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Die nächsten drei Wochen bis zur großen TV-Ausstrahlung zogen sich wie Kaugummi hin. Zu unserem Glück. Ich würde nicht sagen, dass ich mich gerne vor dem großen Moment drücken wollte, aber von mir aus mussten wir unsere Beziehung nicht offenbaren. Ich wollte, dass alles genauso blieb wie jetzt. Na schön, vielleicht wäre die einzige Sache, die ich ändern würde, die, dass Costa und ich uns in der Öffentlichkeit blicken lassen könnten, ohne von jeder Menschenseele auf der Straße erkannt zu werden. Aber wenn das der Preis dafür war, nicht von allen verurteilt und als nicht vertrauenswürdig eingestuft zu werden, dann nahm ich die Herausforderung an.
Um ehrlich zu sein, hatte das Geheimhalten unserer Beziehung auch etwas Reizendes an sich: es war beinah wie im Film, in dem die Zeitungen hinter dem Popstar und seiner neusten Eroberung hinterherrannten, um die beste Schlagzeile auf die Titelseite zu bringen. Nur dass wir beide diese Superstars waren, die ein Geheimnis miteinander teilten.
Wir beide waren gerade auf dem Weg zum Meer, um einen Tag in der Sonne zu verbringen. Der Frühsommer zog langsam in Rostock ein, den man ganz deutlich an den steigenden Temperaturen ausmachen konnte. Natürlich hatten wir die Kapuzen tief ins Gesicht gezogen, um nicht erkannt zu werden, was aber nicht sonderlich auffiel. Schließlich klang es plausibel, dass wir uns auf diesem Wege vor der blendenden Sonne schützen wollten.
Zumindest blieben wir sicher, bis ich mein Handy hochstreckte und rief: „Bitte lächeln!" Costa folgte natürlich meinem Blick und grinste wie ich breit in die Kamera. Unsere Augen waren allerdings so sehr zusammengekniffen, dass ich das Bild sofort in den Mülleimer schob.
„Ist es was geworden?", fragte Costa mich und schaute neugierig auf das Display.
„Mh. Nein, leider nicht. Du siehst aus, als hättest du was ins Auge bekommen."
„Ha. Ha", sagte er sarkastisch und zog die Augenbrauen etwas höher: „Ich bin mir sicher, du siehst genauso aus." Er zog mir mein Handy aus der Hand und hielt es so hoch, dass ich es ihm nicht einfach wegschnappen konnte, egal wie sehr ich mich auch danach streckte. Ich kam ihm wieder so nahe, dass ich seinen Geruch einatmete. Es verdrehte mir den Kopf, sodass ich ihn am Shirt in eine schmale Einbahnstraße zerrte und ihm einen Kuss schenkte. Costa drehte sich mit dem Rücken zu der Einkaufsmeile, auf der wir gerade noch unterwegs gewesen waren. Als sich unsere Sonnenbrillen mit einem Knirschen berührten, mussten wir beide plötzlich anfangen zu lachen und zogen die Köpfe auseinander.
Meine Arme schmiegten sich um seinen Körper und drückten mich dichter an ihn. Ich wollte ihn spüren, wie ich es niemals zuvor getan hatte. Unglaublich, dass wir Jahre lang nebeneinander her gelebt hatten und nie zuvor das Bedürfnis verspürt hatten, uns bis zum Ende unseres Lebens zu umarmen und zu küssen.
Am Strand angekommen - es hatte ganze dreißig Minuten länger gedauert als geplant - ließ Costa sich als Erstes in den Sand fallen und nahm die Muffins heraus, die Zoe uns gebacken hatte. Um genau zu sein, waren es Zoes Trauermuffins. Immer, wenn sie sich elendig fühlte - und das passierte wirklich nicht oft - backte sie so viele Rezepte aus dem Backbuch meiner Mutter, dass das ganze Haus bis obenhin mit Kuchen, Muffins und Keksen gefüllt war. Meistens dauerte es fast einen ganzen Monat, bis es aufgegessen war. Meine Mutter hatte versucht, ihr ins Gewissen zu reden, dass es eine reine Lebensmittelverschwendung wäre, aber ich unterstützte meine große Schwester voll und ganz dabei, indem ich ihr die nötigen Lebensmittel besorgte. Jeder hatte schließlich eine andere Art, Trauer zu überwinden und wenn das Backen war, sollte man ihn nicht aufhalten.
„Auf uns!", verkündete Costa, als ich mich neben ihn niedergelassen hatte, und hob seinen Muffin erwartungsvoll hoch, sodass ich mit meinem anstieß.
„Auf uns", wiederholte ich triumphierend und zog die Kapuze herunter: „Und darauf, dass wir hoffentlich mindestens zwei Stunden in unseren Rollen durchhalten."
„Das könnte mir schwerfallen", erwiderte er und kam mit schrägem Kopf dichter.
„Ah", warnte ich ihn und schob die Hand zwischen unsere Gesichter: „Deine Zeit ist abgelaufen. Die zwei Stunden laufen schon."
Sofort stieß er empört einen Hauch Luft aus und ließ sich nach hinten fallen, immer noch mit Sonnenbrille auf. Er verschränkte die Arme hinter dem Kopf und summte vor sich hin. Ich beobachtete ihn einen Moment und war mir sicher, dass er unter den verdunkelten Gläsern die Augen geschlossen hatte. Ich musste ein Foto von ihm machen.
„Bist du zufrieden?", fragte er amüsiert.
„Womit?"
„Davon, einen unterdrückten verliebten Idioten heimlich zu fotografieren, während die ganze Welt um ihn herum nichts von seiner verzwickten Lage weiß? Noch ganze drei Wochen, bis wir endlich frei sind."
„Ja, das stimmt", ich legte mich neben ihn, doch die Sonne blendete mich so sehr, dass ich mich wieder aufsetzte und stattdessen zu ihm heruntersah: „Aber dafür haben wir noch Ruhe und Follower, die uns nicht die Köpfe einschlagen wollen."
„Mh", war das einzige Geräusch, dass Costa von sich geben konnte. Ich blickte aufs Wasser. Dort kreisten einige Möwen wild umher und in der Ferne waren kleine Segelboote auszumachen. Am Strand selbst war für diese Zeit erstaunlich wenig los. Kleine Kinder tobten über den Strand und bauten Sandburgen, während die Eltern ein kleines Nickerchen hielten und dabei nicht mitbekamen, wie sie Ketschuprot wurden.
Bei dem Gedanken, dass morgen wieder Schule wäre, wurde mir mulmig zumute. Was wäre, wenn wir Hannah über den Weg laufen würden? Ich konnte es schlecht einschätzen, wie ich mich mit diesen Schuldgefühlen vor ihr verhalten würde oder inwieweit ich meine Überlegenheit repräsentieren würde. Konnten Costa und ich ganze sieben Stunden die Fassade von Freunden aufrecht halten, bis wir wieder unter uns wären? Nirgends in der Schule hätten wir Privatsphäre und wir durften unter keinen Umständen ein Risiko eingehen und uns erwischen lassen.
„Hey, worüber denkst du gerade nach?", erkundigte sich mein Freund, als er sich wieder aufsetzte und sich die Hand schützend vor die Augen hielt.
„Über morgen. Wir dürfen echt keine falschen Bewegungen machen. Du weißt, dass wir in der Schule unter größerer Beobachtung stehen, als irgendwo sonst. Und wenn auch nur einer wie Henrik von unseren veränderten Gefühlen Wind bekommen würde, wissen es alle innerhalb von einer halben Stunde."
„Das überstehen wir schon irgendwie. Ich weiß zwar noch nicht wie, weil ich nicht die Augen von dir lassen kann und es wirklich auffällig sein könnte, aber ich werde mich zusammenreißen." Nach einer kurzen Pause fügte er noch hinzu: „Herausforderung angenommen."
Ich musste lächeln. Auch wenn ich mich vor morgen fürchtete und am liebsten diesem Ort fernbleiben würde, mussten wir da durch und uns dieser Befürchtung gemeinsam stellen.
Am Abend lagen Costa und ich bäuchlings in meinem Bett und schauten uns 10 Dinge, die ich an dir hasse auf Spanisch an, um unsere Sprachkenntnisse aufzufrischen. Costa hatte darauf bestanden, während ich nur die Augen verdreht hatte.
„Ich verstehe nur Bahnhof", beschwerte ich mich und drehte mich auf den Rücken, um an die Wand zu starren: „Außerdem ist das ganz schön kitschig. Wusstest du, dass der Film einfach nur eine Nachmache von Romeo und Julia in etwas moderner ist?"
„Ja, wusste ich. Deshalb ist er ja so gut. Man muss das Rad ja nicht immer neu erfinden, um eine packende Romanze zu entwerfen."
„Also für mich ist es nicht wirklich packend. Ich kann dir genau sagen, wie der Film ausgehen wird: die beiden verlieben sich und hassen sich nicht länger, die kleine Schwester von Kat kommt mit diesem Loser zusammen und dann leben sie glücklich bis ans Ende ihrer Tage."
Costa stoppte den Film und schnitt somit Kat das Gedicht ab, in dem sie sich zu ihrer Liebe zu Patrick bekannte und eine Heulattacke bekam. Oh Gott, hoffentlich ereilte mich niemals das gleiche Schicksal wie Kat: erst taff und Antiliebe-rebellisch eingestellt und dann so emotional, dass sie all ihre Werte wegwirft, die sie bis dahin gepflegt hatte.
Costa drehte sich auf die Seite in meine Richtung und begann damit, kleine Kreise auf meinen Oberarm zu zeichnen. Es kitzelte etwas, war aber gleichzeitig sehr angenehm. „Ich schaue mit dir keine Liebesfilme mehr. Ist notiert."
Mit einem Danke warf ich ihm ein Lächeln zu und gähnte im nächsten Moment.
„Da ist wohl jemand müde", stellte er amüsiert fest und stützte seinen Kopf auf dem Ellenbogen auf.
„Ja, ist ja auch kein Wunder. Die letzte Nacht war recht kurz und aufregend." Ich drehte mich nun auch so auf die Seite, dass wir Kopf an Kopf lagen. Ich schloss die Augen, spürte aber Costas Augen weiterhin auf mir ruhen. Hier war der sicherste Platz für mich und nirgendwo anders wollte ich gerade lieber einschlafen.
Als ich ein paar Stunden später zur Schulzeit wieder aufwachte, wollte ich es gar nicht wahrhaben. Ich dachte einige Minuten darüber nach, ob ich nicht einfach den Wecker ausstellen und wieder die Augen schließen sollte. Doch ein breites Grinsen erleuchtete den Morgen und machte mich hellwach.
Costas Grübchen waren mir vorher niemals so aufgefallen, wie ein dutzend Dinge, die ich oft übersehen oder ignoriert hatte. „Bereit für einen richtig krassen Schultag?"
„Und mit neuem Fleiße geht's wieder an die gleiche Scheiße", verkündete ich mein Montagsmotto mit wenig Motivation in der Stimme. Ein Kuss gab mir dann aber doch die nötige Energie, um endlich aufzustehen und mich ins Bad zu schleppen.
Am Kühlschrank angekommen, prüfte ich die Etagen und stellte fest, dass das einzig vernünftig Essbare Cornflakes mit Milch waren. Ich füllte jedem von uns eine Schüssel ein und Costa übergoss das ganze mit Milch.
„Immer wenn ich bei euch bin, gibt es Cornflakes." Costa lachte in sich hinein.
„Und wenn ich bei euch bin, gibt es Brot. Das ist ein ungeschriebenes Gesetz", sagte ich grinsend und umklammerte ihn von hinten, während er noch damit zu tun hatte, den Literkarton wieder zuzuschrauben. Ich genoss es, bis das Knartschen der Treppe zu hören war und ich mich hastig von ihm lösen musste.
„Morgen", schnaufte Zoe und schlürfte in Bademantel und zerzausten Haaren an den Frühstückstisch.
„Guten Morgen", sagten Costa und ich im Chor, bevor wir uns zu ihr an den Tisch setzten.
„Hast du gut geschlafen?", fragte ich sie und ignorierte dabei die Türmchen von Keksen in der Küche, die ihr verschuldet waren.
„Wie immer", murmelte sie: „Sehr kurz, aber okay. Und ihr?" Zoe steigerte sich. Vor einer halben Woche noch hatte sie gerade einmal eine knappe Antwort über die Lippen bekommen. Nun jedoch war es offiziell: zwischen Zoe und Spencer war es aus. Die Hochzeit war wie ein schwarzer Luftballon unter der Sonne geplatzt, so soll Zoe es ihm verkündet haben, nachdem Spencer ihr die Wahrheit über Isabella anvertraut hatte. Es war, wie ich es vermutet hatte: Spencer hatte niemals komplett die Beziehung mit Isabella aufgegeben.
„Sehr gut", antwortete Costa für uns beide. Ich hatte Zoes Frage schon wieder aus dem Kopf geworfen. „Nur auf die Schule heute könnten wir gut verzichten."
„Mh", gab Zoe halbherzig von sich und biss in einen Apfel, den sie sich aus dem Obstkorb genommen hatte. Sie tat mir immer noch sehr leid, aber zumindest hatte sie nun Gewissheit, dass Spencer Geschichte wäre und sie keine falschen Hoffnungen mehr zu haben brauchte. Da war es wieder: das Gefühl, sich falsch zu verhalten. Während Zoe sich weiterhin wegen Spencer die Augen Nacht um Nacht aus der Seele weinte, lag ich mit Costa ein Zimmer weiter und empfand die schönste Liebe für einen Menschen, die ich niemals zuvor gehabt hatte. Es war unfair und am liebsten hätte ich mein Glück mit ihr geteilt.
„Oh, Schei-", Costa stoppte sich, bevor er das Schimpfwort aussprechen konnte. Zoe und ich sahen ihn gleichzeitig verwirrt an. „Wir müssen los! Wir haben nur noch zehn Minuten." Natürlich schaufelte er sich die Cornflakes so schnell rein, dass mir schon bei dem Anblick übel wurde, doch ich ließ mir meine Zeit zum Essen und begründete es damit, dass es uns schon nicht umbringen würde, einmal mehr zu spät zu kommen. Doch Costa gewann die Diskussion und verfrachtete mich schnell ins Auto. Hundert Meter vor der Schule hielt er kurz auf dem Seitenstreifen an.
„Was tust du? Ich dachte, du willst nicht zu spät kommen."
„Will ich auch nicht." Er drückte seine Hand auf meine und küsste mich dann leidenschaftlich, während ein paar Autos hupend an uns vorbeizogen - völlig normal für einen verkehrsreichen Montagmorgen. „Ich wollte das nur noch einmal spüren, bevor wir uns wieder als Freunde ausgeben müssen", erklärte er, als er blinkte und wieder losfuhr. Meine Mundwinkel hoben sich automatisch und die Schmetterlinge fingen an in meinem Bauch Loopings zu drehen.
Zu meinem Pech tauchten wir auf die Minute genau im Klassenraum zur Mathestunde auf. Nun saßen wir auch wieder nebeneinander, als wäre niemals etwas zwischen uns vorgefallen. Ich versuchte mich wirklich für Costa auf Mathe zu konzentrieren, weil er mich darum gebeten hatte, doch dieses eine Mal waren es seine Blicke, die mich von dem Unterricht abhielten. Normalerweise war es genau umgedreht und ich hielt ihn davon ab, jede kleine Notiz von der Tafel abzuschreiben. Jetzt wusste ich, wie es sich anfühlte, beobachtet zu werden.
„Was?", flüsterte ich, als ich mich zu ihm wandte.
„Nichts. Ich sagte ja, dass es schwer werden würde, meine Augen von dir zu lassen." Ich verdrehte grinsend die Augen und schüttelte den Kopf. Ich verfolgte den Unterricht weiter, jedoch behielt ich kein Wort im Kopf, was vorne fiel, denn in meinem Kopf war nur dieser eine Gedanke. Oh mein Gott! Ist das wirklich Realität? Wenn nicht, lass mich nicht aufwachen. So wurde ich noch nie von jemandem angeschaut. Ganz klar. Ich war seinem Charme hoffnungslos verfallen.
Es folgten eine Stunde Englisch, zwei Stunden Spanisch, in denen ich automatisch an den Film von gestern denken musste, und zwei Stunden Sport. Natürlich konnte ich mich kein bisschen konzentrieren, weil ich an nichts anderes denken konnte als an Costa. Es war doch härter, als ich mir das gestern noch vorgestellt hatte. Selbst, wenn wir einmal nicht direkt aneinander klebten, suchte ich seine Blicke und er meine. Das spürte ich. Das Ganze Aufrechterhalten der Fassade war eine einzige Folter, die sich bis zum Schulende hinzog und noch darüber hinaus, bis wir endlich bei Costa zu Hause ankamen. Doch selbst da, wo wir gehofft hatten, einen Moment alleine unter uns zu sein, saß Back im Wohnzimmer und las ausnahmsweise ein Buch.
„Hey ihr", begrüßte er uns, als Costa aufschloss und uns ins Haus ließ: „Essen steht in der Küche. Könnt ihr euch nehmen."
„Danke", sagten wir zeitgleich.
„Wieso bist du nicht im Büro?", fragte ich ihn und steckte die Hände in die Hosentaschen, während Costa das Mittagessen am Herd aufwärmte.
Er deutete mit einem Kopfnicken auf das Buch. „Ich muss das lesen für eine Rezension in der Zeitung. Im Büro war es irgendwie ziemlich dunkel dafür und ich bin so selten hier bei euch im Wohnzimmer. Ist doch auch mal ganz schön, gemeinsam hier zu sein."
„Da hast du recht", entgegnete ich und verfluchte seinen Gedanken gleichzeitig, dass es die beste Idee wäre, ausgerechnet heute hier zu sitzen, wo Costa und ich ein wenig Privatsphäre gut ertragen konnten. Das Problem war nämlich, dass Back genau wusste, dass heute der Tag war, an dem wir beide meine Mathekenntnisse ein wenig ankurbeln wollten und wir immer hier saßen. Es würde also auffällig und auch unhöflich sein, das ganze in Costas Zimmer zu verlegen.
„Schöne Idee", sagte Costa, als er mit zwei Schalen voller Kartoffeln und Karottensuppe in den Händen in den Raum kam und sie auf dem Tisch abstellte. „Dann sind wir endlich mal wieder zusammen."
Als wir zwanzig Minuten später an Mathe hockten und das Geschirr am anderen Ende des Tisches aufgestapelt stand, gingen mir die schmutzigsten Gedanken durch den Kopf. Ich dachte daran, wie er mir das Shirt über den Kopf ziehen würde und an meinem Hosenbund entlang streifen würde. Wie wir dann in einen langen Kuss gleiten und gemeinsam einschlafen würden, dicht an dicht aneinander gedrängt. Ich konnte es kaum erwarten.
Doch statt diese Fantasie auszuleben, ignorierte ich Costas Erklärungsversuche wie eigentlich immer, während ich den Blick von Back auf mir spürte, wie er über sein Buch luscherte und dann schnell wieder auf die Worte vor sich schaute, um keinen Verdacht zu schöpfen. Natürlich wusste er von Costas Gefühle, schließlich musste er das Gedicht in seiner Handschrift abschreiben. Aber er konnte doch unmöglich davon wissen, dass ich diese Gefühle erwidert hatte und wir nun mitten in einer Beziehung steckten.
Waren wir etwa schon aufgeflogen? Ahnte Back etwas? Diese Fragen ließen mich nicht los. Selbst dann nicht, als Back aus dem Wohnzimmer mit dem Vorwand verschwand, er müsse sich Notizen auf seinem Laptop mitschreiben.
Ich richtete meine Augen wieder auf Costa und begutachtete seine starken Arme und malte mir die Haut unter seinem Hemd aus, die ich vor einigen Stunden zuvor noch berührt hatte. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor.
„Hey! Konzentration!", holte Costa mich zurück aus meinen Tagträumereien und schnippte dabei energisch mit zwei Fingern vor meiner Nase herum. Dabei konnte er sich allerdings nicht das leichte charmante Lächeln verkneifen.
„Was kann ich dafür, wenn mein Mathelehrer interessanter ist als das Fach, das er unnötigerweise versucht zu unterrichten?", verteidigte ich mich und strich mit den Fingern über seinen Handrücken. Bevor er etwas erwidern konnte, schaute er sich sprachlos um, so als wollte er sichergehen, dass Back nicht doch auf einmal hinter ihm auftauchen würde.
„Gar kein mutiges Einstehen für die Mathematik von dir? Wie kannst du dein Lieblingsfach nur so hintergehen?", neckte ich ihn und biss mir unbeabsichtigt auf die Unterlippe. Meine Güte. Seit wann konnte ich denn nur so gut flirten und vor allem woher?!
Einen Moment dauerte es noch, in dem Costa zwischen meinen Augen und Lippen hin- und hersah, bis er schließlich aufstand und mich fast bei seinem stürmischen Kuss vom Stuhl riss. Ich stand ebenfalls auf und umklammerte ihn, während er mich hochnahm. Meine Beine schlangen sich um seinen Körper, so als ob es das Normalste der Welt wäre.
Weiter küssend bewegten wir uns langsam Richtung Treppe, dann hinauf in Costas Zimmer. Wenn Back jetzt herauskommen würde- nein, darüber zerbrach ich mir jetzt nicht den Kopf. Er würde so konzentriert in seinem Büro weiterarbeiten, wie er es immer tat. Jetzt waren nur er und ich hier, in diesem Augenblick, auf dem Weg in eine neue Erfahrung.
Oben angekommen legte Costa mich vorsichtig aufs Bett. Allein dafür liebte ich ihn. Dann setzte er sich neben mich an die Bettkante und küsste mich weiter. Ich genoss jede Berührung so sehr, dass ich beinah vergaß, zwischen den Küssen nach Luft zu schnappen. Seine Hand glitt unter mein Shirt hinauf zu dem BH und öffnete ihn mit einer schnellen Bewegung. Wow, hatte er das geübt?
Er half mir dabei, das Shirt über den Kopf zu ziehen und spielte mit dem Knopf an meiner Jeans herum. War er mit Hannah zuvor schon so weit gegangen? Ich denke nicht. Bevor ich mir die Hose von den Beinen streifte, riss ich ihm auch sein Hemd vom Leib und spürte endlich wieder unter meinen Fingern die nackte Haut, die unter jeder Berührung zusammenzuckte, als würde ein leichter Windhauch sachte über sie pusten.
Sein Atem ging flach und unregelmäßig, doch er war wie Musik in meinen Ohren. Irgendwie passten sich unsere Atemzüge an, genauso wie unsere Herzschläge. Genau so hatte ich es mir vorgestellt.
„Bist du sicher?", fragte er zwischen zwei Atemzügen, doch ich bekam zum ersten Mal keine klare Antwort heraus und nickte nur wie wild mit dem Kopf, bevor er dort weitermachte, wo wir aufgehört hatten.
Das war die unglaublichste Erfahrung, die ich jemals im Leben gesammelt hatte. Als wir nebeneinander lagen und die Decke anstarrten, völlig atemlos und immer noch unter Adrenalin gesetzt, flüsterte Costa den mir nur allzu bekannten Songtext hinzu: „Looks like love has finally found me."
Ich lächelte zufrieden und legte den Kopf an seine Schulter. Ich wollte nirgendwo anders sein, als in diesem Moment genau hier. Während ich in den Schlaf glitt, dachte ich darüber nach, wie wir hierhergekommen waren. Von dem Augenblick, als Costa mich als Klassensprecher nach meinem Sportunfall betreut hatte, zu seiner Hilfsbereitschaft, Freundschaften in der neuen Klasse zu schließen. Von dem Beginn unserer Freundschaft, zum Jobantritt im Candy-Shop, den Wettbewerben und dem Singen vor der Kundschaft. Vom ersten Follower auf Insta an, bis zu den 6394 Followern und dem Live-Auftritt, den wir schon in einigen Tagen haben würden. Und in diesem ganzen Chaos war es mir erst jetzt gelungen, zu erkennen, dass ich ihn die ganze Zeit innigst geliebt hatte, was über eine Freundschaft hinaus ging.
„Ich liebe dich", flüsterte ich leise, obwohl Costa längst ruhig die Luft ausstieß. Danach fiel auch ich in den Schlaf.
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