schüttelte amüsiert den Kopf.

Als eine Blase auf dem Gummi auftauchte, schlug ich sie mit dem Finger nieder, was immer viel Spaß machte. Ich konnte mich noch lebhaft an das erste Mal erinnern. Damals hatte ich echt Panik gehabt, dass ich das Gummi hatte anbrennen lassen oder schlimmeres. Zum Glück war Beño zum richtigen Zeitpunkt dagewesen, um mich aufzuklären, dass das dazu gehörte.

Seitdem, egal ob auf Costas oder meiner Platte, durfte ich die Blasen zerspringen lassen. Wir hatten dafür einen Pakt geschlossen. Wenn Costa dagegen verstieß, durfte ich die nächsten Mathehausaufgaben von ihm abschreiben. Leider kam das nicht allzu oft vor. Ich würde mir eine Menge Zeit und Nerven sparen.

„Der Artikel war von jemand anonym geschrieben worden, aber sehr interessant. Ich kann ihn dir weiterleiten, wenn du willst", schlug mein bester Freund vor.

„Klar, wieso nicht?"

„Wieso werdet ihr nicht diejenigen, die Freundschaften zwischen Jungs und Mädchen als Anti-Romanze präsentieren und dafür werben?", kam es aus dem Nichts. Irritiert blickte ich erst zu Costa, dann zu einer Braunhaarigen mit blauen Augen, die sich unmittelbar vor mir hinter der Theke befand.

„Entschuldigung. Wie war das?"

„Denkt mal drüber nach. Ihr könntet das Thema in der Schulzeitung erläutern. Laut Quellen, die ich nicht nennen darf, weiß ich, dass Konstantin gut schreiben kann."

„Ihr kennt euch?" Meine Augen schnellten erstaunt zwischen Costa und der Fremden hin und her. Als Costa verwirrt mit dem Kopf schüttelte, wurden meine Augen etwas schmaler.

„Tut mir leid. Ihr geht doch auch auf die Gemeinschaftsschule an der Ostsee. Ich habe Konstantins einen Artikel zum Thema 'Wie wird man ein Lehrer?' gelesen. Ist schon bisschen her, aber der war echt gut." Sie zwinkerte ihm zu, sodass mein bester Freund im nächsten Moment vor Scharm rot wie eine Tomate wurde.

„Das ist keine schlechte Idee", sagte Costa in meine Richtung, als er endlich die Augen von der Fremden lösen konnte. Ich musste zugeben, dass mir der Gedanke, einen Artikel für die Schulzeitung zu verfassen, auch gefiel, aber das unbekannte Mädchen war mir irgendwie suspekt. Sie war wie einer dieser Zeitreisenden, die aus Versehen geheimes Insiderwissen einwarfen, um mysteriös zu wirken. Dabei konnten sie es gar nicht wissen, wären sie nicht aus einer Zukunft, in der sie engsten Kontakt zu der betroffenen Person hätten.

Ich willigte schließlich ein und beendete den Abend mit einer schnellen Runde Candy Cutting, während Costa sich Ewigkeiten mit der Fremden über ihre Lieblingsfächer, Lieblingslehrer, Lieblingshobbys, ect., ect., ect. unterhielt und dabei komplett seine Arbeit vernachlässigte. Damit ich nicht ab nächster Woche alleine hier stand und Candys produzierte, stibitzte ich heimlich einige Stangen von seinem Arbeitsplatz und brach sie auch noch schnell klein.

Gesagt, getan. Am nächsten Morgen machten wir beide uns auf ins Redaktionszimmer. Ein Haufen Nerds, die nichts Besseres zu tun hatten, als Artikel über die Fußballmannschaft und das Badewetter an der Ostsee zu schreiben, lümmelten über den Computern mit M&Ms vor der Nase. Ich konnte förmlich den Geruch nach Teenagerschweiß riechen. Hier musste jemand tagelang das Fenster geschlossen haben lassen.

„Die gleiche Szene wie vor drei Jahren", flüsterte Costa mir ins Ohr, als wir vor der Chefredakteurin hinten in der Ecke zum Halt kamen, und berief sich dabei auf seinen großen Moment, als er seinen ersten Artikel stolz wie Oskar hier eingereicht hatte. Damals hatte ich ihn zwar unterstützt, innerlich hielt ich es jedoch für eine Vollkatastrophe, über das Thema 'Wie wird man ein Lehrer' zu schreiben. Schlimm genug, dass er damit den Lehrern Honig ums Maul schmierte, es hatte ihn auch nicht vor dem Mobbing geschützt. Natürlich nur das typische Necken von Niels, der seinen Traumberuf schon damals als bescheuert abgestempelt hatte. Das war einer der Gründe, weshalb Niels bei mir auf der schwarzen Liste vermerkt war. Für Costa hatte ich mir jedoch geschworen, mich ihm gegenüber zu benehmen und ihn zu leiden, was man so nennen konnte.

Wie es zu erwarten war, wurde uns die Genehmigung erteilt, einen Artikel zu verfassen und einzureichen. Hannah, so hieß die Fremde von gestern, war nicht nur eine Kundin, die sich gerne in privates einmischte, sondern zufälligerweise auch noch Chefredakteurin, was das Schreibtalent Costa natürlich sofort hellhörig werden gelassen hatte, als sie sich gestern darüber ausgetauscht hatten.

Mit einer eindeutigen Warnung, dass wir den Artikel bis morgen Mitternacht abzugeben hatten, um in der nächsten Ausgabe zu laden, verabschiedeten wir uns von Hannah. Gott sei Dank fing der Unterricht in zehn Minuten an. Ansonsten hätte sich mein bester Freund wohl festgequatscht und ich hätte ihn erst am Abend wieder abholen können, wie ein Kind aus dem Smaland bei Ikea, wozu durch die Lautsprecher freundlich aufgerufen wurde.

„Süß", gab ich als einfachen Kommentar ab, als wir die Nerds und Hannah hinter uns gelassen hatten und den Klassenraum für eine Stunde Philosophie betraten.

„Was meinst du?", tat er unwissentlich. Ich musste lachen. „Tu nicht so, als hättest du keinen Plan von der Masche, die sie dir da gerade um den Hals gelegt hat. Das war eindeutig flirten."

„Flirten? Klar, ganz sicher. Das bildest du dir ein."

„Wenn du meinst."

Die ganze Stunde lang beobachtete ich ihn von der Seite und musste am Stück über Hannah und ihn grinsen. Wenn das kein Flirten war, dann wusste ich auch nicht. Und Costa sprang drauf an, auch wenn er es vielleicht nicht merkte. Das könnte noch etwas werden.

Weil Costa am Nachmittag mit seinen Kumpels zum Zocken verabredet war, machten wir zwanzig Uhr aus, um den Artikel bei mir im Zimmer still und heimlich zu schreiben. Wir hatten viel Arbeit vor uns und nur wenig Zeit. Aber aus Erfahrung wussten wir, dass wir abends am produktivsten waren, besonders mit Snacks. Ganz klar. Der Abend konnte sowas von kommen.

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