Kapitel 4

Nachdenklich betrachtete sie den Fremden. Wie war er nur in ihren Wald gekommen?Wie wurde er so verletzt? Warum musste ausgerechnet sie ihn finden?Mina zog ihre Brauen zusammen. So viele fragen, er musste sie ihr einfach beantworten. Auf ein weiteres schwenkten ihre braunen Augen zu dem Mann. Lustlos piekste sie ihn mit ihrem Zeigefinger in seine weiche Wange. Der Typ sollte endlich mal aufwachen. Ganze 2 Tage wartete sie schon, ihre Geduld neigte sich langsam dem Ende zu.

Fox war sofort gegangen nachdem sie sich um den Verletzten gekümmert hatte. Sie hatte ihm vorerst noch nichts von ihrem Plan erzählt. Seine Ausführung war ja sowieso mehr als fragwürdig. Die Frage war eher was sie heute machen würde, sie hatte weder vor wie eine sorgenvolle Mutter die ganze Zeit neben dem jungen Mann mit dem silbern schimmernden Haar hier zu verbringen, noch in den Wald zugehen. Auf Gesellschaft hatte sie auch keine Lust, es war immer so anstrengend das fröhliche, nette Mädchen zu spielen. Nach einer Weile würde ihr ihr Lachen, das ihre Augen selten erreichte, sowieso nur auf die Nerven gehen.

Sie pustete eine blonde Locke aus ihrem Gesicht. Wie lange wollte der noch schlafen? Erst meint der in der Nacht aufzuwachen, wie ein Verrückter vor sich hin zu murmeln und dann wieder einzuschlafen.Leider hatte Mina einen leichten Schlaf, war aufgewacht, und hatte auch eine dementsprechende Laune.

Genervt stand sie von ihrem behelfsmäßigem Stuhl auf und holte eine lange, etwas krumme Nähnadel aus einem kleinen, mit Leder überzogenen Kästchen, das immer verstaubt in einer Ecke lag und ging damit leise schadenfroh auf das Bett ihres Patienten zu. Sie hatte schon lang genug auf ihre Antworten gewartet.

Sie piekste ihn mal dort mal da. Auf der Nase, der Wange und seinem Bauch. Bis sie zu seinen Füßen kam. Sie lächelte leicht und strich mit der spitzen Nadel vorsichtig über seine Fußsohlen, die sofort anfingen zu zucken. Der Junge drehte sich stöhnend auf die Seite. Sie piekste immer weiter, bis er seine Augen öffnete.

Braun traf auf Grün, Grün traf auf Braun. Es war das erste Mal gewesen,dass sie in die Augen des jeweils anderen sahen. Nach langer Zeit,schaute Minerva in die Augen, die sie so sehr an ihren Wald erinnerten. Und sie starrten sich atemlos an. Minutenlang.

,,Hi",sagte sie schließlich.

,,Hey",es war kaum ein Hauchen, was da aus seinem Mund kam. Er hustete einmal.

,,Wie fühlst du dich? Und wag es ja nicht mich anzulügen." Sie starrte ihm weiterhin in seine Augen. Wie sie diese falschen Lügen hasste. Niemandem den sie behandelte ging es tatsächlich gut, sonst würde sie sich ja nicht die Mühe machen.

Er überlegte und umklammerte abwesend eine Ecke der dünnen Decke. ,,Naja ... ich glaube es ging mir schon mal besser."

,,Was soll das heißen "du glaubst"? Geht es auch genauer?"

Erst zuckte er einmal kurz zusammen, etwas blitzte in seinen Augen auf und er wich bedrückt ihrem Blick aus. ,, Ich bin mir halt nicht sicher."

Die Augen der Kräutersammlerin weiteten sich kaum merklich und sie schaute ihn mit wissenden Augen an. ,, Sag jetzt blos nicht",seine Augen fanden ihre wieder, ,, Du hast deine Erinnerungen verloren?"

Der Trottel nickte langsam.

Das durfte doch nicht wahr sein! Wer sollte jetzt ihre Fragen beantworten?

Obwohl...das war ja jetzt auch irgendwie vorhersehbar. Eine Platzwunde an seiner Stirn... Sie legte plötzlich erschöpft ihre linke Hand an ihre Schläfe und seufzte. Langsam ging sie mit schlurfenden Schritten zu ihrem Herd.

,,Hast du Kopfschmerzen?"

Wieder nickte er.

Auch sie nickte abwesend und kochte Tee auf. ,, Das ist wahrscheinlich nur vorübergehend.",hoffentlich, fügte sie in Gedanken und nicht ohne einen Hauch von Sorge hinzu, ,, Weißt du noch wie du heißt?" Sie strich sich leicht ihre aus dem geflochtenem Zopf gefallenen Locken hinter die Ohren.

Er guckte kurz nachdenklich sein unbequemes Krankenbett an, lehnte sich dann leicht zurück und sagte nur ein Wort:,, Evan."

,,Freut mich Evan. Mein Name ist Minerva Bishlaw, und ich bin die Person die dich im Wald gefunden hat." Ihre Stimme klang kühl und sie schaute nicht von ihrer Arbeit auf. Freute sie sich...? Sie war sich nicht sicher.

Diesesmal weiteten sich seine Augen. ,, Bishlaw?", fagte er.

Oh. Stimmt, da war doch was. Wie konnte sie sie ganze Zeit über nur so abwesend sein? Sie sagte noch unüberlegtes. Ihr Griff um die angelaufene Kanne mit dem kochendem Wasser , um dessen Griff ein alter verfärbter Lumpen gebunden war, der sich rau in ihrer Hand anfühlte, verfästigte sich und sie goss etwas davon in zwei klobige,abgegriffene Holzbecher.

Sie zwang sich einmal tief ein und aus zu atmen und entspannte ihren Griff, nahm beide Becher in ihre Hände und ging damit auf den behelfsmäßigen Hocker, der neben Evans Bett stand, auf dem sie den Morgen wachend verbracht hatte zu. Sie fuhr sich mit ihrer Hand durchs Gesicht, nachdem sie Evan seinen Tee gegeben hatte.

In Swynd bekamen Weisen immer den Namen der Stadt aus der sie kamen, daran wurde dann -law angehängt, sodass jeder von ihrem Schicksal wusste. Im Krieg war so was oft nützlich, denn so wusste man, wo einen die Feinde angegriffen hatten. Als Erwachsener, also ab seinem18 Geburtstag, konnte man sich dann nennen, wie man wollte.

,,Ja, ich bin eine Weise. Zumindest glaube ich das."

Evan nickte nur und schlürfte an seinem Tee. Selbst wenn er neugierig war, er wusste es zu verbergen. Mina kniff leicht ihre von Augenringen gezeichneten Augen zusammen. Sie wurde aus diesem Typen nicht schlau.

,,Also, Evan. Eigentlich habe ich etwas ganz anderes vor, als mich um dich zu kümmern. Ich wollte heute ursprünglich das Dorf verlassen,aber weil ich dich vor zwei Tagen im Wald gefunden habe, konnte ich nicht los, bis du aufgewacht bist. Um ehrlich zu sein habe ich keine Ahnung, was ich jetzt machen soll. Hast du eine Idee?", sagte sie ehrlich. Sie hielt nichts mehr in diesem Dorf und irgendwie brannte sie darauf, die Welt draußen zu erforschen. Und natürlich ihren Bruder zu finden. Angespannt führte sie ihren Becher zu ihren Lippen und genoss die bittere Hitze, die ihren Hals nun hinunterfloss.

Er blickte nachdenklich in seinen Tee und tippte mit seinem Zeigefingeran die Tasse. Das Geräusch das dabei entstand durchschnitt immer wieder die Stille, die sich nun um beide wie ein Tuch legte.

Klock.

Klock.

Klock.

Nacheiner Weile schaute er auf und sah ihr direkt in ihre bernsteinfarbenden Augen. Mina hielt seinem Blick stand. ,, Wie wäre es, wenn ich einfach mit dir mitkommen würde? Ich meine, wenn ich hier bleibe werde ich sowieso nicht schneller gesund. Für mich gibt es so gesehen nur Vorteile. Außerdem hast du dann einen Beschützer,jemanden um den du dich sorgen und den du bekochen kannst.",den letzten Teil sagte er mit einem Grinsen im Gesicht. Es war einfach zu komisch.

Sie lachte leise. Dachte der Typ wirklich, das sie mit so einer Vergangenheit noch einen Macho-Beschützer brauche, der glaubte Frauen gehören in die Küche? Und sie hatte anfangs gedacht er wäreanders, ... naja bei seinem Aussehen konnte er sich das eigentlich leisten.,, Wirklich? Das wäre ja toll! Insgeheim habe ich mich schon immer nach einem starken Mann gesehnt der mich beschützt. All die Jahre hatte ich immer so eine Angst wenn ich raus ging, dass jemand Sachen mit mir anstellen könnte, aber jetzt bist du ja da. Apropos kochen, hast du Hunger?" , sagte sie, mit leichtem Sarkasmus.Als er dann noch mit glänzenden Augen begeistert nickte, konnte siedas zucken ihrer Mundwinkel nicht mehr verhindern . Er meinte es wirklich ernst. Dieser Trottel brachte sie noch um. Belustigt schüttelte sie ihren Kopf.

,,Das war Sarkasmus mein Lieber. Aber gerne, wenn du mitkommen willst,komm mit. Damit eins klar ist: aufpassen musst du auf dich selbst.",sagte sie immer noch leicht belustigt, nach dem sie sich wieder beruhigt hatte. Das konnte noch lustig werden.


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